Volksschule. Kindergarten und Unterstufe Lernsoftware Grundwortschatz für Kinder im Kindergarten und auf der Unterstufe; Neuschaffung

Inhaltsverzeichnis

Beschluss Bildungsrat
2007 / 13
Sitzungsdatum
12. März 2007

Ausgangslage

Aktuelle Untersuchungen bestätigen die lange gehegte Vermutung von Lehrpersonen, dass viele Kinder ohne bzw. nur mit einem begrenzten Grundwortschatz in die erste Primarklasse eintreten. Dadurch wird das schulische Lernen erheblich erschwert, ausserdem fühlen sich die Lehrpersonen überfordert, den unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen der Kinder gerecht zu werden. So ergab die im Jahr 2004 im Auftrag der Bildungsdirektion Zürich an QUIMS-Schulen durchgeführte Lernstandserhebung bei Kindern im ersten Schuljahr, dass rund ein Drittel einen schwach bis sehr schwach entwickelten Wortschatz ausweisen. Kinder aus sozial benachteiligten Familien und neu zugewanderte Kinder wiesen die grössten Defizite im Wortschatz auf. Diese Defizite erschweren nicht nur das Erlernen von Lesen und Schreiben, sondern auch das Lernen in anderen Fächern. Die Ursachen dürften sowohl in der sozialen als auch kulturellen Herkunft liegen.

Im Zusammenhang mit dem Beschluss vom 23. Mai 2005 «Volksschule. Lernstandserhebung in den ersten Klassen des Kantons Zürich. Ergebnisse und weiteres Vorgehen» wünschte der Bildungsrat Vorabklärungen zu den Möglichkeiten der kognitiven und sprachlichen Förderung von Schülerinnen und Schülern im Kindergarten und in der Unterstufe. In den Erwägungen wurden Massnahmen in den Bereichen Unterrichtshilfen und in der Weiterbildung angeregt.

Das Volksschulamt regte deshalb bei der Kantonalen Lehrmittelkommission (KLK) die Schaffung geeigneter Lehrmittel zur Wortschatzförderung an. Dabei sollen einerseits auf bestehende Materialien zurückgegriffen werden, andererseits aber auch neue Lernmedien zum Einsatz kommen. Dr. Claudio Nodari (Institut für Interkulturelle Kommunikation IIK) und der auf Lernsoftware spezialisierte «profax Verlag» erarbeiteten in der Folge im Auftrag des Lehrmittelsekretariats einen ersten Vorschlag, der am 7. März 2006 der KLK unterbreitet wurde. Diese beschloss, das Projekt zur Realisierung einer Lernsoftware zur Wortschatz förderung für Kinder in Kindergarten und Unterstufe weiterzuverfolgen. Auf der Basis des vorliegenden Konzepts sprach sich die KLK am 16. Mai 2006 einstimmig für die Schaffungder Lernsoftware zur Wortschatzförderung mit dem Arbeitstitel «MultiDingsda» aus. Damit das Lehrmittel rechtzeitig den Schulen bekannt gemacht werden kann, soll zudem parallel auch ein Kommunikationskonzept entwickelt werden. An ihrer Sitzung vom 7. Dezember 2006 änderte
die KLK den ursprünglich vorgesehenen Status von «provisorisch-obligatorisch» zu «zugelassenes Lehrmittel».

Erwägungen

Notwendigkeit

Die durch die erwähnte Zürcher Lernstandserhebung sowie auch andernorts aufgezeigten Wortschatzdefizite und die sich daraus ergebenden Probleme zeigen, dass dringend gezielte Massnahmen im Bereich Unterrichtsmaterialien und Weiterbildung der Lehrerschaft eingeleitet werden müssen. Insbesondere für Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Kinder mit Migrationshintergrund sind Massnahmen notwendig, damit sie so den für einen erfolgsversprechenden Schulanfang notwendigen Grundwortschatz aufbauen und festigen können. Die Schaffung eines multimedialen Lehrmittels zum Aufbau des Grundwortschatzes stellt deshalb eine geeignete Lösung für Kindergarten und Unterstufe dar.

