Zürich fördert Innovation über Branchen hinweg

Diskussionsrunde mit Tanja Zimmermann, Wulf Glatz, Kathrin Hönegger, Martin Kayser und Stefan Leuthold (v.l.n.r.)

Wie kann Innovation beflügelt werden? Durch eine branchenübergreifende Zusammenarbeit und durch unternehmerisches Netzwerken. Das war der Tenor des zweiten Anlasses von Innovation Zurich im Innovationspark Zürich. Mit über 150 Teilnehmenden wurden insbesondere Beispiele aus den Bereichen Medtech und Cleantech diskutiert.

Noch immer ist es keine Selbstverständlichkeit, dass sich Fachleute unterschiedlicher Bereiche zusammentun. «Dabei ermöglichen Co-Kreationen neue Betrachtungswinkel und somit neue Lösungen für Probleme», sagte Carmen Walker Späh, die Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Zürich, beim zweiten Anlass der Plattform Innovation Zürich. Über 150 Teilnehmende hatten dabei Gelegenheit für einen Blick über den Tellerrand. Mit Fokus auf Medtech und Cleantech zeigten Zürcher Institutionen und Unternehmen, wie sie Cross-Industry-Innovation leben und welche Andockpunkte es gibt. Das Thema ist zentral für Innovation Zurich: 2022 von der kantonalen Standortförderung, der Standortmarketing-Organisation Greater Zurich Area und dem Innovationspark Zürich initiiert, vernetzt die Plattform inzwischen rund 700 Akteure in den Innovationsökosystemen.

«Es braucht diesen Austausch über Branchen hinweg. Das gibt nicht nur frische Ideen, sondern ermöglicht auch den direkten Kontakt zu Organisationen und spannenden Menschen ausserhalb des eigenen Netzwerks.»

Lorenz Eymann, Geschäftsführer der Translingua AG

Wenn Innovationen sich weiterentwickeln

Die Evolution von Cleantech zu Medtech des Zürcher Unternehmens greenteg ist ein Paradebeispiel für Cross-Industry-Innovation. CEO Wulf Glatz präsentierte die Geschichte dahinter. Das ETH-Spin-off startete 2009 mit seiner greenteg-Technologie, einem skalierbaren Wärmestromsensor. Die Gründer sahen dessen Zukunft in einer Cleantech-Anwendung im Sinne thermoelektrischer Generatoren, doch die Umsetzung war schwierig. Wulf Glatz: «So haben wir überlegt, welcher Bereich von unserer Technologie noch profitieren könnte.» In der Folge wurde der Sensor im Gebäudesektor zu Messzwecken etabliert. Aktuell ist der Einsatz in einem tragbaren Gerät etwa im Profisport sehr erfolgreich – mehrere Olympioniken kontrollieren hiermit ihre Temperatur. An einer Medtech-Weiterentwicklung wird gearbeitet.

Claudia Scheckel ist Mitgründerin und CEO des Schlieremer UZH-Spin-offs Oncobit. Sie berichtete, wie durch interdisziplinäre Zusammenarbeit auch über Hochschulgrenzen hinweg die Belastung von Krebspatientinnen und -patienten reduziert werden konnte. Oncobit-Testverfahren mit eigener Software ermöglichen unter anderem eine unkomplizierte Untersuchung und Analyse von Blutproben auf Krebs-Marker.

«Gerade für mich als junge Person am Anfang meiner Karriere waren die Erfolgsgeschichten von Greenteg und Oncobit sehr spannend. Und ich schätze die offene Atmosphäre hier sehr.»

Niels van Heerden, Projektmanager von T-LINK Management

Komplexität braucht neue Herangehensweisen

Oncobit wurde von Innosuisse, der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, unterstützt. Das Unternehmen ist nun Teil des neuen Healthtech-Parks in Schlieren bei Zürich. Solche Infrastrukturen tragen dazu bei, dass innovative Querverbindungen wahrgenommen und Chancen genutzt werden. Auch die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa mit Standorten in Dübendorf, St. Gallen und Thun BE funktioniert immer stärker als Innovationsmotor. Das legte Empa-Direktorin Tanja Zimmermann dar. Als interdisziplinäres Forschungsinstitut mit rund 600 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sieht sich die Empa als Brücke zwischen Forschung und Praxis. Die fünf Schwerpunkte reichen von gebauter Umwelt über Gesundheit bis hin zu Energie – parallel zu wichtigen Wirtschaftszweigen der Schweiz, denn der Transfer steht im Zentrum. Tanja Zimmermann sagte: «Probleme werden immer komplexer.» Es brauche es exzellente Basiskompetenzen, um multidisziplinäre Synthesen zu ermöglichen.

«Solche Veranstaltungen sind wichtig für neue Kontakte und die Netzwerkpflege. Wir suchen immer neue Projekte, denn wir entwickeln Digital-Health-Lösungen, bringen Start-ups auf den Markt und sind neuerdings auch in einem Fonds engagiert.»

Andreas Csonka, Digital Health Business Venture Builder / CSO-CFO der Evoleen AG

Unternehmertum macht den Unterschied

In der Podiumsdiskussion ging es unter der Moderation von SRF-Journalistin Kathrin Hönegger um Voraussetzungen für erfolgreiche Cross-Industry-Innovationen. Dabei betonte Empa-Direktorin Tanja Zimmermann: «Wir erfahren, wie hilfreich eine Struktur mit starker horizontaler Vernetzung ist.» Silodenken müsse dabei der Vergangenheit angehören. Dem stimmte auch Martin Kayser als CTO des Wyss Zurich Zentrums zu. Das Zentrum ist ein gemeinsamer Accelerator der UZH und ETH Zürich, das multidisziplinäre Teams für translationale Forschung in der regenerativen Medizin und Robotik vereint. Laut Kayser könnte Infrastruktur etwa in Bezug auf eine gemeinsame Nutzung noch ausgebaut werden. Aber generell mangele es am Standort keineswegs an Top-Projekten. «Es fehlt häufig das unternehmerische Denken», sagte er und forderte erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer auf, sich noch stärker in den Innovationsprozess von Startups einzubringen.

Gerade Menschen aus der Wirtschaft zu treffen, sich auszutauschen – das ist laut Stefan Leuthold ein Schlüssel dazu, die Kluft zwischen Forschung und Markt zu überwinden. Der Clustermanager des Health Tech Clusters Switzerland und CEO des Healthtechparks Schlieren brachte es seiner Erfahrung nach so auf den Punkt: «Es braucht Kaffeekränzli.» Mithilfe gegenseitiger Unterstützung könnte der Zürcher Standortvorteil der Spitzenforschung voll zum Tragen kommen. Und greenteg-Gründer Wulf Glatz fügte hinzu: «Begegnungsräume, wie sie der heutige Anlass schafft, fördern das Ökosystem enorm.» Das will man mit der Initiative Innovation Zurich erreichen. «Es geht um Vertrauen durch räumliche Nähe», sagte abschliessend Fabian Streiff, der Leiter der kantonalen Standortförderung.

«Es hat sich für mich aus vielen Gründen gelohnt, zum Anlass zu kommen. Unter anderem habe ich einen Wirtschaftsvertreter kennengelernt, mit dem ich gleich vereinbaren konnte, dass er bald an der Universität in einem Seminar vortragen wird.»

Prof. Dr. Anja Schulze, Direktorin des swiss Center for Automotive Research (swiss CAR) der UZH

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