Reglemente über die Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien und die Abschlussprüfungen an den kantonalen Fachmittelschulen während der Corona-Pandemie
Zuständigkeit des Bildungsrates
Der Bildungsrat ist für den Erlass der Lehrpläne sowie der für den Schulbetrieb erforderlichen Rahmenbestimmungen, insbesondere für Promotion und Abschlussprüfungen zuständig (§ 4 Ziff. 1 des Mittelschulgesetzes vom 13. Juni 1999 [MSG, LS 413.21], vgl. zudem § 16 Abs. 2 MSG).
Ausgangslage
Angesichts der beschleunigten Ausbreitung des Coronavirus hat der Bundesrat am 16. März 2020 die Situation in der Schweiz als ausserordentliche Lage im Sinne des Epidemiengesetzes vom 28. September 2012 (EpG, SR 818.101) eingestuft. Gleichentags hat der Regierungsrat die Situation im Kanton Zürich als ausserordentliche Lage im Sinne des Bevölkerungsschutzgesetzes vom 4. Februar 2008 (BSG, LS 520) eingestuft (RRB Nr. 242/ 2020). In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat am 16. März 2020 die Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus vom 13. März 2020 (COVID-19-Verordnung 2, SR 818.101.24) geändert und ein grundsätzliches Verbot öffentlicher und privater Veranstaltungen erlassen (vgl. Art. 6 Abs. 1 COVID-19-Verordnung 2). Art. 5 Abs. 2 COVID-19-Verordnung 2 sieht vor, dass Prüfungen an Schulen, Hochschulen und weiteren Ausbildungsstätten weiterhin durchgeführt werden können, sofern die Einhaltung geeigneter Schutzmassnahmen gewährleistet ist.
Die Plenarversammlung der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) hat am 20. April 2020 beschlossen, dass in allen Abschlusslehrgängen der Fachmittelschulen und der gymnasialen Maturität auf mündliche Prüfungen verzichtet werden kann und dem Bundesrat beantragt, in einer Notverordnung zu regeln, dass die Kantone an den Gymnasien auch auf die Durchführung von schriftlichen Maturitätsprüfungen verzichten können. In der Kompetenz der Plenarversammlung der EDK liegt es, Richtlinien für angepasste Qualifikationsverfahren für die Abschlüsse von Fachmittelschulen infolge der Corona-Pandemie im Jahr 2020 zu erlassen.
Mit Verordnung vom 29. April 2020 über die Durchführung der kantonalen gymnasialen Maturitätsprüfungen 2020 angesichts der Pandemie des Coronavirus (COVID-19-Verordnung gymnasiale Maturitätsprüfungen, SR 413.16) hat der Bundesrat beschlossen, den Kantonen den Verzicht auf die Durchführung sämtlicher Maturitätsprüfungen an den Gymnasien für das Jahr 2020 zu ermöglichen (vgl. Art. 1 Abs. 3 und Art. 2 Abs. 1 COVID-19-Verordnung gymnasiale Maturitätsprüfungen). Werden keine Maturitätsprüfungen durchgeführt, ist für die Ermittlung der Gesamtqualifikation im Bereich der gymnasialen Maturität auf die Erfahrungsnoten und die Maturitätsarbeit abzustellen (vgl. Art. 2 Abs. 2 COVID-19-Verordnung gymnasiale Maturitätsprüfungen). Kann die Maturitätsarbeit nicht präsentiert werden, so werden nur der Arbeitsprozess und die schriftliche Arbeit bewertet (Art. 2 Abs. 2 lit. b COVID-19-Verordnung gymnasiale Maturitätsprüfungen). Nach Art. 3 COVID-19-Verordnung gymnasiale Maturitätsprüfungen ist Schülerinnen und Schülern, die aufgrund der vom Kanton beschlossenen Abweichungen nach Art. 2 Abs. 1 die Maturitätsprüfung nicht bestehen, Gelegenheit zu geben, die Prüfungen gemäss Art.14 Abs. 1 Verordnung vom 15. Februar 1995 über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAV) und den entsprechenden kantonalen Regelungen zu absolvieren. Das Ablegen der Prüfungen gilt nicht als Wiederholung der Maturitätsprüfung.
