Masterstudiengang Sekundarstufe I an der Pädagogischen Hochschule Zürich

Beschluss Bildungsrat
2006 / 28
Sitzungsdatum
4. September 2006

Ausgangslage und Zielsetzung

Aufgrund des Neuerlasses der EDK-Diplomanerkennungsreglemente (vom 28.10.2005) ist der bestehende Studiengang Sekundarstufe I an der PHZH anzupassen. Die Vorgaben für die Anerkennung der Diplome S I haben zur Konsequenz, dass die Zahl der Fächer von gegenwärtig fünf auf deren vier zu reduzieren ist. Zum Erwerb eines Mastertitels ist die Ausbildung um ein Semester zu verlängern. Gemäss Gesetz über die Pädagogische Hochschule Zürich (§ 17 Abs. 3) legt der Bildungsrat «die Fächerkombination von vier Unterrichtsfächern gemäss dem Lehrplan der Volksschule fest. Er kann ein fünftes Fach als Zusatzfach obligatorisch erklären.»

Die Neukonzeption eines Masterstudienganges an der PHZH hat Konsequenzen für das Schulfeld. Mit der Umsetzung der EDK-Anerkennungsreglemente wird sich der Stellenmarkt der Sekundarstufe I deutlich verändern. Neu wird es schweizweit Sekundarlehrpersonen mit der Lehrberechtigung für zwei bis vier Fächer geben. Die PHZH bildet gegenwärtig rund 40 % ausserkantonale Studierende zu Sekundarlehrpersonen aus. Diese suchen sich in der Regel eine Anstellung im Herkunftskanton.
Die Festlegung von neuen Ausbildungsprofilen für die Sekundarstufe I im Kanton Zürich hat unter Berücksichtigung dieser Entwicklungen durch den Bildungsrat zu erfolgen. Die Festlegungen im Zusammenhang mit der Umstellung auf das Bolognastudiensystem sind noch nicht abgeschlossen. Namentlich sind die Passerellen zwischen Universität und Pädagogischer Hochschule sowie zwischen Fachhochschule und Pädagogischer Hochschule noch nicht definiert. Um künftige Entwicklungen nicht zu behindern, ist bei der Festlegung eines künftigen Ausbildungsprofils Sekundarstufe I grösstmögliche Flexibilität zu wahren.

Aktuelles Ausbildungskonzept S I (Beilage 1)

  • Der Bildungsrat hat mit Beschluss vom 5. Dezember 2000 dem heute geltenden Ausbildungsmodell zugestimmt.
  • Die Lehrpersonen S I werden in 4 Bereichen mit einer Profilierungsmöglichkeit (5. Bereich) ausgebildet und erwerben eine Lehrbefähigung für fünf bis sechs Unterrichtsfächer gemäss Lehrplan der Volksschule des Kantons Zürich.
  • Die Wahlbereiche sind:
    • 1. Bereich: Mathematik oder Deutsch
    • 2. Bereich: eine Fremdsprache (Fremdsprache obligatorisch für alle)
    • 3. Bereich: Mensch und Umwelt. Es werden zwei Fächer aus folgender Liste gewählt:
      Natur und Technik (Biologie, Chemie, Physik), Hauswirtschaft, Geographie, Geschichte, Religion & Kultur
    • 4. Bereich: ein Fach aus Bildnerischem Gestalten, Werken, Werken Textil, Bewegung & Sport, Musik
  • Der Bildungsrat hat nicht explizit ein fünftes Fach (gemäss § 17 Abs. 3) beschlossen. Der 3. Fachbereich (Mensch und Umwelt) wird als ein Fachbereich gerechnet, der eine Lehrberechtigung für zwei Fächer gemäss Lehrplan der VS beinhaltet.
  • Mit dem heutigen Ausbildungskonzept können fünf bis sechs Fächer des Lehrplanes Sekundarstufe I abgedeckt werden.

Rahmenbedingungen für die Neukonzeption der Ausbildungsprofile

EDK-Diplomanerkennungsreglemente

Die Rahmenbedingungen der EDK-Anerkennungsreglemente fordern:

  • Keine Unterscheidung zwischen Stufen- und Fächergruppenlehrkraft
  • Anzahl der Fächer nicht festgelegt
  • Studiendauer: 9 Semester, minimal 270 CP
  • Steuerung der Fächerzahl über definierte Kreditpunktezahl pro Fachausbildung:
    • Mindestens 30 CP/Fach, davon Mindestes 10 CP für die entsprechende Fachdidaktik
    • Mindestens 40 CP bei Integrationsfächern
    • Integrationsfächer (z.B.: Natur &Technik: Biologie/Physik/Chemie) können nur ausgebildet werden, wenn diese so im Lehrplan S I wiedergegeben werden.
    • Berufspraktische Ausbildung: mindestens 48 CP
    • Erziehungswissenschaftliche Ausbildung: mindestens 36 CP


Konsequenz

  • Es kann maximal für vier Bereiche eine Unterrichtsberechtigung erworben werden.
  • Es können keine zusätzlichen Integrationsfächer ausgebildet werden, wenn dies nicht mit dem Lehrplan S I der Sekundarstufe I korrespondiert.

Bologna - Umsetzung

Die Masterausbildung führt zwingend über einen BA-Abschluss. Dies bedeutet, dass nach sechs Semestern ein BA-Abschluss erfolgt, in welchem einzelne Fächer abgeschlossen werden. Für Absolventinnen und Absolventen, die nicht in das Masterstudium übertreten, hat er Scharnierfunktion, in dem er Passerellen zu anderen Studiengängen im fachwissenschaftlichen oder pädagogischen Bereich eröffnen oder Berufsfelder erschliessen kann, in denen Vermittlungskompetenzen benötigt werden. Mit diesem Zwischenabschluss kann keine Lehrberechtigung für die Sekundarstufe erworben werden (also kein «Sekundarlehrer light» im Sinne von Fachlehrpersonen ohne EDK-Anerkennung).
Der Erwerb eines Mastertitels nach 9 Semestern oder 270 Kreditpunkten wird den Studiengang Sekundarstufe I sehr attraktiv werden lassen.

Situation auf dem Stellenmarkt

Mit der Anerkennung der EDK-Diplome S I werden sich künftig Lehrpersonen mit verschiedensten Lehrdiplomen um Anstellungen an der Sekundarstufe I bewerben. Es werden Schulgemeinden Pensen für einzelne Fächer oder besondere Kombinationen ausschreiben und dadurch werden mehr Lehrpersonen an einer Klasse der Sekundarstufe I unterrichten. Dieser Entwicklung kann durch eine geeignete Profilbildung entgegengewirkt werden. Die Ausbildungsprofile stellen sicher, dass eine Lehrperson eine minimale Anzahl Lektionen in einer Klasse übernehmen kann und dadurch auch die Funktion einer Klassenlehrperson wahrnehmen kann.

Berücksichtigung gegenwärtiger Trends bei der Fächerwahl an der PHZH

Gegenwärtig wählen an der PHZH nur noch wenige Studierenden die Fächer Werken und Werken Textil: 12 % aller Studierenden belegen Werken und lediglich 7 % Werken Textil. Dies bedeutet, dass in Kürze ein Engpass an ausgebildeten Lehrpersonen entsteht. Durch geeignete Profilangebote muss diese Entwicklung entschärft werden; eine geeignete Massnahme wäre eine Zusammenfassung einzelner Fächer in der Ausbildung (z.B. Werken und Werken Textil und Bildnerisches Gestalten). Bei der Konzeption des Masterstudienganges muss das Fächerwahlverhalten der Studierenden berücksichtigt werden.

Konzept Profile für einen Masterstudiengang S I

Grundsätze: Ressourcenorientierung versus Schulfeldeinsatz

Die Entwicklung des vorliegenden Konzepts Masterstudiengang Sekundarstufe I basiert auf der Berücksichtigung folgender Prämissen:

Möglichkeiten des Einsatzes im Schulfeld

Die Lehrperson soll

  • möglichst viele Lektionen an einer Klasse unterrichten können
  • eine Klassenlehrerfunktion wahrnehmen können
  • eine Fächerkombination haben, welche die Organisierbarkeit des Unterrichts auch in kleinen Schulen ermöglicht

Berufskompetenzen

Die Lehrperson soll

  • eine Fächerkombination wählen können, bei der die vorhandenen Ressourcen optimal umgesetzt werden können (Ressourcenorientierung)
  • Möglichkeiten zur schultypenspezifischen Akzentuierung (Sek A, B, C) haben
  • vertiefte Kompetenzen in vier gewählten Fächern erwerben (Professionalisierung)
  • eine Vertiefung im Berufsfeld (Theorie-Praxisvernetzung) erfahren

(Diese Forderungen sind die Basis der EDK-Anerkennungsreglemente – weniger wählbare Fächer und darin eine vertiefte Ausbildung; fundierter Berufsfeldbezug, erweiterter Forschungsbezug)

Warum sollen Ausbildungsprofile vorgegeben werden?

