Disziplinarreglement der Mittelschulen, Neuerlass

Inhaltsverzeichnis

Beschluss Bildungsrat
2015/04
Sitzungsdatum
2. Februar 2015

Ausgangslage

Das Disziplinarrecht der Mittelschulen bedarf der Überarbeitung. Das Mittelschulgesetz vom 13. Juni 1999 (MSG; LS 413.21) sieht in § 20 vor, dass disziplinarische Massnahmen vom Bildungsrat festgelegt  werden und deren schwerwiegendste Massnahme der Ausschluss aus der Schule ist. Die Auferlegung von Bussen ist nicht vorgesehen. Die Schulordnung der Kantonsschulen vom 5. April 1977 (Schulordnung), die heute das Disziplinarwesen regelt, sieht Ordnungsbussen für administrative Verstösse vor (Art. 32 Abs. 2 Schulordnung), was mangels formell gesetzlicher Grundlage nicht mehr möglich ist. Im Übrigen fehlt – was im Disziplinarrecht der Berufsbildung bereits vorgesehen ist – ein Verbot des Konsums von Alkohol und anderer nicht ärztlich verordneter psychoaktiver Substanzen. Auch widersprechen einige Bestimmungen übergeordnetem Recht oder wiederholen dieses.

Das Reglement über das Absenzenwesen und die Disziplinarordnung an den Berufsund Berufsmaturitätsschulen vom 4. Oktober 2004 (LS 413.322) ist ebenfalls reformbedürftig. Es war deshalb angezeigt, sowohl das Disziplinarreglement der Mittelschulen als auch die Disziplinarreglemente für Schulen der Berufsbildung und Schulen, die Berufsvorbereitungsjahre anbieten – mithin Schulen der Sekundarstufe II – materiell und formell aufeinander abzustimmen. Das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 14. Januar 2008 (EG BBG; LS 413.31) sieht vor, dass die Bildungsdirektion sowohl für Schulen, die Berufsvorbereitungsjahre anbieten (§ 7 Abs. 2 EG BBG), als auch für Berufsfach- und Berufsmaturitätsschulen (§ 20 EG BBG) eine Disziplinarordnung erlässt. Der Entwurf der Verfügung der Bildungsdirektion betreffend Disziplinarreglemente Berufsbildung und Berufsvorbereitungsjahr wird dem Bildungsrat im Zusammenhang mit dem vorliegenden Disziplinarreglement der Mittelschulen zur Kenntnis gebracht (Beilage 1).

Die Disziplinartatbestände und die Disziplinarmassnahmen sind inhaltlich sowohl an Mittelschulen als auch an Berufsfach-, Berufsmaturitätsschulen und Schulen, die Berufsvorbereitungsjahre anbieten, weitgehend dieselben. Unterschiede ergeben sich lediglich aufgrund der gesetzlichen Grundlage (Bussenregelung, §§ 7 Abs. 2 und 20 EG BBG), des Lehrvertrags bei Lernenden der Berufsfachschulen (Entschuldigungsgründe) und des Alters der Schülerinnen und Schüler der ersten zwei Klassen des Langgymnasiums (Rauchen).

Die Inkraftsetzung der drei Disziplinarreglemente ist auf Schuljahresbeginn 2015/2016 geplant, da die Schulen eine gewisse Vorlaufszeit benötigen, um die neuen Massnahmen bekannt zu machen und ihre Vollzugsunterlagen den neuen Disziplinarreglementen anzupassen. Mit der Inkraftsetzung werden die Bestimmungen der Schulordnung, die neu im Disziplinarreglement enthalten sind, aufgehoben. Für Rechtsmittel gelten die Regelungen gemäss § 39 Abs. 1 MSG bzw. Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 (VRG, LS 175.2), weshalb auch Art. 33 (Einspracherecht) und Art. 34 (Rekursrecht) der Schulordnung aufzuheben sind. Gestützt auf § 4 Ziff. 2 MSG wird der Bildungsrat zu einem späteren Zeitpunkt eine Rahmenschulordnung erlassen. Gleichzeitig mit deren Erlass wird die Schulordnung ganz aufgehoben werden.

