Whistleblowing-Stelle, mehr Personal und verstärkte Kontrollen vorgeschlagen
Medienmitteilung 13.01.2011
Die Autoren der Administrativuntersuchung zur BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich anerkennen, dass die Organisation der Pensionskasse in den letzten Jahren stark verbessert worden ist. Sie haben aber mehrere Mängel eruiert und daraus Verbesserungsvorschläge abgeleitet. Dazu zählen stärkere Kontrollmechanismen und eine breitere personelle Abstützung. Um einem Korruptionsverdacht früher begegnen zu können, schlagen sie zudem eine kantonale Whistleblowing-Stelle vor.
Regierungsrätin Dr. Ursula Gut-Winterberger, Finanzdirektorin des Kantons Zürich, hat unmittelbar nach der Verhaftung des Anlagechefs der BVK eine unabhängige, externe Administrativuntersuchung angekündigt. Dabei ging es nicht um die strafrechtliche oder politische Aufarbeitung des Korruptionsfalles, sondern um die Suche nach organisatorischen Schwachstellen und Verbesserungspotenzial im Bereich der Vermögensanlage der BVK. Die drei von der Finanzdirektorin beauftragten Autoren der Administrativuntersuchung, der frühere Zürcher Professor für Staats- und Verwaltungsrecht Georg Müller sowie die Wirtschaftsprüfer Werner Schiesser (BDO AG) und Roland Furger (Balmer-Etienne AG), haben am Donnerstag ihre Berichte den Medien vorgestellt.
Verbesserungspotenzial in mehreren Bereichen
Die BVK habe ihre Organisationskultur «in den letzten Jahren deutlich verbessert», schreibt Prof. Müller in seinem Gutachten. So wurde 2007 ein Investment Committee ins Leben gerufen, dem seit 2008 zwei externe Experten angehören und in dem seit 2010 auch die Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sind. Es wurden detaillierte Anlagerichtlinien erlassen, und 2008 hat der Regierungsrat nach zwei externen Analysen auf Antrag der Finanzdirektorin 8,6 neue Stellen für die bis dahin personell unterdotierte BVK genehmigt. Zu weiteren organisatorischen Verbesserungen kam es gemäss dem Bericht von Professor Müller ab 2009 mit dem Amtsantritt des neuen BVK-Chefs Thomas Schönbächler.
Sofortmassnahmen zur Bekämpfung von deliktischem Verhalten drängen sich laut dem Bericht nicht auf. Organisatorische Mängel hat der Gutachter aber in mehreren Bereichen festgestellt und mit Verbesserungsvorschlägen verbunden:
- Externe Vermögensverwaltungsmandate sollten nicht nur häufiger überprüft, sondern von Zeit zu Zeit auch neu ausgeschrieben werden. So könne verhindert werden, dass korruptionsanfällige Abhängigkeiten entstünden.
- Die externe Investmentcontrollerin der BVK (Complementa AG) informiert die Finanzdirektion monatlich, um Probleme und den aktuellen Stand zu erörtern. Der Gutachter empfiehlt der Finanzdirektion dafür eine andere, unabhängige Firma beizuziehen, damit diese auch das Investment Controllings kritisch beurteilen könne.
- Die Tätigkeit der Complementa muss laut Gutachten auf das Investment Controlling beschränkt bleiben; bei der Strategiefindung oder der Vergabe von Mandaten sollte sie nicht mitwirken, weil sonst keine unabhängige Beurteilung mehr möglich sei. Zudem könne eine derart lange Auftragsdauer (seit 1991) zu «unerwünschter Routine, Verlust an Kritikfähigkeit und personellen Verflechtungen» führen. Der Gutachter schlägt daher vor, das Controlling einer anderen Firma zu übertragen.
- Die von der Geschäftsleitung der BVK geplanten erweiterten Loyalitätsbestimmungen sollten möglichst rasch in Kraft gesetzt werden. Diese gehen weiter als die bisherigen und umfassen nicht nur die mit der Anlagetätigkeit betrauten Mitarbeitenden der BVK, sondern alle.
- Für die Revision der Vermögensverwaltung ist die Finanzkontrolle des Kantons Zürich zuständig, die ihrerseits einer Revisionsgesellschaft einen Auftrag gibt, weil das Fachwissen fehlt. Diese Lösung bezeichnet der Gutachter als ungeeignet. Er schlägt vor, die Revision der gesamten BVK einer externen Firma zu übergeben, sobald die Gesetzgebung das erlaubt.
