«Vicustöpfer»: Buch über die Keramikproduktion im römischem Oberwinterthur

Zur Römerzeit befand sich in Oberwinterthur eine kleinstädtische Siedlung namens «Vitudurum». Zwischen 1991 und 2001 wurden dort bei archäologischen Grabungsarbeiten 15 Töpferöfen entdeckt. Zusammen mit einem grossen Brennofen aus dem Gutshof bei Bertschikon bilden die Öfen die Grundlage der neuesten Publikation der Kantonsarchäologie. Sie befasst sich als erste Veröffentlichung mit der Herstellung römischer Keramik in der Nordostschweiz und führt reich illustriert die Resultate archäologischer Untersuchungen zusammen.

Die sieben ältesten Öfen datieren um 30 n.Chr., zwei weitere Öfen waren ab 50 n. Chr. in Betrieb. Die Öfen des sogenannten «Vicus Vitudurum», also der Siedlung Vitudurum, lagen in den Handwerkerquartieren oft nebeneinander und standen nur für relativ kurze Zeit – während rund einer Generation – in Betrieb. Im Südostquartier des Vicus konnten auch Einrichtungen wie Schlämmsysteme oder Wasserspeicher nachgewiesen werden. Das für die Töpferarbeit benötigte Rohmaterial (Ton und Holz) wurde in unmittelbarer Umgebung am Lindberg gewonnen.

Töpfer gingen mit der Zeit

In den römischen Töpferöfen wurde im 1. Jahrhundert fast ausschliesslich grautonige Keramik hergestellt. Aussehen und Formen dieser Gefässe orientierten sich an keltischen Vorläufern. Gleichzeitig begannen aber einige Handwerker mit der Herstellung helltoniger Keramik zu experimentieren, die sich allmählich in den Provinzen nördlich der Alpen durchzusetzen vermochte. Einer der Töpferöfen zeigt anschaulich, wie der Töpfer mit der neuen italischen, oxidierenden Brenntechnik experimentierte - allerdings nur mit mässigem Erfolg.

Dieses Wissen etablierte sich aber bald und war bereits im fortgeschrittenen 1. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken. Einer der Oberwinterthurer Töpfer bestückte seinen Ofen mit seltsam durchlochten Tonröhren, die die heisse Luft besser vom Feuerkeller in den Brennraum hinein verteilen konnten und auf diese Weise zu einer gleichmässigen Temperatur führen sollten. Auf diese Art wurden im 1. Jahrhundert ansonsten nur Öfen in Gallien ausgestattet, die qualitativ hochwertige, leuchtende Feinkeramik, die sog. Terra Sigillata, herstellten. Da sich diese Technik in Vitudurum nicht durchsetzen konnte, handelt es sich hierbei vermutlich nur um ein einmaliges Experiment.

Alltagsgeschirr von Raeticus, Germanus und Co.

Das Produktionsspektrum in Vitudurum bestand hauptsächlich aus Gebrauchskeramik und Terra-Sigillata-Imitationen. Fehlbrände und chemisch-petrographische Analysen belegen die lokale Herstellung einer Vielzahl verschiedener Keramikformen. Anhand naturwissenschaftlicher Analysen konnten auch die mit Töpfernamen gestempelten Reibschüsseln der lokalen Keramikproduktion zugeordnet werden. Die Namen dieser Töpfer lauteten beispielsweise Raeticus, Ianuarius, Germanus und Mercator.

Ferner wurden 139 Stempel auf Reibschüsseln aus dem Vicus und dem Gutshof Bertschikon in Bezug auf ihr Vorkommen inner- und ausserhalb des Vicus untersucht. Anhand von Fingerabdrücken konnte die Tätigkeit des Töpfers Ianuarius sowohl in Oberwinterthur als auch im benachbarten Eschenz (TG) nachgewiesen werden. Dies ist erstmals ein sicherer Beleg für Wanderhandwerker oder die Gründung einer Art Filialbetrieb durch einen Töpfer. Vermutlich war dies auch bei anderen Töpfern der Fall, die zum Teil mehrere unterschiedliche Stempel ihres Namens führten. Unterschiedliche Formen lassen auch auf mehrere beteiligte Töpferhände schliessen, die vielleicht im Auftragsverhältnis für einen Patron arbeiteten und in dessen Namen das Geschirr stempelten. Diese Beobachtungen führten zu weiteren Fragestellungen nach der Organisation der Töpferbetriebe, Absatzmärkten und Wirtschaftsräumen.

Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 45 (Zürich/Egg 2014)
Vicustöpfer. Keramikproduktion im römischen Oberwinterthur
Beiträge zum römischen Oberwinterthur – Vitudurum 10
Autorin: Verena Jauch
444 Seiten, 325 Abbildungen, 129 Tafeln
Preis 105 Franken, Einführungspreis bei Bestellung bis 28. Februar 2015 nur 85 Franken.
Bezug: Verlagsshop auf www.fo-publishing.ch

(Medienmitteilung der Baudirektion)

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