Mit Beschluss vom 5. Mai 2020 verabschiedete die Plenarversammlung der EDK die COVID-Richtlinie FMS 2020 – Angepasste Qualifikationsverfahren für die Abschlüsse von Fachmittelschulen infolge Coronavirus (COVID-19) im Jahr 2020 (COVID-Richtlinie FMS 2020). Nach Ziff. 2.1 der COVID-Richtlinie FMS 2020 haben die Kantone die Möglichkeit, im Rahmen der Qualifikationsverfahren für die Erteilung der Fachmittelschulausweise mündliche und/oder schriftliche Prüfungen durchzuführen oder auf Prüfungen zu verzichten. Für die entsprechenden Qualifikationsverfahren gelten unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen in der COVID-Richtlinie FMS 2020 die Bestimmungen des Reglements über die Anerkennung der Abschlüsse von Fachmittelschulen vom 12. Juni 2003 (AnerkennungsR FMS) sowie der Richtlinien für den Vollzug des Reglements über die Anerkennung der Abschlüsse von Fachmittelschulen vom 22. Januar 2004 (Richtlinien AnerkennungsR FMS). Für die Qualifikationsverfahren für die Erteilung der Fachmaturitätsausweise gelten unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen in der COVID-19-Richtlinie FMS 2020 die Bestimmungen des AnerkennungsR FMS, der Richtlinien AnerkennungsR FMS sowie der Richtlinien über die zusätzlichen Leistungen für die Fachmaturität im Berufsfeld Pädagogik vom 11. Mai 2012 (Richtlinie Berufsfeld Pädagogik; vgl. Ziff. 2.2 der COVID-19-Richtlinie FMS 2020). Gemäss Ziff. 2.3 der COVID-19 Richtlinie FMS 2020 entscheiden die Kantone unter Anpassung des massgebenden kantonalen Rechts, ob auf die Durchführung noch nicht absolvierter Praktika im Sinne von Art. 8 des AnerkennungsR FMS verzichtet wird oder ob die Praktika unter Beachtung der vom Bundesamt für Gesundheit empfohlenen Schutzmassnahmen zu absolvieren sind.
Für Kantone, die bei den Fachmittelschulen Prüfungen für den Abschluss mit Fachmittelschulausweis durchführen, gilt Ziff. 3.2.1 der COVID-Richtlinien FMS 2020, wonach mindestens fünf Fächer geprüft werden sollen. Schülerinnen und Schülern mit ungenügenden Erfahrungsnoten ist gemäss Ziff. 3.1.3 der COVID-Richtlinien FMS 2020 die Gelegenheiten zu geben, auf Verlangen eine Prüfung nach Ziff. 3.2 der COVID-Richtlinien FMS 2020 abzulegen. Im Falle eines endgültigen Nichtbestehens gelten die im AnerkennungsR FMS und in den kantonalen Reglementen festgelegten Bedingungen für die Wiederholung.
Die für das Erlangen der Fachmaturität im Berufsfeld Kommunikation/Information erforderlichen fortgeschrittenen Kenntnisse in mindestens zwei Fremdsprachen gemäss Art. 17quinquies AnerkennungsR FMS und den Richtlinien AnerkennungsR FMS sollen nach Ziff. 4.2 der COVID-Richtlinien FMS 2020 im Verlauf des ersten Ausbildungsjahres auf der Tertiärstufe nachgewiesen werden können. Auf das Vorstudienpraktikum und/oder den Sprachaufenthalt kann verzichtet werden. Falls die Nachweise der erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse noch nicht erbracht worden sind, wird bis zum entsprechenden Nachweis ein provisorisches Fachmaturitätszeugnis erteilt. Die erforderlichen Vorstudienpraktika bzw. Nachweise der Fremdsprachenkenntnisse sind an den beiden Fachmittelschulen des Kantons Zürich bereits absolviert bzw. erbracht worden.
