Hello, AI!: Künstliche Intelligenz gemeinsam gestalten

Eine grosse Gruppe von Jugendlichen, Jurorinnen und Juroren steht auf der Bühne des Zurich AI Festivals vor dem Logo der KI Challenge und hält symbolische Schecks.

Beim KI-Hype mittendrin statt nur dabei: Der Bevölkerungsanlass «Hello, AI!» des Zurich AI Festivals in Zürich bot am 2. Oktober Einblick in die Technologie – und Antworten auf die Frage, was sie bewirkt. Die Veranstaltung zeigte aber auch: Jeder kann selbst aktiv werden.

«Wenn wir möchten, dass Künstliche Intelligenz unseren eigenen Werten entspricht, müssen wir die Technologie aktiv mitgestalten», mit diesem Statement eröffnete Fabian Streiff, Chef des Amts für Wirtschaft des Kantons Zürich, den Bevölkerungsanlass «Hello, AI!» des Zurich AI Festivals. Und er motivierte auch das Publikum: «Die Schweiz lebt von der Innovationskraft – und dafür brauchen wir Menschen, die aktiv mitgestalten. Deshalb: Seien Sie mutig, seien Sie kreativ.»

Kreativ? Mutig? Die Gedanken des IT-Fachmanns Daniel (56) im Publikum drehten sich noch um grundlegendere Fragen, wie: Was passiert mit unseren Daten? Was macht KI mit unserer Gesellschaft? Und müsste IT an Schulen nicht eine grössere Rolle spielen?

KI ergänzt unsere Intelligenz

Genau auf solche Fragen gingen die Vorträge ein – und machten Mut zur Eigeninitiative. Denn, so Gründer des Swiss Healthcare Startups und Comedian Fabian Unteregger: «Wir können das Rad nicht zurückdrehen». So wie das Auto in einer Welt der Pferdekutschen eine Zäsur darstellte – so verändert KI nun unser Leben.

Diese Umwälzung schürt auch Ängste – denen Unteregger mit seinem Verständnis der Technologie entgegentrat. So erklärte er, die KI braucht eine enorme Rechenleistung, allein um die simple Aussage «Ich schlafe auf der Bank» zu verstehen. Menschen hingegen wissen direkt, dass eine Park- und keine Geldbank gemeint ist. Deshalb sei KI «Ergänzung und nicht Ersatz unserer Intelligenz», wie er meint.

Fabian Unteregger steht auf der Bühne des Zurich AI Festivals.
Comedian und Arzt Fabian Unteregger verbindet Humor und Wissenschaft, um das Publikum für die Möglichkeiten und Grenzen der Künstlichen Intelligenz zu begeistern. Quelle: Bo Yann

Die Verantwortung liegt bei uns

Damit die KI sich in der menschlichen Sprache zurechtfindet, braucht sie eine «Karte» mit rund 13'000 Dimensionen – und doch beeinflusst sie uns. «KI prägt unsere Sprache – und damit auch unser Verhalten», betonte Nathalie Klauser, Gründerin des KI-Startups Intersections.

So hat eine Studie des Max-Planck-Institut gezeigt, dass seit dem Auftauchen von KI bestimmte Wörter (z.B.: delve, swift, comprehend – vertiefen, rasch, begreifen) deutlich öfter gebraucht werden – und das selbst von Menschen, die KI nicht aktiv nutzen. Angesichts dieser kulturellen Rückkopplung ist es für Klauser essenziell, dass KI so gebaut wird, dass sie uns nicht schadet – und dafür muss die Gesellschaft sorgen: «Am Ende sind immer wir Menschen verantwortlich.»

KI müsse technisch robust, rechtmässig und ethisch vertretbar sein. Dass das möglich ist, zeigen etwa Tools wie Goblin, eine KI, die neurodivergenten Menschen hilft, Aufgaben – wie den Frühjahrsputz – strukturiert anzugehen. Gleichzeitig gebe es aber auch ethisch Problematisches. So optimierte der Logistikdienstleister Planzer seine Routen mit KI. Das Ergebnis: Mitarbeitende hatten keine Zeit mehr auf die Toilette zu gehen.

