Volksschule. Förderorientierte Lernangebote und webbasierte Instrumentarien für die 3. Sekundarklasse. Neuschaffung

Beschluss Bildungsrat
2009/25
Sitzungsdatum
31. August 2009

Ausgangslage

Rechtsgrundlagen

Gemäss § 22 Volksschulgesetz (412.100) regelt der Bildungsrat die Verwendung der Lehrmittel an der Volksschule und er kann hierzu bestimmte Lehrmittel für obligatorisch erklären. Gestützt auf § 2 Lehrmittelverordnung für die Volksschule (412.14) beschliesst der Bildungsrat auf Antrag der kantonalen Lehrmittelkommission (KLK) die Schaffung neuer Lehrmittel oder die Beteiligung an interkantonalen Projekten.

Neugestaltung 3. Sek

Der Bildungsrat beschloss am 12. Januar 2009 die flächendeckende Einführung der «Neugestaltung 3. Sek» ab Schuljahr 2009/10. Die Neugestaltung bezweckt eine optimierte Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Leistungsanforderungen der beruflichen Grundbildung und der weiterführenden Schulen der Sekundarstufe II. Die Einführung erfolgt in drei Phasen, beginnend mit den 1. Klassen der Sekundarstufe I:
Phase 1: Information (Januar – Dezember 2009)
Phase 2: Einführung (Mai 2010 – Juli 2011)
Phase 3: Umsetzung «Neugestaltung 3. Sek» (August 2011 – Juli 2012)

Gleichzeitig beschloss der Bildungsrat den flächendeckenden Einsatz des webbasierten Testsystems zur Standortbestimmung «Stellwerk 8» ab Schuljahr 2010/11 und beauftragte die KLK, die Frage von zusätzlichen Materialien für den individualisierenden Unterricht zu prüfen und Vorschläge auszuarbeiten.

3.Zusätzliche Materialien für den individualisierenden Unterricht

Um die durch «Stellwerk» aufgezeigten individuellen Defizite zu beheben und Potenziale zu fördern, braucht es individualisierende Lernangebote für das selbstständige Arbeiten der Lernenden in der 3. Sekundarklasse. Diese sollen mit einem Set von Lern- und Übungsangeboten für unterschiedliche Anspruchsniveaus auf einer webbasierten Schulplattform geschaffen werden. Mit geeigneten Lehr- und Lernarrangements sollen Lernimpulse vermittelt und das selbstverantwortliche Lernen der Schülerinnen und Schüler gefördert und begleitet werden. Angestrebt wird eine Gesamtlösung, die einerseits Synergien zwischen «Stellwerk» und der Unterstützung von individuellem Lernen (Konzept Lernmodule) ermöglicht und andererseits die Lehrpersonen durch eine technisch einfach bedienbare webbasierte Lernplattform entlastet, um Raum zu schaffen für ihre Rolle als Lerncoach und die persönliche Lernbegleitung der Schülerinnen und Schüler. Der Lehrmittelverlag des Kantons St. Gallen (LMV SG), der das Instrument «Stellwerk» entwickelt hat, wurde beauftragt, ein Konzept mit oben umschriebener Zielsetzung auszuarbeiten. Dieses wurde von der KLK am 7. Juli 2009 genehmigt.

B. Erwägungen

1.Allgemeine Zielsetzung

Den Schülerinnen und Schülern der 3. Sekundarklasse stehen für die Unterrichtsbereiche Mathematik und Deutsch wirkungsvolle Hilfsinstrumente für das eigenständige Lernen zur Verfügung, die auf den neuen Erkenntnissen der Lernforschung beruhen und den Lernprozess dokumentieren und ausweisen. Nach deren erfolgreicher Implementierung erfolgt die Ausweitung auf die Bereiche Natur und Technik, Französisch und Englisch.

2.Förderorientierte Gesamtlösung

Die von der KLK und der Projektleitung «Neugestaltung 3. Sek» angestrebte förderorientierte Gesamtlösung für die 3. Sekundarklasse umfasst folgende Komponenten:

Stellwerk 8

Funktion:

Der förderorientierte Leistungstest «Stellwerk 8» wird im Kanton Zürich ab Schuljahr 2010/11 in den 2. Klassen der Sekundarstufe I flächendeckend eingeführt. Dieses webbasierte, adaptive Testsystem ermöglicht eine individuelle Standortbestimmung in den fünf Bereichen Mathematik, Natur und Technik, Deutsch, Französisch und Englisch. «Stellwerk 8» orientiert sich an den Lehrplänen und Lehrmitteln der Deutschschweiz und stimmt mit dem gegenwärtigen Lehrplan des Kantons Zürich überein. Die Testergebnisse werden in einem individuellen Leistungsprofil dargestellt. Dieses dient ausschliesslich der pädagogisch-diagnostischen Förderarbeit und ist nicht selektionswirksam.

«Stellwerk» ermöglicht eine schultypenunabhängige Standortbestimmung und leistet damit einen Beitrag zu einer objektivierten Beurteilung, aber auch zu einer Einschätzung der Fähigkeiten nach einem förderorientierten Kriterienraster, wie er von «Stellwerk» zur Interpretation der Testergebnisse zur Verfügung gestellt wird. Es hat sich gezeigt, dass die Standortbestimmung mit «Stellwerk» für Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrpersonen und die Eltern eine wertvolle Information ist.