Ziff. 4.3 der COVID-Richtlinien FMS 2020 sieht vor, dass die Prüfungen bezüglich der zusätzlichen Leistungen gemäss Art. 17octies AnerkennungsR FMS und den Richtlinien Berufsfeld Pädagogik im ordentlichen Verfahren durchgeführt werden. Auch die Prüfungen über die zusätzlichen Leistungen im Berufsfeld Pädagogik gemäss Art. 17octies AnerkennungsR FMS sind an beiden Fachmittelschulen des Kantons Zürich bereits abgeschlossen.
Mit Beschluss vom 29. April 2020 betreffend Abschlussprüfungen an kantonalen Gymnasien während der Corona-Pandemie - Verzicht auf die Durchführung und Beschluss vom 8. Mai 2020 betreffend Abschlussprüfungen an kantonalen Fachmittelschulen während der Corona-Pandemie - Verzicht auf die Durchführung entschied der Bildungsrat, auf die Durchführung der mündlichen und schriftlichen Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien sowie auf die Durchführung der schriftlichen, mündlichen und praktischen Abschlussprüfungen an den kantonalen Fachmittelschulen zu verzichten. Zudem wird auf die Durchführung der Präsentationen der Fachmaturitätsarbeiten verzichtet.
Reglement über die Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien während der Corona-Pandemie
Die Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien sind im Reglement für die Maturitätsprüfung an den Gymnasien des Kantons Zürich vom 10. März 1998 (LS 413.252.1) und im Reglement für die Maturitätsprüfungen des schweizerisch-italienischen Liceo artistico (Kunstgymnasium) Zürich vom 11. August 1998 (LS 413.252.8) geregelt. Der Verzicht auf die Durchführung von schriftlichen und mündlichen Maturitätsprüfungen bedingt verschiedene Anpassungen an diesen Reglementen, die im vorliegenden Reglement über die Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien während der Corona-Pandemie vorgenommen werden (vgl. § 1).
§ 2 hält den Grundsatz fest, dass im Sommer 2020 an den Gymnasien im Kanton Zürich keine schriftlichen und mündlichen Maturitätsprüfungen stattfinden. An der Halbtagesschule der Kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene (KME) findet der für Juni 2020 vorgesehene Teil der Maturitätsprüfungen nicht statt. Ob die für Dezember 2020 und Januar 2021 angesetzten übrigen Maturitätsprüfungen durchgeführt werden können, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden.
Für das Bestehen der Maturität sind grundsätzlich die Erfahrungsnoten, die Noten aus vorgezogenen Maturitätsprüfungen sowie die Note der Maturitätsarbeit massgeblich (vgl. § 4 Abs. 1). Bei Schülerinnen und Schülern der Halbtagesklasse an der KME zählen die Erfahrungsnoten sowie die Prüfungsnoten der im Dezember 2020 und Januar 2021 geprüften Fächer, sofern die Prüfungen durchgeführt werden können. Schülerinnen und Schüler, die aufgrund dieser Regelung die Maturität nicht bestehen würden, haben Anspruch auf das Ablegen der Maturitätsprüfungen. In diesem Fall richten sich Umfang und Art der Prüfungen nach den bestehenden Reglementen (vgl. § 3 Abs. 1 und 2). § 3 Abs. 3 bestimmt zudem, dass das Absolvieren der regulären Maturitätsprüfungen nicht als Wiederholung der Maturitätsprüfung gilt. Werden Prüfungen absolviert, richtet sich die Ermittlung der Maturitätsnoten nach den bestehenden Reglementen (vgl. § 5).
