Indikationsbereiche im Standardisierten Abklärungsverfahren

Allgemein

Das Standardisierte Abklärungsverfahren (SAV) basiert auf der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die ICF versteht Behinderung als mehrdimensional und dynamisch und berücksichtigt, dass die Umwelt die Funktionsfähigkeit beeinflusst.

Die Schulpsychologischen Dienste im Kanton Zürich führen das SAV durch. Ergänzend zu den ICF-Items hat das Volksschulamt im Kanton Zürich sechs Indikationsbereiche festgelegt1. Für jeden Indikationsbereich gibt es Kriterien. 

Die Indikationsbereiche dienen der Orientierung. Sie erhöhen die Vergleichbarkeit bei der Beurteilung der Schwelle zwischen gezielten sonderpädagogischen Fördermassnahmen und der Notwendigkeit verstärkter sonderpädagogischer Fördermassnahmen im Rahmen einer Sonderschulung. Die Indikationsbereiche ersetzen jedoch weder die Handreichung der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) zum SAV, noch geben sie Hinweise zur Beurteilung der anderen Elemente des Abklärungsverfahrens.

1 Schulpsychologinnen und Schulpsychologen des Kantons Zürich haben die Entwicklung der Indikationsbereiche eng begleitet unter der Leitung von Prof. Dr. Judith Hollenweger, Pädagogische Hochschule Zürich und im Auftrag des Volksschulamtes (VSA) des Kantons Zürich.

Schulpsychologische Abklärung

  • Fragestellung liegt vor.
  • Erstellen der Befundlage: Der Schulpsychologische Dienst klärt die Fragestellung und erstellt einen Befund.
  • Beurteilung der Befundlage: Sie bildet die Grundlage für Entscheidungen und für die Planung. Der Schulpsychologische Dienst gibt hierzu eine Empfehlung ab.
  • Entscheid und Planung: Die Schulpflege entscheidet über Massnahmen im Rahmen einer Sonderschulung. Die Durchführung einer Massnahme findet meist ohne direkte Beteiligung der Schulpsychologie statt.
  • Evaluation der Massnahme: Besteht Unsicherheit, ob eine sonderschulische Massnahme weitergeführt werden soll oder gibt es einen unerwarteten Entwicklungsverlauf, kann das SAV erneut durchgeführt werden.

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Die Beurteilung der Befundlage erfolgt über die Einschätzung der Funktionsfähigkeit. Statt einer Diagnose, wie z. B. «Autismus-Spektrum-Störung» fasst der Schulpsychologische Dienst Informationen aus dem Befund standardisiert zusammen:

  • ob und wo Probleme vorhanden sind
  • wie stark ausgeprägt diese Probleme sind

Die Befundlage wird aufgeteilt in Informationen 

  • zum professionellen (schulischen) Kontext
  • zum familiären Kontext
  • zu Schutz- und Risikofaktoren sowie 
  • zur Funktionsfähigkeit (Aktivitäten/ Partizipation sowie Körperfunktionen). 

Die Indikationsbereiche dienen ausschliesslich der Beurteilung der Funktionsfähigkeit.

Primär sind schwerwiegende Funktionseinschränkungen ausschlaggebend für die Begründung sonderschulischer Massnahmen. Die Indikationsbereiche unterstützen die abklärenden Fachpersonen bei der Einschätzung, ob aufgrund der vorliegenden Befundlage zur Funktionsfähigkeit eine sonderschulische Massnahme angebracht sein könnte oder nicht.

Professioneller und familiärer Kontext sowie die Schutz- und Risikofaktoren werden bei der Einschätzung des Bedarfs separat berücksichtigt.

Verschiedene Aspekte der Funktionsfähigkeit können zu Entwicklungsbereichen zusammengefasst werden, wie z. B. die Sprachentwicklung. Je nach Alter können andere Funktionsfähigkeiten im Zentrum stehen.

Zudem arbeitet die Schulpsychologie mit bestimmten psychologischen Konstrukten, wie z. B. Intelligenz. Sie setzt sich aus verschiedenen Aspekten der Funktionsfähigkeit gemäss ICF zusammen, z. B. Funktionen der Aufmerksamkeit, Gedächtnisfunktionen, höhere kognitive Funktionen.

Das Erstellen der Befundlage erfolgt nach den professionellen Standards der Schulpsychologie. Das SAV macht hier keine Vorgaben. Meist wendet die Schulpsychologie verschiedene standardisierte Verfahren an, notiert Beobachtungen und führt verschiedene Gespräche.

In standardisierten Testverfahren werden die einzelnen Aufgaben oder Items auf dem Hintergrund bestimmter psychologischer Konstrukte zusammengeführt. Einige Tests fassen die einzelnen Ergebnisse in einem Gesamtwert zusammen, wie z. B. den Intelligenzquotienten.

Weil mit einzelnen Untertests unterschiedliche Elemente eines Konstrukts erfasst werden, ist die Übertragung auf der Ebene Untertest/Subtest meist am sinnvollsten. So werden unterschiedliche Aspekte, z. B. von Intelligenz, bei der Übertragung ins SAV berücksichtigt.

Das SAV erfordert keine Übertragung aller Testbefunde in alle entsprechenden Items der ICF.  Es geht um die Verankerung des Befundes und nicht um eine vollständige Abbildung. Die Verankerung soll zentrale Funktionseinschränkungen nachweisen, von denen gemäss Handreichung der EDK (2014) bekannt ist, dass sie mit einem Bedarf an zusätzlicher Unterstützung, Anpassungen oder besonderer Massnahmen zusammenhängen. Im SAV sind deshalb nur wenige ICF-Items enthalten. Sie dienen dazu, dass die Befunde zu den Indikationsbereichen mindestens mit einem ICF-Item verankert werden können.

Nebst der Verankerung eines Befundes im SAV mittels adäquatem ICF Anker-Item braucht es eine Einschätzung, wie ausgeprägt das Problem ist.

Die Handreichung zum SAV enthält allgemeine Hinweise zur Verwendung der dort definierten Ausprägungen eines Problems. Dabei geht es um die isolierte Einschätzung der einzelnen ICF-Items.

Die Indikationsbereiche bieten zusätzlich Unterstützung bei der Einschätzung des Schweregrades im Kontext eines Indikationsbereichs.

Insbesondere gibt es Kriterien für die Indikation «sonderschulische Massnahme grundsätzlich angezeigt» vs. «sonderschulische Massnahme nicht angezeigt».

In der Vergangenheit wurde «Behinderung» oft gleichgesetzt mit «Störung» oder «Schädigung». Das SAV hingegen basiert auf einem mehrdimensionalen Verständnis von «Behinderung». Es berücksichtigt die Lebenssituation einer Person. Behinderungen zeigen sich

  • auf der Ebene des Körpers
  • der Aktivitäten und der Partizipation (bio-psycho-soziales Verständnis).

Die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICF / ICF-CY und die ICD) sind komplementäre Klassifikationen. In der ICD werden Diagnosen von Gesundheitsproblemen erfasst, die aufgrund genetischer Analysen, Pathogenese, Risikofaktoren und Funktionseinschränkungen gestellt werden. Die ICF erfasst die mehrdimensionale Funktionsfähigkeit und Kontextfaktoren.

«Behinderung» im SAV wird als das Ergebnis der Interaktion zwischen Funktionsfähigkeit und Kontextfaktoren verstanden. Die gleiche Krankheit (Down-Syndrom, Autismus) kann unterschiedlich ausgeprägte Funktionseinschränkungen verursachen und diese sind durch die Umwelt beeinflussbar.

