«HIGH PROTEIN»-Lebensmittel: mehr Schein als Sein?

Wer heutzutage einkaufen geht, kommt fast nicht an «HIGH PROTEIN»-Produkten vorbei. Ob Müesli, Riegel oder Brotaufstrich; plötzlich ist alles «HIGH PROTEIN». Das Kantonale Labor Zürich hat 15 Produkte untersucht und festgestellt, dass deren Versprechungen nicht immer gehalten werden.

Wer aktuell einkaufen geht, kommt fast nicht daran vorbei: plötzlich ist alles «HIGH PROTEIN» – vom Milchgetränk über Riegel bis hin zu Brotaufstrichen. Selbst der altbekannte Hüttenkäse wird mittlerweile als HIGH PROTEIN vermarktet. Das Kantonale Labor Zürich hat 15 dieser Produkte genauer unter die Lupe genommen und sowohl den Proteingehalt wie auch die Kennzeichnung geprüft. Zusätzlich wurde untersucht, ob die Produkte nicht deklarierte Allergene enthalten. Es wurden dabei gezielt Proben aus Onlineshops bestellt. Im Warenkorb landeten dabei unter anderem Proteinriegel, Protein-Chips, Müesli und Granola, Teigwaren aus Hülsenfrüchten und Brotaufstriche.

Was bedeutet eigentlich «HIGH PROTEIN»?

«HIGH PROTEIN» bedeutet so viel wie hoher Proteingehalt. Es handelt sich dabei um eine nährwertbezogene Angabe, für die genaue Vorgaben gelten. Bei einem als «HIGH PROTEIN» ausgelobten Lebensmittel muss der Proteinanteil mindestens 20 Prozent des gesamten Energiewertes ausmachen. Gleichzeitig muss eine Portion des Lebensmittels eine signifikante Menge Protein enthalten. Muss ein Produkt zuerst zubereitet werden, gelten die Vorgaben für das fertig hergestellte Lebensmittel.
Beispiel: ein «HIGH PROTEIN»-Milchdrink enthält 8 Gramm Protein pro 100 ml. Der Drink hat einen Energiegehalt von 65 kcal und wird in einer Flasche à 330 ml verkauft, was einer Portion entspricht. Der Proteingehalt entspricht 32 kcal (8 g Protein x 4 kcal), dies ergibt 49 % des gesamten Energiegehaltes. Eine Flasche enthält 26.4 g Protein, dies entspricht mehr als der Hälfte des täglichen Bedarfs von 50 g. Die Auslobung «HIGH PROTEIN» ist für diesen Milchdrink zulässig.
Nicht zulässig wäre die Angabe bei einem Milchkaffee-Pulver, bei dem das Pulver zwar einen hohen Proteingehalt aufweist, der fertig zubereitete Kaffee aber nur noch knapp 1 Gramm Protein pro Tasse liefert.

Ist drin, was draufsteht?

Wenn ein Lebensmittel mit hohem Proteingehalt ausgelobt wird, erwartet man als Konsument zu Recht, dass die aufgeführte Menge auch enthalten ist. Die Analyse im Labor zeigte aber, dass bei einer Protein-Granola und einem Protein-Brotaufstrich der Proteingehalt tiefer war als deklariert.
Beim Brotaufstrich hatte der tiefere Proteingehalt zur Folge, dass er nicht mehr als «HIGH PROTEIN» verkauft werden darf. Er enthält schlichtweg zu wenig Protein für diese Auslobung.

Mehr Schein als Sein: wie man den Proteingehalt schönrechnet

Im Kampf um die Aufmerksamkeit des Konsumenten wird bei «HIGH PROTEIN»-Produkten gerne ein möglichst hoher Proteingehalt auf der Vorderseite der Packung angegeben. Dabei wird durchaus auch getrickst, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Bei einer Chips-Packung und einem Brotaufstrich wurde der Proteingehalt der ganzen Packung gross ausgelobt. Dass die Chipspackung drei Portionen enthält und der Brotaufstrich für etwa 10 Scheiben Brot reicht, wurde dabei nicht berücksichtigt.
Auch beliebt war die Angabe des Proteingehaltes pro 100 g Müeslimischung, obwohl man dann doch nur 30 g davon isst (und möglicherweise noch weitere Zutaten beimischt).
Der Effekt ist hier immer derselbe: als Konsument muss man mehrere Portionen oder gar die ganze Packung essen, um auf die ausgelobte Menge Protein zu kommen. Da nährwertbezogene Angaben nicht irreführend sein und ausserdem nicht zum übermässigen Verzehr ermutigen dürfen, wurden diese Angaben beanstandet.