Die im Reglement über die Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien während der Corona-Pandemie vorgesehenen Anpassungen an den bestehenden Maturitätsprüfungsreglementen gelten nur für das Schuljahr 2019/2020 sowie für die Maturitätsprüfungen der Halbtagesklasse an der KME, deren Ausbildungsgang Ende Februar 2021 endet. Entsprechend begrenzt § 6 die Geltungsdauer des Reglements bis zum 28. Februar 2021.
Reglement über die Abschlussprüfungen an den kantonalen Fachmittelschulen während der Corona-Pandemie
Die Abschlussprüfungen der Fachmittelschulen sind Gegenstand des Prüfungsreglements für die Fachmittelschulen des Kantons Zürich vom 4. Juni 2007 (LS 413.252.4). Die für den Verzicht auf die Durchführung schriftlicher und mündlicher Abschlussprüfungen für den Abschluss mit Fachmittelschulausweis notwendigen Abweichungen von diesem Reglement werden im Reglement über die Abschlussprüfungen an den kantonalen Fachmittelschulen während der Corona-Pandemie geregelt (§ 1, vgl. sodann § 2).
Wie bei den Gymnasien wird für den Erwerb des Fachmittelschulausweises auf die Erfahrungsnoten abgestellt (§ 4) und denjenigen Schülerinnen und Schülern, die aufgrund dieser Noten den Fachmittelschulausweis nicht erlangen würden, ein Anspruch auf das Ablegen der regulären Abschlussprüfungen eingeräumt (§ 3). Soweit Prüfungen abgelegt werden, richtet sich die Ermittlung der Noten für den Fachmittelschulausweis nach § 12 des Prüfungsreglements für die Fachmittelschulen des Kantons Zürich (vgl. § 5).
§ 6 hält schliesslich fest, dass im Rahmen der diesjährigen Fachmaturitätsabschlüsse auf die Präsentation der Fachmaturitätsarbeiten verzichtet wird.
Die Geltungsdauer des Reglements über die Abschlussprüfungen an den kantonalen Fachmittelschulen während der Corona-Pandemie ist bis zum 31. August 2020 zu beschränken (§ 7).
Inkrafttreten
Die Reglemente über die Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien während der Corona-Pandemie und über die Abschlussprüfungen an den kantonalen Fachmittelschulen während der Corona-Pandemie sind auf den 18. Mai 2020 in Kraft zu setzen. Aufgrund der ausserordentlichen Lage besteht eine besondere Dringlichkeit des Inkrafttretens der vorliegenden Reglemente. Die Reglemente treten deshalb mit der heutigen Veröffentlichung im Internet in Kraft (vgl. § 13 des Publikationsgesetzes vom 30. November 2015 [LS 170.5]). Dem Lauf der Rekursfrist und der Einreichung eines Rekurses wird die aufschiebende Wirkung entzogen und die Rechtsmittelfrist wird auf zehn Tage verkürzt (vgl. § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [LS 175.2]).
Antrag
Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:
- Das Reglement über die Maturitätsprüfungen an den kantonalen Gymnasien während der Corona-Pandemie wird erlassen.
- Das Reglement über die Abschlussprüfungen an den kantonalen Fachmittelschulen während der Corona-Pandemie wird erlassen.
- Die neuen Reglemente gemäss Dispositiv-Ziff. I und II treten am 18. Mai 2020 in Kraft.
- Gegen diesen Beschluss kann innert zehn Tagen, von der Veröffentlichung an gerechnet, beim Regierungsrat des Kantons Zürich Rekurs erhoben werden. Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten.
- Dem Lauf der Rekursfrist und der Einreichung eines allfälligen Rekurses wird die aufschiebende Wirkung entzogen.
- Veröffentlichung dieses Beschlusses, der neuen Reglemente und der Begründung im Amtsblatt sowie in geeigneter Form im Schulblatt und im Internet.
- Mitteilung an die Bildungsdirektion.