KJG: Stand der Umsetzung – Bilanz nach den ersten 10 Monaten

Am 1. Januar 2022 sind nach jahrelangen intensiven Vorbereitungsarbeiten das neue Kinder- und Jugendheimgesetz (KJG) und die dazugehörige Verordnung (KJV) in Kraft getreten und haben eine Gesetzgebung abgelöst, die aus den 1960er Jahren stammte.

Anspruch und Finanzierung

Zwei der Hauptabsichten des neuen KJG sind die Sicherstellung des Anspruchs und damit verbunden die Finanzierung der Leistungen der ergänzenden Hilfen zur Erziehung. Anspruch auf ergänzende Hilfen zur Erziehung haben alle Minderjährigen mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Kanton Zürich. In begründeten Fällen besteht der Anspruch auch über die Volljährigkeit hinaus bis zur Vollendung des 25. Altersjahrs. Die Kosten tragen neu die Gemeinden (nach Einwohnerzahl) und der Kanton nach dem Schlüssel 60 zu 40.

Die Eltern sind nicht mehr Schuldner der anfallenden Kosten. Nur bei Platzierungen müssen sie weiterhin den Verpflegungsbeitrag sowie die Nebenkosten übernehmen. Können die Eltern diese Kosten nicht tragen, haben sie Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe. Die SOKO hat zusammen mit dem AJB und dem kantonalen Sozialamt die Empfehlungen zu den individuellen Auslagen von Minderjährigen und jungen Erwachsenen bei Platzierungen in Familien- und Heimpflegeangeboten komplett überarbeitet. Die Geltendmachung der Verpflegungsbeiträge ist allerdings bei vielen Beteiligten umstritten. Dies unter anderem, weil viele Eltern wegen Verpflegungsbeiträgen keine Sozialhilfe beantragen wollen.  

Kostenübernahmegarantie (KÜG)

Damit eine ergänzende Hilfe zur Erziehung finanziert wird, braucht es eine KÜG. Mit Inkrafttreten des KJG sind alle KÜG-Anträge bei der Abteilung Fallfinanzierung des ZBE einzureichen. Um die Kontinuität aller ergänzenden Hilfen zur Erziehung zu gewährleisten, wurden dem AJB von den Gemeinden gut 4000 laufende Kostengutsprachen zur Übernahme eingereicht, wovon ca. 3300 übernommen wurden, während ca. 400 wegen Doppelerfassung o.ä. deaktiviert wurden. Rund 300 Kostengutsprachen konnten hauptsächlich aus den zwei folgenden Gründen nicht übernommen werden: Bei den beantragten Leistungen handelte es sich nicht um ergänzende Hilfen zur Erziehung oder der Wohnsitz der betreffenden Kinder bzw. Jugendlichen befand sich nicht im Kanton Zürich. 

Von Anfang Januar bis Ende Oktober 2022 wurden 6200 Neuanträge eingereicht. Davon wurden bisher 4300 gutgeheissen. Gut 130 Anträge wurden abgelehnt. Zu den bereits oben genannten Gründen kommt zusätzlich als Ablehnungsgrund der fehlende Nachweis von Bedarf an der beantragten ergänzenden Hilfe zur Erziehung hinzu. Etwa 1500 Anträge befinden sich aktuell in Bearbeitung. Die Abteilung Fallfinanzierung hat mehrere Massnahmen ergriffen, um die Pendenzen abzubauen und die Bearbeitungsfrist zu senken:

  • Neu wird jeder Antrag innerhalb von 24 Stunden hinsichtlich Vollständigkeit und Fehlerlosigkeit geprüft und den Antragstellenden umgehend Meldung erteilt, falls eines oder beides nicht gegeben ist. 
  • Das KJG-Portal wird laufend verbessert, um die Antragstellung zu vereinfachen. 
  • Bei Verlängerungen von bereits installierten Massnahmen findet aktuell nur eine reduzierte Prüfung statt. 
  • Die Leiterin der Abteilung Fallfinanzierung schult die Antragstellenden persönlich und beantwortet häufig gestellte Fragen. 

Qualitätsentwicklung SPF

Die Abteilung Trägerschaften des ZBE, die bereits vor Inkrafttreten des KJG für die Bewilligung und Aufsicht der Heime und Dienstleistungsangebote in der Familienpflege (DAF) zuständig war, hat mit den Angeboten von sozialpädagogischen Familienhilfen (SPF) ein neues Verantwortungsgebiet übernommen. Zuvor gab es keine rechtlichen Regelungen für die SPF-Angebote. Neu sind sie meldepflichtig und werden beaufsichtigt. 

