Volksschule. Anhörung zu den HarmoS-Basisstandards. Stellungnahme zuhanden der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK)

Beschluss Bildungsrat
2010/22
Sitzungsdatum
21. Juni 2010

Ausgangslage

Die Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS- Konkordat) wurde am 1. August 2009 durch die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) in Kraft gesetzt. Der Kanton Zürich trat dem HarmoSKonkordat mit Gesetz vom 30. Juni 2008 (LS 410.31; Inkraftsetzung auf 1. August 2009) bei. Er verpflichtet sich als Vereinbarungskanton, seine Unterrichtsziele auf der Grundlage der nationalen Bildungsstandards zu harmonisieren (Art. 7), und, zusammen mit dem Bund, an einem Monitoring über das gesamte schweizerische Bildungssystem teilzunehmen (Art. 10). Im Rahmen der sprachregionalen Zusammenarbeit verständigt sich der Kanton Zürich mit den anderen Vereinbarungskantonen über die Entwicklung von Referenztests auf der Basis der Bildungsstandards (Art. 8).

Das HarmoS-Konkordat bildet die Rechtsgrundlage für die Entwicklung und zukünftige Anwendung von verbindlichen, nationalen Bildungsstandards für die obligatorische Schule.

Im Auftrag der EDK haben Fachpersonen aus Fachdidaktik, Fachwissenschaft und Schulpraxis Standards für Deutsch, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften entwickelt. Die EDK versteht die jetzt vorliegenden Standards als Mindestanforderungen. Das heisst: Das Bildungssystem soll künftig gewährleisten, dass praktisch alle Schülerinnen und Schüler diese Mindestanforderungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt der obligatorischen Schule erreichen. Deshalb werden sie als Basisstandards bezeichnet. Sie umschreiben die Grundkompetenzen der Schülerinnen und Schüler.

Basisstandards sind – mit Ausnahme der Fremdsprachen – an drei Schnittstellen zu erreichen: nach zwei Jahren Kindergarten und zwei Jahren Primarschule (4. Schuljahr), am Ende der Primarschulzeit (8. Schuljahr) und am Ende der Sekundarstufe I (11. Schuljahr). Für die Fremdsprachen werden Zielvorgaben für das 8. und 11. Schuljahr gemacht.

Die Basisstandards sind bedeutsam für die Qualitätsüberprüfung und -entwicklung. Die Vereinbarungskantone setzen sich dafür ein, die mit den Basisstandards vorgegebenen Ziele zu erreichen. Sie überprüfen dies im Rahmen des gemeinsamen Bildungsmonitorings von Bund und Kantonen.

Die Basisstandards werden für das Schulfeld nutzbar, wenn die sprachregionalen Lehrpläne sowie entsprechende Lehrmittel und Evaluationsinstrumente vorliegen. Im Lehrplan 21 werden sich die entsprechenden Fachbereichslehrpläne an den Mindestansprüchen der Basisstandards orientieren. Die Basisstandards können aber nicht eins zu eins in den Lehrplan 21 übernommen werden. Sie müssen in die Schul- und Unterrichtspraxis übersetzt und an die Struktur des Lehrplans 21 angepasst werden.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2010 hat die EDK die kantonalen Bildungsdepartemente zur Stellungnahme zu den «HarmoS-Basisstandards» bis Ende Juli 2010 eingeladen. Für diese kantonalen Anhörungen werden von der EDK zwei allgemein gehaltene Fragen gestellt:

  • Frage nach der Angemessenheit der Basisstandards: Sind die beschriebenen Basisstandards für das 4., 8., und 11. Schuljahr angemessen?
  • Frage nach der Verständlichkeit der Basisstandards. Sind die Inhalte der Basisstandards verständlich formuliert und illustriert?

Nach der Auswertung der Rückmeldungen sollen die Basisstandards an den Plenarversammlungen der EDK vom 17. März 2011 bzw. vom 16. Juni 2011 verabschiedet werden.