Konzept

Mit MultiDingsda ist eine Lernsoftware für Kinder ab sechs Jahren geplant, die für unterschiedliche Zielgruppen einsetzbar ist und mit der auch Kinder ohne Kenntnisse der Schriftsprache arbeiten können. Dank Hörmaterialien und Bildern können die Kinder die Übungen ausführen und ihre Eingaben selbst überprüfen. Mit dieser Lernsoftware werden die Kinder schrittweise von Übungen ohne Schrift zu Übungen mit Schrift geführt. Gleichzeitig festigen sie auch ihre Kompetenzen im Lesen und Schreiben. Weshalb darf vom Einsatz einer Lernsoftware wie MultiDingsda ein Lernerfolg beim Wortschatzerwerb erwartet werden?

  • Lernsoftware hat grundsätzlich den Vorteil der Multimedialität. Gerade für die Zielgruppe, die noch nicht oder erst teilweise alphabetisiert ist, stellt die Verknüpfung von Bild und Ton (in wählbaren Sprachen) einen erheblichen Vorteil dar. Ein Lehrmittel in Buchform kann dies nicht leisten.
  • Das geplante Produkt weist die anerkannten Vorteile von Lernsoftware auf, wie unmittelbares Feedback, Individualisierung von Schwierigkeitsgrad und Lerntempo, Motivation, Dokumentation des Lernverhaltens usw.
  • Lernen und Unterricht sind multifaktorielle Prozesse. Erfolg lässt sich dabei nicht eindeutig auf ein bestimmtes Produkt oder eine Methode zurückführen. Umgekehrt sind positive Lerneffekte durch Übungssoftware (Stimulus/Response) anerkannt, ohne die kaum mehr neue Sprachlehrmittel auskommt (z.B. Envol und Explorers).

Inhalt

Es gilt heute als erwiesen, dass sich eine gute Kompetenz der Erstsprache positiv auf den Erwerb der Zweitsprache auswirkt. Die Lernsoftware MultiDingsda bietet deshalb den Grundwortschatz Deutsch mit Übersetzungen in folgenden elf Sprachen an: Albanisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Türkisch, Serbisch/Kroatisch/Bosnisch, Russisch, Arabisch und Tamil. Der Grundwortschatz umfasst 800 Wörter, die aus dem bereits existierenden Lehrmittel Dingsda (Lehrmittelverlag Aargau / ILZ) übernommen werden. Zielsprache ist aber immer Deutsch. Wer aber eine der oben aufgeführten Erstsprachen spricht, kann das Hörverstehenstraining und die Leseverstehensübungen auch in seiner Muttersprache machen.

Äussere Form

MultiDingsda wird als kostengünstige Einzelplatzlösung auf CD-ROM angeboten, wobei eine Serverlösung bereits implementiert ist, die bei vorhandenem Netzwerk freigeschaltet werden kann. Aber auch mit der Einzelplatzlösung können eine unbeschränkte Anzahl Kinder, Klassen und Lehrpersonen bedient werden. Die Applikation ist äusserst Ressourcen schonend und läuft auch auf älteren Geräten bzw. Betriebssystemen (z.B. Win98). Die Ton- und Farbwiedergabe sollte allerdings sichergestellt sein.

Die äussere Gestaltung der Lernsoftware MultiDingsda lehnt sich an Produkt Lerncenter des profax Verlags an und weist eine kindgerechte grafische Benutzerschnittstelle auf. Die Interaktionssprache ist Deutsch, wobei grundsätzlich die Möglichkeit besteht, auch andere Sprachen einzusetzen. Für die Visualisierung des Wortschatzes werden zwischen 20-30 Wimmelbilder eingesetzt, in denen die Wörter in unterschiedlichen Bezügen (Domänen) aufscheinen. Die Lernsoftware wird bewusst einfach gehalten, damit auch schon vierjährige nicht alphabetisierte Kinder damit arbeiten können.

