Verhältnis des Kantons Zürich zum Ferienverein POSCOM untersucht
Medienmitteilung 20.07.2006
Ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen hat im Auftrag der Finanzdirektion ein Gutachten über die Kreditgewährung des Kantons an den in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Ferienverein POSCOM verfasst. Das Gutachten kommt unter anderem zum Schluss, dass das personalpolitische Anliegen für günstige und qualitativ gute Ferien für die Mitarbeitenden den Blick für die wirtschaftlichen Aspekte des Engagements verstellte. Die Problematik wurde bereits Mitte der 90er-Jahren teilweise erkannt. Ein verlustfreier Ausstieg wäre jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Die Finanzdirektion hat auf Grund des Gutachtens Vorkehrungen getroffen, dass vergleichbare Engagements in Zukunft vermieden werden.
Mitte Februar dieses Jahres wurde bekannt, dass der Ferienverein POSCOM (ehemals Ferienverein PTT) nach einer Neubewertung der Ferien- und Hotelanlagen in akute finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich (BVK) war zu diesem Zeitpunkt mit einem Kreditbetrag von 109,3 Millionen Franken die grösste Hypothekargläubigerin des Ferienvereins. Auf Grund der Herabsetzung der Liegenschaftswerte ergab sich, dass diese Hypothekardarlehen nicht mehr vollständig gesichert waren. Um die Sanierung des Ferienvereins und insbesondere zur Vermeidung eines höheren Verlustes ermächtigte der Regierungsrat die Finanzdirektion im Rahmen des Sanierungsplans zu einem Forderungsverzicht von bis zu 46,3 Millionen Franken. Am 1. Juni 2006 stimmte die Gläubigerversammlung der Sanierung des Ferienvereins und damit verbunden der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zu. Bereits zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Überschuldung des Ferienvereins hatte der Finanzdirektor ein externes Gutachten durch das Wirtschaftprüfungsunternehmung Ernst & Young über die Kreditgewährung des Kantons in die Wege geleitet. Dabei ging es um die Identifizierung der für den Verlust der BVK ursächlichen Schlüsselereignisse innerhalb der Finanzdirektion.
Wirtschaftliche Aspekte standen im Hintergrund
In ihrem Bericht zuhanden der Finanzdirektion kommt Ernst & Young zu folgenden zentralen Erkenntnissen:
- Die gesamte Kreditgewährung war im fraglichen Zeitraum Aufgabe der Finanzverwaltung und nicht der BVK. Die BVK ist erst seit dem 1. Oktober 2002 für die Anlage der Pensionskassengelder zuständig und war kantonsintern zu keiner Zeit in die Entscheidungsfindung und Beschlussfassung über die Engagements beim Ferienverein involviert.
- Das Engagement beim Ferienverein war von Beginn weg personalpolitisch motiviert. Den kantonalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollten über den Ferienverein günstige und qualitativ gute Ferien ermöglicht werden. Die Motivation «Gutes zu tun» verstellte jedoch den Blick für die anlagepolitischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der Engagements.
- Die Kredite wurden als Einzel-Objektkredite behandelt, obwohl ihnen wesentliche Aspekte von Betriebskrediten anhafteten. Fragen nach der Kreditfähigkeit und der Kreditwürdigkeit des Ferienvereins als Ganzes wurden daher bei der Kreditgewährung nicht gestellt. Die Bonität des Ferienvereins wurde in der Folge auch nicht überwacht. Die gewährten Konditionen – tiefe Zinsen und fehlende Amortisationspflicht (mit Ausnahme Ferienanlage Giverola ab 2004) – waren ausschliesslich personalpolitisch bedingt, da das Personal als wirtschaftlicher Nutzniesser der Kredite und nicht der Schuldner Ferienverein im Vordergrund stand.
- Die Mehrfachfunktion von Mitarbeitern der Finanzverwaltung (Dossierbearbeitung kantonsintern, Antragstellung, Beratung des Finanzdirektors und Einsitz im Vereinsvorstand), die fehlenden Pflichtenhefte für die Vertretung des Kantons im Vorstand sowie die bis 2002 fehlende Zuständigkeit der BVK für die Anlage der eigenen Gelder begünstigten das fehlende Problembewusstsein. Dazu gehören auch das Nichtbeachten der gegen die Kreditwürdigkeit sprechenden Eigenheiten des Ferienvereins wie die vollständige Fremdfinanzierung, die ruinöse Preispolitik sowie die ungenügende Organisations- und Führungsstruktur.