Hier setzt die Begründung des Bedarfs an. Nur wenn die Umwelt einen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des Kindes hat, sind besondere Massnahmen sinnvoll. Die Umweltfaktoren und die personenbezogenen Faktoren beschreiben die Lebensumstände des Kindes, zum Beispiel in der Schule oder in der Familie.

Die mehrdimensionale Konzeption ermöglicht es, sich über verschiedene Zugänge dem komplexen Phänomen «Funktionsfähigkeit und Behinderung» zu nähern.

Je nach Phänomenologie der vorliegenden Behinderung und allenfalls auch in Abhängigkeit des verwendeten diagnostischen Instrumentariums, liegt es näher, Einschränkungen der Partizipation, der Aktivitäten oder der Körperfunktionen zu fokussieren und zu erfassen.

Sechs Indikationsbereiche

Die Indikationsbereiche haben eine Brückenfunktion. Sie sollen verschiedene Zugänge zur Einschätzung von Funktionseinschränkungen miteinander verbinden und bei der Übertragung der Befunde in das SAV behilflich sein. Ob also die Befunde sich primär mit Einschränkung der Partizipation (Lebenssituation), der Aktivitäten (Entwicklungs- und Lernstand) oder der Körperfunktionen (körperliche Einschränkungen) in Beziehung bringen lassen: In den Indikationsbereichen finden sich – soweit sinnvoll – Hinweise zu allen drei Zugängen.

Mittels der Indikationsbereiche können Befunde einheitlich im Kontext der ICF-Lebensbereiche (z. B. Lernen und Wissensanwendung, Kommunikation), im Kontext von Entwicklungsbereichen (z. B. Sprachentwicklung, kognitive Entwicklung) oder im Kontext bestimmter Körperfunktionen (z. B. Hörfunktionen, höhere kognitive Funktionen) betrachtet werden.

Konkret werden im Zusammenhang mit dem Standardisierten Abklärungsverfahren (SAV) folgende Indikationsbereiche definiert:

  1. Kognition und Metakognition
  2. Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik
  3. Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit
  4. Intentionale Kommunikation
  5. Bewegung, Mobilität und Motorik
  6. Ausführen der Aktivitäten des täglichen Lebens

Die Indikationsbereiche sind wie folgt aufgebaut:

  • Beschreibung
  • Funktionale Komponenten
  • Zugang über «Aktivitäten »: Hinweise zur Beurteilung der Entwicklungsperspektive mit Bezugnahme zu ausgewählten Testverfahren und ihren Untertests
  • Zugang über «Partizipation»: Hinweise zur Beurteilung der Beteiligungsperspektive mit Bezugnahme zum schulischen Standortgespräch, zum Lehrplan und zu Lebenssituationen
  • Zugang über «Körperfunktionen»: Hinweise zur Beurteilung der Funktionsperspektive mit Bezugnahme zu ausgewählten Assessmentverfahren
  • Assoziierte Syndrome, Krankheiten oder Störungen
  • Ausschlusskriterien

Es gibt keine Vorgaben für die Erstellung des Befundes im SAV. Der Schulpsychologische Dienst ist verantwortlich dafür. Er wählt auch die Testverfahren zur Klärung der bei der Anmeldung genannten Frage- oder Problemstellungen. Mit den Indikationsbereiche kann somit auch die Befundlage gut organisiert werden, so dass diese leichter mit den ICF-Items im SAV in Verbindung gebracht werden können.

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Die Indikationsbereiche dienen primär der Beurteilung der Befundlage im Kontext des SAV. Sie helfen bei der Zuordnung von Testergebnissen zu den ICF Anker-Items im SAV. Dabei ist nicht nur die inhaltliche Verankerung des Befundes wesentlich, sondern auch seine Beurteilung.

Ist ein vorliegendes Problem leicht, mässig, erheblich oder voll ausgeprägt? Für eine Umschreibung der einzelnen ICF Anker-Items sind die Detailbeschreibungen in der Handreichung der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) nützlich. Dort werden kurze Fallvignetten angefügt, die die Schweregrade illustrieren. Wesentlich für die Beurteilung ist die Frage, ab welcher Abweichung bei populationsbezogenen Testverfahren überhaupt ein Problem vorliegt. Gemäss Handreichung wird erst von einem Problem gesprochen, wenn ein Testwert mehr als eine Standardabweichung unter dem Mittelwert liegt, wobei auch der Standardfehler zu berücksichtigen ist.

Die Einschätzung der Ausprägung erfolgt über die von der ICF vorgegebenen Skala. Grob kann man sagen, dass knapp 13,8 Prozent einer Population diese Probleme höchstens in leichter Ausprägung haben. 2,1 Prozent in mässiger Ausprägung und nur 0,1 Prozent in erheblicher oder voller Ausprägung. Die Beurteilung der ICF Anker-Items erfolgt insbesondere im Bereich «Aktivitäten und Partizipation» nicht aufgrund eines einzelnen Testverfahrens. Weitere Befunde können Testergebnisse relativieren. Oder sie legen nahe, eine davon abweichende Ausprägung des Problems zu wählen.

Die Gesamtbeurteilung der Indikationsbereiche erfolgt an entsprechender Stelle im SAV. Ist eine Sonderschulung angezeigt oder nicht? Die Indikationsbereiche ermöglichen eine einheitliche Einschätzung und haben eine «Gate-keeping»-Funktion. Sie sollen verhindern, dass Beteiligungsprobleme, die nicht mit entsprechend dokumentierten Funktionsproblemen in Zusammenhang stehen, als Behinderungen des Kindes verstanden werden. Sie sollen jedoch auch absichern, dass keine Kinder mit Behinderungen benachteiligt werden.

Die Indikationsbereiche geben auch Hinweise auf eine klinisch-diagnostische beziehungsweise kategoriale Fassung der Problemstellung (Syndrome, Krankheiten, Störungen wie Aphasie, Autismus oder Intelligenzminderung).

Die Erarbeitung eines ätiologischen und syndromatischen Verständnisses kann dann wichtig sein, wenn noch keine Diagnose gemäss ICD vorliegt oder wenn eine Diagnosestellung für die Planung zukünftiger Massnahmen relevant ist. Für die Indikationsstellung «sonderschulische Massnahme grundsätzlich angezeigt» wird jedoch keine kategoriale Beschreibung benötigt.

Der Schulpsychologische Dienst ist für den Entscheid und die weitere Planung nicht zuständig. Im Rahmen des SAV erwartet man von ihm eine Empfehlung. Die Einschätzung der Indikationsbereiche ist wichtig für die Bedarfsabklärung – neben den Informationen zum Umfeld und zu Risikofaktoren. Die Indikationsbereiche beinhalten die Zusammenfassung der funktionsbezogenen Befunde und erleichtern deshalb eine Gesamtsicht.

Kriterien für die Indikationsstellung «sonderschulische Massnahme»

Das mehrdimensionale Verständnis von Behinderungen in der ICF unterscheidet zwischen Körperfunktionen, Aktivitäten und Partizipation. Diese drei Zugänge können bei der Beurteilung der Indikationsbereiche gewählt werden. Bevorzugt wählt die Schulpsychologie den Zugang über die Aktivitäten, um Probleme auf der Ebene der Aktivitäten wie Fähigkeiten oder Leistungen im Vergleich zu Gleichaltrigen festzustellen. Das Ziel des SAV ist es zu klären, ob ein Kind Anspruch auf eine sonderschulische Massnahme hat. Es geht nicht um die Behandlung einer Störung oder Krankheit. Deshalb ist für diese Abklärung grundsätzlich der Schulpsychologische Dienst zuständig und nicht eine medizinische Stelle.

