Mittelschulen. Ergänzungsfach Informatik
Auf dieser Seite
Ausgangslage
Am 1. August 2007 trat die Teilrevision der Verordnung des Bundesrates / des Reglements der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAR) vom 16. Januar / 15. Februar 1995 in Kraft. Neu wurde Informatik in den Katalog der Ergänzungsfächer aufgenommen. Mit Beschluss vom 26. Mai 2008 hat der Bildungsrat die kantonalen Anpassungen dazu vorgenommen. Am 12. Juni 2008 verabschiedete die EDK den Rahmenlehrplan Informatik. Mit Beschluss vom 23. Juni 2008 bewilligte der Bildungsrat das Gesuch der Kantonsschule Limmattal, das Ergänzungsfach Informatik im Rahmen eines Pilotprojektes während den Schuljahren 2008/09 und 2009/10 zu führen. Die notwendigen Ausgaben zur Einführung des Ergänzungsfachs Informatik wurde mit Verfügung der Bildungsdirektion vom 16. Dezember 2008 bewilligt. Mit Beschluss des Bildungsrates vom 22. Juni 2009 wurde das Pilotprojekt auf knapp die Hälfte der Mittelschulen ausgedehnt und bis 2011 verlängert.
Das neue Maturitätsfach wurde im Verlauf der auf drei Jahre angelegten Pilotphase acht Mal mit insgesamt 84 Schülerinnen und Schülern durchgeführt. An der Unterrichtsgestaltung waren sieben Lehrpersonen beteiligt. Im Hinblick auf die ab Schuljahr 2011/12 geplante, allgemeine Einführung des Ergänzungsfachs Informatik an allen interessierten Mittelschulen, haben diese das neue Ergänzungsfach ausgeschrieben.
Für das Pilotprojekt wurden im Beschluss des Bildungsrates vom 22. Juni 2009 folgende Ziele festgelegt:
- Über einen gemeinsam zu erarbeitenden Lehrplan ist dem neuen Maturitätsfach, unter Wahrung des methodisch-didaktischen Gestaltungsraums der Lehrpersonen (§ 13 des Mittelschulgesetzes vom 13. Juni 1999 [MSG]), ein klares Profil zu geben.
- Die von den beteiligten Schulen gemachten Erfahrungen und entwickelten Materialien sind über eine geschlossene Plattform für alle Mittelschulen im Kanton nutzbar zu machen.
- Das Pilotprojekt ist zu evaluieren und dem Bildungsrat ist ein entsprechender Bericht vorzulegen.
Die Ziele des Pilotprojekts stehen in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Arbeitsgruppe Hochschule Gymnasium (HSGYM) von 2008 für den Fachbereich Informatik und ICT, welche festhalten, das Ergänzungsfach sei «koordiniert und mit klaren Vorgaben im Hinblick auf Lehrpläne und die zu erlangenden Kompetenzen» einzuführen.
Erwägungen
Allgemeine Einführung
Die Wirtschaft beklagt seit längerem einen Fachkräftemangel im Bereich Informatik. Ein Ergänzungsfach an gymnasialen Mittelschulen kann einen Beitrag zur Nachwuchsförderung in Informatik leisten. In verschiedenen Kantonen ist die generelle Förderung des «MINT»- Bereichs (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) an die Hand genommen worden (vgl. auch den Beschluss des Bildungsrates vom 26. April 2010 zur Förderung von Naturwissenschaften und Technik). Das Ergänzungsfach Informatik soll deshalb an allen Zürcher Mittelschulen angeboten werden können. Aus Qualitäts- und Effizienzüberlegungen soll dies jedoch wo nötig und möglich im Verbund geleistet werden, wie dies im Pilotprojekt von den Kantonsschulen Hottingen, Küsnacht und Stadelhofen sowie an den Kantonsschulen Büelrain, Im Lee und Rychenberg und Winterthur der Fall war.
Lehrplanarbeit
In den Erwägungen zum Beschluss des Bildungsrates vom 22. Juni 2009 war vorgesehen, einen gemeinsamen, kompetenzorientierten Lehrplan zu entwickeln. Einzelne Kantonsschulen meldeten jedoch gegenüber einem gemeinsamen Lehrplan Vorbehalte an. Es wurde auf der Lehrplanzuständigkeit für jedes einzelne Fach durch die einzelnen Kantonsschule im Sinne von § 27 MSG bestanden; dies im Gegensatz zu vergleichbaren Kantonen wie Bern, Aargau oder St. Gallen, die kantonale Lehrpläne kennen.
