Hilfsangebot bei psychischen Krisen

Die Kriseninterventionsabteilung hilft bei psychischen Problemen in der Untersuchungshaft.

Betreuungsangebot für Untersuchungshäftlinge

In der Kriseninterventionsabteilung (KIA) werden Personen aus der Untersuchungshaft, die psychisch zu stark belastet sind, aufgefangen und behandelt – nach kurzer Zeit bereits ein bewährtes Angebot.

Menschen, die in Untersuchungshaft kommen, sind bis zu einem etwaigen Urteil offiziell unschuldig. Sie werden meist abrupt aus ihrem Alltag gerissen und kommen in eine Haftsituation mit besonders restriktiven Bedingungen. Die Zeit in der Untersuchungshaft kann eine starke Belastung sein, abgeschnitten vom sozialen Netzwerk, geplagt von Zukunftsängsten und Schamgefühlen. Bei besonders anfälligen Personen kann diese Situation psychische Krisen auslösen.

Psychische Krise in der Untersuchungshaft

Um akute psychische Krisen in der Untersuchungshaft aufzufangen und zu behandeln, wurde im Gefängnis Limmattal eine Kriseninterventionsabteilung – kurz KIA –  eingerichtet. Seit Februar 2019 ist sie in Betrieb. Bis Ende November 2020 wurden 75 inhaftierte Personen aufgenommen, sieben davon zwei Mal.

Fast die Hälfte der inhaftierten Personen wurde aufgrund einer psychischen Störung aus dem Bereich der Belastungs-, Angst- und Anpassungsstörungen behandelt. Die Symptome dieser Erkrankungen können durch Umweltfaktoren – hier die Haftumstände während des laufenden Strafverfahrens – verstärkt werden. Daneben waren bei einem Fünftel der Personen Diagnosen aus dem Spektrum der schizophrenen Störungen der Einweisungsgrund. Weitere knapp 15 Prozent der eingewiesenen Personen waren von affektiven Störungen, worunter zum Beispiel Depressionen fallen, betroffen.

Der Aufenthalt in der KIA

Aufgrund der Ausgestaltung der KIA können die Haftbedingungen stärker auf die individuellen Bedürfnisse der inhaftierten Personen angepasst werden als in den Untersuchungsgefängnissen. Von Pflegefachpersonal (400 Stellenprozent) und Gefängnispsychiaterinnen und Gefängnispsychiater (100 Stellenprozent) werden die inhaftierten Personen intensiv betreut und behandelt. Sie haben mehr Bewegungsfreiheit durch täglich bis zu sieben Stunden offene Zellentüren. Der Gruppenvollzug ermöglicht gemeinsames Essen, Sporttreiben oder Diskutieren.

Die erweiterten Möglichkeiten für sozialen Austausch und der Zugang zu Arbeit, Sport und auch Bildung unterstützen die Verbesserung und Stabilisierung des psychischen Zustands. Ziel ist, dass die inhaftierten Personen nach dem Aufenthalt in der KIA wieder in die normale Haftumgebung verlegt werden können, ohne dass eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik notwendig ist.

Kein Ersatz für die stationäre Behandlung in
Kliniken

Dennoch wurden seit der Inbetriebnahme der KIA weiterhin auch inhaftierte Personen aus der Untersuchungshaft in eine externe stationäre Einrichtung eingewiesen. Im Vergleich fällt auf, dass diese viel häufiger von schizophrenen Erkrankungen und viel seltener von Belastungs-, Angst- und Anpassungsstörungen betroffen sind als die KIA-Klientinnen und Klienten. Ein Ersatz für die psychiatrische Behandlung in einer Klinik ist und soll die KIA nicht sein. Vielmehr bietet sie eine zusätzliche Versorgungsstruktur für eine spezifische Gruppe von psychisch belasteten Personen, die bisher kaum stationär versorgt wurde.

Grafik - Therapeutin entwirrt das Durcheinander im Kopf eines Mannes
Aufarbeitung und Ordnung von verworrenen Gedanken und Gefühlen

Impulsgeberin im beruflichen Wandel

Ein neues Angebot, das sich bereits bewährt hat. Die Rückmeldungen der inhaftierten Personen sind durchwegs positiv. Daniel Bosshart, Leiter des Gefängnisses Limmattal, sieht den Grund für die positive Bilanz in der bedarfsgerechten und individuellen Behandlung der inhaftierten Personen, im Potential der interdisziplinären Zusammenarbeit und in der Erweiterung der Betreuungsarbeit.

Mit ihren bedürfnisorientierten und flexiblen Ansätzen ist die KIA zur Impulsgeberin im Wandel von der Aufsicht zur Betreuung geworden. Hier wurde ein neues Raumkonzept umgesetzt. Durch das Herausbrechen von Wänden wurden «das Korridor-Feeling durchbrochen» und Ess- und Begegnungsräume eröffnet. Die Raumnutzung ermöglicht den Mitarbeitenden, über die Milieugestaltung ihre betreuende Funktion zu verstärken.

Weniger Medikamente dank komplementärmedizinischen Angeboten

Neuerungen sind auch die komplementärmedizinischen Angebote für die inhaftierten Personen wie Atemtechniken zur Selbstregulation und Ohrakupunktur. Damit konnte der Konsum von beruhigenden Medikamenten verringert werden. Zudem bieten diese Angebote den Mitarbeitenden Möglichkeiten zur Erweiterung ihres Repertoires an Instrumenten, um ihre betreuende Funktion zu verstärken. Auch hier hat die KIA den Anstoss für weitere Veränderungen gegeben. Zwei Mitarbeitende haben die Ohrakupunktur-Ausbildung abgeschlossen, und das Angebot wurde auf die Untersuchungshaft ausgeweitet.

Regeln und Strukturen so weit es geht den konkreten Bedürfnissen der inhaftierten Personen und auch der Arbeitspartnerinnen und Arbeitspartnern anzupassen, bleibt deshalb auch in Zukunft das Erfolgsrezept der KIA.

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