Empfehlungen des Personalamtes für Vorgesetzte zu Arbeitszeit, Mehrzeit, Minuszeit, Überzeit und Ferien
1.Ausgangslage
Die flexible Arbeitszeitregelung für das kantonale Personal ist ein bewährtes Element der kantonalen Anstellungsbedingungen. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag für die Attraktivität des Kantons als Arbeitgeber und für die Motivation der Mitarbeitenden.
In der Praxis zeigte sich allerdings, dass die richtige Handhabung der flexiblen Arbeitszeit durch die Vorgesetzten mitunter anspruchsvoll ist und vereinzelt auch Diskussionen im Zusammenhang mit Missbrauchsverdacht auftreten. Zudem ist die Gleichbehandlung der kantonalen Mitarbeitenden nicht mehr gewährleistet, wenn die Gleitzeitregelung bzw. die Praxis zu derselben amts- und direktionsübergreifend unterschiedlich angewandt wird. Der Regierungsrat erteilte deshalb der Finanzdirektion den Auftrag, im Sinne einer Führungshilfe Empfehlungen gemäss § 150 lit. b VVO für den richtigen Umgang mit der Arbeitszeitregelung auszuarbeiten. Das Personalamt gibt deshalb folgende Empfehlungen ab, die Antworten zu folgenden Fragen enthalten:
- Wie kann allfälligen Missbräuchen der grosszügigen Arbeitszeitregelung vorgebeugt werden?
- Was kann unternommen werden, damit bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht noch sehr viele Ferientage und Mehrzeitguthaben vergütet werden müssen bzw. die Mitarbeitenden sehr viel früher gehen können, weil sie noch grosse Guthaben abbauen müssen?
- Wie kann erreicht werden, dass die Mitarbeitenden zuerst ihre Ferienguthaben beziehen und nicht solche auf Reserve anhäufen, indem sie vorab immer wochenweise Mehrzeiten kompensieren?
2.Empfehlungen zur Steuerung von Mehrzeit, Minuszeit, Kompensationstagen, Ferien und Überzeit
Die Mitarbeitenden führen auf Vertrauensbasis eine persönliche Zeitbuchhaltung, in der sie die Arbeitszeiten und Abwesenheiten (Ferien, Kompensationstage usw.) aufführen. In der Regel werden elektronische Zeiterfassungssysteme verwendet (z.B. Inovatime, Protime). Die Vorgesetzten können jederzeit Einblick in diese Zeitbuchhaltung nehmen. Sie sind verpflichtet, monatlich die Kenntnisnahme durch ihr Visum zu bestätigen (§ 129 VVO).
Gemäss dieser Regelung ist es eine obligatorische Führungsaufgabe aller Vorgesetzten, die Zeiterfassung ihrer Mitarbeitenden zu kontrollieren. Damit können rechtzeitig auffällige Anhäufungen von Mehrzeit oder Minuszeit erkannt werden und falls nötig sind geeignete Massnahmen dagegen zu ergreifen (vgl. dazu auch Ziff. 3). Ebenso kann mit einer vorausschauenden Ferienplanung gesteuert werden, dass Ferien in dem Jahr bezogen werden, in dem der jeweilige Anspruch entsteht. Überzeitguthaben können ohnehin nicht ohne Genehmigung der oder des Vorgesetzten entstehen.
Die Kompensation von Mehr- oder Überzeitguthaben durch Bezug von Frei-Tagen kann ebenfalls durch die Vorgesetzten gesteuert werden. Wie beim Festlegen des Zeitpunkts der «normalen» Ferien müssen Abwesenheiten infolge Kompensation von Mehr- oder Überzeitguthaben mit den Vorgesetzten abgesprochen und von diesen bewilligt werden. In aller Regel sollten sich Lösungen oder allenfalls Kompromisse finden, die für beide Seiten zufriedenstellend sind. Können sich die Mitarbeitenden gegenseitig nicht vertreten oder sprechen andere betriebliche Gründe (z.B. saisonal oder projektbezogen begründete Mehrarbeit) gegen den gewünschten Zeitpunkt einer Abwesenheit, muss die Kompensation verschoben werden. Zu beachten ist § 124 Abs. 3 VVO, wonach die zusammenhängende Kompensation von Mehrzeit von mehr als einem Tag erst nach dem Bezug der Ferien zulässig ist. Der konsequente Bezug der Ferien vor der Kompensation von Mehrzeitguthaben soll die Anhäufung von Ferien und damit übermässige Rückstellungen verhindern. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht absolut. So ist die Kompensation von Mehrzeit bis zu einem Tag ausgenommen. Möglich bleibt damit insbesondere der Bezug von sogenannten Brückentagen oder der stundenwiese Bezug von Mehrzeit.
