Bauen, Wiederverwenden, Speichern: Wie Holz zum Klimaschutz beiträgt

Innenansicht der provisorischen Turnhallen, die aus hellem Holz gebaut sind.

Mit dem gezielten Einsatz von Holz im Bau lassen sich CO₂-Emissionen verringern und gleichzeitig langfristige Kohlenstoffspeicher schaffen. Die Holzstrategie des Kantons Zürich sieht vor, das nachwachsende, lokal verfügbare Naturmaterial vermehrt als Baustoff einzusetzen, seine Wiederverwendung zu fördern und es möglichst lange im Kreislauf zu halten.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität spielt Holz eine wichtige Rolle. Bäume nehmen während ihres Wachstums Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf und speichern es in ihren Stämmen, Ästen und Wurzeln.

Fast ein Drittel der Kantonsfläche – rund 50'000 Hektar – ist bewaldet. Rund die Hälfte dieser Wälder gehört der öffentlichen Hand (Bund, Kantone, Gemeinden). Sie sind vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen, dienen der Bevölkerung zur Erholung und liefern den nachhaltigen Rohstoff Holz.

Blick vom Uetliberg auf den Zürichsee mit Panorama und weitläufigen Waldflächen.
Ein Drittel der Kantonsfläche ist bewaldet. Diese Wälder sind wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanze, aber auch wertvolle Kohlenstoffspeicher.

Mit einem Vorrat von rund 19 Millionen Kubikmetern liegt im Zürcher Wald ein beträchtliches Potenzial, das bislang aus Klimasicht nicht optimal genutzt wird.

Wird Holz als Bau- oder Werkstoff in langlebigen Produkten eingesetzt, bleibt der darin gespeicherte Kohlenstoff über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte erhalten. So werden mit Holz gebaute Gebäude zu Kohlenstoffspeichern. Holz ersetzt zudem Materialien wie Beton oder Stahl, deren Herstellung grosse Mengen an Treibhausgasen verursacht.
 

Baggergreifzange, die Holzstämme von einem aufgestapelten Holzvorrat greift.
Im Zürcher Wald liegt ein beträchtlicher Holzvorrat, der bislang aus Klimasicht nicht optimal genutzt wird.

Strategische Grundlagen

Um dieses Potenzial systematisch zu erschliessen, hat die Baudirektion eine Holzstrategie erarbeitet – eine Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Landschaft und Natur (ALN), dem Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) sowie dem Hochbauamt (HBA). «Der Bericht zeigt auf, wie die Ressource Holz wirksam zum Erreichen der Klimaziele beitragen kann – und welche konkreten Massnahmen die kantonale Verwaltung dafür umsetzt»,
erklärt Floris Heim, Mitglied der fünfköpfigen Arbeitsgruppe, welche die Strategie zusammen mit Fachexpertinnen und Fachexperten entwickelt hat.

Die Holzstrategie ist für die Baudirektion verbindlich und ergänzt die langfristige Klimastrategie des Kantons Zürich sowie den bereits bestehenden «Standard Nachhaltigkeit Hochbau». Sie ist zudem eng mit der kantonalen Kreislaufwirtschaftsstrategie und mit neuen bundesrechtlichen Vorgaben zur Ressourcenschonung verknüpft: Holz soll nicht nur kurzfristig energetisch genutzt, sondern so lange wie möglich stofflich eingesetzt werden – ein Ansatz, der die Ziele von Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz gleichermassen unterstützt.

Beachtliches Speicherpotential

Das theoretische Speicherpotenzial von Holz im Kanton Zürich ist beträchtlich: Gemäss dem Bericht «Förderung von Holz als Bau- und Werkstoff im Kanton Zürich» können durch den vermehrten Einsatz von Holz zwischen 2020 und 2050 insgesamt maximal rund 5,1 Millionen Tonnen CO₂ gebunden werden. Das entspricht im Durchschnitt 170'000 Tonnen pro Jahr.

Damit Holz seine Wirkung für den Klimaschutz entfalten kann, reicht es nicht, den Rohstoff einfach zu ernten und zu verbauen. Entscheidend ist, wie er genutzt, verarbeitet, im Kreislauf gehalten und am Ende seiner Lebensdauer verwertet wird. Vom Wald bis zum Rückbau eines Gebäudes braucht es durchdachte Strategien, damit der gespeicherte Kohlenstoff möglichst lange erhalten bleibt.

Das Holzangebot sichern und optimieren

Damit innovative Holzbauprojekte mit Holz aus einheimischen Wäldern realisiert und der gebundene Kohlenstoff möglichst lange gespeichert werden kann, werden Waldbewirtschaftung und Holzernte gezielt auf Bau- und Industrieholz ausgerichtet. In den Zürcher Wäldern wächst zwar eine grosse Menge Holz, doch der Klimawandel verändert die Baumarten: Fichte und Buche verlieren an Bedeutung, während Eiche und andere Laubbaumarten zunehmen. Laubholz ist jedoch anspruchsvoller in der Verarbeitung und stellt die holzverarbeitende Industrie vor Herausforderungen.
 

Pfad, der durch einen dicht bewachsenen Wald im Tösstal mit verschiedenen Baumarten führt.
Das Waldbild wird sich in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels verändern: Es wird weniger Fichten und Buchen geben, während Eiche oder Linde profitieren.

Um künftig genügend hochwertiges Bauholz bereitzustellen, das möglichst vor Ort verarbeitet und genutzt wird, braucht es Investitionen in moderne Technologien und Pilotprojekte, in denen Holz konsequent stofflich eingesetzt wird.

Holz für langlebige Anwendungen priorisieren

Wird Holz in der Bauwirtschaft anstelle von energieintensiven Werkstoffen oder fossilem Plastik eingesetzt, lassen sich graue Emissionen deutlich verringern.

Holz überzeugt dabei nicht nur durch seine Klimabilanz, sondern auch durch seine Eigenschaften: Es sorgt für ein gutes Raumklima, dämpft Schall, wirkt wohnlich und lässt sich sowohl in traditionellen als auch in zeitgemässen Bauten einsetzen. Hinzu kommen praktische Vorteile: Ganze Wände samt Dämmung und Fassade können vorgefertigt werden. Das verkürzt Bau- und Montagezeiten und reduziert Kosten. Dank seines geringen Gewichts eignet sich Holz zudem besonders gut für Aufstockungen und trägt damit zur baulichen Verdichtung in Siedlungsgebieten bei. Das erfordert jedoch ein Umdenken und eine Veränderung der bisherigen Planungs- und Bauabläufe. Denn Bauen mit Holz ist logistisch anspruchsvoller – das Naturmaterial muss zuerst geschlagen, vorbereitet und getrocknet werden.

Die Digitalisierung der Baubranche wird künftig wertvolle Unterstützung bieten: Mit Planungsinstrumenten wie Building Information Modeling (BIM) lässt sich Holz über den gesamten Lebenszyklus hinweg erfassen, dokumentieren und später wiederverwenden. So können Materialflüsse transparenter gestaltet, Bauprojekte gezielt auf den Einsatz von Holz ausgerichtet und die Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure optimiert werden.

Mehr Holz im Bau lässt sich erreichen, wenn Kanton und Gemeinden mit gutem Beispiel vorangehen, Bauherrschaften sensibilisieren und passende Anreize setzen. Dabei ist der Blick nicht nur auf Holz zu richten: Entscheidend ist, dass beim Bauen insgesamt klimaverträgliche Materialien zum Einsatz kommen – und ihre Umweltbilanz über den gesamten Lebenszyklus überzeugt.

Wiederverwertung und Kreislaufwirtschaft

«Je länger wir Holz im Kreislauf halten, desto grösser ist der Beitrag zum Klimaschutz», sagt Floris Heim, Experte für Negativemissionstechnologien beim AWEL. «Heute wird ein Grossteil des Laubholzes verbrannt – das können wir uns künftig nicht mehr leisten.» Ziel ist die sogenannte Kaskadennutzung: Holz wird zunächst in langlebigen Produkten wie Gebäuden oder Möbeln verbaut, danach mehrfach wiederverwendet oder recycelt – und erst am Ende energetisch genutzt. «Bis dahin lässt sich Holz mehrfach in neue Produkte überführen – deutlich häufiger, als es derzeit geschieht», erklärt der AWEL-Experte.

