Mutterschutz

Kapitel
Rechte und Pflichten
Unterkapitel
Mutterschutz
Publikationsdatum
18. Oktober 2022

Gesetzliche Grundlagen

Auf kantonale Anstellungsverhältnisse sind grundsätzlich nur die Vorschriften über den Gesundheitsschutz des Arbeitsgesetzes (ArG) direkt anwendbar (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. a ArG und Art. 3a ArG). In Bezug auf den Mutterschutz sind dies Art. 35 ArG (Gesundheitsschutz bei Mutterschaft), die auf diesen Artikel abgestützten Verordnungsbestimmungen (Art. 61-66 ArGV 1, Art. 34 ArGV 3) sowie die Mutterschutzverordnung. Unklar ist, ob Art. 60 ArGV 1 von der Ausdehnung von Art. 3a ArG umfasst ist. In der Verordnungsbestimmung wird zwar teilweise auf Art. 35 ArG verwiesen. Allerdings geht es in dieser Verordnungsbestimmung um die Regelung der Arbeits- und Stillzeiten. Arbeitszeitregelungen sind jedoch von der Aufzählung in Art. 3a ArG nicht umfasst. Damit wäre Art. 60 ArGV 1 nicht direkt auf Arbeitnehmerinnen des Kantons anwendbar. Art. 60 ArGV 1 gilt aber gestützt auf § 97 Abs. 3 VVO zumindest sinngemäss für kantonale Mitarbeiterinnen (vgl. nächster Abschnitt).

In § 97 Abs. 3 VVO wird das Arbeitsgesetz für den Schutz der Schwangeren und Mütter sinngemäss als anwendbar erklärt. Mit diesem Verweis sind auch Bestimmungen über den Mutterschutz auf kantonale Anstellungsverhältnisse anwendbar, die nicht zum Bereich des Gesundheitsschutzes gehören. Es sind dies Art. 35a ArG, (Beschäftigung bei Mutterschaft) und Art. 35b ArG (Ersatzarbeit und Lohnfortzahlung bei Mutterschaft) sowie Art. 60 ArGV 1, sofern dieser, wie oben ausgeführt wurde, nicht schon direkt für kantonale Arbeitnehmerinnen gilt.

In den folgenden Ausführungen werden die auf den Kanton anwendbaren Bestimmungen zum Mutterschutz zusammenfassend umschrieben:

Arbeitszeit, Beschäftigung

Fernbleiben von der Arbeit

Schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen dürfen nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden (Art. 35a Abs. 1 ArG). Schwangere dürfen auf blosse Anzeige hin von der Arbeit fernbleiben oder die Arbeit verlassen (Art. 35a Abs. 2 ArG). Wird einer schwangeren oder stillenden Frau trotz allfälliger Massnahmen und besonderer Rücksichtnahme die Arbeit zu beschwerlich oder fühlt sie sich gesundheitlich nicht wohl, so darf sie der Arbeit fernbleiben oder die Arbeit jederzeit verlassen. Sie hat dies dem Arbeitgeber aber vorgängig mitzuteilen.
Die Abwesenheit ist aber grundsätzlich nur dann bezahlt, wenn diese nicht nur wegen Unwohlseins erfolgt, sondern wenn gewichtigere gesundheitliche Gründe vorliegen und die Mitarbeiterin gestützt auf § 101 Abs. 2 VVO nach einer Woche oder auf Verlangen der Vorgesetzten bereits früher ein Arztzeugnis einreicht. Reicht die Mitarbeiterin ein Arztzeugnis ein, welches die Arbeitsunfähigkeit wegen Schwangerschaft bescheinigt, ist gestützt auf § 97 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. 99 VVO Lohnfortzahlung zu gewähren.