Technische Anforderungen und Infrastruktur

Da für Kindergarten und Primarschule des Kantons Zürich noch kein Generalisierungskonzept zu «Medium und ICT» beschlossen und umgesetzt ist, erhält die Frage nach der technischen Ausstattung der Schulgemeinden bzw. die Voraussetzungen für den Einsatz der Lernsoftware an diesen Stufen besondere Bedeutung. Für die Primarstufe lässt sich im Moment folgendes feststellen (Datenbasis: Informatikerhebung 2006; Rücklauf 84%):

  • Die Computerdichte beträgt durchschnittlich ein Computer für fünf Schüler/innen; vier Fünftel der Primarschulhäuser vernetzen ihre Computer in einem lokalen Netzwerk; in neun von zehn Schulen haben die Schüler/innen Zugang zum Internet und je rund die Hälfte aller Computer auf der Primarstufe laufen mit Windows bzw. mit Mac OS.
  • In praktisch allen Primarschulen sind somit die technischen Voraussetzungen vorhanden. Damit kann die (technisch anspruchslose) Lernsoftware auf der Unterstufe bzw. der Grundstufevon den meisten Schülerinnen und Schülern genutzt werden.
  • Der ICT-Ausrüstungsstand der Kindergärten wird im Kanton Zürich nicht systematisch erhoben. Wir wissen jedoch, dass in zahlreichen Kindergärten einzelne Computer vorhanden sind. In anderen Kantonen (z.B. St. Gallen) sind die Kindegärten auch bezüglich Medien und ICT integriert in das kantonale Konzept.
  • Im privaten Umfeld sind die Voraussetzungen gemäss KIM-Studie günstig. Gemäss dieser Studie hatten 2005 über vier von fünf Haushalten in Deutschland einen Computer. Aufgrund früherer Untersuchungen der Bildungsplanung ist anzunehmen, dass der aktuelle Wert im Kanton Zürich deutlich höher ist.

Lässt sich MultiDingsda auch ohne Computer einsetzen?

MultiDingsda ist ausschliesslich für den Einsatz mit Computer konzipiert. Der Mehrwert dieser Lernsoftware liegt ja darin, dass die Kinder spielend am Wortschatz arbeiten und jeweils unmittelbar eine Antwort bekommen. Lernpsychologisch basiert dieses Lernen

  • auf eigenaktivem Lernen nach einer kurzen Einführung dank intuitiv verständlichen Führungssignalen (Bilder, Mauspfeil, einfache Symbole)
  • auf verständlichem mündlichem Input dank der Verbindung von Bildern mit Gesprochenem
  • auf der Reaktion der Kinder durch Erkennen, Anklicken, Verschieben, später auch Schreiben
  • auf der unmittelbaren Rückmeldung zu Verstehensleistungen der Kinder
  • auf der mehrfachen Wiederholbarkeit der spielerischen Übungen

Diese Form des Lernens lässt sich nur annähernd mit einem Printmedium evtl. kombiniert mit Videosequenzen unterstützen. Eine solche Kombination erlaubt

  • ein nur begrenzt eigenaktives Lernen, denn die Bedienung eines DVD-Players (Play, Stopp, Return) ist komplexer als das Bewegen einer Maus
  • eine Reaktion im Heft (ankreuzen, ausmalen, zeichnen später auch Schreiben)
  • eine zeitverschobene Rückmeldung durch die Lehrperson
  • eine nur bedingte Wiederholbarkeit der Übungen. (Sobald eine Seite im Heft bemalt ist, kann sie nicht wieder verwendet werden, ausser die Lehrperson stellt Kopien zur Verfügung.)

In Klassen ohne Computer könnten die Lehrpersonen mit dem erwähnten Lehrmittel Dingsda durchaus gezielt am Wortschatz des behandelten Unterrichtsthemas arbeiten. Was dann aber fehlt, ist ein Trainingsmaterial, das die Kenntnis der elementaren Wörter aufbaut. Ein Printmedium für das Wortschatztraining erfordert zudem eine erhöhte Betreuungszeit durch die Lehrperson. In stark heterogenen Klassen und Lerngruppen kann dies zu beachtlicher zeitlicher Beanspruchung führen. Wie kann man einzelne sprachschwache Kinder intensiv fördern, wenn gleichzeitig ein Grossteil der Klasse eigentlich gute Deutschkompetenzen haben? Ein Printmedium für den reinen Wortschatzerwerb würde auch weitgehend dem Prinzip eines themenorientierten Lernens widersprechen.