Notwendige Massnahmen:

Als Testsystem hat sich «Stellwerk 8» bewährt, sowohl in der Pilotphase des Projekts Neugestaltung 3. Sek als auch in anderen Kantonen. Aufgrund der Entwicklungen bei HarmoS und dem Deutschschweizer Lehrplan 21 wird sein Referenzrahmen laufend angepasst werden müssen, sobald hier verbindliche Vorgaben vorliegen.

Lernmodule auf www.dockstation.ch

Funktion:

Der Zugang zu den neu zu entwickelnden Lernmodulen für die beiden Fachbereiche Mathematik und Deutsch erfolgt über die elektronische Plattform www.dockstation.ch (Arbeitstitel). Die Auswahl geeigneter Lernmodule erfolgt über das mit «Stellwerk 8» erhobene individuelle Leistungsprofil. Den Jugendlichen stehen in den beiden erwähnten Fachbereichen je 12 Module mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus in elektronischer Form oder als Papierversion zur Verfügung. Die Bearbeitung eines Moduls erfordert in der Regel mehrere Lektionen. Am Schluss wird der Lernerfolg überprüft.

Die inhaltliche Grundlage der Lernmodule bildet der Referenzrahmen zu «Stellwerk 8/9». Die Lernmodule unterstützen die Lernenden bei der Erreichung der erforderlichen individuellen Lernziele. Die Plattform www.dockstation.ch dient der Orientierung über die vorhandenen Lernangebote und unterstützt die Auswahl nach verschiedenen Kriterien wie Thema, Kompetenzziele oder Schwierigkeitsgrad. Die neuen Lernmodule ergänzen die bereits bestehenden Lehrmittel und stellen keine Konkurrenz zu diesen dar. Sie werden in der 3. Sekundarklasse z.B. im Rahmen von Lernateliers gezielt zur Förderung von Stärken und zum Füllen von Lücken eingesetzt.

Inhaltliche Ausrichtung der Lernmodule (Mathematik)

Mathematik  Inhalt der Lernmodule  Anzahl
Teilbereich 1:
Zahlen, Grössen, Operationen
Lernbereich Mathematik 1
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Zahlen, Grössen, Operationen
je 1 Modul für 3 Niveaus  
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung
 
Teilbereich 2:
Form und Mass in Ebene und Raum
Lernbereich Mathematik 2
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Form und Mass in Ebene und Raum
je 1 Modul für 3 Niveaus
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung
Teilbereich 3:
Variable, Term, Gleichung
Lernbereich Mathematik 3
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Variable, Term, Gleichung
je 1 Modul für 3 Niveaus
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung
Teilbereich 4:
Datendarstellung, Proportionalität
Lernbereich Mathematik 4
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Datendarstellung, Proportionalität
je 1 Modul für 3 Niveaus
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung

Inhaltliche Ausrichtung der Lernmodule (Deutsch)

Deutsch Inhalt der Lernmodule  Anzahl
Teilbereich 1:
Hören und Verstehen
Lernbereich Deutsch 1
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Hören und Verstehen
je 1 Modul für 3 Niveaus  
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung
 
Teilbereich 2:
Lesen und Verstehen
Lernbereich Deutsch 2
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Lesen und Verstehen
je 1 Modul für 3 Niveaus
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung
Teilbereich 3:*
Schreibfertigkeiten
Lernbereich Deutsch 3*
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Schreibfertigkeiten
je 1 Modul für 3 Niveaus
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung
Teilbereich 4:
Sprachreflexion und Rechtschreibung
Lernbereich Deutsch 4
Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzaspekte zu Sprachreflexion und Rechtschreibung
je 1 Modul für 3 Niveaus
  • Grundanforderung
  • Erhöhte Anforderung
  • Hohe Anforderung

*neu (bislang in «Stellwerk» nicht enthalten) Erforderliche Massnahmen: Die zwei mal zwölf Lernmodule sowie die elektronische Plattform www.dockstation.ch müssen neu entwickelt werden, dabei wird für die beiden Fachbereiche Mathematik und Deutsch zuerst je ein Prototyp eines Lernmoduls entwickelt. Erst wenn dieser alle Anforderungen erfüllt und in der Praxis erfolgreich erprobt wurde, erfolgt die Entwicklung der übrigen Lernmodule. Der Referenzrahmen zu «Stellwerk» mit seinen «Cando-Formulierungen» (engl. «can do») bildet die Orientierungsgrundlage bei der Entwicklung der Lernmodule.

