Lehrplan für die Kindergartenstufe des Kantons Zürich; Erlass

Beschluss Bildungsrat
2008/22
Sitzungsdatum
23. Juni 2008

Ausgangslage

Kantonalisierung Kindergarten

Das Volksschulgesetz vom 7. Februar 2005 (VSG) legt fest, dass die Kindergartenstufe Teil der öffentlichen Volksschule ist. In einem Lehrplan sollen die Stufenziele und die grundlegenden Inhalte des Unterrichts verbindlich geregelt werden. Dabei dürfen die Stufenziele und Inhalte der Folgestufe nicht vorweggenommen werden. Lektionentafeln beschreiben im Lehrplan die Unterrichtszeit sowie den Rahmen für deren Aufteilung auf die Fächer (vgl. §§ 4, 5 und 21 VSG).

Bisherige Meilensteine im Projekt Lehrplan für die Kindergartenstufe

Am 13. November 2006 beschliesst der Bildungsrat, die Stundentafel für die Kindergartenstufe provisorisch zu erlassen. Zusammen mit dem Lehrplan soll sie dem Bildungsrat erneut vorgelegt und auf das Schuljahr 2008/09 definitiv in Kraft gesetzt werden. An seiner Sitzung vom 30. April 2007 nimmt der Bildungsrat in zustimmendem Sinne Stellung zu den in einem Aussprachepapier dargelegten Vorgehensabsichten im Projekt. Darin ist eine Lehrplan- Erprobungsfassung für das Schuljahr 2007/08 vorgesehen. Die Rückmeldungen aus der freiwilligen Erprobung sollen zu einer überarbeiteten Fassung führen, die auf das Schuljahr 2008/09 in Kraft gesetzt werden kann. Am 10. September 2007 stellt der Bildungsrat den Lehrpersonen die Erprobungsfassung zur freiwilligen Erprobung zur Verfügung. Die darin noch fehlenden Basiskompetenz-Beschreibungen sollen bis spätestens Januar 2008 nachgeliefert werden. Bis Mitte März 2008 können Lehrpersonen und ihre Verbände, Schulen und Schulbehörden Stellung nehmen dazu. Am 3. Dezember 2007 setzt der Bildungsrat aufgrund der dazu eingegangenen Rückmeldungen eine neue Stundentafel für die Kindergartenstufe in Kraft. Diese soll gemeinsam mit dem Lehrplan ab Schuljahr 2008/09 wirksam werden. Ebenfalls im Dezember 2007 stellt das Projektteam den Schulen und den Lehrpersonen die Formulierungen zu den Basiskompetenzen zur Erprobung und Stellungnahme zur Verfügung. Insgesamt gehen zum Lehrplan 42 Rückmeldungen von etwa 500 Personen ein. Im April 2008 werden die gesammelten Stellungnahmen von den gemäss Projektorganisation beteiligten Gremien in gesichtet und gewichtet. Dies geschieht an der dritten Zusammenkunft der Resonanzgruppe (ca. 60 Interessierte und Delegierte aus den Kindergartenkapiteln, dem Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband sowie der Vereinigung der Elternorganisationen), der vierten Zusammenkunft des Runden Tisches (16 Delegierte der Lehrpersonen- und Eltern- Organisationen, der Kindergartenbehörden, der Pädagogischen Hochschule und des Volksschulamtes), der 16. Sitzung des Projektteams (9 Personen aus Volksschulamt und Pädagogischer Hochschule) und der zweiten Sitzung der Steuergruppe (Amts- und Abteilungsleitende des Volksschulamtes).
In den Rückmeldungen zeigen sich thematisch folgende Schwerpunkte:

  • Kantonalisierung des Kindergartens - ohne direkten Bezug zum Lehrplan
  • Grundsatzfrage zur Neuschaffung eines Zürcher Lehrplans für die Kindergartenstufe
  • Lehrplan als Ganzes (Übersichtlichkeit, Sprache des Lehrplans)
  • Unterrichtssprache
  • Basiskompetenzen
  • Aussagen zu Einzelheiten und Wortwahl

Kantonalisierung des Kindergartens - ohne direkten Bezug zum Lehrplan

Es werden zahlreiche Aussagen zu verschiedenen Aspekten der Kantonalisierung des Kindergartens gemacht. Hier wird insbesondere auf ungünstige Rahmenbedingungen hingewiesen:

