Ausstellung über die Burg Alt-Wädenswil:Von Rittern, Edelfrauen und Spitalbrüdern

Vom 3. bis 25. November 2001 zeigen die Kantonsarchäologie und die Heimatkundliche Sammlung im «Haus zum Bären» in Richterswil eine Ausstellung über die Burg Alt-Wädenswil. Die Präsentation der bedeutenden, vor allem bei den Grabungen von 1983 gemachten Funde ist als archäologische Spurensuche konzipiert.

Mit dem Erscheinen der von Thomas Bitterli und Daniel Grütter verfassten Monographie «Alt-Wädenswil – Vom Freiherrenturm zur Johanniterburg» haben die Forschungsarbeiten an der Burgruine ihren vorläufigen Abschluss gefunden. Die Publikation, die als Band 27 in der vom Schweizerischen Burgenverein herausgegebenen Reihe «Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters» erschienen ist, wurde der Öffentlichkeit am 31. März 2001 im Rahmen eines Burgfestes vorgestellt. Da diese Präsentation bei der Bevölkerung auf grosses Interesse gestossen ist, zeigen die Kantonsarchäologie und die Heimatkundliche Sammlung Richterswil jetzt eine Ausstellung über die Burg Alt-Wädenswil und die anlässlich der Ausgrabungen von 1901 bis 1904, von 1938 bis 1941 und im Jahre 1983 gemachten Funde. Eine neue Informationstafel auf dem Gelände der Burgruine vermittelt den aktuellen Wissensstand.

Die Freiherren von Wädenswil gehörten dem Adel an und nahmen am höfisch-ritterlichen Leben im 12. und 13. Jahrhundert teil. Als standesgemässen Sitz bauten sie vor 1200 den aus mächtigen Findlingen gefügten, repräsentativen Freiherrenturm. Bei den Um- und Ausbauarbeiten des 14. und 15. Jahrhunderts wurde das umliegende Gelände derart umfassend verändert, dass nicht mehr feststellbar ist, ob die Freiherrenburg über weitere Bauten verfügte.
Im Jahr 1300 zogen Mitglieder des Johanniterordens in der Burg ein. Die Komture, die Vorsteher der Johanniterniederlassung, waren Adlige, die eine Laufbahn im geistlichen Ritterorden einschlugen. Seit 1467 war der Komtur von Wädenswil zugleich «Oberster Meister in Deutschen Landen» mit Hauptsitz in Heitersheim im Breisgau. Als Vertreter der Komture amteten Schaffner auf der Burg. Vom gehobenen Lebensstil der Komture und Schaffner zeugen vor allem die mit wunderschönen Reliefbildern verzierten Ofenkacheln.

Gemessen an der rund 350-jährigen Besiedlungszeit lebten nur während etwas über 150 Jahren Frauen gehobenen Standes auf der Burg. Im 13. Jahrhundert waren es die adligen Frauen der Freiherren und bis zur Hochzeit deren Töchter, zwischen 1500 und 1550 die wohlhabenden Ehefrauen und Töchter der weltlichen Schaffner der Komture. Unter den Funden fehlen allerdings Gegenstände, die ausschliesslich Frauen gehörten. Die Metallteile von Kleidungsstücken, Schnallen und Beschläge von Gürteln etwa, können sowohl von Männern wie auch von Frauen getragen worden sein. Ofenkacheln hingegen zeigen auch Darstellungen von Edelfrauen.

Eine wichtige Rolle in der Geschichte der Burg spielten die Johanniter. Unter ihnen wurden zumindest zwei wichtige Um- und Ausbauphasen realisiert. So musste die Adelsburg im 14. Jahrhundert erweitert werden, damit die von der Ordensregel vorgeschriebenen Räume eingerichtet werden konnten. Ähnlich wie ein Kloster hatte die Burg einen Schlafraum, einen Versammlungsraum, Repräsentationsräume für den Komtur und eine Kapelle aufzuweisen. In vielen Fällen pflegten die Brüder auch Kranke und Pilger in ihren Niederlassungen. Da maximal zwölf Brüder mit dem Komtur auf der Burg lebten, aber bis zu 31 Betten und 54 Teller in Inventaren verzeichnet sind sowie im Jahr 1550 zwei Räume als «Spithal» bezeichnet wurden, liegt der Schluss nahe, dass auch auf Alt-Wädenswil Kranke Aufnahme fanden. Im Fundmaterial fehlt allerdings ein schlüssiger Nachweis dafür. Der zweite Ausbau fällt in die unruhige Zeit des Alten Zürichkriegs (1439 bis 1446). Damals entstand die um die ganze Burg geführte turmbewehrte Zwingermauer. Die Johanniter verkauften Burg und Herrschaft Wädenswil 1549 an die Stadt Zürich. Da die Schwyzer befürchteten, Zürich könnte die Burg als Stützpunkt für Feldzüge in die Innerschweiz benützen, erhoben sie Einspruch. Auf Anordnung der eidgenössischen Tagsatzung musste die Burg 1557 abgebrochen werden.

Im «Haus zum Bären» stehen im ersten Ausstellungsraum die Burg und ihre Bewohner im Vordergrund. Die Besucherinnen und Besucher werden animiert, einige Fragen und Antworten selber aufzudecken und mehr zu erfahren: Gab es ein Spital auf der Burg? Wie viele Leute lebten dort? Welchen militärischen Wert hatte die Burg? Waren die Untertanen fügsam? Ausgehend von Fragmenten moderner Gegenstände werden die Ausstellungsbesucher im Weiteren mit den Fragestellungen eines Archäologen konfrontiert, zudem können sie ihre Beobachtungsgabe und Fantasie an Fundstücken gleich selber testen. Eine wichtige Informationsquelle über das einst in der Burg vorhandene Mobiliar bilden zwei Hausratsverzeichnisse (Inventare), die beim Verkauf der Burg an die Stadt Zürich 1549 aufgenommen wurden.

Im zweiten Raum werden Themen wie Fest, Musik und Spiel sowie Kachelöfen vorgestellt. Dabei kann die Entwicklung von einfachen, mit Becherkacheln bestückten Lehmöfen des 13. Jahrhunderts bis zu Prunköfen des mittleren 14. und 15. Jahrhunderts mit glasierten, reich geschmückten Relief-Kacheln verfolgt werden. Nicht alle Darstellungen auf den Ofenkacheln sind so einfach zu deuten wie diejenigen mit turnierenden Rittern. Weshalb bloss zieht ein alter Mann eine junge Frau auf einem Schlitten übers Land? Um dem «zerschlagenen Geschirr» ein Gesicht zu geben, ist im dritten Raum eine mit Repliken ergänzte szenische Darstellung der Burgküche und einer Tafel um 1500 zu sehen. Werkzeuge zeigen, dass auch landwirtschaftliche und handwerkliche Arbeiten Bestandteil des Alltags auf der Burg bildeten.














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