Durchführung der Anhörung im Kanton Zürich

Gemäss § 21 Abs 1 des Volksschulgesetzes vom 7. Februar 2005 (VSG; LS 412.100), erlässt der Bildungsrat den Lehrplan. Er regelt verbindlich die Stufenziele und die grundlegenden Inhalte des Unterrichts. Er kann für einzelne Fächer verbindliche Jahresziele festlegen. Die Stellungnahme zu den HarmoS-Basis-standards liegt in seinem Aufgabenbereich.

Die fachliche Anhörung der HarmoS-Basisstandards erfolgte im Kanton Zürich im Rahmen der bildungsrätlichen Kommission Bildungsstandards und Deutschschweizer Lehrplan. Dieser Kommission wurde mit Beschluss des Bildungsrates vom 25. Februar 2008 die Aufgabe übertragen, an der kantonalen Koordination mit dem EDK-Projekt HarmoS mitzuwirken und den Bildungsrat entsprechend zu beraten. Die Kommission verfolgt die Entwicklung im Projekt HarmoS sowie im Projekt Deutschschweizer Lehrplan und nimmt bei Bedarf Stellung dazu. Sie sorgt dafür, dass kantonale Anliegen Eingang finden und dass wichtige Beteiligte des Bildungswesens in den interkantonalen Harmonisierungsprozess der obligatorischen Schule bedarfs- und zeitgerecht einbezogen werden. In ihr vertreten sind u.a. Verbände der Lehrpersonen, Schulleitungen, Schulpräsidien, Institutionen der Lehrpersonenausbildung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen und Elternorganisationen.

In der Absicht die Basisstandards hinsichtlich ihrer Angemessenheit und Verständlichkeit aus praktischem und pädagogischem Blickwinkel vertiefter einschätzen zu können, wurde der bildungsrätlichen Kommission mit Beschluss des Bildungsrats vom 15. Februar 2010 eine «Fachgruppe Anhörung Basisstandards» beigegeben.

Die Fachgruppe setzte sich aus Lehrpersonen der betroffenen Schulstufen und Fächer zusammen, wobei auf der Sekundarstufe I die Nominationen der Lehrpersonen entlang der Anforderungsstufen der Abteilungen C/B und A erfolgte. Gestützt auf §§ 59 und 60 VSG wurde folgendes Verfahren gewählt: Die Nominationen erfolgte über die Lehrpersonenkonferenz der Volksschule des Kantons Zürich (LKVZH). Der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverein (ZLV), der Verein der Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich (SekZH) sowie der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) hatten gegenüber der LKVZH Vorschlagsrecht. Die HarmoS-Basisstandards beschreiben die Mindestansprüche des 11. Schuljahres. Deshalb wurden von den abnehmenden Bildungsstufen Vertretungen der Berufsbildung zur Mitarbeit in der Fachgruppe eingeladen: Die Lehrpersonenkonferenz der Berufsfachschulen des Kantons Zürich (LKBZH) wurde um entsprechende Nominationen von Lehrpersonen angegangen.

Die Schulleiterkonferenz der Mittelschulen des Kantons Zürich (SLK) wurde ausdrücklich zu einer Stellungnahme eingeladen.

Die bildungsrätliche Kommission Bildungsstandards und Deutschschweizer Lehrplan informierte sich am 10. Februar 2010 aus erster Hand bei den Hauptverantwortlichen der HarmoS- Konsortien. Die Konsortien waren für die Erstellung und wissenschaftliche Überprüfung (Validierung) der Basisstandards zuständig. Im Zentrum der Informationsveranstaltung stand die Frage nach der Angemessenheit der Standards.

Die Kommission nahm den Bericht der Fachgruppe (Beilage 2) zur Kenntnis sowie folgende Stellungnahmen:

  • Lehrpersonenkonferenz der Volksschulen (LKV)
  • Lehrpersonenkonferenz der Mittelschulen (LKM)
  • Verein der Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich (SekZH)
  • Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Kanton Zürich (VSLZH)
  • Schulleiterkonferenz Mittelschulen des Kantons Zürich (SLK)
  • Vereinigung Elterorganisationen des Kantons Zürich (VEZ)
  • Pädagogische Hochschule Zürich (PHZH)
  • Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik (HfH)

Der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverein (ZLV), der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) sowie die Lehrpersonenkonferenz der Berufsfachschulen des Kantons Zürich (LKBZH) brachten sich über ihre Vertretungen in die Fachgruppe ein und verzichteten auf eine zusätzliche Stellungnahme.

