Gesuch um Ausnahmebewilligung für mehrklassige und kombinierte Klassen an der Sekundarschule Pfungen ab Schuljahr 2010/11 / Ablehnung

Beschluss Bildungsrat
2010/01
Sitzungsdatum
11. Januar 2010

Ausgangslage

Gesuch vom 2. November 2009

Mit Gesuch vom 2. November 2009 beantragt die Schulpflege Pfungen ab Schuljahr 2010/11 eine Ausnahmebewilligung gemäss § 6 Abs. 6 der Volksschulverordnung vom 28. Juni 2006 (VSV; LS 412.101) zur Führung von mehrklassigen und kombinierten Klassen bei Bedarf. Mit dem Modell soll mit den zur Verfügung stehenden Vollzeiteinheiten eine ausgewogene Klassenbildung in vier Klassen und ein stabiles System gewährleistet werden. Ein Zusammenschluss der Sekundarstufe Pfungen mit Nachbargemeinden sei zurzeit nicht möglich; eine Ausnahmebewilligung werde deshalb im Sinne einer Überbrückungsmassnahme beantragt.

Rechtsgrundlagen

§ 6 VSV regelt die Gliederung der Sekundarstufe der öffentlichen Volksschule. § 6 Abs. 5 VSV lautete bis zum 31. Dezember 2008:

5 Mehrklassige und kombinierte Klassen sind zulässig. Kombiniert sind Klassen, in denen Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Abteilungen oder Anforderungsstufen gemeinsam unterrichtet werden.

Einzelne Sekundarschulen im Kanton Zürich haben das Wort «und» in der Formulierung
«mehrklassig und kombiniert» dahingehend interpretiert, dass Klassen, die zugleich
mehrklassig (altersdurchmischt) und kombiniert sind, zulässig seien und praktizieren entsprechende
Schulmodelle. Diese Interpretation entspricht jedoch nicht der ursprünglichen
Absicht des Regierungsrates, der eine derart weit gehende Gestaltungsvielfalt nicht für
sinnvoll hielt.

Am 1. Januar 2009 ist eine Verordnungsänderung in Kraft getreten, welche die Formulierung
von § 6 Abs. 5 VSV klärt: Die Kombination von altersdurchmischten und kombinierten
Klassen ist nicht mehr zulässig. Der Bildungsrat kann jedoch Ausnahmen von dieser Regelung
bewilligen.

§ 6 Abs. 5 und VSV lauten neu:

5 Mehrklassige Klassen und Klassen, in denen Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Abteilungen und Anforderungsstufen gemeinsam unterrichtet werden (kombinierte Klassen), sind zulässig. Die Kombination der beiden Formen ist nicht zulässig.

6 Der Bildungsrat kann Ausnahmen von den Regelungen gemäss Abs. 2, 3 und 5 bewilligen.

Situation der Sekundarschule Pfungen

Die Sekundarschule Pfungen weist kleine Schülerzahlen auf. Aktuell besuchen 90 Schülerinnen und Schüler die Sekundarstufe. Die Zahl der übertretenden Schülerinnen und Schüler aus der Primarschule und die Zuweisung in die Abteilungen der Sekundarstufe unterliegen jährlichen Schwankungen. Dies erschwert zusätzlich die Klassenbildung. Um einen ordentlichen Schulbetrieb zu ermöglichen, benötigt die Sekundarschule Pfungen zusätzliche Vollzeiteinheiten aus dem Pool für Härtefälle.

Im Dezember 2008 gelangte die Schulpflege Pfungen mit einem Konzeptentwurf für die Neuorganisation der Sekundarstufe an das Volksschulamt. An einer Besprechung vom 12. Februar 2009 mit Vertretungen der Schule Pfungen wurde ein Modell mit abteilungsdurchmischten Jahrgangsklassen diskutiert. Es wurde dabei festgehalten, dass das vorgestellte und damals von der Schulpflege priorisierte Jahrgangsklassenmodell mit einem Anteil klassenübergreifenden Unterrichtsformen gesetzeskonform sei.

Gleichzeitig klärte die Schulpflege Pfungen die Möglichkeit eines Anschlusses an die benachbarten Schulgemeinden Winterthur Wülflingen und Neftenbach ab. Beide angefragten Schulgemeinden sind jedoch zurzeit nicht in der Lage, zusätzliche Schülerinnen und Schüler aufzunehmen.