Nathalie Klauser zeigt auf eine Folie mit dem Titel «Verantwortung?» während ihres Vortrags am Zurich AI Festival.
Nathalie Klauser spricht über die gesellschaftliche Verantwortung im Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Quelle: Bo Yann

Es gibt sie – die «gute» KI

Dass eine Künstliche Intelligenz, die rechtlichen und ethischen Werten gerecht wird, möglich ist, beweist Apertus. Die von Schweizer Universitäten entwickelte KI ist das erste System, das den europäischen «AI Act» erfüllt – und damit auch die Kriterien, die Klauser fordert: Kontrolle, Rechtschaffenheit, Transparenz und Partizipation.

«Mit Apertus tragen wir zur Forschungs- und Entwicklungsautonomie unseres Standortes bei», betont der Forscher Imanol Schlag. Denn anders als die Anwendungen grosser KI-Unternehmen sei Apertus nicht profitorientiert. Deshalb konnten sich die Forscher bei der Entwicklung auch an den Interessen der Gesellschaft orientieren.

Und so hat sogar ein Stück Schweizer Identität Platz in der KI: Apertus «spricht» auch ein wenig «Schwiizerdütsch». Trotzdem sei es ein Modell für die Welt: «Die genutzten Daten spiegeln die Vielfalt des Internets wider – rund 40 Prozent der Trainingsdaten sind nicht Englisch.»

Imanol Schlag präsentiert auf der Bühne des Zurich AI Festivals eine Folie über die Vorteile eigener KI-Modelle vor einem aufmerksam lauschenden Publikum.
Forscher Imanol Schlag erklärt am «Hello, AI!»-Anlass, warum die Schweiz mit Projekten wie Apertus eigene KI-Modelle entwickelt, um Autonomie, Transparenz und europäische Werte zu stärken. Quelle: Bo Yann

Jugendliche gehen mit eigenen KI-Projekten voran

Dass KI nicht nur ein Tool für Forschungslabore oder Techgiganten ist – beweist die Schweizer Jugend: In der KI-Challenge widmeten sich Schülerinnen und Schüler der Entwicklung eigener KI-Anwendungen – und wurden dafür ausgezeichnet.

Mitul und Tanish entwickelten den «AI Personal Trainer» und gewannen damit die Kategorie «AI for Good». Die Software hilft bei Reha-Übungen – und macht Physiotherapie so für alle zugänglich.

Levin überzeugte in der Kategorie «Creative Coding» mit «Mentis», einer Software, die eigene Notizen sortiert und alte mit neuen Ideen verknüpft, um Gedanken klarer zu strukturieren. Levin hat viel gelernt: «Meine Sicht auf KI hat sich verändert: Ich bin positiv überrascht, aber – weil ich sie jetzt besser verstehe – auch ein wenig entzaubert.»

KI-Challenge 2025

Die Challenge wird vom ETH AI Center in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wirtschaft, Kanton Zürich, sowie den Kantonen Schwyz und Zug organisiert. Dieses Jahr waren knapp 100 Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren mit dabei. Zwischen Januar und August hatten sie – mit der Hilfe von Doktorierenden des ETH AI Centers – ihre Ideen in Code übersetzt.

Finalistinnen und Finalisten waren:

  • Safe Route (Cecile und Brahmiti) zeigt den schnellsten und sichersten Weg durch die Stadt.
  • Mess Check (Lisa) erkennt anhand eines Fotos, ob ein Zimmer ordentlich ist.
  • Next Read (Emilia und Nora) empfiehlt Bücher basierend auf Genre, Seitenzahl und eigenem Bücherregal.
  • Trendvorhersage (Thibault, Gewinner «Beste Abschlussarbeit») analysiert, ob sich neue Worttrends durchsetzen.

Ideen haben alle

Mit seinem Projekt überzeugte Levin auch Asel-Maria (48). Sie besuchte die Veranstaltung, weil sie die KI – die ihr unheimlich ist – besser verstehen wollte. Alle Ängste wurden ihr zwar nicht genommen, aber Programme wie Mentis findet sie besonders für Jugendliche hilfreich und wichtig.

Und auch im Publikum entstanden spontane Ideen: etwa eine Streithilfe, ein Matching-Tool für die grosse Liebe, ein Chemie-Assistent oder ein intelligentes Fotoalbum.

Die Botschaft der Veranstaltung war deutlich: KI betrifft uns – und wir alle können sie auch mitgestalten.

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