- Die Ombudsperson ist heute im Kanton Zürich auch Anlaufstelle für Hinweise auf deliktisches Verhalten. Diese Möglichkeit wird indessen kaum genutzt und ist laut Gutachter auch unpassend, weil die Ombudsperson in erster Linie Beschwerden von selber Betroffenen behandelt. Deshalb solle ein kantonsweites anonymes Meldesystem (Whistleblowing) geprüft werden.
- Weitere organisatorische Verbesserungen wird die Überführung der BVK in eine privatrechtliche Stiftung nach dem Gesetz über die Verselbstständigung der Versicherungskasse für das Staatspersonal bringen. Diese könnte gestützt auf die laufende Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) unter gewissen Voraussetzungen schon vor Erreichen des Deckungsgrades von 100 Prozent erfolgen.
Unklarheiten bei Vertragsänderungen
Die Revisionsgesellschaften haben insgesamt neun ausgesuchte Geschäftsbeziehungen der BVK in der Vermögensanlage überprüft und abgeklärt, ob sich daraus organisatorische Verbesserungen ableiten lassen. Einer der Kritikpunkte der Untersuchungen von BDO und Balmer-Etienne lautet, dass nachträgliche Anpassungen bei externen Mandaten vielfach nicht mehr durch die gleiche Instanz wie beim Vertragsabschluss, sondern durch das Asset Management allein beschlossen wurden, auch mit Verschlechterungen zu Lasten der BVK.
Zum Teil sei die BVK auch mit unerfahrenen Unternehmen eine Geschäftsbeziehung eingegangen, in einem Fall (2006) sei die Mandatsvergabe «objektiv nicht nachvollziehbar» und reglementswidrig gewesen. Bei mehreren Mandaten sei eine unzulässige Kumulation von Funktionen festzustellen, ein anderes Mandat sei zu verschachtelt aufgebaut. Generell haben BDO und Balmer-Etienne die Honoraransätze für die Mandatsnehmer kritisiert («sehr lukrativ») – diese wurden durch den von der Finanzdirektorin eingesetzten neuen BVK-Chef und die Geschäftsleitung ab 2009 markant gesenkt. Zudem haben die Rechnungsprüfer auch Widersprüche und Überschneidungen bei den Reglementen der BVK sowie eine Kontrolllücke bei der Revision festgestellt. Kritisch sehen sie zudem den weiterhin als ungenügend taxierten Personalbestand im Asset Management.
Die Revisionsgesellschaften empfehlen, die Loyalitätsvorschriften auf weitere Mitarbeitende auszudehnen, die Richtlinien zur Mandatsvergabe zu überarbeiten und zu präzisieren, alle Mandate periodisch und systematisch zu überprüfen, das interne Kontrollsystem rasch weiter auszubauen, klare Regeln für Vertragsanpassungen aufzustellen, die Vermögensverwaltung personell besser zu dotieren, die Zahl der Gremien zu reduzieren, Beratung und Abwicklung klar vom Controlling zu trennen, die Abhängigkeit von Beratern zu hinterfragen sowie die Prüfung – gleich wie Prof. Müller – vollständig einer externen Revisionsstelle zu übergeben.
Drei zusätzliche Stellen bereits beschlossen
Die drei Berichte sind erst kurz vor dem Jahresende eingegangen und sind noch nicht mit den Beteiligten ausgewertet. Finanzdirektorin Dr. Ursula Gut-Winterberger wird nun mit dem Chef der BVK die Empfehlungen durchgehen und abklären, ob und wie sich diese umsetzen lassen. Einige Massnahmen hat die Finanzdirektorin auf Grund der Zwischenberichte der Gutachter aber bereits eingeleitet. So hat sie dem Regierungsrat beantragt, drei weitere neue Stellen für die BVK zu schaffen, darunter eine im Asset Management und eine zweite für das Risk Management. Diese Stellen sind bereits bewilligt, und der Rekrutierungsprozess läuft. Ausserdem hat die Finanzdirektorin der BDO AG den Auftrag erteilt, in Zusammenarbeit mit Prof. Georg Müller auch die Organisation des Real Estate Managements (Liegenschaften) auf Optimierungen zu analysieren. Über den Vorschlag einer Whistleblowing-Stelle wird der Regierungsrat zu befinden haben, weil er nicht nur die BVK betrifft.
(Medienmitteilung der Finanzdirektion)
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