«No added sugar» und «soy free»?

Riegel mit Schokolade, Nougat, Karamell und trotzdem ganz ohne zugesetzten Zucker? Das geht! Viele Proteinriegel und Protein-Brotaufstriche werden mit «no added sugar» (ohne Zuckerzusatz) beworben, da sie anstelle von Zucker Süssungsmittel wie Maltit, Erythrit oder Xylit enthalten. Diese sogenannten mehrwertigen Alkohole, auch Polyole oder Zuckeraustauschstoffe genannt, können bei empfindlichen Personen zu Blähungen und Durchfall führen. Lebensmittel mit mehr als 10 % mehrwertigen Alkoholen müssen daher den Warnhinweis «kann bei übermässigem Verzehr abführend wirken» aufweisen. Zusätzlich können die mehrwertigen Alkohole auch in der Nährwertdeklaration bei den Kohlenhydraten aufgeführt werden, dies ist jedoch keine Pflicht.
Bei einem Pistazien-Brotaufstrich mit 16 % Xylit fehlte der Warnhinweis zur möglichen abführenden Wirkung. Bei zwei Riegeln war dieser Hinweis zwar auf den Produktverpackungen aufgeführt, fehlte aber im Onlineshop. Da es sich um eine obligatorische Angabe handelt, muss dieser Hinweis auch beim Online-Angebot aufgeführt werden.

Auch bei den Allergenen wurde genau hingeschaut. Ein Snack auf Basis von Linsen- und Erbsenmehl wurde mit «soy free» beworben. Im Labor konnten aber trotzdem kleine Spuren von Soja nachgewiesen werden. Gut zu wissen: im Gegensatz zu Milchzucker (laktosefrei) oder Gluten (glutenfrei) gibt es keine gesetzlich definierte Limite für die Deklaration «frei von» für andere Allergene wie Soja. Hier ist es umgekehrt geregelt: es ist festgelegt, ab wann die Allergene als Spuren deklariert werden müssen (Positivdeklaration).
Wer beispielsweise mit «soy free» wirbt, muss sicherstellen können, dass sein Produkt garantiert frei ist von Soja. Ansonsten kann es für Soja-Allergiker gefährlich werden. Wie dieser Fall zeigt, ist auf die Angabe «soy free» nicht immer Verlass!

Fazit:
Die Beanstandungsquote von rund 80 % zeigt, dass einige Hersteller von «HIGH PROTEIN»-Produkten ihre Selbstkontrolle nicht ausreichend wahrnehmen. Das Kantonale Labor Zürich wird daher solche Produkte auch künftig regelmässig prüfen.
«HIGH PROTEIN»-Angaben darf man als Konsument durchaus kritisch hinterfragen. Denn Produkte mit hohem Proteingehalt sind nicht automatisch gesünder, nicht selten enthalten sie viel Fett und Zucker. Wer auf Zuckeraustauschstoffe empfindlich reagiert, sollte bei Lebensmitteln mit «no sugar added»-Auslobung die Angaben auf der Verpackung genau prüfen.

Kontakt

Kantonales Labor

Adresse

Fehrenstrasse 15
Postfach
8032 Zürich
Route (Google)

 

Telefon

+41 43 244 71 00

Telefon


Bürozeiten

Montag
08.00 bis 11.45 Uhr und
13.00 bis 16.00 Uhr

Dienstag bis Freitag
08.00 bis 11.45 Uhr und
13.00 bis 16.30 Uhr

E-Mail

info@kl.zh.ch

Für diese Meldung zuständig: