Mehr Impact für gute Ideen: Zürich stärkt den Stiftungsstandort
Mitteilung 07.10.2025
Teilen und Wirken – das ist der Grundgedanke hinter jeder gemeinnützigen Stiftung. Dieses Prinzip stand auch im Mittelpunkt des ersten Zürcher Stiftungsforums. Am 1. Oktober lud der neu gegründete Verein Stiftungsstandort Zürich zum Austausch ein – mit grossem Erfolg: Die Veranstaltung war restlos ausgebucht.
«Heute ist für mich der Höhepunkt unseres Austausches über die Verbesserung des Stiftungsstandorts Zürichs.» Mit diesen Worten eröffnete Regierungsrätin Carmen Walker Späh das erste Zürcher Stiftungsforum. Das Motto: «Kollaboration schafft Wirkung». Die Veranstaltung fand am 1. Oktober statt – dem Tag der Stiftungen.
Zürich will sich verbessern
Regierungsrätin Walker Späh stellte die Effizienz in den Vordergrund: «Stiftungen sollen ihren Förderfranken zwei-, drei- oder viermal ausgeben können.» Konkret meinte sie damit: Die Wertschöpfung aus der Stiftungsarbeit soll gesteigert werden. Durch bessere Zusammenarbeit, aber auch das Fördern innovativer Projekte, die sich später als Unternehmen etablieren können.
Im Hinblick auf dieses Ziel hat der Regierungsrat in Zusammenarbeit mit dem Stiftungssektor sowie der Justiz- und Finanzdirektion in den vergangenen vier Jahren viel bewegt: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen wurden reformiert und der «Verein Stiftungsstandort Zürich» gegründet.
Notwendig sei das gewesen, so Regierungsrätin Walker Späh, weil der Stiftungsstandort Zürich – positiv formuliert – «Luft nach oben» habe. Tatsächlich liegt die Stiftungsdichte in Zürich unter dem Schweizer Schnitt, so der Schweizer Stiftungsreport.
Verein Stiftungsstandort Zürich
Der Verein wurde im Juni 2025 gegründet und soll die Attraktivität des Kantons als Stiftungsstandort weiter steigern. Regierungsrätin Carmen Walker Späh nennt drei konkrete Ziele:
- Im Kanton Zürich sollen mehr Stiftungen gegründet werden.
- Die Sichtbarkeit der Stiftungsarbeit soll verbessert werden.
- Das Ausschüttungsvolumen des Sektors soll erhöht werden.
Zu den Gründungsmitgliedern gehören die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich, proFonds, SwissFoundations, das Zentrum für Stiftungsrecht an der Universität Zürich, sowie die ZKB Philanthropie Stiftung.
Unter dem Titel «Stiftungsforum» führt der Verein die 2023 initiierte Reihe «Stiftungsgespräche» weiter. Der neue Vereinsvorstand stellte das Programm innert weniger Monate zusammen, sodass das Forum pünktlich zum «Tag der Stiftungen» stattfinden konnte.
Zum Vorstand gehören: Präsidentin Lisa Meyerhans Sarasin (Präsidentin SwissFoundations), François Geinoz (Präsident proFonds), Prof. Dr. Dominique Jakob (Leiter des Zentrums für Stiftungsrecht, Universität Zürich), Dr. Joëlle Pianzola, (Geschäftsführerin, ZKB Philanthropie Stiftung), Dr. Matthias Inauen (Leiter Firmenansiedlungen, Amt für Wirtschaft, Kanton Zürich), Dr. Lukas von Orelli (Geschäftsführer Velux Stiftung)
Leitung der Geschäftsstelle Alban Muret (Verein Stiftungsstandort Zürich)
Pragmatismus für erfolgreiche Zusammenarbeit
Verbesserungspotenzial sieht auch David Hesse von der Stiftung Mercator Schweiz. In seinem Inputreferat betonte er, dass es noch mehr Kooperation brauche – zwischen Stiftungen, transdisziplinär und mit Umsetzungspartnern. Dabei plädierte er für besser aufeinander abgestimmte Förderprogramme und mehr Pragmatismus: «Alle Stiftungen könnten ein einheitliches, maximal zweiseitiges Antragsformular nutzen.»
Dieser Gedanke fand Zustimmung in der anschliessenden Podiumsdiskussion: «Die Formulare verursachen einen immensen Aufwand», so Yves Weber, Geschäftsführer der Radix Stiftung. Als weitere Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Kooperation im Stiftungswesen nannten die Podiumsteilnehmenden Transparenz, Vertrauen, Mut und Flexibilität. Patrizia Rezzoli, Geschäftsführerin der Seedling Foundation, fasste zusammen: «Am Schluss muss man – ohne Eitelkeiten – einfach 'machen'.»
Stiftungen werden mehr denn je gebraucht
Wie wirkungsvoll Zusammenarbeit im Stiftungssektor sein kann, zeigte ein Praxisbeispiel der SwissRe Foundation. Gemeinsam mit der Organisation Start Network teilt sie Fachwissen aus der Versicherungsbranche mit humanitären Organisationen. So können Hilfsgelder bereits in der Vorbereitungsphase auf Naturkatastrophen effizient eingesetzt werden – und nicht erst, wenn der Schaden angerichtet ist.
Solche Formen der Zusammenarbeit werden dringend gebraucht, sagte Stefan Huber, Direktor der SwissRe Foundation: «Angesichts der globalen Probleme ist das jetzt ein ultimativer Call, zusammenzuspannen und das Klein-Klein zu überwinden.» Gerade auch, weil die Mittel in der Schweiz immer knapper werden: In den letzten Jahren mussten vermehrt Stiftungen mangels Vermögen aufgelöst werden, wie der Stiftungsreport berichtet.
Und so diskutierten die Forumsgäste in den anschliessenden Breakout-Sessions, wie die Stiftungsarbeit durch Zusammenarbeit noch wirkungsvoller werden könnte. Die Themen im Fokus waren «Nachhaltige Ernährungssysteme», «Kunst- und Kulturförderung», «Soziale Förderung» sowie «Unternehmerische Fördermodelle».
Unternehmerisch Fördern heisst Wirkung maximieren
Vor allem das Thema «Unternehmerische Fördermodelle» sorgte für viel Gesprächsstoff. Dieses Modell erlaubt steuerbefreiten Stiftungen nicht mehr nur die reine Mittelvergabe, sondern auch Investitionen in gemeinnützige Unternehmen. Weil das erst seit 2024 möglich ist, fehlt es noch an Praxisbeispielen. Die Unsicherheit über die gesetzliche Auslegung ist gross – und teils auch die Skepsis.
Dominique Jakob, Leiter des Zentrums für Stiftungsrecht an der Universität Zürich, erläuterte den Grundgedanken: «Das ist kein ausgefeilter Private-Equity-Trick. Es geht darum, dass Stiftungen ihre Wirkung nachhaltiger entfalten können. Metaphorisch gesagt: Nicht nur Fische verteilen, sondern den Aufbau eines Fischereibetriebs unterstützen, der dann Nahrung, Know-How und Arbeitsplätze generiert.»
Praxisänderung «Unternehmerische Fördermodelle»
Das kantonale Steueramt Zürich beschloss am 9. Februar 2024, dass auch Stiftungen, die auf unternehmerische Fördermodelle (z.B. Darlehen wie Social Impact Bonds oder Beteiligungen) setzen, von einer Steuerbefreiung profitieren können. Dafür müssen folgende Bedingungen erfüllt werden:
- Investitionen sind nur im Rahmen der eigentlichen Fördertätigkeit zugelassen.
- Fördermittel müssen dort eingesetzt werden wo (noch) kein Markt besteht.
- Auch zurückgeflossene Mittel müssen für den gemeinnützigen Zweck verwendet werden.
Stefan Huber von der SwissRe Foundation begrüsste diese neue Option: «International ist das gang und gäbe. Wenn wir von Standortattraktivität sprechen, dann müssen wir hier vorwärtsmachen.» Die SwissRe beteiligt sich bereits am Pionierprojekt «Social Impact Catalyst». Ziel ist es, wirkungsorientierte Start-ups zu unterstützen, die am «normalen» Markt kein Kapital finden – etwa das Unternehmen Kompotoi, das umweltfreundliche Komposttoiletten entwickelt.
Schliessen sich Gewinn und Gemeinnützigkeit aus?
Andrea Hildebrand, Leiterin des Rechtsdienstes des Kantonalen Steueramts Zürich und Mitautorin der neuen Gesetzesgrundlage, hat Bedenken, dass die Auslegung in der Praxis zu weit gehen könnte: «Wir hatten bei der Gesetzesausarbeitung das Motto 'Hilfe zur Selbsthilfe' im Kopf.» Nun befürchtet sie, dass geförderte Unternehmen erhaltene Stiftungsgelder nicht nur für ihre gemeinnützige Tätigkeit, sondern gewinnorientiert nutzen könnten.
Nils Güggi, Leiter der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht, sieht das gelassener: «Wir haben mit unternehmerischen Fördermodellen überhaupt kein Problem. Ob der Rappen zweckgerichtet verschenkt oder investiert wird, spielt für uns keine Rolle – investieren ist sogar besser». Um das unterschiedliche Verständnis der Gesetzesauslegung aufzulösen, schlägt er vor, über den Rechtsweg Klarheit zu schaffen.
Kollaboration schafft Wirkung
Einen praxisnahen Vorschlag wie es mit der innovativem Stiftungsarbeit weitergehen könne, machte schliesslich Rahel Pfister, Geschäftsführerin von SENS: «Eine klare Definition, was in der Schweiz als gemeinnütziges Unternehmen gilt, würde die Diskussion erleichtern.»
Mit dieser Idee – entstanden aus der Diskussion – bewahrheitete sich das Motto des ersten Zürcher Stiftungsforums: Kollaboration schafft tatsächlich Wirkung. Mia Odermatt, Co-Leiterin des Kultur Komitee Winterthur möchte den Dialog direkt weiterzuführen, um die Stiftungslandschaft zu stärken: «Wir müssen einfach Schwätzen, Austauschen, Probieren und Machen.» Im grossen Forum geht es im nächsten Jahr, wieder am 1. Oktober, mit diesem Dialog weiter.