Munition im Zürichsee ist unbedenklich
Medienmitteilung 12.07.2005
Die zwischen 1935 und 1966 im Zürichsee versenkte Munition gefährdet weder Mensch noch Umwelt. Zu diesem Resultat kommt eine Risikoabschätzung der Baudirektion Kanton Zürich, bei welcher besonders die möglichen Auswirkungen auf den See als Trinkwasserspeicher und als Ökosystem im Zentrum standen. Wie die Resultate eines Worst-Case-Szenarios ergeben haben, können die Stoffe aus der Munition wegen der starken Verdünnung im Seewasser schon rein rechnerisch keine Konzentrationen erreichen, die - in welcher Hinsicht auch immer - irgendwelche Gefahren bergen würden. Insofern besteht auch kein Anlass, die Munition vom Seegrund zu bergen.
In den Jahren zwischen 1935 und 1966 wurden im Zürichsee mit behördlicher Genehmigung rund 90 Tonnen Munition versenkt. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Ausschuss aus der Produktion von Fliegerabwehrgeschossen der ehemaligen Oerlikon Bührle & Co, gelegentlich hat auch die Zürcher Stadtpolizei Blindgänger oder beschlagnahmte Munition im See versenkt. Die Standorte der Ablagerungen liegen zum einen ungefähr in der Seemitte zwischen Tiefenbrunnen und Wollishofen und im Dreieck Rüschlikon-Zollikon-Goldbach in 50 bis 100 Metern Tiefe, sowie zwischen Uetikon und der Halbinsel Au, wo der See rund 120 Meter tief ist.
Im November 2004 veranlasste die Baudirektion Kanton Zürich, vertreten durch das AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, die Untersuchung dieser Munitionsablagerungen mit dem Ziel, rasch und zuverlässig zu ermitteln, ob die versenkten Materialien für Bevölkerung und Umwelt eine Gefährdung darstellen. Von besonderem Interesse waren dabei die möglichen Einflüsse auf die Trinkwassergewinnung, ist doch der Zürichsee einer der wichtigsten Trinkwasserspeicher des Kantons. An den Untersuchungen waren unter anderem Experten des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (EAWAG) beteiligt.
In einem ersten Schritt wurden alle verfügbaren Informationen zu den Ablagerungen gesammelt und ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass es sich bei den kritischen Materialien ausschliesslich um konventionelle Explosiv- und Hilfsstoffe handelt – chemische Kampfstoffe oder radioaktives Material können mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Im zweiten Schritt wurde mit verschiedenen Szenarien bis hin zum ungünstigsten anzunehmenden Fall (Worst-Case-Szenario) ermittelt, wie hoch das Seewasser mit Stoffen aus der Munition im Extremfall belastet werden könnte.
Um das Risiko für die Trinkwassergewinnung abzuschätzen, wurden die im Worst-Case-Szenario berechneten Höchstkonzentrationen inklusive dem Faktor 100 mit den Vorgaben der Schweizerischen Lebensmittelgesetzgebung und mit den toxikologisch begründeten Höchstwerten für Trinkwasser verglichen. Dabei zeigte sich, dass die berechneten Höchstkonzentrationen für Stoffe aus der Munition um Grössenordnungen unter den gesetzlichen Höchstwerten liegen. Das Risiko, das von ihnen ausgeht, lässt sich anhand von toxikologisch begründeten Höchstwerten beurteilen, für welche fundierte Erkenntnisse vorliegen. Die berechneten Höchstkonzentrationen für diese Stoffe im Seewasser liegen um ein vielfaches unter den kritischen Werten.
Um die Auswirkungen der Ablagerungen auf das Ökosystem Zürichsee abschätzen zu können, wurde geprüft, ob die daraus stammenden Stoffe Wasserorganismen schädigen können. Dazu wurden die für das Worst-Case-Szenario berechneten Konzentrationen im Tiefenwasser mit ökotoxikologischen Daten verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass die Konzentrationen aller Stoffe für Wasserorganismen absolut unkritisch sind. Ein Vergleich der berechneten Konzentrationen mit den Vorgaben der schweizerischen Gewässerschutzverordnung für Fliessgewässer zeigte ebenfalls keine Gefährdung.
Als Fazit kann somit gelten, dass sowohl die Risikoabschätzung aufgrund der verfügbaren Daten als auch die Analysen der Wasserproben deutlich zeigen, dass die abgelagerte Munition das Seewasser nicht beeinflusst. Es konnten keine aus der Munitionsablagerung im Zürichsee stammenden Schadstoffe im Seewasser nachgewiesen werden. Auch die Gefährdung des Ökosystems Zürichsee ist gemäss den vorliegenden Beurteilungen vernachlässigbar klein.
Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Situation auch in Zukunft nicht verschlechtern wird – im Gegenteil: Weil die abgelagerte Munition jedes Jahr von zusätzlichen 3 Millimetern Sediment überdeckt wird, dürfte sich die Abgabe von Schadstoffen, so sie überhaupt noch vorhanden sind, im Verlaufe der Zeit weiter verringern.
Aus Sicht des Gewässerschutzes und des Altlastenrechts ist es nicht erforderlich, die Munition vom Seegrund zu bergen. Eine solche Bergung wäre mit den heutigen technischen Mitteln extrem aufwändig und risikoreich. Da die versenkten Teile relativ klein sind und über eine grosse Fläche verteilt auf dem Seegrund liegen, könnte die ganze Munition ohnehin kaum geborgen werden. Das versenkte Material ist mittlerweile von rund 10 bis 20 Zentimetern Sediment bedeckt, weshalb sich die Munition auch nur schwer finden liesse. Zudem würde bei einer allfälligen Bergung viel Sediment aufgewirbelt und dabei die darin gebundenen Schadstoffe freigesetzt. Insgesamt lässt sich aus heutiger Sicht sagen, dass die Bergung der Munition sowohl Mensch als auch Umwelt stärker gefährden würde als das Belassen des jetzigen Zustandes.
Um die anlässlich der Messungen ermittelten Daten zu erhärten, soll demnächst das Wasser aus dem Nahbereich der beiden Ablagerungen untersucht werden. Damit wird die Risikoabschätzung weiter abgesichert. Auf jeden Fall wird der Kanton Zürich die Qualität des Rohwassers in den Seewasserwerken langfristig überwachen.
Eine Explosionsgefahr durch die im See versenkte Munition ist ausgeschlossen.
(Medienmitteilung der Baudirektion)
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