Berufsmaturitätsreglement (BMR), Neuerlass

Beschluss Bildungsrat
2014/33
Sitzungsdatum
8. September 2014

Ausgangslage

Die Verordnung vom 24. Juni 2009 über die eidgenössische Berufsmaturität (BMV, SR 412.103.1) regelt den Aufbau des Unterrichts, die Anforderungen an die Bildungsgänge, die Leistungsbewertung im Laufe der Ausbildung, die Berufsmaturitätsprüfung und die Anerkennung von Bildungsgängen durch den Bund (Art. 1 BMV). Der Vollzug der BMV obliegt den Kantonen (Art. 34 BMV). Sie entscheiden über die Voraussetzungen und das Verfahren der Zulassung zum Berufsmaturitätsunterricht (Art. 14 BMV) und sorgen für einheitliche Prüfungsbestimmungen (Art. 20 BMV). Die Kantone haben ihre Vorschriften bis zum 31. Dezember 2014 an den neuen Rahmenlehrplan und an die BMV anzupassen.

Gestützt auf § 3 Abs. 1 lit. d des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 14. Januar 2008 (EG BBG) erlässt der Bildungsrat Ausführungsbestimmungen für den Berufsmaturitätsunterricht. Das vorliegende Reglement regelt entsprechend die Zulassung zum Berufsmaturitätsunterricht, den Umgang mit Unregelmässigkeiten bei Prüfungen und eingereichten Arbeiten und die obligatorische Projektwoche. Weiter beinhaltet es Regelungen zur Abschlussprüfung.

Mit Beschluss vom 1. Juli 2013 hat der Bildungsrat das Berufsmaturitätsreglement für die Vernehmlassung freigegeben. Es gingen insgesamt 33 Stellungnahmen ein.
Die Inkraftsetzung des Berufsmaturitätsreglements erfolgt auf den 1. Januar 2015. Gleichzeitig wird das bisherige Reglement über die Aufnahme an die Berufsmittelschulen und den Berufsmaturitätsabschluss vom 1. Oktober 2002 (LS 413.326) aufgehoben.

Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen

Allgemeines (§§ 1-3)

Das Reglement regelt die Zulassung, den Unterricht und die Abschlussprüfungen. Der Geltungsbereich erstreckt sich auf alle nach Art. 29 BMV eidgenössisch anerkannten Berufsmaturitätsbildungsgänge. Neben der Berufsmaturitätsschule Zürich führen die kantonalen und nichtkantonalen Berufsfachschulen, die Handelsmittelschulen sowie die eidgenössisch anerkannten privaten Anbieter solche Bildungsgänge durch. Für eine bessere Lesbarkeit des Reglements werden diese Anbieter in § 1 unter dem Begriff «Anbieter» erfasst.

Die Handels- und die Informatikmittelschulen haben teilweise abweichende Bestimmungen in den Aufnahme- und Promotionsreglementen. Diese gehen dem Berufsmaturitätsreglement vor (§ 1).

Der Entscheid über die Gewährung von Nachteilsausgleichsmassnahmen liegt bei der Schulleitung. Bei privaten Anbietern ist das entsprechende Organ gemäss § 25 Abs. 2 in Verbindung mit § 12 EG BBG bzw. gemäss § 25 Abs. 3 EG BBG in Verbindung mit § 33 der Verordnung zum EG BBG vom 8. Juli 2009 (VEG BBG) gemeint, unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung. Die Schulleitung entscheidet sowohl bei der Aufnahmeprüfung als auch im Unterricht und bei der Berufsmaturitätsprüfung. Als Nachteilsausgleichsmassnahmen können besondere Hilfsmittel gestattet werden oder die Rahmenbedingungen, wie z.B. die Prüfungsdauer, geändert werden (§ 2).

