Lehre: Interactive Media Designer

Eine Website gestalten oder eine App entwickeln – dazu ist viel Know-how gefragt. Abhivir Wig braucht für seinen Beruf technisches Verständnis und einen Blick für gute Gestaltung. Laut Ausbildner Dennis Schmidlin sind die Lehrstellen sehr begehrt.

Text: Andrea Söldi, Foto: Sabina Bobst

Bereits drei Wochen nachdem Abhivir Wig die Ausbildung zum Interactive Media Designer begonnen hatte, erhielt er sein eigenes Projekt. Zusammen mit der anderen Lernenden der Firma Dreipol in Zürich gestaltet er eine neue Website für eine Lichtinstallationsagentur. «Wir machen alles selber, von der Idee über die Programmierung der Navigation bis zur fertigen Website», erzählt der 18-Jährige. Der Lernende demonstriert auf seinen drei Bildschirmen das Resultat der Arbeiten: Die Struktur der Website steht, die Inhalte fehlen noch. Die Texte, Fotos und Videos muss nun der Kunde liefern.

«Die Licht-Branche lebt von Bildern und Emotionen», weiss Wig. «Die neue Website soll anders und ‹fresh› daherkommen, mit grossen Fotos und Videos.» Zu Beginn führte er zusammen mit der anderen Lernenden eine Konkurrenzanalyse durch: Um nicht genau das Gleiche zu machen wie andere Firmen, schauten sie deren Websites an. Danach erarbeiteten beide anhand eines Styleguides einen Designvorschlag. Im Styleguide werden Farben, Schriften und Zeilenabstände festgelegt und anschliessend dem Kunden unterbreitet. Mit Unterstützung der Programmierabteilung setzten sie später die Architektur und Navigation um.

Ausbildner Dennis Schmidlin und Lernender Abhivir Wig sitzen vor ihren Laptops.
Der Lernende Abhivir Wig (rechts) braucht in seinem Beruf gestalterisches Know-how und technisches Verständnis. Die Lehrstellen als Interactive Media Designer sind laut Ausbildner Dennis Schmidlin begehrt.

Mit Website beworben

«Gestalterisches Arbeiten hat mich schon immer interessiert», sagt Abhivir Wig. «Ursprünglich hatte ich vor, etwas in Richtung Grafik zu machen.» Nach der Sekundarschule absolvierte er deshalb einen einjährigen Vorkurs an der F+F Schule für Kunst und Design in Zürich, wo er unter anderem einen Kurs für Game Design belegte. So kam er immer mehr auf den Geschmack des digitalen Gestaltens und wurde auf die Ausbildung zum Interactive Media Designer aufmerksam. Dabei handelt es sich um einen Grafikberuf für digitale Medien. Bis es klappte mit der Lehrstelle, musste der junge Mann jedoch zahlreiche Bewerbungen einreichen.

Die Ausbildung gibt es erst seit einigen Jahren und ist begehrt. «Wir haben 250 Bewerbungen erhalten», sagt Dennis Schmidlin, Interface-Designer und Berufsbildner bei Dreipol. Darunter wählte die Digitalagentur 20 Personen aus, die in zwei Gruppen je drei Schnuppertage absolvierten. Während die Jugendlichen gemeinsam eine App entwarfen, wurde ihre Eignung geprüft. An Abhivir Wig überzeugte die Firma die gestalterische Vorerfahrung. Seine Bewerbung in Form einer selbst erstellten Website kam gut an und stach unter den Zuschriften heraus.

Die Firma Dreipol an der Zürcher Langstrasse beschäftigt gut 40 Personen und ist während der Pandemie stark gewachsen. Gefragt ist etwa ihr Know-how für die Gestaltung von Webshops. Im mehrheitlich jungen Team mit flacher Hierarchie fühlen sich die Lernenden wohl. Zweimal jährlich steht ein Teamwochenende auf dem Programm und im Frühling durften sie mit einer Delegation zur Design-Konferenz nach Barcelona reisen. «Es war megaeindrücklich», sagt Wig. Bedeutende internationale Marketingagenturen hätten Innovationen wie coole Motion Graphics – also animierte Grafiken – vorgestellt.

Der junge Beruf sei im Wandel begriffen, erklärt Dennis Schmidlin. Der 38-Jährige ist Informatiker und hat später ein Masterstudium in Grafik gemacht. «Wir hängen stark von der Technik ab. Wenn neue Programmiersprachen oder Programmupdates auf dem Markt kommen, müssen wir uns anpassen.» Der Spagat zwischen Technik und Design sei anspruchsvoll. Und auch soziale und kommunikative Kompetenzen seien grundlegend, betont der Berufsbildner: «Wir machen Produkte für Menschen. Man muss sich in andere hineinversetzen können.» Damit denkt er auch an digital weniger affine Gruppen sowie an Personen mit einer Beeinträchtigung. Die Zugänglichkeit von Websites und Apps für Hör- und Sehbehinderte ist ein grosses Thema.

Studium geplant

Während des ersten Ausbildungsjahrs hat Abhivir Wig auch interne Projekte umgesetzt. Zum Beispiel durfte er personalisierte Einladungen für das Frühlingsessen gestalten sowie einen Notfallplan, der für jedes Stockwerk den jeweiligen Standort sowie die Wege zu Feuerlöschern und Erste-Hilfe-Koffern zeigt.

Dass er die gesamte Arbeitszeit am Computer sitzt, stört den Lernenden nicht. Als Ausgleich spielt der Richterswiler Fussball und macht Krafttraining. Allzu viel Freizeit bleibt dem jungen Mann nicht, weil er während der Lehre die Berufsmatur erwerben will. An zweieinhalb Wochentagen besucht er die Schule für Gestaltung Basel und verbringt viel Zeit im Zug. «Es ist anstrengend», sagt Wig. Gerne möchte er später an einer Fachhochschule Motion Graphics oder Game Design studieren. Denn obwohl er seine spärliche Freizeit nicht zu oft am Bildschirm verbringen will, stellt er klar: «Ich game gern.»

Der Beruf Interactive Media Designer/in EFZ

  • Ausbildung: vierjährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) in einer Informatikfirma, Werbeagentur, Medienredaktion oder Kommunikationsabteilung.
  • Aufgaben: Planen von Websites und Apps für interaktive digitale Inhalte. Bedienerfreundliche Gestaltung von Benutzeroberflächen. Medien wie statische oder animierte Texte, Bilder, Video- und Audiodateien herstellen.
  • Voraussetzungen: abgeschlossene Volksschule. Räumliches Vorstellungsvermögen, technisches Verständnis, Kommunikationsfähigkeit. Eignungstest in einem Betrieb im Rahmen einer Schnupperlehre.
  • Karrieremöglichkeiten: zum Beispiel dipl. Grafikdesigner/in HFP, dipl. Gestalter/in HF Kommunikationsdesign oder Bachelor of Arts (FH) in Visueller Kommunikation.

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