  • grosse Klassen (Vollzeiteinheiten-Zuteilung)
  • wenig Unterricht in Halbklassen (Blockzeiten-Vormittage in der Regel nur mit Ganzklasse)
  • wenig Teamteaching (erforderlich für Individualisierung, Beobachtung und Beurteilung)
  • Belastung durch Integrationsforderungen
  • kleine, ungenügend ausgestattete Unterrichtsräume, fehlende Nebenräume (in diesem Zusammenhang wird auch auf verschärfte Vorschriften der Feuerpolizei hingewiesen, die bisherige Nutzungsmöglichkeiten der Räume zum Teil stark einschränke)
  • fehlende Ausrüstung wie Unterrichtsmaterial, PC
  • fehlende Finanzen für Anschaffungen

Es wird befürchtet, dass diese Umstände die Umsetzung des innovativen Lehrplans stark
erschweren.

Grundsatzfrage zur Neuschaffung eines Zürcher Lehrplans für die Kindergartenstufe

Verschiedentlich wird die Neuschaffung des Lehrplans nicht verstanden und diesbezüglich eine klare Begründung gefordert. Mehrfach wird erwähnt, dass der Lehrplan eines anderen Kantons hätte übernommen werden können und dass einige Kindergarten-Lehrpersonen in Ermangelung eines eigenen Lehrplans bereits mit solchen gearbeitet hätten. Insbesondere von diesen Lehrpersonen wird nicht verstanden, warum für die kurze Zeit bis zur Einführung des Deutschschweizer Lehrplans ein neuer, eigener Lehrplan geschaffen wurde. Ebenfalls wird bemängelt, dass nicht eine längere Erprobungszeit eingeplant wurde.

Lehrplan als Ganzes

Mehrheitlich wird in den Rückmeldungen der Lehrplan als inhaltlich umfassend und sorgfältig gestaltet beurteilt. Aussagen und Ziele des Lehrplans werden begrüsst und als Unterstützung bei der Einbettung in die Volksschule gewertet. Positiv wird auch erwähnt, dass besonders im Bereich der Lern- und Unterrichtsformen eine entwicklungsorientierte Haltung zum Ausdruck gebracht werde. Auch die Basiskompetenzen werden gut aufgenommen und als hilfreich empfunden. Gewünscht wird eine sorgfältige Einführung und Unterstützung in Form von Unterrichtshilfen.

Der Lehrplan erntet aber auch Kritik bezüglich der Sprache und Übersichtlichkeit. Es wird bemängelt, dass in schlechtem Deutsch und ungenau formuliert werde und dadurch zu viel Handlungsspielraum entstehe. Durch die Verwendung von Fremdwörtern und Fachbegriffen werde der Lehrplan schlecht lesbar und schwer verständlich und wirke theoretisch. Ebenfalls wird kritisiert, dass der Lehrplan mangelhaft strukturiert sei. Es werden Pflichten- und Aufgabenhefte mit Zielformulierungen und Anregungen für die Umsetzung im Unterricht z. B. in Form von Tabellen und Quartalsplänen vermisst.

Unterrichtssprache

Rund die Hälfte der Rückmeldenden (ca. 250 Personen) nahm Stellung zur Unterrichtssprache. Die Meinungen gehen in diesem Bereich weit auseinander. In den Rückmeldungen wird von einer Mehrheit der Kindergarten-Lehrpersonen gefordert, dass im Unterricht hauptsächlich Mundart gesprochen werden solle. Es wird darauf hingewiesen, dass die Sprachentwicklung der Kinder noch nicht abgeschlossen sei und zuerst die Muttersprache gefördert und gefestigt werden müsse. Erst in zweiter Priorität solle auch Hochdeutsch im Unterricht gesprochen werden. Es wird gewünscht, dass die Art und Weise, wie dies geschehen soll und die Zeiteinheiten von den Lehrpersonen in eigener Kompetenz bestimmt werden können. In einigen Rückmeldungen wird vorgeschlagen, dass der Unterricht nur an Nachmittagen mit den Kindern des zweiten Kindergartenjahres in Hochdeutsch stattfinden solle. Einig ist man sich darüber, dass nicht unüberlegt von einer in die andere Unterrichtssprache gewechselt werden sollte.