Verwaltung über www.lernpass.ch

Funktion:

Die elektronische Plattform www.lernpass.ch (Arbeitstitel) unterstützt und dokumentiert den individuellen Lernprozess. Die Lernenden werden sowohl bei der Planung und Reflexion, als auch bei der Dokumentation der Arbeiten (Portfolio) unterstützt. Lernpass schafft so einen verbindlichen Rahmen für das individuelle Lernen. Die Lehrpersonen ihrerseits können mit Hilfe dieser Plattform den Lernprozess begleiten und kontrollieren, ohne dass für sie ein Mehraufwand an Verwaltungsaufgaben entsteht. Ziel ist es, dass die Jugendlichen bereits anfangs der Sekundarstufe I mit Lernpass zu arbeiten beginnen, damit sie in der 3. Sekundarklasse mit diesem Instrument vertraut sind.

Notwendige Massnahmen:

Die elektronische Plattform www.lernpass.ch muss neu entwickelt werden.

4.Verlagsgemeinschaft (Finanzierung)

Die beiden kantonalen Lehrmittelverlage Zürich (LMV ZH) und St. Gallen (LMV SG) bilden eine Verlagsgemeinschaft und schliessen hierzu einen Kooperationsvertrag ab. Sämtliche Kosten und Erlöse werden dabei in einem noch vertraglich zu vereinbarendem Verhältnis aufgeteilt. Die produktionstechnischen Arbeiten werden voraussichtlich wie folgt aufgeteilt: Der LMV SG ist für die technische Plattform zuständig (unter Einbezug des LMV ZH), der LMV ZH ist für das Layout usw. der Materialien zuständig (unter Einbezug des LMV SG). Die Rechte an der geschaffenen Plattform und an den Materialien werden der Verlagsgemeinschaft gehören.

Die Refinanzierung der Entwicklungskosten wird über Einzellizenzen pro Schülerin/Schüler sichergestellt. Mit der Verwendung der Plattform Lernpass und der Lernmodule für die Fachbereiche Mathematik und Deutsch dürften den Schulgemeinden Kosten im Rahmen von etwa 40 Franken pro Schülerin und Schüler erwachsen.

5.Projektorganisation

Die Realisierung erfolgt in einer Verlagskooperation der beiden kantonalen Lehrmittelverlage Zürich und St. Gallen. Für die Beratung bzw. Begleitung und Erprobung wird eine Mitbeteiligung anderer Kantone angestrebt (z.B. LU oder AG). Aus diesem Grund wird die Interkantonale Lehrmittelzentrale ilz frühzeitig begrüsst.

Projektorganisation

Funktion  
Steuergruppe
  • 2 Verlagsleitungen LMV ZH/SG
  • 2 Lehrmittelsekretariate ZH/SG
  • 1 Vertretung Projektleitung Neugestaltung 3. Sek
  • 1 Projektleitung (Claudia Coray, SG)
  • 1 externe Vertretung/Fachkompetenz
Co-Projektleitung 
  • Claudia Coray, LMV SG
  • Peter Bucher, LMV ZH
Entwicklungsteam
  • erweitertes Team Lern- und Testsysteme SG
  • Lehrpersonen ZH/SG
Fachdidaktische Begleitung
  • 4 PH ZH/SG (interkantonal)
Praxisbegleitgruppe
  • 10 Lehrpersonen ZH/SG
  • 15 Schülerinnen/Schüler
Erprobungsklassen 
  • 15-20 Erprobungsklassen ZH/SG

Zeitplan

Die Grobplanung sieht eine Realisierung der Plattform www.lernpass.ch, der notwendigen Schnittstellen sowie von je zwölf Lernmodulen für Mathematik und Deutsch bis Ende 2010 vor. Ab Juni 2010 sollen Informationsveranstaltungen zum Einsatz von Lernpass und Lernmodulen angeboten werden. Die kantonale Lehrmittelkommission gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Qualität der Inhalte von zentraler Bedeutung ist.

Status der Lernmodule

Die neuen Lernmodule sowie die Verwendung der hierzu entwickelten elektronischen Plattformen erhalten den Status zugelassen.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Dem vorliegenden Konzept zur Schaffung von Lernmodulen für die Unterrichtsbereiche Deutsch und Mathematik, den hierzu notwendigen Internet-Plattformen sowie deren Produktion durch die Lehrmittelverlage der Kantone Zürich und St. Gallen wird zugestimmt.
  • Die Lernmodule und die Verwendung der damit verknüpften Internet-Plattformen sind zugelassene Unterrichtsmittel.
  • Publikation in geeigneter Form im Schulblatt und im Internet.
  • Mitteilung an die Schulpflegen (222), den Verband Zürcher Schulpräsidentinnen und - präsidenten, das Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich, das Departement Schule und Sport Winterthur, die Schulsynode, den Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband z.H. der Stufenorganisationen, den VPOD, Sektion Lehrberufe, den Verein SekZH, den Mittelschullehrerverband, die Schulleiterkonferenz der Mittelschulen, die Finanzkontrolle des Kantons Zürich, den Verband Zürcher Privatschulen, die Interkantonale Lehrmittelzentrale ilz, die Direktion der Justiz und des Innern: Gemeindeamt, Abt. Gemeindefinanzen, die Bildungsdirektion: Generalsekretariat, Abt. Finanzen, Bildungsplanung, Lehrmittelverlag Zürich, Volksschulamt, Mittelschul- und Berufsbildungsamt.

Kontakt

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Für dieses Thema zuständig: