Methode der Steuerschätzung stimmt
Medienmitteilung 08.12.2010
Die Steuereinnahmen des Kantons Zürich werden 2010 voraussichtlich mehr als 800 Millionen Franken höher ausfallen als budgetiert. Diese Abweichung ist auf drei Gründe zurückzuführen: auf den Zeitpunkt der Budgetierung exakt am Ende eines Konjunkturabschwungs, auf den Wechsel bei der Rechnungslegung und auf das möglicherweise unterschätzte Bevölkerungswachstum. Dies zeigt ein externes Gutachten, das Finanzdirektorin Dr. Ursula Gut-Winterberger in Auftrag gegeben hat.
Der Kanton Zürich hat in den letzten Jahren mit seinen Steuerprognosen ein sehr gutes Resultat erzielt: Von 1982 bis 2010 betrug die Abweichung in der Erfolgsrechnung im Durchschnitt nur 4,5 Prozent. Für diese hohe Genauigkeit hat der Kanton Zürich in der jährlich durchgeführten nationalen Auswertung des Lausanner Hochschulinstituts Idheap wiederholt Spitzennoten erhalten: Für die Jahre 2000 bis 2009 hat das Idheap dem Kanton Zürich insgesamt die Maximalnote 6 gegeben, genauso wie für die Jahre 2008 und 2009. 2010 wird dies wegen der erheblichen Abweichung nicht mehr der Fall sein. Damit die Prognosen nicht auch in Zukunft mit zu grossen Unsicherheiten belastet sind, hat Finanzdirektorin Dr. Ursula Gut-Winterberger den Ökonomen Prof. Dr. Christoph A. Schaltegger mit einer Analyse der Methodik der Zürcher Steuerprognose betraut.
Konjunkturtalsohle, Nachträge und Bevölkerungswachstum
Der Gutachter kommt in seinem Bericht zum Schluss, dass im Jahr 2010 im Wesentlichen drei singuläre Umstände zur ungenauen Prognose geführt haben:
- Der Regierungsrat legt die Eckpunkte für die Finanzplanung jeweils im Sommer fest, damit sie dem Kantonsrat im September vorliegen. Im ersten Halbjahr 2009 zeigten sämtliche Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung steil nach unten (siehe Grafik). Man sprach von einer Rezession. Ein anhaltender, gestützter Trend nach oben setzte erst gegen das Jahresende 2009 ein, als die - rückblickend gesehen - zu zurückhaltende Prognose bereits gemacht und das Budget vorgelegt war. Die Steuerprognose für 2010 entstand somit exakt in der Konjunktur-Talsohle (Grafik: graue Fläche), in der unklar war, wie der weitere Verlauf der Wirtschaftsentwicklung sein würde.
(Grafik siehe pdf) - Auf das Jahr 2009 hin hat der Kanton Zürich seine Rechnungslegung geändert (IPSAS). Dieser Übergang – aber nicht das neue System als solches – hat zu Unsicherheiten bei der Budgetierung geführt, insbesondere auch, weil die Praxis bei den Steuernachträgen aus früheren Jahren grundlegend geändert wurde (siehe Zusatzinformation). Deren Voraussage hat auch schon in früheren Jahren Schwierigkeiten bereitet, weil es gemäss dem Gutachten dafür anders als bei den Steuern der laufenden Periode kaum geeignete Anhaltspunkte gibt.
- Laut dem Gutachter gibt es Hinweise, dass das starke Bevölkerungswachstum im Kanton Zürich bei den Indikatoren und Expertenaussagen zur Prognostizierung zu wenig berücksichtigt wurde. Die Bevölkerung des Kantons Zürich hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Kanton Zürich wies seit 1995 das fünftgrösste Wachstum aller Kantone auf; 2009 betrug es 1,3 Prozent. Das führt ebenfalls zu hohen Nachträgen.
Keine systematische Unter- oder Überschätzung
Auf die Methode der Steuerprognostizierung lässt sich die Abweichung von 2010 laut Prof. Schaltegger nicht zurückführen, denn diese habe auch im Urteil von Fachleuten einen sehr hohen Standard. Von einer systematischen Unter- oder Überschätzung könne keine Rede sein. Ausschlaggebend war gemäss dem Gutachter die erwähnte Kumulation von einmaligen Besonderheiten. Über die letzten vier Jahre gesehen waren die Prognosen des Kantons Zürich sogar erheblich genauer als in den übrigen Kantonen – besser schnitt laut Gutachten nur der Kanton Jura ab, der sich aber schlecht mit Zürich vergleichen lässt.
Einen unmittelbaren Handlungsbedarf sieht der Finanzwissenschafter daher nicht. Noch mehr Experten und Fachstellen zu befragen, bezeichnet er ausdrücklich als nicht sinnvoll, da Zürich die massgebenden Stellen bereits berücksichtigt und einen beträchtlichen Aufwand für die Prognostizierung betreibt. Nur punktuell seien Verbesserungen möglich. So schlägt Prof. Schaltegger vor, das Bevölkerungswachstum stärker zu berücksichtigen, die Nachträge noch genauer zu analysieren, den Kontakt mit den wichtigsten Gemeinden zu intensivieren und zur Plausibilisierung auch historische Steuerdaten zu berücksichtigen.
Finanzdirektorin Dr. Ursula Gut-Winterberger wertet die Aussagen des Gutachters als aufschlussreich. Damit bestehe nun die Gewissheit, dass an der Methodik der Zürcher Steuerprognose nicht grundsätzlich etwas falsch sei. Bei Trendwenden seien alle Prognosen heikel, nicht nur im Bereich der Steuern. Die Finanzdirektorin wird dem Steueramt nun den Auftrag erteilen, die Studie zu analysieren und zu prüfen, ob und wie die Vorschläge von Prof. Schaltegger in den Prognoseprozess einbezogen werden können.
Nachträge und wie sie ermittelt werden
Nachträge werden bei der Steuerrechnung fällig, wenn die definitive Rechnung höher ist als die provisorische. Im alten Rechnungsmodell (bis 2008) wurden diese jeweils in jenem Jahr verbucht, in dem das Steueramt die entsprechende Rechnung ausstellte. Das heisst: unabhängig davon aus welcher Steuerperiode die Nachträge resultierten. Mit dem neuen Rechnungslegungsmodell (ab 2009) hat sich dies geändert, weil es eine periodengerechte Verbuchung verlangt. Gemäss Rechnungslegungsverordnung (§ 19) werden neu die Nachträge berücksichtigt, die als Steuern der aktuellen Steuerperiode in den kommenden vier Jahren eingehen werden. Diese werden auf Grund der in den letzten acht Jahren durchschnittlich eingegangenen Nachträge ermittelt. Zudem werden die Differenzen zwischen den geschätzten und tatsächlich eingegangen Nachträgen in den vier Jahren zuvor sowie noch ältere Nachträge verbucht. Dabei kann es auch zum Gegenteil von Nachträgen, also Rückträgen, kommen, wenn die tatsächlich vereinnahmten Nachträge geringer waren als die geschätzten.
(Medienmitteilung des Regierungsrates)
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