Volksschule. Pilotprojekt Sek: Aktive Lernzeit und Lernerfolg für ALLE. Projektauftrag

Beschluss Bildungsrat
2014/21
Sitzungsdatum
16. Juni 2014

Ausgangslage

An der Medienkonferenz vom 5. Dezember 2011 wurden der Öffentlichkeit mögliche Massnahmen präsentiert, wie die Bildungsdirektion der Tatsache begegnen will, dass gemäss PISA 2009 rund 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler die minimalsten Leistungsziele der 9. Klasse nicht erreicht haben.

Eine Arbeitsgruppe des Volksschulamtes und der Bildungsplanung hat in der Folge Grundlagen erarbeitet und Zielsetzungen für mögliche einzelne Massnahmen formuliert. Zu prüfende Fragen, welche sich im Hinblick auf eine Umsetzung stellten, wurden aufgelistet und die Chancen und Risiken der verschiedenen Massnahmen bewertet.

Am 20. März 2012 wurden die Massnahmen anlässlich einer Aussprache der Bildungsdirektorin mit Vertreterinnen und Vertretern des Schulfeldes diskutiert. Die Stossrichtung der Massnahmen wurde grundsätzlich positiv aufgenommen.

Anschliessend wurden in fünf Teilprojektgruppen zusammen mit Vertretungen des Schulfeldes die verschiedenen Massnahmen konkretisiert und in einem Bericht zuhanden des Bildungsrates zusammengefasst.

Der Bildungsrat hat an seiner Sitzung vom 18. November 2013 den zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse der Vorbereitungsarbeiten im Projekt «Folgemassnahmen PISA 2009» anlässlich einer Aussprache zur Kenntnis genommen. Dabei hat der Bildungsrat das weitere Vorgehen bei der Umsetzung der geplanten Massnahmen unterstützt. Für die Weiterbearbeitung sind das Volksschulamt und die Abteilung Bildungsplanung zuständig.

In der Folge wurde das Volksschulamt mit der Planung und Durchführung eines zeitlich befristeten Pilotprojekts beauftragt. Dieses soll geeignete Massnahmen bündeln, mit dem Ziel, dass leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler mittels fachdidaktisch gut genutzter Lernzeit und individuell angepassten Lernsituationen in den Fächern Mathematik und Deutsch noch gezielter unterstützt werden. Statt neue Massnahmen zu ergreifen, soll auf der Grundlage der bisher umgesetzten Projekte die Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler überprüft und intensiviert werden.

Das Pilotprojekt «Aktive Lernzeit und Lernerfolg für ALLE» soll im Einsatz von Instrumenten und in der Prozessgestaltung an die Erfahrungen aus der Umsetzung des Projekts Neugestaltung 3. Sek anknüpfen und das bestehende Gesamtkonzept auf die ganze Sekundarstufe der Volksschule ausweiten. Dazu müssen die Massnahmenvorschläge im Bereich von «Mehr Lernzeit für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler in Mathematik und Deutsch», «Einsatz von Schulassistenzen» und «Unterstützung und Begleitung der Lernenden ausserhalb des Unterrichts» inhaltlich koordiniert und integriert werden. Dabei soll insbesondere das Zusammenspiel der verschiedenen Massnahmen erprobt und evaluiert werden. In einer ersten dreijährigen Pilotphase von 2015/16 bis 2017/18 werden nur Schulen der Sekundarstufe der Volksschule einbezogen, in einem zweiten Schritt könnte das Pilotprojekt auf die Mittelstufe der Primarstufe ausgeweitet werden.

Das geplante Pilotprojekt ist kein Schulversuch im Sinne des Bildungsgesetzes und wird innerhalb der geltenden Gesetze und Verordnungen umgesetzt.

Erwägungen

Die Bearbeitung der einzelnen Massnahmen erfolgt durch das Volksschulamt in drei Teilprojekten. Dazu wird eine interne Projektorganisation eingesetzt, welche in einem ersten Schritt die sorgfältige Abstimmung und Koordination zwischen den einzelnen Abteilungen und Verantwortungsbereichen gewährleistet. In einem zweiten Schritt ist der Einbezug von Verbänden und Interessensvertretungen vorgesehen.

Teilprojekte

Teilprojekt 1: Lernzeitnutzung für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler in Mathematik und Deutsch optimieren, Unterrichtsmittel und Lernsituationen auf die Erreichung der Grundkompetenzen konzentrieren.

Schülerinnen und Schüler mit Leistungsschwächen in Mathematik und Deutsch erhalten und nutzen mehr Lernzeit in diesen Fachbereichen durch geeignete Lernsituationen und/oder zu Lasten von anderen Unterrichtsinhalten. Zentrales Element ist die Lernentwicklung und damit verbunden die Bearbeitung der Frage, wie in der Praxis ein wirkungsvollerer Unterricht entwickelt und umgesetzt werden kann.