Überblick über die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung

Die Bildungsdirektion führte 2013 eine Vernehmlassung durch. Aufgrund der Rückmeldungen wurden Gespräche mit Vertretern der Schulleiterkonferenz Mittelschulen des Kantons Zürich (SLK) geführt. Die wichtigsten Änderungen im Disziplinarreglement Mittelschulen, die sich aus den Gesprächen und den schriftlichen eingegangenen Stellungnahmen ergaben, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Disziplinarmassnahmen bei Absenzen gemäss § 10 werden nicht, wie im Disziplinarreglement der Berufsfachschulen, fest nach der zweiten, dritten oder vierten Absenz ergriffen. Diese Abfolge eignet sich nicht für Mittelschülerinnen und -schüler, welche die ganze Woche in der Schule sind. Des Weiteren ist aus Gründen der Praktikabilität, wie in der bisherigen Schulordnung, die «Androhung des Antrags auf Ausschluss» ein Instrument der Schulleitung. Die Gebührenpflicht wird aufgehoben, da diese ohne eine entsprechende Busse für Eltern nicht sinnvoll ist. Ferner gibt es mehrere sprachliche Anpassungen, bei denen es vor allem darum geht, aus der Schulordnung bekannte Formulierungen zu übernehmen.

Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen

Allgemeine Bestimmungen (§§ 1-2)

Das Reglement gilt für Schülerinnen und Schüler der kantonalen Mittelschulen, mit Ausnahme der kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene. Es ist auch während externen Kursen und Veranstaltungen (z.B. Hauswirtschaftskurse, Arbeitswochen,Schulreisen, Exkursionen) anwendbar.

Absenzen (§§ 3-7)

In § 3 Abs. 1 wird definiert, was als Absenz gilt. Der Begriff «Unterricht» wird in § 17 MSG umschrieben. Entschuldigt ist eine Absenz nach § 3 Abs. 2, wenn einer der Entschuldigungsgründe nach § 4 vorliegt und das Entschuldigungsgesuch nach den Vorschriften der Schule formgerecht und rechtzeitig eingereicht wird. Das heisst, zu spät eingereichte Entschuldigungsbegründungen oder nicht frühzeitig eingereichte Entschuldigungsgesuche gelten als unentschuldigte Absenzen. Urlaubsgesuche wegen ausserschulischer Jugendarbeit und die Teilnahme an der fliegerischen Vorschulung werden von der Schulleitung gestützt auf § 4 lit. e beurteilt. Gesuche um Ferienverlängerung gelten gestützt auf § 17 MSG hingegen nicht als besondere Umstände im Sinne von § 4 lit. e. Nach § 5 Abs. 2 muss ein ärztliches Zeugnis vorgelegt werden, wenn eine Schülerin oder ein Schüler länger oder wiederholt abwesend ist. Kurze sich wiederholende Abwesenheiten liegen vor, wenn beispielsweise wiederholt die erste Stunde wegen Kopfschmerzen versäumt wird oder der Sportunterricht wiederholt nicht besucht wird. Sofern eine Absenz nicht im Voraus bekannt ist, muss nach § 6 Abs. 1 lit. b das Entschuldigungsgesuch unverzüglich, sobald es die Umstände erlauben, eingereicht werden.

Beeinträchtigung des Schulbetriebs (§ 8)

Schülerinnen und Schüler sind gemäss § 18 MSG verpflichtet, auf die Schulgemeinschaft Rücksicht zu nehmen und Anweisungen der Schule zu befolgen. In einer nicht abschliessenden Aufzählung wird in § 8 fehlbares Verhalten konkretisiert. Zu den Beeinträchtigungen des Schulbetriebs gehören gemäss lit. a Verstösse gegen die Hausordnung und schulinterne Erlasse. Dazu zählt auch die missbräuchliche Nutzung der IT-Infrastruktur, soweit diesbezügliche Nutzungsbestimmungen bestehen. Ferner gehört gemäss lit. b auch das Nichtbefolgen von Anweisungen der Schulleitung, Lehrerschaft und anderen von der Schulleitung ermächtigten Personen zu den Beeinträchtigungen des Schulbetriebs. Diese Regelung aus der bisherigen Schulordnung wurde auf Wunsch der Vertreter der SLK übernommen. Die Übertragung und Aufzeichnung von Bild und Ton auf elektronische Datenträger gemäss lit. e liegen beispielsweise bei Einträgen auf Facebook oder anderen elektronischen sozialen Netzwerken vor, die ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgen. Dabei ist es unerheblich, ob die Aufzeichnung oder Übertragung während der Unterrichtszeit oder Freizeit erfolgt. Lit. f gilt beispielsweise für die Veröffentlichung von Aussagen von Angehörigen oder Gästen der Schule oder von Meinungen über Angehörige und Gäste der Schule auf elektronischen sozialen Netzwerken, deren Ziel es ist, die betreffende Person lächerlich zu machen oder in anderer Weise herabzusetzen. Zu unlauterem Verhalten bei Prüfungen und Hausarbeiten (lit. g) zählen etwa Plagiate. Bei unlauterem Verhalten an der Maturitätsprüfung gelten die besonderen Regelungen nach § 12 des Reglements für die Maturitätsprüfungen an den Gymnasien des Kantons Zürich vom 10. März 1998 (LS 413.252.1) und § 12 des Reglements für die Maturitätsprüfungen des schweizerisch-italienischen Liceo artistico (Kunstgymnasium) Zürich vom 11. August 1998 (LS 413.252.8).