Die Ausstellung von Duplikaten des Notenausweises und Berufsmaturitätszeugnisses obliegt dem Anbieter. In jenen Fällen, wo Noten des Berufsmaturitätsabschlusses auch für das eidgenössische Fähigkeitszeugnis (EFZ) zählen, werden die Prüfungsergebnisse von der Prüfungskommission erwahrt und eröffnet (§ 30). Dies trifft derzeit auf den Beruf Kauffrau bzw. Kaufmann EFZ zu. In diesen Fällen erfolgt auch die Ausstellung der Duplikate durch die Prüfungskommission. Der Anbieter oder die zuständige Prüfungskommission haben sicherzustellen, dass sie die relevanten Akten entsprechend aufbewahren.

Zulassung zum Berufsmaturitätsunterricht während der beruflichen Grundbildung (BM 1) (§§ 4-13)

Die Zulassung zum Berufsmaturitätsunterricht während der beruflichen Grundbildung setzt einen Lehrvertrag für eine berufliche Grundbildung oder einen Ausbildungsvertrag mit einem Anbieter der schulisch organisierten Grundbildung (SOG) voraus, welche zu einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) führt (vgl. Art. 2 lit. a BMV).

Für die Zulassung ist eine Aufnahmeprüfung zu absolvieren. Diese wird von den kantonalen Anbietern und den nichtkantonalen Anbietern mit kantonalem Auftrag gemeinsam erarbeitet (§ 5). Den Anbietern ohne Leistungsvereinbarung mit dem Kanton gemäss § 25 Abs. 3 EG BBG steht es frei, eine eigene Aufnahmeprüfung zu erstellen oder jene des Kantons zu verwenden. Die Aufnahmeprüfung basiert auf dem vom Bildungsrat erlassenden Anschlussprogramm.

Für Kandidatinnen bzw. Kandidaten, welche die Aufnahmeprüfung z.B. auf Grund von Unfall oder Krankheit nicht absolvieren können, oder erst nach der Aufnahmeprüfung einen Lehrstelle gefunden haben, wird eine Nachprüfung durchgeführt.

Die Bildungsgänge der Berufsmaturität sind in Ausrichtungen unterteilt. Gemäss dem Rahmenlehrplan des Staatssekretariates für Bildung, Forschung Innovation vom 18. Dezember 2012 zur Berufsmaturität gibt es die Ausrichtungen «Technik, Architektur, Life Sciences», «Natur, Landschaft und Lebensmittel», Gestaltung und Kunst», Gesundheit und Soziales» sowie «Wirtschaft und Dienstleistungen», wobei der Bildungsgang der kaufmännische Ausrichtung «Wirtschaft und Dienstleistungen» zudem zwischen dem Typ «Wirtschaft» und dem Typ «Dienstleistungen» unterscheidet.

Es wird, unabhängig von Ausrichtung und Typ der Berufsmaturität, eine einheitliche Aufnahmeprüfung durchgeführt. Dies stellt eine Neuerung gegenüber dem geltenden Recht dar und erfolgt auf Grund der Rückmeldungen in der Vernehmlassung: Mit der Gewichtung der Prüfungsfächer je nach Ausrichtung und Typ wird den vorausgesetzten Fähigkeiten für den gewählten Bildungsgang ausreichend Rechnung getragen (§ 9). Eine einheitliche Aufnahmeprüfung stellt sicher, dass an die der Kandidatinnen und Kandidaten die gleichen Anforderungen gestellt werden, was der Gleichbehandlung dient. Überdies können so die notwendigen Ressourcen zur Erstellung der Prüfung reduziert werden. Für den Bildungsgang mit der Ausrichtung Gestaltung und Kunst ist, wie bisher, zusätzlich eine Prüfung im Fach Gestalten zu absolvieren.

Die Aufnahmeprüfung gilt als bestanden, wenn die Gesamtnote 4 oder mehr beträgt (§ 10).

§ 12 regelt die prüfungsfreie Zulassung. Neu werden auch Schülerinnen und Schüler, welche die Aufnahmeprüfung an eine Fachmittelschule erfolgreich absolviert haben, prüfungsfrei zugelassen. Bei Erlass des geltenden Berufsmaturitätsreglements vom 1. Oktober 2002 war die damalige Diplommittelschule kein eidgenössisch anerkannter Abschluss. Mit RRB Nr. 1023 vom 12. Juli 2006 wurden die Diplommittelschulen in die heutigen Fachmittelschulen überführt. Die Fachmittelschulen sind mit den Handels- und Informatikmittelschulen vergleichbar, die Zulassungsvoraussetzungen zur Aufnahmeprüfung identisch. Entsprechend ist eine Gleichstellung angezeigt.