An ihrer Sitzung vom 18. Mai 2010 verabschiedete die Kommission einstimmig ihre Stellungnahme zuhanden des Bildungsrates (Beilage 1).

Die bildungsrätliche Kommission Bildungsstandards und Deutschschweizer Lehrplan befürwortet die im Auftrag der EDK formulierten Basisstandards. Sie weist darauf hin, dass schulische Rahmenbedingungen (Lehrpläne, Lehrmittel, Lektionentafeln, Ressourcen) im Kanton so ausgestaltet werden sollen, dass die Erreichung der Basisstandards grossmehrheitlich gelingt. Adäquate Unterstützungsmassnahmen (Förderkonzepte) sollen zur Verfügung stehen.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Schreiben an das Generalsekretariat der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) (Zustelladresse: EDK, Haus der Kantone, Speichergasse 6, Postfach 660, 3000 Bern 7):

    Mit Schreiben vom 22. Januar 2010 laden Sie die Bildungsdirektion des Kantons Zürich ein, zu den «HarmoS-Basisstandards» Stellung zu nehmen. Wir danken Ihnen für die Gelegenheit, im Rahmen der Anhörung unseren Standpunkt darlegen zu können.

    Der Bildungsrat des Kantons Zürich hat eine kantonsinterne Anhörung durchgeführt. Als Träger der Anhörung fungierte die bildungsrätliche Kommission Bildungsstandards und Deutschschweizer Lehrplan. In ihr vertreten sind u.a. Verbände der Lehrpersonen, Schulleitungen, Schulpräsidien, Institutionen der Lehrpersonenausbildung, Arbeitgeberund Arbeitnehmerorganisationen und Elternorganisationen. In der Absicht, die Basisstandards hinsichtlich ihrer Angemessenheit und Verständlichkeit aus praktischem und pädagogischem Blickwinkel noch gründlicher einschätzen zu können, wurde zusätzlich eine «Fachgruppe Anhörung Basisstandards» eingerichtet. In der Fachgruppe nahmen Lehrpersonen der betroffenen Schulstufen und Fächer sowie der Berufsbildung Einsitz.

    Gegenstand der Anhörung waren die durch die EDK gestellten Fragen: (1.) Sind die Basisstandards angemessen? (2.) Sind die Basisstandards verständlich formuliert und illustriert?

    Allgemeine Einschätzung
    Der Bildungsrat des Kantons Zürich unterstützt die HarmoS-Basisstandards. Sie erscheinen als sinnvolle Instrumente für mehr Transparenz, Verlässlichkeit und Qualität in der Schule. Sie sind eine gute und hilfreiche Grundlage für die künftige schulische Arbeit.

    Der Bildungsrat ist der Ansicht, dass die Basisstandards, im Sinne von künftigen Mindestanforderungen an die Schule, als grundsätzlich angemessen beurteilt werden können. Einzelne Standards, besonders die für die 11. Klassen, sind teilweise zu hoch angesetzt. Die Basisstandards sind klar verständlich, gut formuliert und ausreichend knapp. Besonders geschätzt werden die attraktiven Aufgabenbeispiele.

    Die durch die Basisstandards beschriebenen künftigen Mindestanforderungen sind insbesondere für fremdsprachige Schülerinnen und Schüler bzw. für Schülerinnen und Schüler mit Lernschwächen an der oberen Erwartungsgrenze. Im Hinblick auf die Anforderungen des Alltags und der Berufswelt sind die Basisstandards dennoch realistisch, eine Absenkung oder Nivellierung nach unten ist nicht erwünscht.