  • Zielvorgabe und Aufgaben
    Leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler müssen fachdidaktisch sehr gut begleitet und betreut werden. Dies erfordert von Lehrpersonen spezifische Qualifikationen in der Unterrichtsgestaltung, in diagnostischen Fähigkeiten mit Blick auf den Lernstand bezogene Förderung sowie in der Anwendung eines breiten Repertoires von Lernmethoden und – settings. Dabei sollen praxisnahe und erfolgreich erprobte Methoden der Unterrichtsdiagnostik für die Entwicklung und Sicherung der Unterrichtsqualität in den Fächern Mathematik und Deutsch sowie für die Entwicklung einer innerschulischen Feedback-Kultur genutzt werden.
  • Vorgehen und Produkt
    Um die gesteckten Ziele in den Bereichen Deutsch und Mathematik zu erreichen, müssen einerseits die Vorgehensweise, andererseits auch die Produktbedürfnisse geklärt werden. Benötigte Ressourcen für unterstützende Massnahmen im Bereich der Weiterbildung und Unterrichtsmittel können davon abgeleitet werden. Zudem sind die rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Dispensation von Unterrichtsinhalten zu klären.
  • Fokus Mathematik
    Vor diesem Hintergrund ist es angezeigt, den Bedarf an ergänzenden Unterrichtsmitteln zum obligatorischen Lehrmittel Mathematik Sek 1 zu prüfen und zu klären. Gleichzeitig sind Lehrpersonen und Schulleitungen durch geeignete schulinterne Weiterbildungen (z.B. fachspezifisches Coaching) für den entsprechenden Förderunterricht zu qualifizieren.
  • Fokus Deutsch
    Lesen und Schreiben sind Schlüsselkompetenzen, welche für die Anschlussfähigkeit beim Übergang von der Sekundarstufe in die berufliche Grundbildung mitentscheidend sind. Da am Ende der Primarschulzeit aber nicht alle Schülerinnen und Schüler die Grundansprüche in Lesen und Schreiben beherrschen, müssen diese Fähigkeiten auf der Sekundarstufe I spezifisch ausgebaut werden. Kompensatorische Fördermassnahmen sind hierfür notwendig. Das Programm QUIMS verfolgt die Erreichung dieser Ziele in Schulen, die einen Anteil von fremdsprachigen und ausländischen Schülerinnen und Schülern von über 40 Prozent haben. Aus dem Wissen von QUIMS sollen geeignete Massnahmen für die leistungsschwächeren Schülerinnen und Schüler erarbeitet, im Pilotprojekt erprobt und weiteren Schulen und Lehrpersonen zugänglich gemacht werden:
    • die Vermittlung von geeigneten Unterstützungsangeboten wie Workshops, schulinterne Weiterbildungen und Fachveranstaltungen;
    • die Nutzung von didaktischen Materialien wie beispielsweise Musteraufgaben für die Schreibförderung auf der Sekundarstufe (Bildungsratsbeschluss vom 9. September 2013) unterstützen;
    • die Schaffung von Synergien im Bereich der fachlichen Unterstützung und der Instrumente zur Lernbeurteilung.

Teilprojekt 2: Unterstützung und Begleitung der Lernenden ausserhalb des obligatorischen
Unterrichts

  • Zielvorgabe und Aufgaben
    Schulen setzen vermehrt schulergänzende Massnahmen zur gezielten Unterstützung und Begleitung von Lernenden ausserhalb des obligatorischen Unterrichts ein. Das Volksschulamt und die Schulgemeinden unterstützen und vermitteln Angebote externer Anbieter.
  • Vorgehen und Produkt
    • Bei den Schulen und Schulbehörden die Nutzung von qualitativ ausgewiesenen Angeboten im Bereich der Unterstützung und Begleitung von Lernenden ausserhalb des Unterrichts fördern, durch Bekanntmachung und Bewerbung der Angebote im Schulfeld sowie durch geeignete und leicht zugängliche Informationen;
    • Für den Aufbau und die periodische Aktualisierung einer Informationsplattform über qualitativ ausgewiesene Angebote im Bereich der Unterstützung und Begleitung von Lernenden ausserhalb des Unterrichts sorgen;
    • Erarbeitung von Empfehlungen mit praxisorientierten Beispielen zur wirkungsvollen Nutzung von ausserschulischen Unterstützungsangeboten (Aufgabenhilfe, Coaching und Mentoring-Projekte) für alle Schulen zugänglich machen;
    • Die Förderung geeigneter Angebote gilt für alle interessierten Schulen, auch für solche ausserhalb des geplanten Pilotprojektes;
    • Die Bildungsdirektion sorgt für eine angemessene finanzielle Unterstützung, die das Bestehen und den Ausbau dieser Angebote ermöglichen.

Teilprojekt 3: Einsatz von Schulassistenzen

Schulassistenzen können Kinder und Jugendliche in der Schule betreuen und begleiten. Sie können Ansprechpersonen und Übungspartnerinnen sein und in der Aufgabenhilfe eingesetzt werden.