Die Schulleitung der Anbieter können bei der Zulassung besonderen Umständen angemessen Rechnung zu tragen (§ 13). Dies war bereits bisher so geregelt (§ 12 des Berufsmaturitätsreglements vom 1. Oktober 2002) und hat sich bewährt. Ein Beispiel für solche besondere Umstände sind Jugendliche aus einem nicht deutschsprachigen Land oder Landesteil, die erst verhältnismässig kurz vor der Prüfung in den Kanton Zürich immigriert sind, das intellektuelle Potential für ein erfolgreiches Bestehen mitbringen, aber noch Defizite in Deutsch aufweisen. Ein anderes Beispiel sind Lernende, welche zwar Deutsch beherrschen, aber in der Schule keinen Unterricht in Französisch hatten (insbesondere Lernende, die aus Deutschland in die Schweiz gezogen sind).

Zulassung zum Berufsmaturitätsunterricht nach Abschluss der beruflichen Grundbildung (BM 2) (§§ 14-19)

Für die Zulassung zum Berufsmaturitätsunterricht nach Abschluss der beruflichen Grundbildung gelten grundsätzlich die gleichen Bestimmungen wie für die zur Zulassung zum Berufsmaturitätsunterricht während der beruflichen Grundbildung (§ 15). Die Kandidatinnen oder Kandidaten müssen, spätestens bei Beginn des Bildungsganges, über ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) verfügen.

Grundsätzlich ist, wie für die BM 1, eine Aufnahmeprüfung zu absolvieren. Unter Berücksichtigung der bewährten und etablierten Praxis und in Analogie auf die prüfungsfreie Aufnahme gemäss § 12 gibt es aber Ausnahmen (§§ 16-18).

Einerseits werden Kandidatinnen bzw. Kandidaten prüfungsfrei aufgenommen, welche innerhalb der letzten zwei Jahre einen Bildungsgang der BM 1 besucht und entsprechend die Aufnahmeprüfung erfolgreich absolviert haben. Damit soll Personen, welche einen BM-Abschluss anstreben, aber während der beruflichen Grundbildung aus betrieblichen oder privaten Gründen abbrechen mussten, motiviert werden.

Entgegen der Vernehmlassungsvorlage wird, wie beim bisherigen Lehrgang kaufmännischer Richtung für gelernte Berufsleute (BM 2), wiederum eine prüfungsfreie Zulassung zum Unterricht der Ausrichtung Wirtschaft und Dienstleistungen, Typ Wirtschaft, aufgenommen. Mit dem Erwerb des EFZ als Kauffrau bzw. Kaufmann EFZ im Profil erweiterte Grundbildung werden die in der Aufnahmeprüfung verlangten Kompetenzen bereits nachgewiesen. Eine Aufnahmeprüfung wäre unverhältnismässig. Zum Unterricht der Ausrichtung Wirtschaft und Dienstleistung, Typ Wirtschaft, wird daher prüfungsfrei zugelassen, wer innerhalb der letzten zwei Kalenderjahre die berufliche Grundbildung als Kauffrau bzw. Kaufmann EFZ im Profil erweiterte Grundbildung mit einem Mittelwert der Fachnoten Standardsprache, erste und zweite Fremdsprache, Wirtschaft und Gesellschaft I und II von mindestens 4.5 abgeschlossen hat. Für Kandidatinnen und Kandidaten, welche den Bildungsgang direkt im Anschluss an das EFZ absolvieren wollen, ist mangels eines vorliegenden EFZ auf die letzten Semesterzeugnisnoten abzustellen. Bei allfällig vorgezogen abgeschlossenen Fächern wird die Fachnote berücksichtigt.