Der Grund für eine Abklärung sind oft schwerwiegende Partizipationsprobleme. Sie lassen Einschränkungen auf der Ebene der Aktivitäten und der Körperfunktionen vermuten. Ist bei der Beurteilung eines Indikationsbereichs die Messung von Körperfunktionen zentral, muss eine medizinisch ausgebildete Fachperson beigezogen werden.

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Die Beurteilung der Aktivitäten erfolgt meist in standardisierten Settings und/oder mittels standardisierten Verfahren. Aktivitätseinschränkungen werden entwicklungsbezogen eingeschätzt, das heisst das Kind wird verglichen mit Gleichaltrigen und ihren Aktivitäten. Meist wendet die Schulpsychologie populationsbasierte Verfahren wie z. B. Intelligenztest an. Sie sind standardisiert für die relevante Altersgruppe.

Je nach Konstrukt und theoretischen Grundlagen werden bei schwerwiegenden Aktivitätseinschränkungen Rückschlüsse auf Probleme auf der Ebene der Körperfunktionen gezogen, wie z. B. höhere kognitive Funktionen. Die geschieht auch dann, wenn diese nicht unabhängig von den Aktivitäten festgestellt werden. Dies ist insbesondere bei sehr tiefen Leistungen in Intelligenztests der Fall, die über längere Zeit und trotz Fördermassnahmen stabil bleiben.

Erfolgt die Beurteilung eines Indikationsbereichs primär über die Partizipation, geht es vor allem um Beteiligungsprobleme des Kindes in Bildungs- und Entwicklungskontexten. Dieser Zugang ist zu empfehlen, wenn eine von der gegenwärtigen Lebenssituation unabhängige Beurteilung von Aktivitätseinschränkungen nicht möglich ist.

Dies kann im Indikationsbereich «Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit» der Fall sein, wo sich Lebensumstände und Aktivitätseinschränkungen manchmal nicht klar voneinander trennen lassen.

Immer dann, wenn die Aktivitäten nicht unabhängig von der gegenwärtigen Lebenssituation eingeschätzt werden können, kann eine direkte Beurteilung der Beteiligungsmöglichkeiten sinnvoller sein als die Annahme definitiv eingeschränkter Körperfunktionen oder Aktivitäten.

Beim Zugang über die direkte Einschätzung von Körperfunktionen ist meist eine entsprechend ausgebildete Fachperson beizuziehen. Einige Körperfunktionen, zum Beispiel die Funktionen der Aufmerksamkeit oder emotionale Funktionen, werden jedoch indirekt über Aktivitäten eingeschätzt.

Bei anderen Körperfunktionen, wie etwa den Seh- und Hörfunktionen kommen direkte Messungen zum Einsatz. Die schulpsychologische Abklärung kann höchstens entsprechende Hinweise feststellen. Auch im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie bei Verdacht auf mögliche Krankheiten und Störungen wie z. B. neurologische Erkrankungen, müssen entsprechende Fachpersonen Abklärungen durchführen.

Die drei Zugänge zur Feststellung der Ausprägung einer Funktionseinschränkung sind oft verbunden mit bestimmten diagnostischen Zugängen und diagnostischen Verfahren. Ein Problem kann aus medizinischer, psychologischer oder sozialer Perspektive betrachtet werden. Je nachdem stehen Körperfunktionen, Aktivitäten oder Partizipation im Vordergrund.

Die drei Zugänge zeichnen sich auch durch unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Prüfung eines Sonderschulbedarfs aus.

Die Einschätzung der Aktivitäten erfolgt immer im Vergleich mit der entsprechenden Altersgruppe. Eine signifikante Abweichung wird populationsbezogen begründet. Als Referenz dienen Prozentränge, Standardabweichungen oder T-Werte.

Bei der Einschätzung der Partizipation muss hingegen eine Gesamteinschätzung vorgenommen werden. Hier geht es um Lebenssituationen und Beteiligungsmöglichkeiten. Eine Einschätzung erfolgt aufgrund des Lehrplans oder des Schullebens.

Bei der Einschätzung der Körperfunktionen werden die  Funktionseinschränkung und das Ausmass davon beschrieben. 

Wird in mindestens einem Indikationsbereich das Referenzkriterium für eine Indikation erreicht, weist das auf einen möglichen Bedarf an eine sonderschulische Massnahme hin.

Eine Indikation führt jedoch nicht automatisch zu einem bestimmten Bedarf und somit nicht zwingend zu einem Anspruch auf Massnahmen.

Problemperspektive Diagnostischer Zugang Refrenzkriterium für Indikation
Beurteilung der Aktivität Entwicklungsperspektive: Funktionsfähigkeit im Kontext der Entwicklung
  • Probleme beim Ausführen von Handlungen (ICF: Aktivitäten) im Kontext der altersgemässen Entwicklung
  • Anschluss an standardisierte Testverfahren
  • Populationsbezogene Normen als Grundlage für die Einschätzung
  • Der Befund wird nur ab den folgenden Referenzkriterien in Betracht gezogen:
  • PR < 5
  • ca. SD > 1.5 unter Mittelwert
  • ca. T-Wert < 35
Beurteilung der Partizipation Beteiligungsperspektive: Funktionsfähigkeit im Kontext der Lebenssituation
  • Beteiligungsprobleme (ICF: Partizipation) im Kontext der gegenwärtigen Lebenssituation
  • erhebliche Funktionseinschränkungen, jedoch nicht mit Sicherheit auf eine Einschränkung der Aktivitäten oder der Körperfunktionen zurückzuführen
  • Anschluss an Schulisches Standortgespräch SSG an
  • Lebensbereiche als Grundlage für die Einschätzung
  • Andauernde und schwerste Beeinträchtigung der Beteiligungsmöglichkeiten in mehreren zentralen schulischen Situationen und Settings
  • Lehrplan: Der Grundanspruch bezüglich Kompetenzerwartungen mit grosser Abweichung in vielen Bereichen nicht erreicht
  • Beteiligung am Schulleben ist substantiell eingeschränkt
Beurteilung der Körperfunktionen Funktionsperspektive: Funktionsfähigkeit ohne Berücksichtigung der Lebenssituation oder des Entwicklungsstands
  • Probleme der Funktionsfähigkeit unabhängig von Kontext und Entwicklung (ICF: Körperfunktionen)
  • Anschluss an klinische Verfahren, die direkt auf eine altersunabhängige Feststellung spezifischer Funktionseinschränkungen abzielen
  • Schweregrade der Funktionseinschränkung als Grundlage der Einschätzung
  • Ausprägung der Funktionseinschränkung: mittel oder schwer
  • ICF: «Schädigung erheblich ausgeprägt» oder «Schädigung voll ausgeprägt»

Problemperspektiven mit diagnostischem Zugang und Referenzkriterium für Indikation

Quelle: VSA

Zuweisung zu einem Sonderschultypus

Besteht ein möglicher Bedarf für eine Sonderschulung, schätzt der Schulpsychologische Dienst den Typus der Sonderschulung ein. Man unterscheidet drei Typen von Sonderschulungen. Dabei stehen unterschiedliche Indikationsbereiche im Fokus oder dienen als Ausschlusskriterium.