Andere Pädagogische Hochschulen lassen den Studierenden bei der Fächerwahl vollständige Freiheit mit der Überlegung, dass der Stellenmarkt dann schon einzelne Profile fordere und dadurch eine Steuerung erfolgen würde. An der PHZH werden heute 40 % Studierende aus anderen Kantonen ausgebildet, die in der Regel eine Anstellung in ihren Herkunftskantonen anstreben. Die PHZH strebt in ihren Profilvorgaben die Verknüpfung beider Prämissen an. Es soll einerseits eine Profilbildung in Bezug auf die eigenen Ressourcen: Sprachliches Profil, Mathematisch - Naturwissenschaftliches Profil, Fremdsprachenprofil und später Musisch-Gestalterisches Profil (Ästhetische Bildung) realisiert werden (entspricht in der Abbildung der Vertikalen) und andererseits soll durch die Zuteilung der Fächer auf drei bis vier Wahlschritte (Horizontale Orientierung im Modell) den Ansprüchen für einen guten Einsatz im Schulfeld ermöglicht werden. Die vorliegenden Ausbildungsprofile ermöglichen für das 7. und 8. Schuljahr der Sekundarstufe I gerechnet für eine Lehrperson einen Einsatz von minimal 10 Lektionen pro Woche und Klasse (bei ungünstigster Fächerwahl) und von 18 Lektionen pro Klasse und Woche (bei günstiger Fächerwahl).

Beurteilung des vorliegenden Modells Masterstudiengang Sekundarstufe I

Das Modell geht von drei Grundprofilen aus, die im Rahmen von 4 Wahlschritten (A, B, C, D) gewählt werden. Jedes Profil weist im Wahlschritt A Fächer auf, die eine hohe Zahl an Lektionen im Berufsfeld (gemäss Lehrplan Sekundarstufe I) garantieren. Im Wahlschritt B können ein oder zwei Fächer gewählt werden. Im Wahlschritt D wird die Profilierung festgelegt.

  • Im Wahlschritt A sind jene Fächer angesiedelt, die in der Volksschule lektionsmässig gut dotiert sind: Mit Deutsch, Mathematik oder einer Fremdsprache ergeben sich bei jedem Profil grosse Stundenanteile (Lektionen) an einer Klasse.
  • Das Modell ermöglicht die Abwahl einer Fremdsprache und eines musischgestalterischen Faches. Damit wird vermieden, dass bei Fehlen einer persönlichen Affinität zu einem Fach dort eine Zwangswahl stattfinden muss.
  • Mit dem vorliegenden Modell werden geeignete Grundlagen für den Aufbau und die Umsetzung der konsekutiven Studiengänge geschaffen (Fach-Bachelor aus UNI und FH absolvieren an PH einen Master S I)
  • Die Profile unterscheiden sich und ermöglichen für den Einsatz im Schulfeld eine Abgrenzung bei Neuanstellungen.
  • Die Erfahrungen aus der bisherigen Ausbildung lassen sich auf das neue Modell gut übertragen. Spezielle Schwierigkeiten in der Umsetzung sind deshalb nicht zu erwarten.
  • Als Nachteil erweist sich in diesem Modell nur, dass folgende Kombinationen in den vorliegenden Profilen nicht möglich sind: Mathematik und Deutsch; Natur &Technik und Fremdsprachen. Eine Realisierung entsprechender Kombinationen wäre möglich durch neue Profile oder aber durch eine Zusatzqualifikation nach dem Diplomerwerb.
  • In einem Pilotstudiengang «Masterausbildung Sekundarstufe I» mit Start im Herbstsemester 2006 und Laufzeit bis Herbstsemester 2008 werden die vom Bildungsrat beschlossenen Ausbildungsprofile evaluiert. Die Berichterstattung an den Bildungsrat bis Ende des Herbstsemesters 2008 beinhaltet im Falle von Konsequenzen einen Antrag auf Anpassung der Ausbildungsprofile ab Studiengang Herbst 09. Der Pilotstudiengang erfüllt die Anforderungen der EDK – Anerkennungsreglemente vom 28.Oktober 2005.

