Berufslehre heute: Recyclist
Schulblatt 26.09.2025
Viele Arten von Material werden heute recycelt. Im Recyclinghof der Maag Recycling AG in Winterthur lernt Onur Adigüzel, wie Wertstoffe wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden. Ein Beruf mit Zukunft, sagt Ausbildner Luca Kundert.
Text: Julia Driesen-Rosenberg Foto: Sabina Bobst
Onur Adigüzel läuft schnellen Schrittes über den grossen Hof der Firma Maag Recycling AG in Winterthur. Der junge Mann schüttelt die Wassertropfen von der Jacke, als er die hohe Werkhalle auf dem Gelände betritt – draussen regnet es in Strömen. Drinnen liegt der Geruch von Metall und Karton in der Luft, der Hallenkran ist in Bewegung, und das Kreischen und Dröhnen schwerer Maschinen übertönt fast Adigüzels Stimme. Ihn stört die Geräuschkulisse nicht, er ist ganz in seinem Element: «Ich liebe es, zu sortieren. Wirklich, das mag für manchen vielleicht speziell klingen, aber es ist total mein Ding: aufräumen, Ordnung schaffen. Deswegen ist die Ausbildung auch genau richtig.»
Der 21-Jährige ist im August ins dritte Lehrjahr der Ausbildung zum Recyclisten gestartet. Zum Lehrberuf, erzählt er, sei er per Zufall gekommen. Die Ausbildung habe er vorher gar nicht gekannt. Recyclistinnen und Recyclisten sind Fachleute der Wiederverwertung: Sie sorgen dafür, dass Wertstoffe wie Glas, Metalle, Holz, Karton, Textilien, elektronische Geräte und viele weitere Materialien sortiert, aufbereitet und – eben – recycelt werden.
«Man sollte fit sein und auch bei Wind und Wetter draussen arbeiten können und mögen.»
Luca Kundert, Betriebsleiter und Ausbildner bei Maag Recycling
Abwechslungsreicher Alltag
In der Annahmestelle eines Recyclingbetriebs lernen angehende Recyclistinnen und Recyclisten unter anderem, Wertstoffe von Abfällen zu unterscheiden oder umweltschädliche Stoffe zu identifizieren. Sie üben auch, die Wert- oder Schadstoffe fachgerecht zu reinigen, zu trennen und zu entsorgen. In den Werkhallen geht es dann daran, Materialien mithilfe von Maschinen aufzubereiten, sie zuzuschneiden oder zu pressen. Daneben gehören auch die korrekte Lagerung und der Transport schweren Materials oft zum Alltag der Berufsleute – je nach Ausrichtung und Grösse des Betriebs, für den sie arbeiten.
Onur Adigüzel schätzt die Abwechslung, die ihm ein breit aufgestellter Betrieb wie Maag Recycling bietet: «Wir Lernenden wechseln regelmässig die Abteilung, so bekommt man Einblick in die verschiedenen Bereiche – von der Papier- und Kartonabteilung über die Metallhalle bis hin zur Elektronikzerlegung.» Der Arbeitsalltag könne dabei durchaus körperlich anstrengend sein, erklärt Luca Kundert, Betriebsleiter und Ausbildner bei Maag Recycling.: «Man sollte fit sein und auch bei Wind und Wetter draussen arbeiten können und mögen.» Und er schiebt lachend hinterher: «Bekanntermassen haben wir ja nicht immer Sommer in der Schweiz.» Ihn, selbst ausgebildeter Recyclist, motiviere auch der sinnstiftende Aspekt seines Berufs: «Wir leisten jeden Tag einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.»
Ein Beitrag zur Nachhaltigkeit
Recyclistinnen und Recyclisten bringen die Rohstoffe zurück in den Produktionskreislauf und tragen so zum Umweltschutz bei. Auch für den Lernenden Onur Adigüzel spielte dieser Aspekt eine Rolle bei der Berufswahl: «Ich versuche, umweltbewusst zu leben. Dass ich durch meinen Job dazu beitrage, ist mir wichtig –wichtiger jedenfalls, als zu wissen, was Beyoncé gestern zu Abend gegessen hat.» In seiner Freizeit spielt er Basketball in einem Klub in Rapperswil und trifft seine Freunde. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung möchte er gern einige Zeit im Lehrberuf arbeiten und sich dann weiterbilden.
Die Zukunftsaussichten von Recyclistinnen und Recyclisten seien gut, sagt Luca Kundert. «Ausgebildete Fachkräfte sind gefragt, weil sie das Wissen mitbringen, das im Berufsalltag benötigt wird.» Spezielle Materialkenntnisse etwa. «Kupfer ist nicht gleich Kupfer. Diese feinen, aber wichtigen Materialunterschiede muss eine Fachperson an der Annahmestelle rasch erkennen.»
Kundert selbst hat nach einigen Berufsjahren als Recyclist Projekt- und Teamleitungen übernommen und sich «einfach immer weitergebildet und -entwickelt ». Mittlerweile ist er Betriebsleiter. Die Betreuung der Lernenden ist eine Aufgabe, die ihm viel Freude macht: «Es ist enorm spannend, zu beobachten, wie sie sich während der Lehrzeit fachlich, aber auch persönlich weiterentwickeln. Ich erlebe die jungen Menschen meist als sehr motiviert, lernbereit und konstruktiv.»
Der Beruf Recyclist/in EFZ
Ausbildung: Dreijährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ)
Ausbildungsbetriebe: Recyclingbetriebe
Voraussetzungen: Körperliche Fitness, technisches Verständnis, Dienstleistungsbewusstsein, Interesse für Umweltschutz, Teamfähigkeit
Karrieremöglichkeiten: Zum Beispiel Fachmann/-frau Entsorgungsanlagen, dipl. Logistikleiter/in, dipl. Prozesstechniker/in HF, Bachelor of Science (FH) in Umweltingenieurwesen