Sonderschultypus A

  • Beeinträchtigungen in den Bereichen Verhalten, Lernen oder Sprache
  • Indikation deutlich gegeben im Indikationsbereich Sozio-emotionale Funktionen (bzw. für eine Beeinträchtigung in der Sprache in den Indikationsbereichen Intentionale Kommunikation und Kognition und Metakognition)
  • Ausschlusskriterium: Schwere kognitive Beeinträchtigung (Intelligenzminderung) vorliegend

Sonderschultyp B1

  • Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbeeinträchtigungen ohne kognitive Beeinträchtigung
  • Indikation sehr deutlich gegeben im Indikationsbereich Wahrnehmung und Sensorik (Blindheit oder starke Sehbehinderung, Taubheit oder starke Hörbeeinträchtigung, Taubblindheit) und/oder Bewegung, Mobilität, Motorik (schwere Körperbehinderung)
  • Ausschlusskriterium: Schwere kognitive Beeinträchtigung (Intelligenzminderung) vorliegend

    Sonderschultyp B2

  • Körper-, Sinnes- oder Mehrfachbeeinträchtigungen mit kognitiver Beeinträchtigung
  • Indikation deutlich gegeben im Indikationsbereich Kognition und Metakognition (Intelligenzminderung) und i.d.R. Sozio-emotionale Funktionen, Intentionale Kommunikation, Aktivitäten des täglichen Lebens

und zusätzlich

  • Indikation sehr deutlich gegeben im Indikationsbereich Wahrnehmung und Sensorik (Blindheit oder starke Sehbehinderung, Taubheit oder starke Hörbeeinträchtigung, Taubblindheit) und/oder Bewegung, Mobilität, Motorik (schwere Körperbehinderung)

Sonderschultyp C

  • kognitive Beeinträchtigungen
  • Indikation deutlich gegeben im Indikationsbereich Kognition und Metakognition (Intelligenzminderung) und i.d.R. Sozio-emotionale Funktionen, Intentionale Kommunikation, Aktivitäten des täglichen Lebens
  • Ausschlusskriterium: Indikation sehr deutlich gegeben im Indikationsbereich Wahrnehmung und Sensorik (Blindheit oder starke Sehbehinderung, Taubheit oder starke Hörbeeinträchtigung, Taubblindheit) und/oder Bewegung, Mobilität, Motorik (schwere Körperbehinderung)

Kognition und Metakognition

Kognition bezieht sich auf die Fähigkeit, etwas Neues zu lernen. Gelerntes zeigt sich in einem veränderten Handlungsrepertoire respektive in einer besseren Fähigkeit, das eigene Handeln adaptiv zu steuern und so wiederum neue, anregende Erfahrungen zu machen. Handlungsverständnis und Handlungsausführung sind eng miteinander verbunden.

Kognition ist das komplexe Zusammenwirken von antizipierten Empfindungen und vorbereiteten Handlungen. Bei der Verfolgung von Zielen wird Selbstregulierung durch die Verbindung von Kognition und Bewegung ermöglicht. «Intelligenz» wird deshalb auch als das Zusammenspiel verstanden von Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsfähigkeit, Planungsfähigkeit sowie simultanen und sequentiellen kognitiven Prozessen, die mit dem Wissen und Bildungsstand einer Person interagieren und Handlungen begleiten (Metakognition). Kognitive Prozesse erfordern neben intellektuellen Funktionen (Funktionen der Intelligenz, höhere kognitive Funktionen, kognitiv sprachliche Funktionen) insbesondere auch Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen sind notwendig sowohl für die Kontinuität der Verarbeitung von sensorischen Reizen als auch für die Handlungsplanung respektive die Handlungsregulierung; dies sind wichtige Voraussetzungen für aktives Lernen und Explorieren.

Das Zusammenspiel zwischen Kognition und Handlung kann auf verschiedenen Regulierungsebenen beobachtet werden: Sensomotorische Regulation, Regulation über Handlungsmuster, bewusste Handlungsplanung und -steuerung sowie abstrakte, metakognitive Prozesse, welche die bewusste Handlungsplanung und -steuerung moderieren. Diese unterliegen einem Entwicklungsprozess.

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Kognitive Funktionen

Anker-Item: b164 Höhere kognitive Funktionen

Zur Einschätzung der höheren kognitiven Funktionen werden die Untertests oder Skalen von Intelligenztests verwendet. Sie messen das Abstraktionsvermögen, das Ordnen oder Kategorisieren von Ideen oder Gegenständen, die kognitive Flexibilität sowie die Fähigkeit zur Planung. Weitere für die kognitiven Funktionen zentrale ICF-Codes sind

  • b117 Funktionen der Intelligenz
  • b160 Funktionen des Denkens

Für kognitive Verarbeitungsprozesse zentrale Funktionen

Anker-Item: b140 Funktionen der Aufmerksamkeit

Zur Einschätzung der Aufmerksamkeit werden die Untertests und Skalen von Intelligenztests verwendet. Sie messen die Fähigkeit, sich für eine geforderte Zeitspanne auf etwas zu konzentrieren, die Aufmerksamkeit adaptiv auf einen oder mehrere Gegenstände zu lenken, sowohl alleine als auch gemeinsam mit anderen. Aufmerksamkeit bedeutet in diesem Kontext, kognitive Verarbeitung durch Ausrichtung auf einen Gedanken oder eine Idee aufrecht halten zu können. Für die kognitive Verarbeitung ist ebenfalls zentral, sinnliche Wahrnehmungen schnell zu verarbeiten sowie die jeweils notwendigen Informationen aus dem Gedächtnis abrufen zu können. Gedächtnisfunktionen sind notwendig, um sich an Informationen zu erinnern und diese für kognitive Verarbeitungsprozesse verfügbar zu haben. Weitere zentrale ICF-Codes sind

  • b144 Funktionen des Gedächtnisses
  • b156 Funktionen der Wahrnehmung (kognitive Aspekte, Erkenntnisprozesse)

Mit Kognition eng verbundene Funktionsfähigkeiten

Anker-Item: d133 Sprache erwerben

Kognition ist eng mit Lernfähigkeit und einer allgemeinen Problemlösefähigkeit verbunden, dabei ist Sprache ein zentrales Werkzeug. Die kognitiven Fähigkeiten eines Kindes können auch aufgrund des Lernvermögens und der Entwicklung von Fähigkeiten eingeschätzt werden, die eng mit Kognition verbunden sind. Zur Einschätzung werden Untertests und Skalen von Intelligenztests verwendet, welche das Sprachverständnis, den Wortschatz oder das allgemeine Wissen messen. Eingesetzt werden können hier – insbesondere im Vorschulalter – aber auch entwicklungsorientierte Verfahren. Weitere zentrale ICF-Codes sind

  • d131 Lernen durch Handlungen mit Gegenständen (Vorschulalter)
  • d155 Sich Fertigkeiten aneignen
  • d166 Lesen
  • d170 Schreiben
  • d172 Rechnen
  • d175 Probleme lösen
  • d163 Denken

Der Indikationsbereich «Kognition und Metakognition» wird primär mittels Intelligenztests beurteilt. Untertests der verschiedenen Intelligenztests sind mit den funktionalen Komponenten jedoch nicht deckungsgleich. 