Entwicklungstendenzen der Ausbildungsprofile

  • Es ist zu erwarten, dass die Ansprüche an die Schule in nächster Zeit zu steter Überprüfung und allfälliger Anpassung deren Rahmenbedingungen führen wird. Ein neues Ausbildungskonzept soll künftige Veränderungen der Sekundarstufe I antizipieren können.
  • Das vorliegende Modell lässt die Erweiterung durch Profile zu und ermöglicht dadurch eine Steuerung der für ein Fach benötigten Anzahl Lehrpersonen. Es ist vorstellbar, dass in naher Zukunft für das Fach Werken / Werken Textil oder Religion und Kultur zu wenig ausgebildete S I Lehrpersonen vorhanden sind. Um dieses Feld nicht externen Fachlehrpersonen zu überlassen, sollen Anpassungen im Ausbildungsmodell möglich sein.
  • Eine mögliche Antwort wäre die Zusammenfassung kritischer Fächer zu neuen Ausbildungs- und Unterrichtsbereichen an der Sekundarstufe I. So würde die Schaffung eines neuen Bereichs «Ästhetische Bildung» (bestehend aus Werken, Werken Textil und Bildnerischem Gestalten und allenfalls Musik) den Engpass in der Ausbildung lösen und zudem ein attraktives neues Fach (Integrationsfach) schaffen. Die Bildung weiterer Bereichsfächer (Gesellschaftswissenschaften: Geschichte, Geografie, Religionen und Kulturen) ist denkbar.

Konsequenzen für den Lehrplan Oberstufe (Reform Lehrplan OST)

  • Die für die EDK-Diplomanerkennung zählbaren Fächer wurden nach dem wissenschaftlichen Fächerkanon definiert. Dabei wurde kaum Rücksicht auf die kantonalen Lehrpläne genommen. Es werden im Anhang zu den EDK-Anerkennungsrichtlinien 21 Fächer genannt und alle als gleichwertig gesetzt. In Bezug auf Inhalte und vor allem auf den zeitlichen Umfang, wie diese in der Volksschuloberstufe in der Stundentafel eingebaut sind, werden keine Differenzierungen vorgenommen. Die EDK erlaubt die Bildung von Integrationsfächern nur, wenn diese im Lehrplan der entsprechenden Sekundarstufe I auch so aufgeführt sind. Diese Regelung der EDK verunmöglicht gegenwärtig eine sinnvolle Zusammenfassung von Fächern zu sogenannten Integrationsfächern (Ästhetische Bildung).
  • Durch diese Gleichschaltung werden einzelne Fächer im Studium kaum oder nicht mehr gewählt und dadurch marginalisiert werden (z. B. Chemie, Physik, Religionslehre, Werken Textil). Als Konsequenz für die Einhaltung der Lehrpläne müssen die Schulgemeinden mehr Fachlehrpersonen einstellen.
  • Es ist daher in nächster Zukunft zu überprüfen, wie weit durch Anpassungen des bestehenden Lehrplanes Sekundarstufe I bestehende Fächer (in wissenschaftlichem Fächerkanon gegliedert) neu definiert und zu Integrationsfächern zusammengeführt werden könnten. Mögliche künftige Integrationsfächer könnten sein:
    • Ästhetische Bildung: Werken, Werken Textil, Bildnerisches Gestalten, Musik
    • Gesellschaftswissenschaftliche Bildung: Geschichte, Geographie, Religionen und Kulturen

Antrag

Auf Antrag der Bildungsdirektion beschliesst der Bildungsrat:

  • Der Masterstudiengang S I an der Pädagogischen Hochschule Zürich, mit Start im WS 2006/2007, basiert auf drei vorgegebenen Ausbildungsprofilen (Beilage 2). Studierende wählen aus einem vorgegebenen Katalog die Fächer, in denen sie eine Unterrichtsbefähigung erlangen und eine Vertiefung.
  • Die Profile werden in einem Pilotprojekt, das von Wintersemester 2006/07 bis Herbstsemester 2008 dauert, auf ihre Eignung an der Sekundarstufe I überprüft.
  • Der Bildungsrat beauftragt das Volksschulamt in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Zürich, die Entwicklung neuer Integrationsfächer zu prüfen und Bericht vorzulegen bis Ende Herbstsemester 2008.
  • Mitteilung an die Pädagogische Hochschule Zürich, das Volksschulamt und das Hochschulamt.

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