Unfallrisiko im Strassenverkehr steigt mit dem Alter

Am 24. November 2003 ereignete sich am Zürcher Paradeplatz ein schwerer Unfall. Ein 70-jähriger Autolenker raste mit seinem Wagen gegen eine Sitzbank, wobei eine 38-jährige Journalistin ums Leben kam. Die Presse sprach von einer «Horrorfahrt» und warf die Frage auf, ob betagte Lenker eine Gefahr im Strassenverkehr darstellen. In seiner neusten Studie liefert das Statistische Amt des Kantons Zürich nun eine Antwort.

Die kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass alte Fahrzeuglenker tatsächlich ein erhöhtes Risiko haben, in einen Autounfall verwickelt zu werden. Zwar zeigt die Unfallstatistik auf den ersten Blick ein anderes Bild. Männliche Junglenker, vor allem solche zwischen 20 und 24 Jahren, sind sehr oft an Unfällen beteiligt. Nicht weniger als zehn Prozent aller Strassenverkehrsunfälle gehen auf ihr Konto. In den höheren Altersklassen nehmen die Unfallzahlen dann stetig ab. Das gleiche gilt für die Frauen, wenn auch auf deutlich tieferem Niveau. Die Rohwerte der Unfallstatistik berücksichtigen allerdings nicht, dass die Altersklassen verschieden gross sind. Es gibt mehr 20- bis 24-Jährige als 70- bis 74-Jährige, deshalb ist es nur natürlich, dass sie auch häufiger an Autounfällen beteiligt sind. Ausserdem sind Menschen im Erwerbsalter bedeutend mehr mit dem Auto unterwegs als Pensionierte (bei denen ja der Arbeitsweg entfällt). Sie erbringen, sowohl an der Zahl der täglich zurückgelegten Kilometer als auch an der im Wagen verbrachten Zeit gemessen, eine deutlich höhere Verkehrsleistung. Wer aber lange und weit fährt, läuft vermehrt Gefahr, in einen Unfall verwickelt zu werden.

Junge und Alte fahren unfallträchtig

In seiner Studie bereinigt das Statistische Amt die Unfallzahlen, indem es Grösse und Verkehrsleistung der verschiedenen Altersklassen in die Rechnung einfliessen lässt. Und dann zeigt sich, dass zwischen Alter und Unfallrisiko ein u-förmiger Zusammenhang besteht. Sowohl junge als auch alte Lenker haben im Vergleich zu den mittleren Altersklassen ein drei- bis viermal höheres Unfallrisiko. Statistisch gesehen erleiden über 80-jährige Autofahrer alle 570'000 gefahrenen Kilometer oder etwa alle 16'000 gefahrenen Stunden einen Unfall, während 40- bis 44-Jährige im Schnitt während 44'000 Stunden am Steuer sitzen und dabei 1,9 Millionen Kilometer weit kommen, ehe sie in einen Autounfall verwickelt werden. Am höchsten ist das Unfallrisiko bei den ganz Jungen, die gerade erst den Führerschein erworben haben: Die 18- bis 19-Jährigen sind alle 430'000 gefahrenen Kilometer oder alle 10'000 gefahrenen Stunden an einem Unfall beteiligt. Damit ist allerdings noch nichts über das Verschulden gesagt. Eine Untersuchung aus Deutschland zeigt aber, dass junge und alte Automobilisten nicht nur unfallträchtiger fahren als die mittleren Altersklassen, sondern dass sie an Verkehrsunfällen auch öfter die Hauptschuld tragen.

Unfallvermeidungsstrategien älterer Fahrer

Das erhöhte Unfallrisiko älterer Autofahrer hängt zusammen mit bekannten Alterserscheinungen. Abnehmende Lern- und Reaktionsfähigkeit sowie verminderte Seh- und Hörfähigkeit wirken sich negativ auf die Fahrtüchtigkeit aus. Deshalb müssen sich über 70-jährige Autolenker auch alle zwei Jahre einem medizinischen Fahreignungstest unterziehen. Unabhängig davon entwickeln ältere Personen verschiedene Strategien, um die altersbedingten Beeinträchtigungen zu kompensieren. Zum einen fahren sie weniger Auto als in jungen Jahren. Damit reduzieren sie das Unfallrisiko durch verminderte Exposition. Zum anderen fahren sie auch langsamer und kompensieren so die nachlassende Reaktionsfähigkeit. Die Durchschnittsgeschwindigkeit nimmt mit zunehmendem Alter stetig ab: von 42 Kilometer pro Stunde bei den 20- bis 24-Jährigen auf 33 Kilometer pro Stunde bei den über 75-Jährigen. Eine weitere Strategie besteht darin, die Hauptverkehrsspitzen zu meiden. Menschen im Pensionsalter bevorzugen verkehrsarme Tageszeiten. Sie sind oft am späteren Vormittag oder am frühen Nachmittag mit dem Auto unterwegs, kaum jedoch in den frühen Morgenstunden oder nach Einbruch der Dunkelheit.

Künftig mehr Unfälle mit betagten Lenkern

Zukünftig wird die Fahrleistung von Personen im Pensionsalter laut der Studie des Statistischen Amts zunehmen. Gegenwärtig steht nämlich eine Generation von Frauen im Rentenalter, für die das Autofahren noch keine Selbstverständlichkeit darstellt. So haben heute nur 25 Prozent der Frauen zwischen 75 und 79 Jahren einen Fahrausweis, gegenüber 75 Prozent bei den gleichaltrigen Männern. Diese Geschlechtsunterschiede werden sich aber bald auswachsen, denn bei den jüngeren Frauen liegt die Fahrausweisquote gleichauf mit derjenigen der Männer bei nahezu 90 Prozent. Hinzu kommt, dass die Zahl der Menschen in den oberen Altersklassen aufgrund der steigenden Lebenserwartung zunehmen wird. Beide Entwicklungen zusammen bewirken, dass die Gesamtheit der älteren Menschen künftig vermehrt autofahren wird. Deshalb dürften, so prognostiziert das Statistische Amt, Strassenverkehrsunfälle mit betagten Lenkern in Zukunft zahlreicher werden.

Datengrundlage

Die Studie des Statistischen Amts basiert auf dem Mikrozensus Verkehr 2000, einer Repräsentativbefragung der Schweizer Bevölkerung. Dabei wurden 29'407 Personen telefonisch zu ihrem Verkehrsverhalten befragt. Zusätzlich hat das Statistische Amt die Bevölkerungsdaten der Eidgenössischen Volkszählung 2000 sowie die Verkehrsunfallstatistiken 2001 und 2002 verwertet. Aus Gründen der Repräsentativität und der Datenverfügbarkeit bezieht sich die Studie auf gesamtschweizerische Zahlen. Die Resultate können jedoch problemlos auf den Kanton Zürich übertragen werden, zumal es zum Wesen der Mobilität gehört, dass sie vor Kantonsgrenzen nicht Halt macht.

Die Studie «Alter, Automobilität und Unfallrisiko» ist in der Reihe «statistik.info» erschienen und online auf der Website des Statistischen Amts des Kantons Zürich verfügbar: http://www.statistik.zh.ch/statistik.info/pdf/2004_04.pdf

(Medienmitteilung des Statistischen Amts)

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