Tägliche Arbeitszeit

Schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen dürfen nicht über die vereinbarte ordentliche Dauer der täglichen Arbeit hinaus beschäftigt werden (Art. 60 Abs. 1 ArGV 1). Keinesfalls darf die Dauer von 9 Stunden täglicher Arbeit überschritten werden (Art. 60 Abs. 1 ArGV 1) Es gilt somit eine zweifache Begrenzung, wobei die als erste erreichte nicht überschritten werden darf. Gemäss SECO dürfen auch in Ausnahmesituationen keine Zusatzarbeiten verlangt werden, die über diese Grenzen hinausgehen. Somit darf der Arbeitgeber von den betroffenen Arbeitnehmerinnen nicht verlangen, Überstunden (im Sinne von Art. 321c OR) oder Überzeitarbeit (im Sinne von Art. 12 und 13 ArG) zu leisten.

Als vereinbarte ordentliche Dauer ist in Anwendung des kantonalen Personalrechts die vereinbarte Regelarbeitszeit (vor der Schwangerschaft) zu verstehen. Somit darf die tägliche Regelarbeitszeit oder falls diese mehr als 9 Stunden beträgt, eine tägliche Arbeitszeit von 9 Stunden nicht überschritten werden. Wird die Auslegung des seco auf das Personalrecht angewendet, heisst dies, dass die betroffenen Arbeitnehmerinnen keine Überzeit und grundsätzlich auch keine Mehrzeit leisten dürfen.

Die Regelung in Art. 60 Abs. 1 ArGV 1 ist auch auf Teilzeitarbeitende anwendbar, sofern es um Mehrzeit oder Überzeit geht. Dies bedeutet, dass auch Teilzeitarbeitende grundsätzlich nicht über die vereinbarte ordentliche Dauer der täglichen Arbeitszeit hinaus beschäftigt werden dürfen. Eine einvernehmliche dauernde Beschäftigungsgraderhöhung wäre hingegen wohl erlaubt.

Ruhegelegenheit

Schwangere Arbeitnehmerinnen und stillende Mütter müssen sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können (Art. 34 ArGV 3).

Nachtarbeit

Arbeitnehmerinnen, die zwischen 20 Uhr und 6 Uhr arbeitstätig sind, ist von Beginn der Schwangerschaft bis zur 8. Woche vor der Niederkunft auf deren Wunsch hin nach Möglichkeit eine gleichwertige Arbeit am Tag anzubieten. Dies gilt auch für die Zeit zwischen der 8. und 16. Woche nach der Geburt (Art. 35b Abs. 1 ArG). Ab der 8. Woche vor der Niederkunft dürfen schwangere Frauen zwischen 20 Uhr und 6 Uhr nicht beschäftigt werden (Art. 35a Abs. 4 ArG).

Gleichwertig ist gemäss Wegleitung seco eine Arbeit dann, wenn sie den vertraglichen Vereinbarungen in etwa entspricht. Sie hat den geistigen und fachlichen Anforderungen am üblichen Arbeitsplatz gerecht zu werden und darf die betroffene Frau in ihrer besonderen Situation körperlich nicht übermässig belasten. Ausserdem soll der Lohn für die Ersatzarbeit dem für die sonst übliche Arbeit entsprechen. Nicht gleichwertig wäre eine Arbeit z.B. dann, wenn eine Frau anstelle einer verantwortungs- und anspruchsvollen Arbeit reine Hilfsarbeit zu verrichten hätte und dafür auch spürbar weniger Lohn erhalten würde.

Kann der Arbeitgeber einer Frau keine gleichwertige Arbeit tagsüber anbieten, hat er ihr nach Bundesrecht für diese Zeit 80% des Lohnes inkl. 13. Monatslohn zu bezahlen (Ersatzlohn, Art. 35b Abs. 2 ArG). Der Ersatzlohn nach Art. 35b Abs. 2 ArG wird nicht an die Lohnfortzahlung gemäss § 99 VVO angerechnet.

Kann eine Ersatzarbeit nur als Teilzeitpensum angeboten werden, ist die Mitarbeiterin verpflichtet, die Teilzeitbeschäftigung anzunehmen, welche zu 100% entlöhnt wird. Für die Differenz erhält die Mitarbeiterin 80% Ersatzlohn.