Zum heutigen Zeitpunkt gibt es rund 110 gemeldete SPF-Anbietende im Kanton Zürich. 98 davon haben mit dem AJB eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen. Die Qualität der Angebote variiert stark. Der ZBE wird ab 2023 eine grosse Herausforderung anpacken: das Definieren von Qualitätsstandards für SPF-Leistungen. Die SPF-Anbietenden werden hinsichtlich dieser Standards überprüft und im Anschluss werden Massnahmen in die Wege geleitet, damit nach einer sechsjährigen Übergangsfrist alle SPF-Anbietenden die notwendigen Qualitätskriterien erfüllen. 

Gesamtplanung

Mit dem KJG erhält die Bildungsdirektion den Auftrag, ein bedarfsgerechtes Angebot an ergänzenden Hilfen zur Erziehung für Kinder und Jugendliche mit Wohnsitz im Kanton Zürich zu gewährleisten. Die Direktion ermittelt im Prozess der Gesamtplanung, welcher Bedarf an ergänzenden Hilfen zur Erziehung für Kinder, Jugendliche und ihre Familien im Kanton Zürich besteht und plant daraus entsprechend Massnahmen zur Umsetzung. 

Um den Einbezug der relevanten Beteiligten sicherzustellen, wurde ein Begleitgremium geschaffen. Zu den Mitgliedern des Begleitgremiums gehören die Adressatinnen und Adressaten der ergänzenden Hilfen zur Erziehung, zuweisende Stellen, wie die Kindesschutzbehörden und die Jugendstrafrechtspflege, die Gemeinden sowie Verbände und Leistungserbringende aus den verschiedenen Bereichen der ergänzenden Hilfen zur Erziehung, und die Forschung. 

2022 hat sich das Begleitgremium bereits vier Mal getroffen und das Gesamtplanungskonzept sowie das Datenkonzept behandelt. Ebenso wurden zehn strategische Versorgungsgrundsätze skizziert. In einem weiteren Schritt wird das aktuelle Angebot bewertet und dessen Nutzung analysiert. Dafür werden zusätzliche Stakeholder konsultiert, etwa angrenzende Versorgungssysteme. Anschliessend erfolgt eine Einschätzung des Bedarfs – auch hier ist ein breiter Einbezug geplant. Basierend auf der Bedarfseinschätzung werden die Mitglieder des Begleitgremiums Handlungsempfehlungen formulieren, aufgrund derer die Direktion das vierjährige Versorgungskonzept beschliesst. Das Versorgungskonzept 2026–2029 erscheint im Januar 2025.

KJG-Forum

Die Zusammensetzung und der Auftrag des KJG-Forums wurden mit Inkrafttreten des KJG angepasst: Erstens sollen Unklarheiten und Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung auftauchen, systematisch und zentral gesammelt werden. Zweitens sollen die KJG-Entwicklungsabsichten weiterbearbeitet werden. In den ersten zehn Monaten nach Inkraftsetzung stand ersteres im Fokus. In drei intensiven Sitzungen äusserten sich die Teilnehmenden zur Umsetzung des KJG aus jeweils ihrer Sicht und formulierten dabei, was gut funktioniert, wo Verbesserungen angezeigt sind und präsentierten mögliche Lösungsansätze. Die Teilnehmenden vernetzen sich zunehmend auch untereinander, um zum Beispiel gewisse Prozesse zu optimieren oder Hilfsmittel auszutauschen. 

Aussichten

Nächstes Jahr startet die Evaluation des KJG, in deren Rahmen untersucht wird, ob die Absichten des KJG erreicht wurden. In diesem Zusammenhang wird auch geprüft, ob es Revisionsbedarf an Gesetz und Verordnung gibt. Aus den Erkenntnissen der ersten zehn Monate wurden bereits konkrete Anpassungen an Gesetz und Verordnung formuliert. Der verbindliche Fahrplan für diese KJG-Nettoyage wird anfangs 2023 von der Bildungsdirektion definiert.

Kontakt

Amt für Jugend und Berufsberatung - Ergänzende Hilfen zur Erziehung

Adresse

Dörflistrasse 120
8090 Zürich
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