Mehr Transparenz beim Vorgehen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle
Medienmitteilung 29.04.2004
Ein Ausschuss mit Regierungsvertretern der Kantone Aargau, Schaffhausen, Thurgau und Zürich sowie der angrenzenden deutschen Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar und Waldshut fordert in einem Schreiben an Bundesrat Moritz Leuenberger mehr Transparenz bezüglich Entsorgungsnachweis und Standortauswahlverfahren bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle schweizerischer Herkunft. Insbesondere wünscht sich der Ausschuss klärende Informationen zur Entkoppelung der Machbarkeit der Entsorgung vom Standortauswahlverfahren.
Ein Ausschuss von Regierungsvertretern der Kantone Aargau, Schaffhausen, Thurgau und Zürich sowie der angrenzenden süddeutschen Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar und Waldshut hat sich getroffen zu einer Aussprache über die in der Schweiz geplante Entsorgung radioaktiver Abfälle. Als wichtigstes Gesprächsresultat fordert der Ausschuss in einem Schreiben an Bundesrat Moritz Leuenberger klärende Informationen zur Entkoppelung des Entsorgungsnachweises vom Standortauswahlverfahren sowie zum weiteren Vorgehen.
Machbarkeit nicht gleich Standortwahl
Der von der Nagra beim Bundesrat eingereichte Entsorgungsnachweis soll die grundsätzliche Machbarkeit der geologischen Tiefenlagerung von radioaktiven Abfällen belegen. Er dient der Legitimation des weiteren Betriebs der schweizerischen Kernkraftwerke. Der Entsorgungsnachweis ist somit Bestandteil eines späteren Verfahrens zur Ermittlung der konkreten Standortwahl. Das Bundesamt für Energie (BFE) betont seinerseits, dass der Entsorgungsnachweis kein Standortentscheid bedeute. Dem von der Nagra eingereichten Entsorgungsnachweis ist demgegenüber zu entnehmen, dass die Nagra die künftigen Untersuchungen auf das Zürcher Weinland fokussieren will. Die offensichtlich unterschiedlichen Haltungen der Nagra und des BFE verunsichern die Bevölkerung in der Region. Deshalb ersuchen die Kantone und die drei deutschen Landkreise den Bundesrat um klärende Informationen und Klarstellung, dass der Entsorgungsnachweis kein Präjudiz für die Standortwahl darstellt. Diese Klarstellung muss vor einer Entscheidung zum Entsorgungsnachweis erfolgen.
Aus Sicht der Kantone und der drei deutschen Landkreise ist es unklar, wie der Bundesrat das eigentliche Standortauswahlverfahren durchzuführen gedenkt. Im Entsorgungsnachweis werden ausser dem Schutzzielwert für die zulässige jährliche Strahlendosis keine quantitativen Kriterien genannt, welche ein Standort für ein geologisches Tiefenlager erfüllen müsste. Die Kantone und die drei süddeutschen Landkreise halten die Definition von nachvollziehbaren Eignungskriterien vor einer Entscheidung zum Entsorgungsnachweis für unabdingbar. Neben den geologischen Anforderungen müssten die Eignungskriterien auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und raumplanerische Aspekte beinhalten.
Bei den Arbeiten für den Entsorgungsnachweis hat die Nagra aus Gründen der schwierigen Erkundbarkeit darauf verzichtet, weitere Gesteinsvarianten zur Entsorgung weiterzuverfolgen. Ausschlaggebend für den Verzicht auf weitere Abklärungen waren – neben Kostengründen – das Fehlen von genügenden seismischen Erkundungsverfahren. Die Kantone und die drei deutschen Landkreise erwarten für ein späteres Standortauswahlverfahren, dass sich dieses primär an Sicherheitskriterien ausrichtet und dass nicht aus Kostengründen reale Optionen für ein Endlager aufgegeben werden.
Es ist im weiteren nicht klar, wie viele Standorte auf dem gleichen Untersuchungsniveau in ein Standortauswahlverfahren einbezogen werden sollen. Die vertieften Abklärungen dürfen sich auf keinen Fall auf eine einzige Gesteinsschicht und auf einen einzigen Standort beschränken. Erst die Abklärungen mehrerer Standorte ermöglicht einen echten Vergleich verschiedener Standortoptionen. Ausserdem ist zu prüfen, ob im Falle der Errichtung eines geologischen Tiefenlagers in der Schweiz die Gewähr besteht, dass ein solches Lager internationalen Sicherheitsstandards entspricht. Im Hinblick auf die über viele Jahrtausende hin notwendige Sicherung des Tiefenlagers dürfen keine Kompromisse eingegangen werden. Für ein Tiefenlager kommt nur ein Standort in der Schweiz in Frage, der auch im internationalen Vergleich sehr gut abschneidet.
Die Kantone und die drei deutschen Landkreise ersuchen den Bundesrat im Rahmen des Standortauswahlverfahrens die Nachbarstaaten aktiv einzubeziehen, falls ein Standort in deren Grenznähe evaluiert wird.
(Medienmitteilung der Schweizer Kantone Aargau,
Schaffhausen, Thurgau und Zürich sowie der deutschen
Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar und Waldshut)
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