Die Steuerung der Mehrzeit-, Minuszeit-, Überzeit- und Feriensaldi erfolgt durch direkte Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitenden. Im Gespräch können die Gründe, für die Entstehung auffälliger Saldi ermittelt und das Vorgehen für den Abbau bzw. den Aufbau dieser vereinbart werden (vgl. dazu auch Ziff. 3).
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann die Anhäufung von auffälligen Mehrzeit-, Minuszeit- oder Überzeitsaldi sowie der jährliche Übertrag von grossen Ferien-, Mehrzeit-, Minuszeit- oder Überzeitsaldi verhindert werden.
Bei Festlegungen durch die Vorgesetzten betreffend den Zeitpunkt der Gewährung von Ferien und/oder Kompensationstagen handelt es sich um Dienstanweisungen, die grundsätzlich nicht Verfügungscharakter haben und entsprechend nicht durch Rekurs anfechtbar sind.
3.Checkliste für den Abbau bzw. den Aufbau von Saldi
Gespräche mit den Mitarbeitenden sind angezeigt, wenn deren Zeit- oder Feriensaldo «auffällige» Werte annehmen. Eine allgemein gültige Definition von auffälligen Werten ist kaum möglich, da dies von Funktion und Verantwortung des oder der betroffenen Mitarbeitenden abhängt. Zudem sind immer die betriebliche Situation (z.B. Mehrbelastung durch Abschluss eines Projekts) und die persönliche Situation des Mitarbeitenden (z.B. Anhäufung Ferienguthaben durch Mutterschaftsurlaub) zu berücksichtigen.
Als Richtwert sind Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitenden angezeigt, wenn die Mehrzeit mehr als 84 Stunden (bei einem Beschäftigungsgrad von 100%) beträgt, da solche Mehrzeit jeweils Ende Jahr gestrichen werden müsste, sofern sie nicht abgebaut ist. Bei hoher Minuszeit ist ebenfalls ein Gespräch angezeigt, da sich dieser Saldo insbesondere durch die Verwaltungsschliessung über den Jahreswechsel weiter stark erhöhen kann. Bei Ferienguthaben ist der Übertrag von mehr als 2 Wochen (entspricht 84 Stunden bei einem Beschäftigungsgrad von 100%) in der Regel als auffällig einzustufen. Wobei Ferien, die aus dienstlichen oder triftigen persönlichen Gründen nicht bezogen werden konnten, bis spätestens Mitte des folgenden Kalenderjahres zu beziehen sind (§ 81 Abs. 3 VVO).
3.1Vorbereitung des Gesprächs
Vorgesetzte/r interpretiert die auffälligen Zeit- und/oder Feriensaldi der/des Mitarbeitenden nach seinem eigenen Ermessen:
- Arbeitsbelastung der/des Mitarbeitenden?
- Arbeitsweise der/des Mitarbeitenden (Setzung von Prioritäten, Effizienz, usw.)?
- Besondere Belastung durch Zusatzaufgaben?
- Auffälligkeit der Zeitsaldi allenfalls auf Arbeitsweise der/des Mitarbeitenden zurückzuführen?
- Besondere Ereignisse bezüglich der persönlichen Situation der/des Mitarbeitenden (z.B. Mutterschaftsurlaub, private Probleme [Scheidung, Todesfall in der Familie, usw.], längere Abwesenheit infolge Krankheit oder unbezahlten Urlaubs, usw.)?
3.2Durchführung des Gesprächs
Vorgesetzte/r eruiert durch Gespräch mit der/dem Mitarbeitenden, was die Ursachen für die auffälligen Zeit- und/oder Feriensaldi sind:
Abstrakte (neutral, keine Wertung) Information Mitarbeitende/r bezüglich Problematik:
- Auffälligkeit der Zeit- und/oder Feriensaldi feststellen
- Problematik von auffälligen Zeit- und/oder Feriensaldi erklären:
bezüglich Mitarbeitende/r:
- Gesundheit Mitarbeitende/r (z.B. Burn-out Syndrom),
- Work-Life Balance,
- Arbeitsweise (z.B. Setzen von Prioritäten),
- Verfall Ende Jahr bei Mehrzeit,
- Aufarbeitung bis Ende Jahr bei Minuszeit.
bezüglich Arbeitgeber:
- Fürsorgepflicht Arbeitgeber,
- Finanzielle Belastung des Betriebes (Rückstellungen),
- Risiko bei Kündigung Mitarbeitende/r (lange Abwesenheit oder Auszahlung bzw. Aufarbeitung).
