Knochen und Farben: zeittypische Spuren des Lebens

Was haben das Skelett aus dem Mittelalter und die farbige Schulhausfassade von 1972 gemeinsam? Beide bergen Informationen über das Leben der Menschen in der Vergangenheit: ersteres über Ernährung, Gesundheit und körperliche Tätigkeit, letztere über die Gestaltung unserer baulichen Umwelt. Das neue Heft «einst und jetzt» spannt den Bogen von der Kunst des Knochenlesens zum epochentypischen Farbstil an Wänden, Decken und Fassaden. Und es erzählt von der innigen Beziehung eines Zürcher Künstlers zu seinem Löwen.

Jahrtausende alte Bauwerke und Alltagsgegenstände sind gut erhaltene Zeugen vergangener Kulturen. Doch was blieb übrig von den Menschen, die sie geschaffen haben? Skelette, einzelne Knochen, manchmal nur kleinste verbrannte Knochenstücke. Wie kaum eine Fundgattung schaffen sie eine unmittelbare Nähe zur Vergangenheit. Manchmal sind es die Spuren ganzer Menschenleben, die in ihnen gespeichert sind. Aus ihnen gewinnt die Anthropologin Informationen zur Bevölkerung, aber auch zu individuellen Schicksalen.

Geschlecht und Sterbealter können an typischen Skelettmerkmalen bestimmt werden, Abnützungsspuren und Deformationen lassen auf die körperliche Tätigkeit und Krankheiten schliessen. Im Knochenmaterial eingelagerte Isotopen verraten zudem vieles über die Ernährung und die regionale Herkunft. Der Umgang mit den sterblichen Überresten, ob Körperbestattung oder Kremation, aber auch der Bestattungsort, wirft schliesslich einen Blick auf kulturelle Phänomene.

Jedem Jahrzehnt seine eigene Farbigkeit

Lux Guyer, die erste frei praktizierende Architektin der Schweiz, pflegte einen virtuosen Umgang mit Farbe. Sie setzte in den 1920er-Jahren ihr Farbkonzept konsequent um: Eine einzige Farbe für Wände und Decken und dazu dunkle Böden. Mit Fussbodenleisten, Fensterrahmen und Einbaumöbeln setzte sie auffällige Akzente und machte so Wohnräume zu begehbaren Farbbildern.

In der Werkbundsiedlung Neubühl in Zürich-Wollishofen der frühen 1930er-Jahre bestimmten fein abgestimmte Töne das Bild. Abgetöntes Weiss war für die Decken vorgesehen, dunkler Linoleum für die Böden. Für die Wände konnten die Bewohnerinnen und Bewohner fein gemusterte Tapeten aus einer eigens bestimmten Kollektion auswählen.

Ein Zeitspaziergang durch die Jahrzehnte führt den unterschiedlichen Umgang mit Farbe vor Augen. Poppig kräftige Töne herrschten in den 70er-Jahren vor, geradezu typisch ist das grell leuchtende Orange. Eher kühl dagegen der Charme der 60er mit abgestuftem Grau, Weiss und Dunkelgrün, während die 50er ein liebliches Kolorit bevorzugten und die 40er erdige, warme Naturfarben.

Mit dem Löwen auf den Üetliberg

Eine 400 kg schwere Löwenskulptur aus Gips steht im Bauteillager der Denkmalpflege. Ihr natürliches Aussehen ist kein Zufall: Der Künstler Urs Eggenschwyler hielt ab 1890 in seinem kleinen Zoo am Milchbuck selber Löwen. Der Tiernarr zog ein verwaistes Löwenkind auf und pflegte eine innige Beziehung zu ihm. Er schlief bei ihm und führte die Raubkatze – als ausgewachsenen Löwen! – auch mal auf dem Üetliberg spazieren. Beinahe hätte der Löwe, als riesige Marmorskulptur auf einem hohen Podest am See, das Zürcher Stadtbild geprägt. Warum es beim Gipsmodell geblieben ist, erzählt das neue «einst und jetzt».

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Trouvaille: St. Georg auf dem Waffenplatz
Standpunkt: Ajax, Frösch und Annie – Volle Fahrt voraus!
Glossar: Fache, Lincrusta
Tournee: die Leuchtreklame des Cafés «Caravelle» und eine wertvolle Axt aus Kupfer
Lokaltermin: Krypta der Fraumünster-Kirche, Park Schloss Andelfingen

«einst und jetzt» – Die Zeitschrift zu Archäologie und Denkmalpflege im Kanton Zürich

Bestellformular auf www.starch-zh.ch, pro Heft Fr. 15 Franken

Bildquelle:
Baudirektion Kanton Zürich, Archäologie und Denkmalpflege

(Medienmitteilung der Baudirektion)

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