Basiskompetenzen

Die Rückmeldungen zu den Basiskompetenzen waren meist positiv. Die Auswahl wurde als umfassend und die Verständlichkeit als gut bezeichnet. Einige Rückmeldungen weisen darauf hin, dass das Anforderungsniveau für die Kinder eher zu anspruchsvoll sei. Verschiedentlich wird ein Instrument zur Feststellung der Basiskompetenzen gefordert. Einige orten einen Widerspruch in der Aussage, dass die Basiskompetenzen keine Selektionskriterien seien, und der Aussage, dass mit der Erreichung der Basiskompetenzen die Anschlussfähigkeit an die Primarstufe gegeben sei.

Aussagen zu Einzelheiten und Wortwahl

Viele Rückmeldungen zeigten, dass die Erprobungsfassung sehr aufmerksam gelesen Wurde. Es gab eine Vielzahl von Vorschlägen für eine andere Wortwahl oder für Streichungen und Neuaufnahmen von einzelnen Begriffen.

Erwägungen

Die Überarbeitung der Erprobungsfassung erfolgte nach Prüfen und Abwägen der eingegangenen Rückmeldungen. Viele Hinweise konnten direkt übernommen werden oder führten zu Neuformulierungen und -gliederungen. Zwei Themen waren grundsätzlicher Natur: die Frage nach dem Sinn eines eigenen Zürcher Lehrplans für die Kindergartenstufe und die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben betreffend Unterrichtssprache.

Begründung für eigenen Zürcher Lehrplan für die Kindergartenstufe

Das Volksschulgesetz schreibt für die Kindergartenstufe einen Lehrplan vor. Diese Regelung ermöglicht insbesondere eine optimale Abstimmung mit dem Lehrplan für die folgenden Schulstufen. Sie gewährleistet auch den Einbezug von aktuellen Forschungsergebnissen. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen:

Bestehende Lehrpläne sind wesentlich umfangreicher als die Zürcher Version. Sie müssten den Zürcher Verhältnissen (gesetzliche und begriffliche Vorgaben) angepasst werden und würden einen grösseren Einführungs- und Weiterbildungsbedarf mit sich bringen.

Der vorgesehene Deutschschweizer Lehrplan wird in wenigen Jahren erwartet. Die Bildungsbereiche und die Kompetenzorientierung sind gemeinsame Merkmale des Deutschschweizer und des Zürcher Lehrplans. Dies ermöglicht einen einfacheren Übergang und erleichtert die allfällige Einführung des Deutschschweizer Lehrplans.

Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben betreffend Unterrichtssprache

Die gesetzliche Vorgabe, dass auf der Kindergartenstufe die Unterrichtssprache teilweise die Standardsprache ist, lässt einen Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung des Lehrplans. Da die Ansichten, welche Unterrichtssprache welches Gewicht erhalten solle, weit auseinandergehen, wird eine flexible Lösung gewählt mit klaren Minimalforderungen für beide Sprachen.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Es wird ein Lehrplan für die Kindergartenstufe erlassen.
  • Der Lehrplan tritt auf den 16. August 2008 in Kraft.
  • Nach drei Jahren wird eine Begutachtung durch die Kapitel durchgeführt. Diese kann wegfallen, wenn die Einführung des Deutschschweizer Lehrplans in Aussicht steht.
  • Publikation des Lehrplans im Internet und Hinweis im Schulblatt. Die gedruckte Fassung des Lehrplans wird den Schulen und den Lehrpersonen der Kindergartenstufe zugestellt.
  • Mitteilung an den Vorstand der Lehrpersonenkonferenz der Volksschule (3), die Schulpflegen (223), Vereinigung Zürcherischer Kindergartenbehörden VZKB, Verband Kindergärtnerinnen Zürich VKZ, das Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich, das Departement Schule und Sport Winterthur, das Rektorat Pädagogische Hochschule Zürich, den Verband der Privatschulen im Kanton Zürich, das Generalsekretariat und die Regionalsekretariate der EDK, die Projektleitung Deutschschweizer Lehrplan, die Projektleitung EDK-Ost-4bis8, den Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband, den Schweizerischen Verband des Personals öffentlicher Dienste Sektion Zürich, Lehrberufe, den Verein Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich, die Vereinigung der Schulleiterinnen und Schulleiter des Kantons Zürich, die Patronatsschulen des Kantons Zürich im Ausland, die Vereinigung der Elternorganisationen im Kanton Zürich (VEZ), Schule und Elternhaus, die Bildungsdirektion: Generalsekretariat, Volksschulamt, Amt für Jugend- und Berufsberatung, Lehrmittelverlag.

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