Weil die Mitarbeiterin 16 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub hat, wovon mindestens 14 Wochen auf die Zeit nach der Geburt fallen müssen, ist die Bestimmung im Arbeitsgesetz zumindest für die Zeit nach der Geburt nicht von grosser praktischer Relevanz. Falls der Mutterschaftsurlaub vor der 16. Woche nach Niederkunft schon abgelaufen ist und die Mutter wieder arbeiten möchte, ist ihr bis zur 16. Woche eine Ersatzarbeit tagsüber anzubieten oder es ist ihr nach Bundesrecht Ersatzlohn zu entrichten.

Hauptsächlich stehende Tätigkeit

Bei ausschliesslich oder hauptsächlich stehend zu verrichtender Tätigkeit ist schwangeren Mitarbeiterinnen ab dem 4. Schwangerschaftsmonat eine tägliche Ruhezeit von 12 Stunden einzuräumen (Art. 61 ArGV 1). Es ist zudem gestützt auf Art. 61 ArGV 1 nach jeder zweiten Stunde eine Kurzpause von 10 Minuten zu gewähren.

Ab dem 6. Schwangerschaftsmonat sind stehende Tätigkeiten auf insgesamt 4 Stunden pro Tag zu beschränken (Art. 61 Abs. 2 ArGV 1). Diese 4 Stunden können auch unregelmässig auf die ganze Arbeitszeit verteilt werden. Den Mitarbeiterinnen, die üblicherweise während der gesamten Arbeitszeit stehend tätig sind, muss für die über 4 Stunden hinausgehende Zeit eine andere gleichwertige Arbeit zugewiesen werden. Kann eine solche nicht angeboten werden, hat die schwangere Mitarbeiterin nach Bundesrecht für die Ausfallzeit Anspruch auf 80% ihres Lohnes (Art. 35 Abs. 3 ArG). Der Ersatzlohn nach Art. 35 Abs. 3 ArG wird nicht an die Lohnfortzahlung gemäss § 99 VVO angerechnet.

Beschäftigung nach der Geburt

Nach der Geburt besteht für die Mitarbeiterin während 8 Wochen ein Arbeitsverbot. Von der neunten Woche bis zur 16. Woche darf die Mitarbeiterin nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden (Art. 35a Abs. 3 ArG).

Weil die Mitarbeiterin 16 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub hat, wovon mindestens 14 Wochen auf die Zeit nach der Geburt fallen müssen, ist die Bestimmung nicht von grosser praktischer Relevanz. Falls der Mutterschaftsurlaub vor der 16. Woche nach Niederkunft schon abgelaufen ist, darf die Mitarbeiterin nicht gezwungen werden, wieder zu arbeiten. Die Mitarbeiterin hat das Recht, bis zur 16. Woche nach Niederkunft die Aufnahme der Arbeit zu verweigern. In diesem Fall ist der Mitarbeiterin unbezahlter Urlaub zu gewähren oder die Mitarbeiterin kann auf ihren Wunsch hin Mehrzeit kompensieren oder Ferien nehmen. Ersatzlohn wird nur im Zusammenhang mit dem Verbot von beschwerlichen oder gefährlichen Arbeiten (Art. 35 Abs. 3 ArG) oder wenn für sonst übliche Nachtarbeit keine Ersatzarbeit angeboten werden kann (Art. 35b Abs. 2 ArG), entrichtet.

Im Zusammenhang mit der Mutterschaftsentschädigung gemäss Erwerbsersatzgesetz ist zu beachten, dass der Anspruch auf Entschädigung erlischt, sobald die Mitarbeiterin die Arbeit während 14 Wochen nach Geburt auch nur für kurze Zeit aufnimmt. Eine Erwerbsaufnahme mit geringfügigem Lohn gemäss Art. 34d AHVV beendet den Anspruch auf die Entschädigung hingegen nicht. Der Mutterschaftsurlaub nach § 97 Abs. 1 VVO verwirkt jedoch wegen einer kurzen Aufnahme der Tätigkeit in der Regel nicht (Ausnahme: Missbräuchlichkeit). Dies bedeutet, dass im Falle einer kurzen Aufnahme der Arbeitstätigkeit der Kanton den Lohn für den Mutterschaftsurlaub grundsätzlich bezahlen müsste, aber von der Mutterschaftsversicherung keine Entschädigung mehr erhielte.