    Die Basisstandards müssen in den Lehrplan 21 sowie den darauf aufbauenden Lehrmitteln und Evaluationsinstrumenten mit grosser Sorgfalt eingearbeitet werden. Es muss klar werden, mit welchen Kompetenzen in welchen Fächern auf welcher Stufe gerechnet werden kann. Ebenso ist es nötig, die verschiedenen Instrumente (Basisstandards, Lehrplan 21, Lehrmittel, Bildungsmonitoring, Instrumente zur individuellen Standortbestimmung) aufeinander abzustimmen und in ihrem Zusammenwirken sichtbar zu machen.

    Zeitgleich zur Erarbeitung der Instrumente des nationalen Bildungsmonitorings (Systemevaluation) soll eine von allen HarmoS-Kantonen getragene Kommunikationsstrategie im Umgang mit den Ergebnissen aus den ersten Erhebungen zu den Basisstandards erstellt und verabschiedet werden.
    Die Basisstandards sollen nach einer angemessenen Frist, spätestens aber nach zehn Jahren, überprüft und bei Bedarf angepasst werden.

    Rückmeldungen zu den Basisstandards
    Die Basisstandards für die Schulsprache erscheinen grundsätzlich als angemessen. Es wurde eine Stärkung des mündlich-sprachlichen Bereichs zulasten der Schriftlichkeit vorgenommen. Dieser Ansatz ist kritisch zu beurteilen, insbesondere auch im Hinblick

    auf Fertigkeiten im Schreiben und der Grammatik. Die Basisstandards für die 11. Klassen sind teilweise zu hoch angesiedelt. Die Basisstandards für die Schulsprache sind mehrheitlich verständlich formuliert und gut illustriert. Sie sind präzise und knapp beschrieben. Im Sinne einer weiteren Optimierung sind verschiedentlich Formulierungen zu überdenken und zu vereinfachen.

    Die Basisstandards für die Fremdsprachen sind sinnvoll und angemessen. Die Basisstandards für die 11. Klassen werden teilweise als zu hoch eingeschätzt. Zumindestgegenwärtig könnten sie nur partiell und in gewissen Bereichen erreicht werden. Die Basisstandards für die Fremdsprachen sind klar formuliert und verständlich. Betont werden die guten Beispiele bzw. Illustrationen.

    Die Basisstandards für die Mathematik erscheinen mehrheitlich als angemessen. Für die 11. Klassen sind sie tendenziell zu hoch und damit zum jetzigen Zeitpunkt nur bedingt erreichbar. Die Basisstandards für die Mathematik sind allgemein klar und gut formuliert sowie genügend präzis. Hervorgehoben werden die didaktisch ansprechenden Aufgabenbeispiele.

    Die Basisstandards für die Naturwissenschaften werden uneinheitlich eingestuft: Die Einschätzungen liegen zwischen zu anspruchsvoll, angemessen und zu tief. Die Basisstandards für die Naturwissenschaften werden als weitgehend verständlich eingeschätzt. Sie sind klar formuliert und mit Aufgaben gut illustriert. Wie für die Schulsprache sollten teilweise Begrifflichkeiten und Formulierungen überarbeitet werden. Für die Sekundarstufe I ist eine noch deutlichere Fachabgrenzung bzw. Schärfung erwünscht.

    Für weitere und ergänzende Bemerkungen zu den einzelnen Fragen verweisen wir aufdie beigelegten Stellungnahmen (Bildungsrätliche Kommission Bildungsstandards und Deutschschweizer Lehrplan; Fachgruppe Anhörung Basisstandards; Stellungnahmen weiterer Anhörungspartner), auf die sich unsere Antwort stützt.
  • Publikation in geeigneter Form im Internet (Beschluss und Beilagen).
  • Mitteilung an die Mitglieder und die Geschäftsstelle der bildungsrätlichen Kommission Bildungsstandards und Deutschschweizer Lehrplan und die Bildungsdirektion: Bildungsplanung, Volksschulamt, Mittelschul- und Berufsbildungsamt.

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