Auf schwerwiegende Probleme im Bereich Kognition und Metakognition deutet hin, wenn das Kind die als Grundanspruch im Lehrplan definierten Kompetenzen mit grosser Abweichung und vor allem in den stark kognitiv betonten Schulfächern nicht erwerben konnte. Das durchgeführte schulische Standortgespräch hat ergeben, dass das Kind in all diesen Lebensbereichen wesentlich eingeschränkt ist: Lernen und Wissensanwendung, Mathematisches Lernen, Spracherwerb und Begriffsbildung, Lesen und Schreiben, Umgang mit Anforderungen.

Trotz gezielten Förder- und Unterstützungsmassnahmen haben sich die Beteiligungsprobleme in diesen Bereichen substanziell verschärft.
Folgende Einschränkungen bei der Bewältigung von Situationen können auf Probleme in diesem Indikationsbereich hinweisen:

  • Probleme beim Verstehen abstrakter oder in der Zukunft liegender Ergebniserwartungen und damit verbundene Probleme bei der Selbstregulierung (z. B. Volition, Motivation)
  • Wenig ausgeprägtes Verständnis und schlecht vernetzte Vorstellungen des Lerngegenstands (z. B. fehlende Abstraktion und Synthese von Informationen)
  • Stark reduziertes Repertoire an Denkstrategien, sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten und anderen für das Lernen wichtigen mentalen Werkzeugen; wenig wirksamer oder der Anforderungssituation nicht adäquater Verwendung von Werkzeugen (z. B. Schere, Heft und Bleistift)
  • Ungenügende und inadäquate Nutzung des sozialen Kontexts und von Unterstützungsangeboten, Schwierigkeiten sich in komplexen sozialen Situationen zurechtzufinden, fehlende Berücksichtigung sozialer Konventionen in schulischen Situationen.

Die Beurteilung unter der Perspektive «Körperfunktionen» ist vor allem im Kindes- und Jugendalter bei der Beurteilung des Indikationsbereiches «Kognition und Metakognition» nicht angezeigt, weil Kognition und Metakognition nicht absolut, sondern immer im Vergleich zum Entwicklungsalter einzuschätzen sind.

Assoziierte Syndrome, Störungen, Funktionseinschränkungen:

  • Disorder of intellectual development (ICD-11)
  • Developmental learning disorders (ICD-11)

Kann zudem auftreten bei:

  • Autism Spectrum Disorder (ICD-11)
  • Zerebrale Lähmungen
  • In Kombination mit Gesundheitsproblemen

Weitere möglicherweise eingeschränkte Bereiche der Funktionsfähigkeit:

  • b114 Funktionen der Orientierung
  • b130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs
  • d230 Die tägliche Routine durchführen
  • d250 Das eigene Verhalten steuern (verminderte Impulskontrolle wegen mangelnder Planungsfähigkeit)
  • d571 Auf eigene Sicherheit achten (Handlungssteuerung, Gefahren einschätzen können)
  • d720 Komplexe interpersonelle Interaktion (Handlungssteuerung)
  • d740 Formelle Beziehungen (Handlungssteuerung)

Von diesem Indikationsbereich abzugrenzen sind:

  • Indikationsbereich Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit
  • Schwierigkeiten mit der Motivation / dem Interesse
  • Nichtbeherrschen der Schul- und Testsprache
  • Defizite aufgrund mangelhafter Schulung
  • Schulleistungsprobleme
  • Probleme bei der Verhaltenssteuerung aufgrund emotionaler oder motorischer Einschränkungen Probleme bei der Bewegungssteuerung aufgrund motorischer oder perzeptiver Einschränkungen

Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik 

Gemeint ist hier die Fähigkeit, den Sehsinn und/oder Hörsinn sowie andere Sinne zu nutzen für die Wahrnehmung von Sinnesreizen in der Umwelt. Sinnesempfindungen werden im Gehirn verarbeitet (Synthese zwischen verschiedenen Empfindungen sowie mit Ergebnissen aus vorgängigen Wahrnehmungsprozessen) und sind Grundlage für Handlungssteuerung und Lernprozesse. Die Fähigkeit, sensorische Reize aufzunehmen, zu verarbeiten und zu integrieren, unterliegt einem Entwicklungsprozess. 

Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.

Sehen

Anker-Item: b210 Funktionen des Sehens

Sehen bezeichnet den Aufnahme- und Verarbeitungsprozess von visuellen Reizen, bei dem über das Auge und Gehirn eine Auswahl relevanter Informationen, die Erkennung von Elementen und deren Interpretation stattfindet. Medizinische Untersuchungen stellen Einschränkungen der Sehfunktionen fest. Vor allem berücksichtigen sie die Herabsetzung der Sehschärfe und die Einengung des Gesichtsfeldes. Weitere relevante ICF-Codes sind:

  • d110 Zuschauen
  • d166 Lesen

Auch ohne Einschränkung der Sehfunktionen kann die Verarbeitung von visuellen Reizen eingeschränkt oder nicht altersadäquat sein. Davon betroffen ist somit

  • b156 Funktionen der Wahrnehmung

Bei der Erkennung und Interpretation sowie bei der kognitiven Verarbeitung können Probleme auftreten. Ein hier ebenfalls relevanter Code ist

  • d440 Feinmotorischer Handgebrauch (visuo-motorische Koordination).

Hören

Anker-Item: b230 Funktionen des Hörens

Hören bezeichnet die Sinneswahrnehmung von Schall und umfasst die Schallaufnahme und -weiterleitung, die Umwandlung von Schall in neuronale Impulse sowie die Verarbeitung im Gehirn. Medizinische Untersuchungen stellen Einschränkungen der Hörfunktionen mittels Ton- und Sprachaudiogramms fest. Mitberücksichtigt werden dabei das Alter, in dem die Einschränkung der Hör-funktion eingetreten ist, und die Einschränkung des Spracherwerbs (d133 Sprache erwerben). Weitere relevante Codes sind:

  • d115 Zuhören
  • d310 Kommunizieren als Empfänger gesprochener Mitteilungen
  • d330 Sprechen

Schmerz

Anker-Item: b280 Schmerz

Schmerz ist eine subjektive Sinneswahrnehmung und kann nicht objektiv erfasst werden. In diesem Kontext ist Schmerz chronisch, der mit Unwohlsein, verminderter Leistungsfähigkeit und Verlust an Lebensqualität einhergeht. Es gibt keine klaren Referenzkriterien dazu. Indikatoren für Schmerz sind das Schmerzerleben wie Empfindungen, Emotionen und Kognitionen. Weitere Indikatoren sind das Schmerzverhalten wie Veränderung der Mimik, Gestik, Körperhaltung, willkürliche schmerzreduzierende Bewegungen, Vermeidungsverhalten, Klagen. Physiologische Parameter z. B. im zentralen Nervensystem, Atemfrequenz, hormonelle Veränderungen gelten auch als Indikatoren.

Schmerzen wie z. B. Kopfschmerzen oder Migräne können das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit einschränken und sind deshalb von Bedeutung. Schmerz kann auch bei bestimmten Krankheiten und insbesondere bei Mehrfachbehinderungen auftreten. Die Einschätzung von Schmerzen und die Planung von Interventionen müssen durch einen Arzt / eine Ärztin erfolgen.

