Ein Architekt baut Zürich: Monografie zu Gustav Gull (1858–1942)
Medienmitteilung 24.09.2025
Zwischen 1890 und 1910 war Gustav Gull (1858–1942) der einflussreichste Architekt der Stadt Zürich. Er spielte eine Hauptrolle bei der Umgestaltung des mittelalterlichen Stadtkerns. Dabei prägte Gull das Stadtgefüge nicht nur mit eigenen Bauten, sondern er nahm inverschiedenen Entscheidungsgremien massgeblichen Einfluss auf die Stadtplanung. Eine Monografie beleuchtet Werk und Wirken des Stadtbaumeisters.
Am Anfang und am Ende von Gulls langjähriger Karriere stehen zwei stilistisch unterschiedliche Entwürfe: Mit seinem mittelalterlich-pittoresken Projekt für das Schweizer-ische Landesmuseum in Zürich durchbrach Gull 1890 die von Gottfried Semper (1803–1879) geprägte Stiltradition der italienischen Renaissance, welche die Architektur in der deutschen Schweiz bis dahin weitgehend bestimmte hatte. Rund zwanzig Jahre später inszenierte er sich im Wettbewerb für die Erweiterung der Eidgenössischen Polytechnikumsbauten 1909 als derjenige Entwerfer, der Sempers Architektur zum Ideal hinführte.
Prägende Veränderung des Stadtzentrums
Zwischen diesen beiden Entwürfen entwickelte Gull ein städtebauliches Grossprojekt, dessen Formen zwischen Späthistorismus und Reformarchitektur vermitteln: das städtische Verwaltungszentrum auf dem Oetenbachareal. Dieses blieb jedoch ein monumentales Fragment. Wurde Gulls Entwurf 1905 noch gefeiert, stand dieser bereits 1911 im Mittelpunkt der öffentlichen Kritik. Vom Gesamtkomplex realisierte Gull in der ersten Hälfte der 1910er-Jahre schliesslich die Amtshäuser I, III und IV. Gleichzeitig errichtete er zwei grosse Institutsbauten, deren Bau aus dem Wettbewerb für die Erweiterung der Eidgenössischen Polytechnikumsbauten hervorging. Die Erweiterung des von Semper entworfenen ETH-Hauptgebäudes bildet den fulminanten und zugleich kontroversen Abschluss von Gulls Bautätigkeit in der Stadt Zürich.
Die erste Gesamtschau von Gulls Werk
Mit der Publikation von Cristina Gutbrod liegt erstmals eine Monografie zu Gustav Gulls Gesamtwerk vor. Seine Bauten und Entwürfe werden auf Zürichs Stadtgeschichte bezogen und in den architektur-historischen Zusammenhang eingeordnet. Das reich bebilderte Buch enthält Zeichnungen aus dem Nachlass des Architekten, ergänzt durch historische Pläne und Fotografien. Gulls Hauptwerke, seine herausragende Architektenkarriere und seine visionären städtebaulichen Entwürfe für Zürichs grossstädtische Entwicklung werden umfassend dargestellt.
Bildhinweis
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Galerie
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Gull: Gustav und Lydia Gull mit ihren fünf Kindern im Jahr 1897: Gertrud, Erhard, Karl, Erna und Lilly (von links nach rechts). Quelle: gta Archiv/ETH Zürich, Nachlass Gustav Gull Bild «Ein historisches, schwarz-weisses Porträt einer Familie. Die Familie sitzt draussen, umgeben von Bäumen und Gras. » herunterladen -
Grossbaustellen im Stadtkern: Baustelle auf dem Werdmühle- und Oetenbachareal nach dem Abbruch des Oetenbachklosters 1903/1904 und vor dem Bau der Amtshäuser I, III und IV. Fertiggestellt sind die Privatbauten im Süden des Strassendurchstichs, zu denen auch das Geschäftshaus Urania mit Sternwarteturm von Gustav Gull gehört. Das ebenfalls von Gull entworfene Geschäftshaus der Schweizerischen Bodenkreditanstalt beim Werdmühleplatz befindet sich in Ausführung. Quelle: Luftbild von Ballonkapitän Eduard Spelterini, um 1910. BAZ. Bild «Ein alter, schwarz-weisser Luftbildblick auf eine europäische Stadt. Ein grosser Fluss oder See teilt die Stadt in mehrere Teile, die durch Brucken verbunden sind. » herunterladen -
Landesmuseum: Landesmuseum mit dem Kunstgewerbeflügel (links im Bild). Quelle: Foto: Gebrüder Wehrli, um 1900. Stadtarchiv Zürich, Bb 110 Bild «Ein altes Schwarz-Weiss-Foto, das ein grosses, historisches Gebaude mit einem markanten Turm zeigt. Es ist von kahlen Baumen umgeben.» herunterladen -
Stadthaus: Stadthaus am Ort des einstigen Fraumünsterklosters, erbaut 1898–1901. Quelle: Foto: Robert Breitinger, 1901, BAZ. Bild «Ein altes, Schwarz-Weiss-Foto einer beeindruckenden Gebäudereihe an einem Flussufer. Auffallend sind zwei markante Türme: links ein grosser Uhrturm mit einer Kuppel und rechts ein schlanker Kirchturm mit einem Spitzdach.» herunterladen
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Amtshauskomplex: Werdmühleplatz mit den Amtshäusern III und IV, erbaut 1911–1914. Quelle: Heinrich Wolf-Bender, zwischen 1919 und 1925. gta Archiv/ETH Zürich, Nachlass Gustav Gull. Bild «Ein historisches Schwarz-Weiss-Foto, das einen Platz in einer Stadt zeigt. Mehrere grosse, mehrstöckige Gebäude mit Arkaden und Schaufenstern umgeben den Platz. In der Mitte ist eine Pferdekutsche zu sehen. » herunterladen -
ETH-Hauptgebäude: Erweiterung des Eidgenössischen Polytechnikums von Gottfried Semper um eine Halbrotunde, 1914–1925. Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Ans_00159 Bild «Ein Schwarz-Weiss-Foto eines grossen, majestätischen Gebäudes mit einer imposanten Kuppel. Die Fassade ist im neoklassizistischen Stil gehalten und verfügt über eine Reihe von hohen Säulen. » herunterladen