Fachexpertinnen und -experten erstellten allerdings in Zusammenarbeit mit Informatiklehrpersonen verschiedener Mittelschulen als Grundlage für einen gemeinsamen Lehrplan einen Entwurf eines Kompetenzenkatalogs für das neue Maturitätsfach. Aufgrund der grundlegenden Vorbehalte der Kantonsschulen gegenüber dem Kompetenzbegriff fand auch der Katalog in der Folge kaum Anwendung und kann darum auch inhaltlich nicht validiert werden.
In der Folge entstanden statt eines gemeinsamen kompetenzorientierten Lehrplans schulbezogene Lehrpläne. Ein Vergleich dieser Schullehrpläne mit den ab 2008 entstandenen zahlreichen kantonalen Lehrpläne für das neue Maturitätsfach mit dem von der EDK genehmigten Rahmenlehrplan Informatik für die Maturitätsschulen vom 12. Juni 2008 lässt zwischen diesen jedoch kaum Unterschiede erkennen.
Zwischen den einzelnen Kantonsschulen bestehen unterschiedliche Stundendotationen für das Ergänzungsfach. In Art. 11 MAR ist das Ergänzungsfach zusammen mit dem Schwerpunktfach und der Maturaarbeit als Bestandteil des Wahlbereichs aufgeführt, dessen Umfang 15 bis 25% der gesamten Unterrichtszeit betragen soll. Diese Regelung führt dazu, dass die Stundendotation für die einzelnen Wahlbereichsteile nicht einheitlich festgelegt ist.
Ob bei diesen Rahmenbedingungen überhaupt ein Konsens über fachliche Minimalziele gefunden werden kann, ist fraglich. Auf die Ausarbeitung eines gemeinsamen Lehrplans soll daher verzichtet werden.
Austausch und Vernetzung
Als Begleitmassnahme zur Qualitätssicherung wurde den Informatiklehrpersonen eine Kooperations- und Austauschplattform zur Verfügung gestellt, auf der sie ihren Unterricht dokumentieren können. Die Lehrpersonen wurden angehalten, sich in einer gemeinsamen Hospitationsgruppe mit gegenseitigen Unterrichtsbesuchen zu engagieren sowie in jedem Durchführungsjahr ein Schülerinnen-/Schüler-Feedback einzuholen. Die vorgesehene schulübergreifende Zusammenarbeit ist allerdings weitgehend ausgeblieben. Ebenso wenig ist es aus Gründen der kleinen Anzahl Informatiklehrpersonen gelungen, an den Schulen Informatikfachschaften zu etablieren und diese untereinander zu vernetzen.
Evaluation Pilotprojekt
Eine Evaluation im wissenschaftlichen Sinne erfordert eine solide Datenbasis. Die geringe Anzahl Schülerinnen und Schüler, die das Ergänzungsfach Informatik im Kanton Zürich in den letzten drei Jahren besucht haben, genügt dafür nicht. Da sich sowohl der vorgesehene gemeinsame Lehrplan sowie eine enge schulübergreifende Zusammenarbeit nicht umsetzen liessen, ist auf eine Evaluation des Pilotprojekts zu verzichten.
Insgesamt hat das Pilotprojekt für einen gemeinsamen, kompetenzorientierten Lehrplan für das Ergänzungsfach Informatik nicht zum gewünschten Ziel geführt.
Aus den geschilderten Gründen ist der EDK-Rahmenlehrplan für Informatik vom 23. Juni 2008 vom Bildungsrat gestützt auf § 4 Ziff. 1 MSG in Verbindung mit Art. 8 MAR für alle Mittelschulen als direkt anwendbar zu erklären. Für das Schuljahr 2012/13 haben die Kantonsschulen, welche das Ergänzungsfach Informatik anbieten, eigene Lehrpläne auszuarbeiten und dem Bildungsrat bis anfangs Frühlingssemester 2012 vorzulegen (§ 4 Abs. 1 MSG).
Antrag
Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:
- Der EDK-Rahmenlehrplan für Informatik vom 12. Juni 2008 wird für die Kantonsschulen für das Ergänzungsfach Informatik als direkt anwendbar erklärt.
- Die Kantonsschulen legen dem Bildungsrat ihre Lehrpläne bis anfangs Frühlingssemester 2012 zur Genehmigung vor.
- Mitteilung an die kantonalen Mittelschulen; die Präsidentin der Präsidentenkonferenz Schulkommissionen, Frau Dr. Susy Stauber; den Präsidenten der Schulleiterkonferenz Mittelschulen, Herr Dr. Urs Bamert; den Präsidenten der Lehrpersonenkonferenz Mittelschulen, Herr Martin Lüscher sowie das Mittelschul- und Berufsbildungsamt.