Zugangsbedingungen und Standards für Immersionslehrpersonen an den Mittelschulen: Expertise zum Thema «Immersion und Assessment»

Beschluss Bildungsrat
2007/26
Sitzungsdatum
4. Juni 2007

Ausgangslage

Im Jahr 2000 bewilligte der Regierungsrat das Pilotprojekt «Einführung der zweisprachigen Maturität (Deutsch/Englisch) an Zürcher Mittelschulen». An dem bis Ende Frühlingssemester 2006 befristeten Projekt waren insgesamt zehn Pilotschulen beteiligt. Aufgrund der positiven Ergebnisse der externen wissenschaftlichen Evaluation verlängerte der Regierungsrat am 6. Dezember 2005 das Projekt um drei Jahre bis Ende Schuljahr 2008/09 und weitete es auf drei weitere Kantonsschulen aus. Gemäss regierungsrätlichem Beschluss sollte das Projekt im Sinne der Empfehlungen des Evaluationsberichtes weiterentwickelt werden. Die Evaluationsergebnisse zeigen deutlich, dass mit dem Pilotprojekt grundsätzlich der richtige Weg eingeschlagen wurde. Gleichwohl weist der Bericht an einigen Stellen auf Handlungsbedarf hin, u.a. bei den Sprachkompetenzen der Immersionslehrpersonen, bei denen Qualitätsunterschiede festgestellt worden waren. Entsprechend entschied der Regierungsrat, die Anforderungen an die Qualifikation der Lehrpersonen bezüglich ihrer Englischkenntnisse seien neu zu prüfen und Standards zu deren Messung festzulegen. Für die Pilotverlängerung forderte der Regierungsrat eine externe wissenschaftliche Evaluation, die Aufschluss über die Kompetenzentwicklung der Immersionslehrpersonen geben sollte. Das Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA) gab am 17. Januar 2005 dem Zürcher Hochschulinstitut für Schulpädagogik und Fachdidaktik (Prof. Dr. Urs Ruf) sowie dem Englischen Seminar der Universität Zürich (Prof. Dr. Andreas Jucker, Prof. Dr. Martin Heusser) den Auftrag, gemeinsam eine solche Expertise zu erstellen. Darin sollten die Zugangsbedingungen und Standards formuliert werden, welche in Zukunft für die Immersionslehrpersonen an den Mittelschulen gelten sollen. Auch sollte die Expertise Auskunft geben zur Messung von Sprachkompetenzen, zur Art und Weise, wie diese erhoben werden können, und zu den Kosten, die damit verbunden sind. Ferner sollte sie Weiterbildungsmöglichkeiten aufzeigen zur Optimierung der Sprachkompetenzen angehender und bereits tätiger Immersionslehrpersonen. Den Auftragnehmern der Expertise wurde ein Beirat zur Seite gestellt. Die vom MBA eingesetzte und geleitete Arbeitsgruppe «Weiterentwicklung der zweisprachigen Maturität», bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Schulleitungen, der Englisch- und Immersionslehrpersonen in Mittelschulen, der Lehrpersonenkonferenz der Mittelschulen sowie des MBA, nahm diese Funktion als Beirat wahr.

Ergebnisse der Expertise zum Thema «Immersion und Assessment»

In seinem Schlussbericht vom 5. September 2006 schlägt das Expertenteam ein Ausbildungskonzept vor, welches zusammengefasst die folgenden Elemente enthält:
Alle Kandidatinnen und Kandidaten für Immersionsunterricht sollen einen obligatorischen Eingangstest absolvieren. Dieser soll sowohl die allgemeinen Englischkenntnisse als auch die für den immersiven Unterricht spezifisch notwendige Sprachkompetenz messen. Mit dem Eingangstest soll abgeklärt werden, in welchem Masse die Kandidatinnen und Kandidaten bereits über die erforderlichen Kenntnisse verfügen. Die Resultate im Eingangstest bestimmen darüber, welche Ausbildungsmodule in welcher Zusammensetzung vom Kandidaten/der Kandidatin besucht werden müssen. Je nach Qualifizierung muss die Kandidatin oder der Kandidat alle Ausbildungsmodule oder bloss einen Teil davon absolvieren. Bei ausserordentlich hoher Qualifikation oder Muttersprachlichkeit kann sogar direkt die Schlussprüfung absolviert werden. Das Konzept sieht eine über zwei Semester verteilte sprachliche Weiterbildung vor. Zum einen werden in Zürich zwei speziell auf Immersionsunterricht abgestimmte, je einwöchige Sprachkurse angeboten werden. Da ein entsprechendes erfolgreiches Angebot in der Berufsbildung am Zürcher Hochschulinstitut für Schulpädagogik und Fachdidaktik (ZHSF) für bilingual unterrichtende Berufsschullehrpersonen und immersiv unterrichtende Gymnasiallehrpersonen bereits existiert, wären Anpassungen dieses Angebots für alle immersiv unterrichtenden Gymnasiallehrpersonen mit geringem Aufwand möglich. Zum andern sind Ausbildungsteile im Ausland vorgesehen. Obligatorisch ist ein dreiwöchiges Shadow Teaching, wobei die Kandidatinnen und Kandidaten eine englischsprachige Lehrperson in ihrem Arbeitsalltag begleiten und auch deren Unterricht intensiv beobachten. Je nach Ergebnis im Eingangstest ist zusätzlich zum Shadow Teaching ein mindestens dreiwöchiger Sprachkurs vorgesehen. Die Kandidatinnen und Kandidaten halten während der ganzen Ausbildung ihren Lernprozess in einem Portfolio fest, welches u.a. die Grundlage bildet für das Schlusskolloquium.

Für die im Pilotprojekt bereits tätigen Immersionslehrpersonen («Pioniere») soll die beschriebene Ausbildung nicht obligatorisch sein, ihnen jedoch als Weiterbildungsangebot ebenfalls zur Verfügung stehen. Die Expertise schlägt vor, diese Pioniere allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt für eine sprachliche Weiterbildung zu verpflichten, um sicherzustellen, dass deren Sprachkompetenz auf hohem Niveau erhalten bleibt.

Erwägungen

Seit Beginn des Pilotversuches «Einführung der zweisprachigen Maturität Deutsch/Englisch an Zürcher Mittelschulen» existiert für immersiv unterrichtende Lehrpersonen ein didaktischmethodischer Weiterbildungskurs, der vom MBA entwickelt und vom Bildungsrat in den entsprechenden Rahmenbestimmungen vom 19. September 2000 für alle Immersionslehrpersonen für obligatorisch erklärt wurde. Seither hat das MBA diesen Kurs jährlich evaluiert, kontinuierlich weiterentwickelt und während fünf Jahren bis Ende Schuljahr 2005/06 durchgeführt. Seit Frühjahr 2006 gibt es ein entsprechendes zweisemestriges Kursangebot am Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik. In diesem Kurs machen sich die Lehrpersonen einerseits mit der neuen Unterrichtsform vertraut, andererseits können sie sich mit anderen Immersionslehrpersonen vernetzen sowie Erfahrungen und Materialien austauschen. Nebst diesem didaktisch-methodischen Weiterbildungsangebot ist ein ergänzendes sprachliches Weiterbildungsangebot für Immersionslehrpersonen - wie oben dargestellt – notwendig. Das
Ausbildungskonzept der vorliegenden Expertise «Immersion und Assessment» geht von der willkommenen Prämisse aus, dass weiterhin hohe Ansprüche an die Sprachkompetenzen von Immersionslehrpersonen gestellt werden, und räumt dem Weiterbildungsangebot für Immersionslehrpersonen einen erfreulich hohen Stellenwert ein. Bisher wurden für die im Immersionsunterricht eingesetzten Lehrpersonen bezüglich Fremdsprachkenntnisse mindestens ein Nebenfachabschluss in Anglistik oder gleichwertige Kenntnisse der englischen Sprache verlangt. Über die Gleichwertigkeit entschieden die Schulleitungen. In der Praxis zeigt sich aber, dass nur der kleinste Teil der Immersionslehrpersonen über einen Nebenfachabschluss in Anglistik verfügt und die Regel «gleichwertige Kenntnisse» sehr unterschiedlich ausgelegt worden war. Die meisten Lehrpersonen haben ihre Englischkenntnisse auf höchst unterschiedlichen Wegen erworben (Aufenthalt in englischsprachigem Raum, englischsprechende Partnerinnen oder Partner, Certificate of Proficiency in English usw.). Vor diesem Hintergrund und im Sinne der gebotenen Qualitätssicherung ist es notwendig, neue Qualifikationsbedingungen festzulegen und mit Hilfe möglichst aussagekräftiger, einheitlicher Kriterien zu beurteilen, über welche Sprachkompetenzen Lehrpersonen verfügen müssen, die künftig Immersionsunterricht erteilen möchten.

Der oben erwähnte Beirat begleitete den Prozess der Expertise. Seine im Verlauf des Prozesses eingereichten Stellungnahmen wurden gebührend mitberücksichtigt. Der Beirat befürwortet das Ausbildungskonzept in der vorliegenden Form. Seiner Ansicht nach wird mit dieser Art einer einheitlichen Regelung in der Auswahl sowie der Weiterbildung der Immersionslehrpersonen bezüglich Standardisierung bzw. Förderung der Fremdsprachkenntnisse der richtige Weg eingeschlagen. Auch die Schulleiterkonferenz Mittelschulen (SLK), welcher die Expertise zur Vernehmlassung unterbreitet wurde, unterstützt das Ausbildungskonzept und hält es für sinnvoll und geeignet, einen qualitativ hoch stehenden Immersionsunterricht an den Zürcher Mittelschulen sicherzustellen. Es wäre zu begrüssen, wenn das IGB auf der Grundlage der vorliegenden Expertise die anstehenden Entwicklungsaufgaben im Bereich der Aus- und Weiterbildung an die Hand nehmen könnte.

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Die Expertise zum Thema «Immersion und Assessment» wird zur Kenntnis genommen.
  • Die Bildungsdirektion wird eingeladen, die Aufgaben im Bereich der Aus- und Weiterbildung der Immersionslehrpersonen auf der Grundlage der Expertise «Immersion und Assessment» weiter zu bearbeiten.
  • Mitteilung an die Mitglieder der Expertise «Immersion und Assessment», Herrn Prof. Dr. Urs Ruf, Herrn Prof. Dr. Andreas Jucker, Herrn Prof. Dr. Martin Heusser, Herrn Dr. Stefan Keller, Frau Martina Wider; an die Mitglieder des Beirats, Herrn Felix Angst, Frau Hania Bociek, Herrn Rolf Bosshard, Herrn Dr. Martin Hefti, Frau Carol Ritter, Frau Dr. Franziska Widmer Müller, Frau Katharina Meyer, Frau Eveline Reichel; Frau Bea Oberholzer, den Präsidenten der Präsidentenkonferenz Schulkommissionen, Herrn Peter Weiss; den Präsidenten der Schulleiterkonferenz, Herrn Prof. Dr. Alfred Baumgartner; den Präsidenten der Lehrpersonenkonferenz, Herrn Prof. Markus Späth, das Hochschulamt sowie das Mittelschul- und Berufsbildungsamt.

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