MultiDingsda als Teil einer Lehrmittelreihe

Das bereits existierende Lehrmittel Dingsda (Lehrmittelverlag Aargau / ILZ) ist ein Instrument für die Lehrperson, mit dem in der 1. bis 4. Primarklasse eine gezielte themenorientierte Wortschatzarbeit ermöglicht wird. Dingsda umfasst 4000 Wörter aus dem Grundwortschatz und gestattet es den Lehrpersonen, themenbezogene und handlungsorientierte Situationen zu gestalten. Sehr hilfreich ist dabei die CD-ROM, mit der sich für einzelne Kinder unterschiedliche, nach Sachthemen gruppierte Wortschatzlisten zusammenstellen lassen. Neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen wird in der Broschüre auch gezeigt, wie mit verschiedenen Übungs- und Spielformen der Wortschatzerwerb unterstützt werden kann. Viele dieser Übungs- und Spielformen lassen sich auch im Kindergarten einsetzen. So gesehen könnte Dingsda - im Sinne einer Notlösung, falls kein Computer zur Verfügung steht - als Alternative zu MultiDingsda eingesetzt werden.

Für die Mittel- und Oberstufe wird vom Autorenteam ausserdem noch ein weiteres Instrument für den Fachunterricht geplant. FachDingsda soll den fachspezifischen Grundwortschatz aus folgenden neun Fächern enthalten: Mathematik, Geografie, Naturlehre, Geschichte, Zeichnen, Werken, Textilarbeit, Musik und Sport. Die Lehrpersonen können so gezielt das spezifische Fachvokabular aufbauen. Die Wörterlisten sind zudem in sechs bedeutende Migrationssprachen übersetzt.

Projektorganisation

Inhaltliche Projektleitung: Dr. Claudio Nodari (IIK)
Autorenteam: Dr. Claudio Nodari (IIK); Walter Bucher (Profax Verlag)
Expertengruppe: Peter Bucher (Bildungsplanung BI); Dr. Basil Schader (PHZH); Naxhi Selimi (Volksschulamt BI)

Begleitkommission: Käthy Bissegger BS; Katharina Garcia-Hoffmann ZH, Gabriella Gianotti SG, Anja Hefti ZH; Monica Madsen ZH; Dieter Meyer BS Programmierung/Gestaltung: Mike Kronenberg; Andreas J. Meier

Zeitplan

Die Entwicklung des Lehrmittels verläuft in fünf Phasen:

  1. Konzeption: Dezember 2005 bis Mai 2006
  2. Vorarbeiten: Mai bis September 2006
  3. Manuskripte: Oktober 2006 bis Juni 2007
  4. Produktion: Juli 2007 bis Januar 2008
  5. Vertrieb und PR: ab Januar 2008

Finanzielles

Aufgrund des vorliegenden Konzeptes wird für die Gesamtkosten der Betrag von Fr. 300'000.- brutto berechnet.

Status des Lehrmittels

Die neue Lernsoftware erhält den Status »zugelassenes Lehrmittel».

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Der Bildungsrat stimmt im Sinne der Erwägungen der Schaffung des Lehrmittels MultiDingsda für Kindergarten und Unterstufe und dessen Produktion durch den Lehrmittelverlag des Kantons Zürich zu.
  • Die neue Lernsoftware MultiDingsda für Kindergarten und Unterstufe erhält den Status «zugelassenes Lehrmittel».
  • Das Lehrmittelsekretariat des Volksschulamtes erarbeitet in Zusammenarbeit mit dem Autorenteam und dem Lehrmittelverlag ein Kommunikationskonzept zuhanden der Lehrerschaft.
  • Publikation in geeigneter Form im Schulblatt und im Internet.
  • Mitteilung an die Synode, die Pädagogische Hochschule Zürich (5), die Bezirksschulpflegen (12), den Verband Zürcher Schulpräsidentinnen und -präsidenten, das Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich, das Departement Schule und Sport Winterthur, die Lehrpersonalkonferenz der Volksschule, den Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband z.H. der Stufenorganisationen, Verband Kindergärtnerinnen Zürich VKZ, Vereinigung der Schulleiterinnen und Schulleiter des Kantons Zürich, den Verband Zürcher Privatschulen, die kantonale Lehrmittelkommission (10), Interkantonale Lehrmittelzentrale ilz, die Bildungsdirektion: Generalsekretariat, Abt. Finanzen, Bildungsplanung, Lehrmittelverlag, Volksschulamt.

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