- Ab Mitte der 90er Jahre wurden kantonsintern punktuell kritische Stimmen laut. Ende 1995 erliess der damalige Finanzdirektor einen Kreditstopp für weitere Darlehen an den Ferienverein. Die Vertreter aus Zürich im Vereinsvorstand drängten auf Verbesserungen. Ein energischer Vorstoss erfolgte dann im Jahre 2002 zur Besicherung des Giverola-Engagements. Weil die Ursachen für die Verluste auch im Konzept des Ferienvereins zu suchen sind, wäre auch zu einem früheren Zeitpunkt ein verlustfreier Ausstieg aus den Engagements kaum möglich gewesen.
Massnahmen der Finanzdirektion
Auf Grund entsprechender Empfehlungen von Ernst & Young hat die Finanzdirektion folgende Vorkehrungen getroffen:
- Die klare Trennung der Vertretung der BVK im Ferienverein beziehungsweise der Nachfolgegesellschaft und der Führung der Kreditdossiers wird - wie bereits mit der Beauftragung eines externen Experten in der Funktion als Sanierer erfolgt - weiter geführt. Diese Vertretung basiert auf einer mit klaren Aufgaben und Verantwortungen schriftlich festgelegten Mandatierung.
- Für alle Kredite werden eine Amortisationspflicht und eine möglichst markt- und risikogerechte Verzinsung angestrebt.
- Die Grundsätze für die Handhabung von Vertretungen der Kantonsinteressen in Organisationen und Unternehmungen, die in unterschiedlicher Form Mittel des Kantons beanspruchen, und der Umgang mit den mit der möglichen Doppelfunktion verbundenen Spannungsfeldern hat der Regierungsrat bereits mit Beschluss vom 28. Februar 2001 formuliert. Dennoch werden auf Grund der Erfahrungen aus dem Engagement beim Ferienverein die aktuellen Vertretungsverhältnisse noch einmal überprüft.
Insgesamt legt die Finanzdirektion Wert auf die Feststellung, dass ein Engagement wie dasjenige beim Ferienverein nicht mehr den Anlagerichtlinien der heutigen BVK entspricht. Die geltenden normativen und organisatorischen Grundlagen sowie die in die Wege geleitete juristische Verselbständigung der BVK sind geeignet, solche oder ähnlich problematische Engagements in Zukunft zu verhindern.
Hinweis:
Das im Auftrag der Finanzdirektion verfasste Gutachten des Wirtschaftsprüfungsunternehmens ist im Internet unter der Adresse www.bvk.ch in elektronischer Form verfügbar.
Ferienverein POSCOM: Seit 1978 Geschäftsverbindungen zum Kanton Zürich
Der Ferienverein POSCOM wurde 1963 als Selbsthilfeorganisation von PTT-Mitarbeitern gegründet. Seit seiner Gründung hat sich der Ferienverein zu einem grossen Ferienanbieter entwickelt, der über seine Tochtergesellschaften Hotels und Ferienanlagen im In- und Ausland betreibt. Der Kanton Zürich pflegt seit 1978 eine Geschäftsbeziehung zum Ferienverein. Anknüpfungspunkt war die Suche nach einer Lösung für die nicht mehr benötigte Höhenklinik Altein in Arosa, die 1978 dem Ferienverein im Mietverhältnis überlassen wurde. Zwischen 1981 und 1995 wurden dem Ferienverein durch die Finanzdirektion mit Pensionskassengeldern Hypothekardarlehen und Darlehen für vier Hotel- und Ferienanlagen (Hotel Altein, Arosa; Hotel Valaisia, Montana; Hotel Schweizerhof, Sils-Maria; Ferienanlage Giverola, Spanien) in der Gesamthöhe von total 109,3 Millionen Franken gewährt. Zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benutzten im Laufe der Jahre die Ferienangebote des Ferienvereins. Viele wurden auf Grund ihrer Zufriedenheit mit den Angeboten selbst auch zu Darlehensgebern und somit zu einem wesentlichen wirtschaftlichen und emotionalen Rückgrat des Vereins.
(Medienmitteilung der Finanzdirektion)
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