Entwicklung der Schülerzahlen

Infolge intensiver Bautätigkeit in der Gemeinde werden bis zum Jahr 2013 steigende Schülerzahlen erwartet. Dann werden voraussichtlich ca. 130 Schülerlinnen und Schüler die Sekundarstufe besuchen.

Erwägungen

Grundsätzliches

Schulen, die bereits Klassen führen, die sowohl mehrklassig als auch kombiniert sind, dürfen diese gemäss dem Grundsatz von Treu und Glauben weiterhin führen.

Neue Ausnahmen werden grundsätzlich nur bewilligt, wenn die Antrag stellende Schulgemeinde darlegen kann, dass eine Schulzusammenlegung mit Nachbargemeinden oder andere Formen der Zusammenarbeit nicht möglich sind, und mit den zugewiesenen Vollzeiteinheiten nur eine Sekundarschule mit sowohl altersdurchmischten als auch kombinierten Klassen geführt werden kann. Zudem müssen alle weiteren Rahmenbedingungen für die Sekundarschulen im Kanton Zürich, wie z.B. die Regelungen bezüglich der Anzahl Abteilungen und Anforderungsstufen oder der Zuweisungs- und Umstufungsverfahren eingehalten werden.

Projekt Chance Sek

Das Projekt Chance Sek, das im September 2008 gestartet wurde, befasst sich mit der Weiterentwicklung der Sekundarstufe der Volksschule im Kanton Zürich. Ein wichtiges Entwicklungsziel in diesem Prozess ist das Schaffen einer einheitlicheren Struktur der Sekundarschulen im Kanton Zürich, um die zur Zeit herrschende Modellvielfalt zu verringern. Der breit angelegte Meinungsbildungsprozess ist heute weitgehend abgeschlossen, der Schlussbericht wird im 1. Halbjahr 2010 erwartet. Anschliessend werden die Prozesse für allfällig nötige gesetzliche Anpassungen eingeleitet. Vor Abschluss dieses Projekts ist eine zusätzliche Vielfalt an Sekundarschulmodellen zu vermeiden. Ausnahmen gemäss § 6 Abs. 6 VSV sind deshalb zurückhaltend zu bewiligen.

Eignung des Modells

Ein Modell mit kombinierten und mehrklassigen Klassen kann in sehr kleinen Schulen schwankende Schülerzahlen innerhalb der Jahrgänge, Abteilungen und Anforderungsstufen auffangen. Bei steigenden oder sinkenden Schülerzahlen löst das Modell jedoch u.U. jährlich Wechsel in der Klassenzusammensetzung aus, von denen unverhältnismässig viele Schülerinnen und Schüler betroffen sind.

Zeitpunkt der Neuorganisation

Jede Änderung der Struktur einer Sekundarschule muss sorgfältig geplant und umgesetzt werden. Das Ziel, bereits auf das Schuljahr 2010/11 eine weitgehende Neuorganisation der Sekundarschule Pfungen anzustreben, erscheint nicht realistisch. Insbesondere ist die Zeit für die Weiterbildung der Lehrpersonen, die Information der Schülerinnen und Schüler und deren Eltern, die Kommunikation für den Übertritt in die Sekundarstufe, das Vorbereiten von geeigneten Unterrichtsmitteln und für allfällige räumliche Anpassungen zu kurz. Aus oben genannten Gründen ist das Führen von kombinierten und mehrklassigen Klassen auch als mögliche Übergangslösung nicht geeignet.

Ein umfassendes Einführungs- und Umsetzungskonzept für die Einführung eines Modells mit kombinierten und mehrklassigen Klassen fehlt. Ein solches Konzept müsste auch die in den nächsten Jahren steigenden Schülerzahlen und die daraus folgenden Konsequenzen für die Klassenbildung berücksichtigen und darlegen, dass die Sekundarstufe Pfungen auch unter diesen Voraussetzungen nur mit kombinierten und mehrklassigen Klassen sinnvoll geführt werden kann.

Aufgrund vorstehender Erwägungen ist das Gesuch abzulehnen.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • I. Das Gesuch der Schulpflege Pfungen vom 2. November 2009 um Ausnahmebewilligung gemäss § 6 Abs. 6 Volksschulverordnung vom 28. Juni 2006 zur Bildung von mehrklassigen und kombinierten Klassen wird abgelehnt.
  • Das Volksschulamt wird beauftragt, die Schulpflege Pfungen hinsichtlich einer sinnvollen Lösung für das Schuljahr 2010/11 zu unterstützen.
  • Mitteilung an die Schulgemeinde Pfungen, Bildungsdirektion Volksschulamt.

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