Luftbelastung vielerorts abnehmend – weiterhin zu hohe Ammoniak-Werte

2019 ist die Luftbelastung mit Stickstoffdioxid und Feinstaub im Kanton Zürich gegenüber den Vorjahren weiter gesunken. Die Ozonbelastung bei Sommersmog blieb hingegen überall zu hoch. Ebenso liegen die Einträge stickstoffhaltigen Ammoniaks aus der Luft in empfindliche Ökosysteme weiterhin deutlich über dem Sollwert. Wie die letztjährigen Messungen zeigen, sind viele Naturschutzgebiete davon betroffen.

Im Messverbund OSTLUFT ist das Luftqualitäts-Messnetz der Ostschweizer Kantone und des Fürstentum Liechtensteins zusammengefasst. Der aktuelle Jahresbericht 2019 zeigt, dass die Belastung der Luft durch Schadstoffe im Allgemeinen weiter abgenommen hat. An den meisten Messstandorten sind die Jahresmittelwerte von Stickstoffdioxid (NO2), Feinstaub (PM10, PM2.5) und Russ die tiefsten seit Messbeginn. An stark verkehrsbelasteten Standorten wie der Zürcher Rosengartenstrasse werden die Grenzwerte allerdings immer noch überschritten. Ebenso ist die Ozonbelastung (O3) bei Sommersmog weiterhin grossflächig deutlich zu hoch. Sie ging aber gegenüber dem Hitzesommer 2018 zurück. Im Jahresbericht 2019 werden zudem die Ergebnisse von Luftqualitätsmessungen in Quartieren in Bülach und Kloten beschrieben.

Zu viel Ammoniak in Naturschutzgebieten

Der aktuelle Jahresbericht 2019 von OSTLUFT macht aber auch deutlich: Die Konzentrationen an stickstoffhaltigem Ammoniak – und damit verbunden die Stickstoffdüngung aus der Luft – sind immer noch zu hoch. Im Jahr 2019 wurden Naturschutzgebiete im OSTLUFT-Gebiet intensiver als bisher untersucht. Dabei liegt die Mehrheit der Messwerte in Mooren, Wäldern und Trockenwiesen über dem Critical Load für Stickstoffeinträge aus der Luft (siehe Infobox). So wurde zum Beispiel im national bedeutenden Moorgebiet Robenhauserriet am Südende des Pfäffikersees der Critical Load für Flach- und Hochmoore deutlich überschritten. Der Ammoniak stammt hauptsächlich aus der Tierhaltung in der Landwirtschaft. Die Messungen in den Naturschutzgebieten zeigen aber auch, dass sich der Ammoniak grossräumig verteilt und alle empfindlichen Ökosysteme betroffen sein können.

Biodiversität wird geschädigt

Ammoniak wirkt als stickstoffhaltiger Dünger. Er gilt als ein Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts in der Schweiz. Die Düngung aus der Luft schadet vielen seltenen Pflanzen, die natürlicherweise nur wenig Stickstoff benötigen. So werden zum Beispiel Orchideen verdrängt, wodurch die Vielfalt der Arten abnimmt. Am verletzlichsten sind die Pflanzen der Hochmoore. Sie beziehen ihre Nährstoffe nicht aus dem Boden, sondern vor allem aus dem Regenwasser und aus der Luft. Auch Wälder leiden unter zu viel Stickstoffdüngung aus der Luft. Sie werden anfällig auf Windwurf und Trockenheit und die Waldverjüngung wird durch überhandnehmende Brombeerteppiche behindert.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Auch für den Menschen kann Ammoniak negative Auswirkungen haben, denn er verstärkt die Bildung von Feinstaub. Feinstaub kann zu Reizungen und chronischen Entzündungen der Atemwege führen. Ebenso kann Feinstaub Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem haben und das Risiko eines Herzinfarkts oder Hirnschlags erhöhen. Zwar ist die Feinstaubbelastung im Kanton Zürich in den letzten Jahren gesunken, mit einer Verringerung des Ammoniaks wären die Werte aber noch besser.

Massnahmen zur Ammoniak-Verminderung in der Landwirtschaft

Der Ammoniak entweicht beim Ausbringen von Gülle oder aus Ställen ungewollt in die Luft. Massnahmen zur Verminderung von Ammoniakemissionen setzen deshalb hier an. So fördern Bund und Kantone durch Investitionsbeiträge technische Massnahmen zur Verminderung von Ammoniak beim Bau von emissionsarmen Rindviehställen. Ab 2022 wird der Einsatz von emissionsarmen Ausbringtechniken für den Hofdünger, der bis dann mit Ressourceneffizienzbeiträgen unterstützt wird, obligatorisch. Ebenso wird eine Reduktion von Eiweissen in den Futtermitteln – etwa durch weniger Soja – gefördert. Die Vorlage des Bundesrats zur neuen Agrarpolitik 22+ sieht zudem eine Reduktion der Stickstoffüberschüsse um mindestens 20 Prozent im Jahr 2030 gegenüber 2015 vor.

Critical Levels und Loads gleichbedeutend mit Grenzwerten

Um den Empfindlichkeiten der verschiedenen Ökosysteme auf Ammoniak- und Stickstoffeinträge gerecht zu werden, erfolgt die Beurteilung nicht mit allgemeinen Grenzwerten aus der Luftreinhalte-Verordnung sondern Schutzobjekt bezogen mittels der sogenannten Critical Levels und Critical Loads. Sie sind ein Mass für die Empfindlichkeit von Ökosystemen gegenüber irreversiblen Schäden. Der Critical Level für Ammoniak legt fest, ab welcher Ammoniak-Konzentration in der Luft direkte schädliche Auswirkungen entstehen. Der Critical Load für Stickstoff ist ein Mass dafür, ab wann die Einträge von düngewirksamem Stickstoff aus der Luft insgesamt ein Ökosystem dauerhaft schädigen. Dazu trägt Ammoniak den Grossteil bei.