Anbieter ohne Leistungsvereinbarung gemäss § 25 Abs. 3 EG BBG können anstelle einer Aufnahmeprüfung am Ende des ersten Semesters eine Promotionsprüfung durchführen. Diese Ausnahme berücksichtigt die Argumente der BM 2-Anbeiter, dass sie auch Personen erreichen wollen, bei denen die letzte schulische Bildung einige Jahre zurückliegt und welchen das Lernen auf eine Aufnahmeprüfung schwerer fällt, als Kandidatinnen bzw. Kandidaten, welche die BM 2 relativ kurz nach dem Erwerb des EFZ antreten.

Ein Anspruch, an eine bestimmte Schule zugelassen zu werden, besteht nicht. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass an gewissen Schulen die Nachfrage grösser ist als das Platzangebot (§ 19 Abs. 3).

Berufsmaturitätsunterricht (§§ 20-22)

Bei der Bewertung von Gruppenarbeiten kann der gemeinschaftlich erstellte Teil mit einer einheitlichen Note bewertet werden. Die individuellen Anteile (Präsentation, Arbeitstagebuch) sind jedoch gesondert zu bewerten.

Im Bildungsgang während der beruflichen Grundbildung wird mindestens eine Projektwoche als obligatorischer Unterricht durchgeführt (§ 21).

Die Folgen von Unregelmässigkeiten bei Prüfungen (Missachtung von Vorgaben, Plagiaten, Verwendung unerlaubter Hilfsmittel) sind in § 22 geregelt.

Berufsmaturitätsprüfung (§§ 23-31)

Die kantonale Berufsmaturitätskommission (KBMK) legt die Vorgaben für die Abschlussprüfungen fest (vgl. § 44 der Verordnung zum EG BBG vom 8. Juli 2009, VEG BBG). Der Prüfungsstoff richtet sich nach dem Rahmenlehrplan des Bundes und dem Lehrplan des Kantons. Die Prüfungsfächer und die übrigen Vorgaben ergeben sich aus der BMV. Die KBMK entscheidet über Dispensationen gemäss Art. 15 Abs. 2 BMV (§ 25). Der Umgang mit Unregelmässigkeiten und ihren Folgen bei den Abschlussprüfungen sind in den §§ 26-29 geregelt. Die KBMK erwahrt die Prüfungsergebnisse. Sie kann, analog zu der Regelung bei den Aufnahmeprüfungen (vgl. § 13), besonderen Umständen Rechnung tragen. Eröffnet wird der Entscheid durch die Schulleitung (§ 30). § 31 regelt die Wiederholung der Abschlussprüfung.

Rechtsmittel (§§ 32)

Gegen Entscheide über Zulassung, Promotion, Ausschluss und Wegweisung ist die Einsprache an die Schulleitung gegeben. Entscheide über Prüfungsergebnisse unterliegen der Einsprache an die KMBK.

G. Schlussbestimmung (§§ 33)

Für Kandidatinnen oder Kandidaten, deren Ausbildungsgang vor dem 1. Januar 2015 begonnen hat, gilt das bisherige Recht. Wer vor diesem Datum eine Aufnahmeprüfung absolviert hat, wird zum Unterricht mit Beginn im Kalenderjahr 2015 zugelassen.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Es wird ein Berufsmaturitätsreglement erlassen.
  • Das Reglement tritt am 1. Januar 2015 in Kraft. Wird ein Rechtsmittel ergriffen, wird über die Inkraftsetzung erneut entschieden.
  • Das Reglement über die Aufnahme an die Berufsmittelschulen und den Berufsmaturitätsabschluss vom 1. Oktober 2002 wird auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Reglements gemäss Ziff. I aufgehoben.
  • Gegen das Reglement gemäss Dispositiv, Dispositiv II Satz 1 und Dispositiv III kann innert 30 Tagen, von der Veröffentlichung an gerechnet, beim Regierungsrat des Kantons Zürich Rekurs erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten.
  • Publikation dieses Beschlusses, des Reglements und der Begründungen im Amtsblatt, in geeigneter Form im Schulblatt und im Internet.
  • Mitteilung an die Bildungsdirektion.

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