Flussdiagramm der Holzverwendungspfade, von Wald über Sägewerk zu Produkten und Energiegewinnung, mit CO2-Freisetzung und -Speicherung. Der ökologisch bevorzugte Pfad ist rot hervorgehoben.
Mögliche Verwendungspfade von Holz. Der aus Klimasicht bevorzugter Pfad ist Rot eingezeichnet (Quelle: AWEL)

Ein wichtiger Ansatz dafür ist, Bauteile so zu gestalten, dass sie sich einfach demontieren und wiederverwenden lassen. Modulare Bauweisen, schadstoffarme Materialien und digitale Bauteilerfassungen können dies erleichtern. Noch fehlen jedoch genügend Abnehmer für wiederverwendetes Holz, und auch Unsicherheiten bei der Schadstoffbelastung erschweren die Nutzung. Neue gesetzliche Grundlagen schreiben bereits vor, dass Wiederverwendung und Recycling Vorrang vor der Verbrennung haben – ein wichtiger Schritt, um Holz künftig länger im Kreislauf zu halten.

Und selbst wenn die Wiederverwendungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, bleibt Holz für das Klima wertvoll: etwa durch die Herstellung von Pflanzenkohle, die den Kohlenstoff über längere Zeit bindet, oder die energetische Verwertung mit CO₂-Abscheidung. Für Letzteres sind die nötigen Technologien im Kanton Zürich noch nicht im Einsatz. Sie dürften aber in naher Zukunft verfügbar sein – und eröffnen damit zusätzliche Wege, Holz auch am Ende seines Lebenszyklus wirksam für den Klimaschutz zu nutzen.
 

Innovative Bauten mit Holz im Kanton

Auf dem Zwhatt-Areal in Regensdorf steht das derzeit höchste Holzhochhaus der Schweiz: Das vom Architekten und ETH-Professor Roger Boltshauser geplante Wohngebäude «H1» ragt 75 Meter in den Himmel und ist als Holzhybridbau realisiert. Erschliessungskern, Sockelgeschosse und Geschossdecken sind aus Beton, die tragenden Stützen, Unterzüge und Fassaden dagegen zu wesentlichen Teilen aus Holz. Im Vergleich zu einer konventionellen Bauweise reduziert dies die Emissionen um rund 25 Prozent oder 600 Tonnen CO₂. Zusätzlich sind im verbauten Holz weitere 1500 Tonnen CO₂ langfristig gespeichert. Zum Einsatz kam Buchenholz aus Schweizer Wäldern, verarbeitet im Jura zu innovativen Stabholz Trägern. Diese benötigen 80 Prozent weniger Leim als herkömmliche Verfahren.

Modell des Holzhochhauses H1 mit Betonkern und Holzgitterfassade, von einer Hand gehalten, auf einer Holzplatte stehend.
In der Mitte Beton, rundherum Holz: Das Modell zeigt das Konstruktionsprinzip des Holzhochhaus H1 auf dem Zwhatt-Areal. Foto: Zwhatt

Auch der Kanton Zürich setzt vermehrt auf nachhaltiges Bauen mit Holz und hat bereits mehrere Projekte realisiert – weitere sind in Planung. Seit 2022 entstanden für die Kantonsschulen Uetikon, Freudenberg und Enge sowie auf dem Campus der Universität Irchel provisorische Sporthallen von Pool Architekten und Takt Baumanagement. Auch die Stadt Zürich nutzt inzwischen diese Holzmodulbauten. Sie haben eine Lebensdauer von mindestens 30 Jahren und können mehrfach und in variablen Konstellationen an anderen Schulstandorten wiederverwendet werden.

Im März 2023 wurde der Ersatzbau für das Asylzentrum Adliswil von Azzola Durisch Architekten eröffnet. Auch dieses Gebäude besteht aus Holzmodulen. Als erstes kantonales Bauwerk erhielt der Neubau 2025 das Platin-Label nach dem «Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz» – eine Auszeichnung für die umfassende Nachhaltigkeit des Projekts. Noch in diesem Monat starten die Bauarbeiten für den Ersatzneubau des Bezirksgerichts Hinwil. Das Holz dafür stammt zum grossen Teil aus dem Zürcher Staatswald.
 

Frontalansicht des Asylzentrums Adliswil. Rote Fassade mit vielen Holzmodulen.
Die beiden Gebäude des im März 2023 eröffneten Asylzentrums Adliswil bestehen aus insgesamt 60 Holzmodulen. Foto: Fabian Guggenbühl, Hochbauamt Kanton Zürich Quelle: Fabian Guggenbühl, Hochbauamt Kanton Zürich

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