  • Zielvorgabe und Aufgaben
    Dabei ist darauf zu achten, dass der Koordinationsaufwand in der Schule nicht erhöht wird. Schulassistenzen werden heute schon verschiedenen Orts eingesetzt, so dass auf bereits gemachte Erfahrungen aufgebaut werden kann. Zu prüfen ist auch die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden.
  • Vorgehen und Produkt
    Das Volksschulamt unterstützt interessierte Schulgemeinden und Schulleitungen bei der Einführung von Schulassistenzen durch die Erarbeitung von Empfehlungen betreffend
    • Umfang der Assistenzen in Relation zu den Lehrpersonen und VZE
    • Stellenbeschreibung und Anforderungsprofilen
    • Aus- und Weiterbildung
    • Anstellungsbedingungen und Entlohnung
    • Rechtlichen Fragen

Projektorganisation

Mit der Bearbeitung der drei Teilprojekte und der Umsetzung des Pilotprojekts wird das Volksschulamt beauftragt. Dieses setzt die erforderliche Projektorganisation ein und stellt die personellen und finanziellen Ressourcen sicher. Die Projektsteuerung erfolgt durch die Geschäftsleitung des Volksschulamtes, welche die Koordination zwischen der Weiterarbeit an den Themen der Teilprojekte innerhalb der Abteilungen und der Erprobung und Umsetzung im Rahmen des Pilotprojekts gewährleistet. Die Projektarbeiten sind breit abzustützen, die Verbände und Hochschulen werden auf der Grundlage der bisherigen Vorarbeiten einbezogen.

Begleitkommission

Die Projektziele und der Umsetzungsprozess werden regelmässig überprüft. Die Projektleitung erstattet der «Bildungsrätlichen Kommission Volksschule – Berufsbildung» regelmässig Bericht zum Projektstand. Die Kommission hat die Erprobung und die flächendeckende Einführung des Pilotprojekts Neugestaltung 3. Sek begleitet und verfügt über Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Volksschule, insbesondere der Sekundarstufe sowie der Berufsberatung, ergänzt durch die Vertretungen der Wirtschaft und der Berufsbildung.

Evaluation

Das Pilotprojekt soll durch eine verwaltungsunabhängige Institution evaluiert werden. Die begleitende Wirkungsanalyse bilanziert die Ergebnisse und Erfahrungen aus der Sicht der beteiligten Schulleitungen, Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern. Sie soll Informationen über die Effektivität und die Effizienz der einzelnen Massnahmen und Programme liefern, dies unter Berücksichtigung der verschiedenen Zielgruppen, Risikolagen und programmspezifischen Ziele.

Für die begleitende schulinterne Erfahrungsauswertung wird EMU (Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik und -entwicklung) eingesetzt, ein handlungsorientiertes Programm, das für die Praxis entwickelt wurde, viele Einstiegsmöglichkeiten bietet und den Schulen kostenfrei zur Verfügung steht. Die dazugehörigen Grundlagen wurden den Schulleitungen der Sekundarschulen im Rahmen einer dreiteiligen Tagungsreihe vermittelt, bei Bedarf sind auch begleitende Beratungsangebote verfügbar.

Weiteres Vorgehen

Die Weiterbearbeitung der Massnahmen innerhalb der drei Teilprojekte soll auf der Grundlage des Projektauftrags bis im Sommer 2014 erfolgen. Damit eine vergleichbare Umsetzung in den Pilotschulen gewährleistet werden kann, soll ein Rahmenkonzept erarbeitet werden, das die Minimalanforderungen für die Erprobung sowie die pädagogischen, rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Pilotschulen festlegt. Das Rahmenkonzept ist dem Bildungsrat bis im Herbst 2014 vorzulegen.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Das Volksschulamt wird beauftragt, für das Pilotprojekt «Sek: Aktive Lernzeit und Lernerfolg für ALLE» ein Rahmenkonzept zu erarbeiten und dem Bildungsrat bis im Herbst 2014 vorzulegen.
  • Publikation in geeigneter Form im Schulblatt und im Internet.
  • Mitteilung an alle Schulpflegen; das Schul- und Sportdepartement Stadt Zürich; das Departement Schule und Sport Winterthur; den Verband Zürcherischer Schulpräsidien, den Verband der Schulleiterinnen und  Schulleiter des Kantons Zürich, den Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband, den Vorstand der Lehrpersonenkonferenz, den Verband Zürcher Privatschulen, den Berufsverband der Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich, den Schweizerischen Verband des Personals öffentlicher Dienste Sektion Zürich, Sektor Lehrberufe, die Schulleiterkonferenz der Berufsfachschulen, die Schulleiterkonferenz der Mittelschulen, die Pädagogische Hochschule Zürich, das Institut Unterstrass an der PH Zürich, die Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik; die Sonderschulen, den Vorstand der Schulsynode des Kantons Zürich, den Kantonalen Gewerbeverband, die Vereinigung Zürcherischer Arbeitgeberorganisationen, den Schweizerischen Gewerkschaftsbund, Sektion Zürich, die Vereinigung der Elternorganisationen im Kanton Zürich, den Lehrmittelverlag St. Gallen; die Bildungsdirektion: Lehrmittelverlag Zürich, Amt für Jugend und Berufsberatung, Mittelschul- und Berufsbildungsamt, Bildungsplanung, Volksschulamt und die Fachstelle für Schulbeurteilung.

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