Gefährliche und beschwerliche Arbeiten

Objektive Kriterien

Der Arbeitgeber darf schwangere Frauen und stillende Mütter zu gefährlichen und beschwerlichen Arbeiten (vgl. nächster Abschnitt) nur beschäftigen, wenn aufgrund einer Risikobeurteilung feststeht, dass dabei keine konkrete gesundheitliche Belastung für Mutter und Kind vorliegt oder wenn eine solche durch geeignete Schutzmassnahmen ausgeschaltet werden kann (vgl. Art. 62 Abs. 1 und 2 ArGV 1).

Zu solchen Arbeiten gehören beispielsweise das Bewegen schwerer Lasten von Hand, Bewegungen und Körperhaltungen, die zu vorzeitiger Ermüdung führen, Arbeiten, die mit Einwirkungen wie Stössen, Erschütterungen oder Vibrationen verbunden sind, Arbeiten unter Einwirkung schädlicher Stoffe oder Mikroorganismen (Art. 62 Abs. 3 ArGV 1). In der Mutterschutzverordnung werden die gefährlichen und beschwerlichen Arbeiten gemäss Absatz 3 genauer beschrieben.

Die Risikobeurteilung ist durch eine fachlich kompetente Person nach den Grundsätzen der Artikel 11a ff. VUV und den spezifischen Vorschriften über den Beizug von fachlich kompetenten Personen bei Mutterschaft vorzunehmen. Die Risikobeurteilung erfolgt erstmals vor Beginn der Beschäftigung von Frauen in einem solchen Betriebsteil und bei jeder bedeutenden Änderung der Arbeitsbedingungen (Art. 63 Abs. 2 ArGV 1).

Wenn die Risikobeurteilung eine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Mutter oder Kind ergibt und keine geeignete Schutzmassnahme getroffen werden kann oder feststeht, dass eine betroffene Frau Umgang hat mit Stoffen, Mikroorganismen oder Arbeiten ausführt, die mit einem hohen Gefahrenpotential verbunden sind, hat der Arbeitgeber eine schwangere Frau oder eine stillende Mutter an einen für sie ungefährlichen und gleichwertigen Arbeitsplatz zu versetzen (vgl. Art. 64 Abs. 3 ArGV 1).

Ist eine Versetzung an einen ungefährlichen und gleichwertigen Arbeitsplatz aus betrieblichen Gründen nicht möglich, darf die Mitarbeiterin im betroffenen Betrieb nicht mehr beschäftigt werden (Art. 65 ArGV 1). In diesem Fall ist ihr nach Bundesrecht Ersatzlohn von 80% des bisherigen Lohnes zu bezahlen (Art. 35 Abs. 3 ArG).

Subjektive Kriterien

Eine schwangere oder stillende Mitarbeiterin, welche die Arbeit aufgrund ihrer augenblicklichen physischen oder psychischen Zustands subjektiv als beschwerlich empfindet, kann eine Versetzung zu einer anderen Arbeit verlangen, die nicht beschwerlich oder gefährlich ist (Art. 64 Abs. 1 ArGV 1). Ist eine Versetzung nicht möglich, darf die Mitarbeiterin zu Hause bleiben. Sie erhält aber nur dann Lohn, wenn der untersuchende Arzt oder die untersuchende Ärztin in einem Zeugnis bescheinigt, dass der Gesundheitszustand der betroffenen Frau eine Beschäftigung mit der beschwerlichen Arbeit nicht oder nur beschränkt zulässt. In diesem Fall stützt sich die Lohnfortzahlung auf § 97 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 99 VVO.

Arbeitnehmerinnen, die gemäss ärztlichem Zeugnis in den ersten Monaten nach der Entbindung nicht voll leistungsfähig sind, dürfen nicht zu Arbeiten herangezogen werden, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen (Art. 64 Abs. 2 ArGV 1). Dies gilt unabhängig davon, ob gestillt wird. Legt die Mitarbeiterin ein solches Arztzeugnis vor, erhält sie Lohnfortzahlung gemäss § 97 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 99 VVO im Umfang ihrer Leistungsunfähigkeit.

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