Stellungnahme Mitarbeitende/r:
Mitarbeitende/r erklären lassen, aus welchen Gründen auffällige Zeit- und/oder Feriensaldi nach ihrem/seinem Ermessen entstanden sind.
Feedback Vorgesetzte/r:
Vorgesetzte/r nimmt Stellung zu vorgebrachten Gründen/Ursachen der Zeit- und/oder Feriensaldi. Evtl. Diskussion bei stark unterschiedlichen Interpretationen zur Entstehung oder zur Auffälligkeit der Zeit- und/oder Feriensaldi.
Massnahmen definieren:
Gemeinsames Erarbeiten des weiteren Vorgehens.
Bei Bedarf: Vereinbarung unterstützender oder organisatorischer Massnahmen (Weiterbildung, Know-how Aufbau, Abgleich Aufgaben - Ressourcen usw.)
Falls Mehrzeit sich im Nachhinein als Überzeit erweist: Nachträgliche Genehmigung Überzeit. Falls Abbau der Überzeit nicht möglich ist: Auszahlung der Überzeit.
Möglichkeiten zum Abbau bzw. Aufbau von auffälligen Zeit- und/oder Feriensaldi:
- Mehrzeit: kürzere Arbeitstage (Maximum definieren), regelmässiger Bezug von einzelnen Kompensationstagen oder Arbeitszeitmodell vereinbaren (z.B. Jahresarbeitszeit). Die Auszahlung von Mehrzeit während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist nicht zulässig.
- Minuszeit: längere Arbeitstage (Minimum definieren), Zuweisung von anderer zumutbarer Arbeit (kurzfristig auch ausserhalb des vereinbarten Aufgabengebiets).
- Ferien: Jahresplanung der Ferien.
Wenn auffällige Zeitsaldi aus betrieblichen Gründen mittelfristig nicht abgebaut werden können:
- Prüfung grundsätzlicher organisatorischer Massnahmen (Abgleich Aufgaben - Ressourcen).
- Mehrzeit: Anordnung von Überzeit oder vorübergehende Erhöhung des Beschäftigungsgrads, bis die organisatorischen Massnahmen greifen.
- Minuszeit: Zuweisung zumutbarer anderer Arbeit (Ersatzarbeit), Gutschrift der Arbeitszeit bei Arbeitgeberverzug.
Nachbereitung des Gesprächs:
Aktennotiz zu Gespräch erstellen und im Personaldossier ablegen. Spätestens dann, wenn die Massnahmen in einer Aktennotiz festgehalten werden, sollte das zuständige HR informiert werden.
Periodische Überprüfung des festgelegten Vorgehens. Stehen den vereinbarten Massnahmen keine betrieblichen und persönlichen Gründe entgegen und hält sich die/der Mitarbeitende nicht an die vereinbarten Massnahmen, können Mitarbeitende abgemahn werden.
4.Mehrzeit-, Minuszeit-, Überzeit- und Feriensaldi bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Trotz laufender Überprüfung der Zeit- und Feriensaldi weisen Mitarbeitende vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitunter erhebliche Saldi auf. Grundsätzlich sind diese Saldi bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses auszugleichen. Wenn der Ausgleich aus dienstlichen oder allenfalls auch aus persönlichen Gründen des bzw. der Mitarbeitenden nicht möglich ist, wird der Restsaldo ausbezahlt. Minuszeit kann bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung des Existenzminimums mit dem Lohn oder unter Umständen mit anderen Guthaben (z.B. DAG, Ferien) verrechnet werden.
Kontakt
Montag, Mittwoch und Freitag von 10 bis 12 Uhr.
Hinweis:
Unsere Rechtsauskunft steht HR-Fachpersonen der kantonalen Verwaltung, der Gemeinden und der öffentlichrechtlichen Betriebe zur Verfügung. Mitarbeitende wenden sich bitte an die Rechtsberatungsstellen für Mitarbeitende.