Rauchen und Konsum von psychoaktiven Substanzen (§ 9)

Rauchen ist gemäss § 48 Abs. 4 des Gesundheitsgesetzes vom 2. April 2007 (LS 810.1) in öffentlichen Gebäuden, so auch Schulgebäuden, verboten. Ausserhalb des Schulgebäudes können Raucherbereiche bezeichnet werden. Der Konsum von Alkohol und von anderen nicht ärztlich verordneten psychoaktiven Substanzen kann die Lernfähigkeit stark beeinträchtigen, weshalb ein generelles Verbot des Konsums vor und während des Unterrichts gilt.

Disziplinarmassnahmen (§§ 10-13)

Gemäss § 10 wird ein schriftlicher Verweis nicht ohne vorgängige Ermahnung, die Androhung des Ausschlusses nicht ohne vorgängigen schriftlichen Verweis ausgesprochen (Kaskadenordnung). Kommt es, bevor ein schriftlicher Verweis ausgesprochen werden kann, zu weiteren unentschuldigten Absenzen, kann der Ausschluss nicht angedroht werden. Zuerst muss das schulinterne Verfahren betreffend schriftlichen Verweis abgeschlossen werden. Ausnahmsweise kann von der Kaskadenordnung abgesehen werden, wenn sich eine Schülerin oder ein Schüler beispielsweise für eine ganze Woche freigenommen hat (Abs. 2). Die Androhung des Ausschlusses und der Ausschluss können nur verfügt werden, wenn die Schülerin oder der Schüler vom Unterricht ganz fernblieb, keine Entschuldigungsgründe vorliegen und aufgrund des bisherigen Verhaltens der Schülerin oder des Schülers diese Massnahmen gerechtfertigt sind. Bei Prüfungen gelten für Schülerinnen und Schüler an Mittelschulen zusätzlich die entsprechenden promotionsrechtlichen Regelungen. Gemäss § 11 können – im Gegensatz zu § 10 – Massnahmen je nach Schwere des Verstosses und Verschuldens angeordnet werden (keine Kaskadenordnung). Es können mehrere Massnahmen gleichzeitig ergriffen werden.

Gemäss § 10 Abs. 4 kann die Leitung eines Kurses oder einer anderen externen Veranstaltung (z.B. Hauswirtschaftskurs, Arbeitswoche) eine Schülerin oder einen Schüler in Fällen unentschuldigter Absenzen sowie gemäss § 11 Abs. 3 bei Verstössen gegen die Verhaltensregeln vorübergehend oder definitiv wegweisen. Wie bei sämtlichen Disziplinarmassnahmen ist dabei der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten.

In § 19 der Mittelschulverordnung vom 26. Januar 2000 (MSV; LS 413.211) wird festgehalten, dass die Eltern mündiger Schülerinnen und Schüler über wichtige Schulangelegenheiten informiert werden. In § 13 Abs. 2 wird festgelegt, welche Disziplinarmassnahmen als wichtige Schulangelegenheit im Sinne von § 19 MSV gelten.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Es wird das Disziplinarreglement der Mittelschulen erlassen.
  • Das Reglement tritt auf 1. August 2015 in Kraft. Wird ein Rechtsmittel ergriffen, wird über die Inkraftsetzung erneut entschieden.
  • Gegen das Reglement gemäss Ziff. I und II 1. Satz kann innert 30 Tagen, von der Veröffentlichung an gerechnet, beim Regierungsrat des Kantons Zürich Rekurs erhoben werden. Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten.
  • Veröffentlichung dieses Beschlusses, des Reglements und der Begründungen im Amtsblatt, in geeigneter Form im Schulblatt und im Internet.
  • Mitteilung an die Bildungsdirektion.

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