Andere bewusste sinnliche Wahrnehmungen

Anker-Item: d120 Andere bewusste sinnliche Wahrnehmungen

Orales Explorieren, Berühren, Riechen und Schmecken sind weitere sinnliche Wahrnehmungen, die insbesondere bei sehr jungen Kindern oder schwer mehrfachbehinderten Menschen für das Lernen und die Entwicklung bedeutend sind. In diesen Fällen kann auch b114 Funktionen der Orientierung (Orientierung zu Objekten, Orientierung zum Raum) eingeschränkt sein. Mit sinnlicher Wahrnehmung verbunden sind die entsprechenden Sinnesfunktionen sowie die Wahrnehmungs- und kognitiven Verarbeitungsfunktionen. Isoliert werden diese bewussten sinnlichen Wahrnehmungen jedoch kaum im Zusammenhang mit der Bedarfseinschätzung getestet.

Bei der Durchführung von Testverfahren können allenfalls Beobachtungen gemacht werden, die den Verdacht auf eine Einschränkung der Wahrnehmung oder Sensorik nahelegen. Entsprechende Abklärungen werden von Spezialärztinnen und Spezialärzten durchgeführt.

Das Kind zeigt aufgrund sensorischer Einschränkungen anhaltende Probleme bei der Partizipation in zentralen schulischen Situationen und Settings, z. B. Bewältigen des Schulwegs, Lernen, Kommunikation im Unterricht. Erforderlich ist dann eine besondere Adaptation, spezialisierte Unterstützung oder eine Assistenz, z. B. Gebärdendolmetscher.

Bei den Einschränkungen der Sinnesfunktionen muss eingeschätzt werden, ob und wie stark die Partizipation des Kindes in der gegenwärtigen Umwelt eingeschränkt ist. Und falls ja, ob es notwendige Adaptionen braucht.

Einschränkungen der sinnlichen Wahrnehmung und Sensorik sind unsichtbar und in der Schule deshalb oft erst spät erkennbar. Zeigt ein Kind Unaufmerksamkeit oder beeinträchtigte Beteiligung am Unterricht, sollte es abgeklärt werden, um Probleme im Bereich Hören und Sehen auszuschliessen.

In der Regel klären und beurteilen medizinische Fachpersonen Probleme im Bereich bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik. Der Zugang über Körperfunktionen ist somit zentral für die Beurteilung dieses Indikationsbereichs. Die dort verwendeten Assessmentverfahren erfassen die Ausprägung der vorliegenden Einschränkung. Einschränkungen werden unter Verwendung der verfügbaren Hilfsmittel wie Brille und Hörgerät gemessen und aufgrund des besseren Auges beziehungsweise Ohres eingeschätzt.

Da die notwendigen Anpassungen im Unterricht, sinnvolle Hilfsmittel sowie Massnahmen für den Nachteilsausgleich immer eine Einzelklärung brauchen, lassen sich keine generellen Referenzkriterien formulieren. Grundlage für die Einschätzung des Bedarfs an sonderschulischen Massnahmen sind somit medizinische Fachgutachten.

Pädagogische Beurteilungen durch entsprechend spezialisierte sonderpädagogische Fachstellen können wichtige Ergänzungen sein.

Hinweise zu assoziierten Syndromen, Störungen, Funktionseinschränkungen:

  • Usher-Syndrom
  • CHARGE-Syndrom

Von diesem Indikationsbereich abzugrenzen sind:

  • Indikationsbereich Kognition und Metakognition
  • Indikationsbereich Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit

Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit

Emotionale Funktionen sind spezifische mentale Funktionen. Sie stehen im Zusammenhang mit Gefühlen und den affektiven Komponenten von Bewusstseinsprozessen. Hier soll das Schwergewicht auf den sozialen Funktionen von Emotionen liegen, dem Regulieren von Interaktionen. Es stehen nicht Verhaltensweisen wie Aggression oder Schulschwänzen im Zentrum, sondern die Emotionalität in sozialen Situationen. Zum Beispiel Empathie, die Fähigkeit zur Kooperation, Durchsetzungsvermögen, Selbstkontrolle u.a.

Jemand mit sozial-emotionaler Funktionsfähigkeit kann die eigenen Emotionen regulieren, Emotionen der anderen erkennen, eine soziale Perspektive übernehmen und sich sozial sicher fühlen. Diese Fähigkeiten unterliegen einem Entwicklungsprozess und werden durch die Eltern-Kind-Beziehung beeinflusst.

Kritische Lebensereignisse können die soziale-emotionale Funktionsfähigkeit beeinträchtigen.
 

Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.

Emotionalität

Anker-Item: b152 Emotionale Funktionen

Die Einschätzung der Emotionalität beinhaltet die Beurteilung der Situationsangemessenheit von Gefühlen, Spannweite von Gefühlsregungen wie Liebe, Hass, Angst, Sorgen, Furcht und Ärger sowie Erleben und Ausdruck von Emotionen.

Weitere hier zentrale ICF Codes sind

  • b125 Dispositionen und intrapersonelle Funktionen, wie z. B. Adaptationsfähigkeit, Responsivität, Zugänglichkeit

Regulierung von Emotionen, Motivation und psychischer Energie

Anker-Item: b130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs

Die Einschätzung der Fähigkeit des Kindes die eigenen Gefühle, Impulse und Motivation zu regulieren, erfolgt vor allem durch Beobachtung. Sie zeigen sich in Durchsetzungskraft, z. B. in anspruchsvollen Situationen, und Frustrationstoleranz. Probleme in diesem Bereich können zu Suchtverhalten führen.

Weitere hier zentrale ICF-Codes sind:

  • b571 Auf eigene Sicherheit achten sowie
  • d240 Mit Stress und anderen psychischen Anforderungen umgehen
  • d230 Die tägliche Routine durchführen
  • d250 Das eigene Verhalten steuern, wie z. B. Reaktionen auf Anforderungen
  • d550 Essen, wie z. B. angemessen Essen bei Bulimie oder Anorexie

Sozialemotionale Kompetenzen

Anker-Item: d720 Komplexe interpersonelle Interaktionen

Die Einschätzung der sozial-emotionalen Kompetenzen kann durch Verfahren und deren Teilbereiche erfasst werden. Sie beziehen sich auf Emotionswissen, auf die Fähigkeit in einer kontextuell und sozial angemessenen Art und Weise mit anderen zu interagieren, das eigene Verhalten in Beziehungen zu regulieren und soziale Regeln einzuhalten. Dies beinhaltet auch die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme, das Verstehen von sozialen Situationen und sozial kompetentes Handeln

Weitere hier zentrale ICF Codes sind:

  • b122 Globale psychosoziale Funktionen
  • d2103 Eine Einzelaufgabe in einer Gruppe bewältigen
  • d2503 Verlässlich handeln
  • d70 Formelle Beziehungen
  • d750 Informelle soziale Beziehungen
  • d760 Familienbeziehungen

Die Einschätzung des Indikationsbereichs «soziale-emotionale Funktionsfähigkeit» erfolgt primär mittels klinischer Beurteilung. Häufig kommen verschiedene Fragebögen zur Anwendung.

Schwerwiegende Probleme im Bereich der sozial-emotionalen Funktionsfähigkeit zeigen sich primär in den SSG-Lebensbereichen «Umgang mit Anforderungen» (Allgemeine Aufgaben und Anforderungen) und «Umgang mit Menschen» (Interpersonelle Interaktion und Beziehungen). Sie wirken sich jedoch oft auch auf die Leistungsfähigkeit des betroffenen Kindes oder Jugendlichen aus.

Neben Beobachtungen und dem Führen von Gesprächen können auch projektive Verfahren Hinweise geben auf

  • die emotionale Entwicklung
  • emotionale Veränderungen
  • die momentane Befindlichkeit
  • unbewusste Problemstellungen

Sie können als Screening-Verfahren von grossem Nutzen sein, sind jedoch nicht standardisiert. Die Erfahrung und Professionalität der testenden Person beeinflusst deshalb entscheidend die Gültigkeit der Ergebnisse.

Bei schweren Einschränkungen der sozialen-emotionalen Funktionsfähigkeit sollte eine kinder- und jugendpsychiatrische Abklärung erfolgen.

Hinweise zu assoziierten Syndromen, Störungen, Funktionseinschränkungen:

  • Affektive Störungen (gemäss ICD-11)
  • Autismus-Spektrum-Störungen (gemäss ICD-11)
  • Weitere psychische Störungen gemäss ICD-11

Kann zudem auftreten bei:

  • Vorübergehend psychosozialen Belastungssituationen
  • Erschwerung der Kontaktaufnahme aufgrund Blindheit, Gehörlosigkeit, Hörsehbehinderung, kognitiven Einschränkungen oder als Folge von Isolation

Weitere möglicherweise eingeschränkte Bereiche der
Funktionsfähigkeit:

In den meisten Situationen führen emotionale Probleme auch zu Schwierigkeiten bei der Steuerung des eigenen Verhaltens (d250 Das eigene Verhalten steuern). Zudem sind personenbezogene Faktoren von Bedeutung, wie etwa die kulturelle und soziale Herkunft des Kindes bei der Einschätzung von «Sozial-emotionalen Kompetenzen» oder spezifische Persönlichkeitsmerkmale, die im Kontext Schule als problematisch erlebt werden.

Von diesem Indikationsbereich abzugrenzen sind:

  • Indikationsbereich «Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik»
  • Soziale Konflikte aufgrund kultureller Unterschiede

Intentionale Kommunikation

Kommunikation ist ein beabsichtigter Prozess. Man schreibt dem Gegenüber eine Mitteilungs- oder Handlungsabsicht zu. Dafür braucht es eine geteilte Erfahrungsbasis beziehungsweise geteiltes Wissen, wie z. B. gemeinsame Sprache, Skripts und Schemata. Und es braucht die Fähigkeit, die Absichten des Gegenübers zu interpretieren. Dabei sind Mitteilungsabsichten nicht zwangsläufig an Sprache und symbolisches Denken geknüpft.

Kinder, die eine andere Sprache sprechen und über andere Skripts und Schemata verfügen, haben zwangsläufig Kommunikationsprobleme in der Schule. Kommunikation bedient sich verschiedener Zeichensysteme. Hat ein Kind bestimmte Funktionseinschränkungen, kann es die Zeichensysteme nur beschränkt für die Kommunikation nutzen. Kann es keine alternativen Zeichensysteme aufbauen oder verfügen die Kommunikationspartner nicht über die gleichen Zeichensysteme, führt dies zur Einschränkung der Kommunikation. Beispiele dafür sind: 

  • Ein gehörloses Kind kann die Gebärdensprache im Unterricht nicht verwenden.
  • Die schriftliche Kommunikation von sehbehinderten Kindern muss durch Brailleschrift erfolgen. 
  • Ein Kind hat Probleme mit seinen Stimm- und Sprechfunktionen und kann die Lautsprache teilweise oder nicht verwenden.

Kommunikation erfordert eine gemeinsames Zeichensystem. Dafür ist die Entwicklung von Intentionalität entscheidend. Schwere kognitive Einschränkungen führen deshalb zu Einschränkungen bei der intentionalen Kommunikation. Da Kommunikation letztlich soziales Handeln mit Hilfe von Symbolen ist, können auch soziale Faktoren zu Problemen bei der intentionalen Kommunikation führen. Alle Fähigkeiten, die intentionale Kommunikation ermöglichen, unterliegen einem Entwicklungsprozess.

Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.

Operationale Aspekte von Kommunikation 

Anker-Item: b310 – b399 Stimm- und Sprechfunktionen sowie d330 Sprechen

Einschränkungen der operationalen Aspekte von Kommunikation beziehen sich auf funktionale Einschränkungen, die die Kommunikation erschweren oder behindern. Dies kann aufgrund von

  • neurologischen Problemen, wie z. B. Aphasie, Cerebralparese
  • sensorischen Problemen (Hörbehinderung)
  • Problemen mit den Stimm- und Sprechfunktionen oder
  • anderen Einschränkungen der Körperfunktionen wie z. B. motorische Probleme beim Schreiben von Mitteilungen

der Fall sein. Weitere möglicherweise für diesen Aspekt wichtige ICF-Codes sind:

  • b210 Funktionen des Sehens
  • b230 Funktionen des Hörens
  • d133 Sprache erwerben
  • d320 Kommunizieren als Empfänger von Mitteilungen in Gebärdensprache
  • d340 Mitteilungen in Gebärdensprache ausdrücken

Motivationale und sozial-emotionale Aspekte von Kommunikation

Anker-Item d310 Kommunizieren als Empfänger gesprochener Mitteilungen sowie d330 Sprechen

Einschränkungen der motivationalen Aspekte von Kommunikation beziehen sich auf motivationale und emotionale Aspekte der Kommunikation. Damit verbunden sein können

  • ein fehlendes Interesse an den Mitteilungen anderer Menschen
  • fehlendes Bedürfnis zu kommunizieren oder
  • Verweigerung der Kommunikation (z. B. Mutismus)

Weiterer möglicherweise für diesen Aspekt wichtiger ICF-Codes ist:

  • d331 Präverbale Äusserungen

Metakognitive Aspekte von Kommunikation

Anker-Item: d330 Sprechen und d335 Non-verbale Mitteilungen produzieren

Einschränkungen der metakognitiven Aspekte von Kommunikation beziehen sich auf Schwierigkeiten bei der Planung und Gestaltung von sprachlichen Äusserungen, die situationsadäquates Verstehen des Kommunikationspartners sichert. Erst wenn ein Kind altersgemäss verbale und non-verbalen Mitteilungen versteht und produziert, ist ein Gespräch über längere Zeit möglich. Je älter das Kind ist, desto besser kann es Symbole verwenden und die eigene Kognition steuern.

Weitere für diesen Aspekt möglicherweise wichtige ICF-Items sind: 

  • b164 Höhere kognitive Funktionen
  • b167 Kognitiv-sprachliche Funktionen
  • d132 Informationen erwerben
  • d350 Konversation
  • d355 Diskussion
  • d133 Sprache erwerben
  • d320 Kommunizieren als Empfänger von Mitteilungen in Gebärdensprache
  • d340 Mitteilungen in Gebärdensprache ausdrücken

Operationale Aspekte von Kommunikation:

  • Assessmentverfahren der Logopädie (im Regelfall von einer logopädischen Fachperson durchgeführt)

Motivationale und sozial-emotionale Aspekte der Kommunikation:

  • Fragebögen zur Sozialen Kommunikation
  • Metakognitive Aspekte von Kommunikation
  • Sprachverständnis

Einschränkungen der Partizipation im Indikationsbereich «Intentionale Kommunikation» ist mit den SSG-Lebensbereichen «Spracherwerb und Begriffsbildung», «Lesen und Schreiben» sowie «Kommunikation» assoziiert. Schwerwiegende Einschränkungen in diesen Bereichen behindern die Beteiligung an den meisten schulischen Situationen nachhaltig.

Insbesondere bei der Komponente «Operationale Aspekte von Kommunikation» kann eine neurologische Abklärung angezeigt sein. Für die Komponente «Motivationale und sozial-emotionale Aspekte der Kommunikation» sollte eine kinder- und jugendpsychiatrische Beurteilung vorgenommen werden.

Hinweise zu assoziierten Syndromen, Störungen, Funktionseinschränkungen:

  • Störungen der Sprech- oder Sprachentwicklungen (gemäss ICD-11)
  • Stottern, Poltern

Kann zudem auftreten bei:

  • Einschränkung der Kognition und Metakognition
  • Einschränkung der sozialen-emotionalen Funktionsfähigkeit
  • Autismus-Spektrum-Störungen
  • Schädigung der Funktionen des Hörens
  • ADHS

Von diesem Indikationsbereich abzugrenzen sind:

  • Partizipationseinschränkungen aufgrund von Schwierigkeiten in für Bildungsprozesse relevantem Verhalten

Bewegung, Mobilität und Motorik

Bewegung und Mobilität beziehen sich auf die Fähigkeit, den eigenen Körper im Raum zu bewegen. Dies umfasst

  • die Bewegungsfähigkeit (Motorik)
  • Beweglichkeit
  • Bewegungskoordination inkl. motorische Komponente von Sensomotorik.

Das Lernen und der Erwerb von Bewegungs- und Mobilitätsfähigkeiten unterliegen einem Entwicklungsprozess. Einschränkungen können mit mentalen und/oder neuromuskuloskeletalen Funktionseinschränkungen in Beziehung gebracht werden.

Bewegung und Mobilität sind nicht nur Fähigkeiten im Bereich der Motorik, sondern auch Handlungen, die von emotionalen, motivationalen, sensorischen und kognitiven Prozessen begleitet werden. Die Realisierung, Steuerung und das Erleben von motorischem Handeln unterliegen einem Entwicklungsprozess. Einschränkungen können mit mentalen und sensorischen Funktionseinschränkungen in Beziehung gebracht werden.

Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.

Motorische Fähigkeiten 

Anker-Item: b735 Muskeltonus und d410 Elementare Körperposition wechseln

Zur Einschätzung von Bewegungen und motorischen Fähigkeiten werden Untertests oder Skalen verwendet. Sie messen die grundlegende Fähigkeiten wie aufstehen, sitzen, stehen, sich bewegen oder verlagern. Man schaut auch darauf, wie viel Beweglichkeit, Kraft, Zielgenauigkeit, Bewegungsgeschwindigkeit oder Ausdauer ein Kind hat.

Weitere zentrale Items finden sich in Kapitel 7 der Körperfunktionen (Neuromuskuloskeletale und bewegungsbezogene Funktionen).

Motorisches Handeln

Anker-Item: b760 Funktionen der Kontrolle von Willkürbewegungen und d440 Feinmotorischer Handgebrauch

Zur Einschätzung des motorischen Handelns werden Untertests und Skalen verwendet. Sie messen die Handlungsplanung, Steuerung und Koordination von Bewegungen. Bedeutend sind dabei die Bewegungssteuerung, die Geschicklichkeit und die Reaktionsfähigkeit.

Weiterer zentrale ICF-Codes sind:

  • b147 Psychomotorische Funktionen
  • b176 Mentale Funktionen, die die Durchführung komplexer Bewegungshandlungen betreffen

Tests zu motorischen Fähigkeiten und motorischem
Handeln

Einschränkungen der Partizipation im Indikationsbereich «Bewegung, Mobilität und Motorik» ist mit den SSG-Lebensbereichen «Bewegung und Mobilität» verbunden. Eine relevante Einschränkung der Partizipation liegt vor, wenn Kinder oder Jugendliche aufgrund von motorischen Schwierigkeiten nicht adäquat am Unterricht und am Schulleben teilnehmen können.

Insbesondere, wenn Verdacht besteht auf das Vorliegen einer neurologischen Entwicklungsstörung oder Krankheit, ist eine medizinische Abklärung angezeigt.

Möglicherweise erfordern funktionelle Einschränkungen in diesem Bereich medizinisch indizierte Massnahmen wie z. B. Physiotherapie zur Kontrolle der Spastizität bei Zerebralparese.

Hinweise zu assoziierten Syndromen, Störungen, Funktionseinschränkungen:

  • Motorische Koordinationsstörung
  • Entwicklungsstörung der motorischen Koordination (gemäss ICD-11)
  • Zerebrale Lähmungen
  • Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems

Von diesem Indikationsbereich abzugrenzen von Partizipationseinschränkungen im/aufgrund von:

  • Indikationsbereich Kognition und Metakognition
  • Indikationsbereich Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit
  • Körperlicher Aktivität, beziehungsweise aufgrund fehlender körperlicher Aktivität und Folgeproblemen

Ausführen der Aktivitäten des täglichen Lebens

Mit «Aktivitäten des täglichen Lebens» sollen hier Fähigkeiten bezeichnet werden, die sich auf den Funktionsbereich «Selbstversorgung» in der ICF beziehen.

Diese Aktivitäten umschreiben Fähigkeiten, die für die Partizipation an Bildungsprozessen in typischen Settings vorausgesetzt werden. Kann das Kind diese nicht ausführen, müssen entsprechende Assistenzleistungen erbracht oder Anpassungen vorgenommen werden. Dieser Indikationsbereich ist vor allem im Kontext von körperlichen und schweren kognitiven Einschränkungen von Bedeutung. Alle zum Ausführen der Aktivitäten des täglichen Lebens erforderlichen Fähigkeiten unterliegen einem Entwicklungsprozess.
 

Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.

Dieser Indikationsbereich ist im SAV verankert mit den ICF-Codes

  • d230 Die tägliche Routine durchführen
  • d530 Die Toilette benutzen
  • d540 Sich kleiden
  • d550 Essen

Weitere zentrale ICF-Codes für diesen Bereich sind:

  • d510 Sich Waschen,
  • d520 Seine Körperteile reinigen
  • d560 Trinken

Entsprechenden Fachpersonen führen die Assessmentverfahren durch.

Dieser Indikationsbereich ist im SSG durch die Lebensbereiche «Für sich selber sorgen» (Selbstversorgung) und «Bewegung und Mobilität» repräsentiert.

Rehabilitationsfachpersonen führen die unter dem Zugang «Aktivitäten» genannten Verfahren durch. Diese Verfahren werden mit weiteren Assessmentverfahren aus der Neurologie respektive der Entwicklungsneurologie ergänzt.

Hinweise zu assoziierten Syndromen, Störungen, Funktionseinschränkungen:

Verschiedene Syndrome können zu Einschränkungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens führen, z. B. im Zusammenhang mit neuromuskuloskeletalen (z. B. bei Zerebralen Lähmungen, Spina Bifida) oder kognitiven Funktionseinschränkungen.

Von diesem Indikationsbereich abzugrenzen von Partizipationseinschränkungen im/aufgrund von:

  • Alterseffekten: Junge Kinder im Vorschulalter erwerben sich diese Fähigkeiten; dieser Bereich soll nur dann als eingeschränkt erachtet werden, wenn diese signifikant von den in einem bestimmten Alter zu erwartenden Fähigkeiten abweichen.
  • Kulturellen Unterschieden bezüglich Erwartungen an die Selbständigkeit im Bereich Aktivitäten des täglichen Lebens

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