Hotel-Tourismus in Zürich – Geschäftstouristen und ausländische Gäste hinterlassen Lücke

Am 16. März erklärte der Bundesrat die «ausserordentliche Lage». Damit kam das Tourismusjahr, das gut begonnen hatte, zum Stillstand. Die bisher erfolgreiche Ausrichtung der Zürcher Tourismusbranche auf Geschäfts- und Städtereisen, Messe- und Event-Tourismus sowie den Flughafentransitverkehr geriet zum Nachteil.

Für das Hotelgewerbe bedeutete der Beginn des Lockdowns, dass die Gäste fernblieben – ein Moment, in dem Hotelbetreiber vor der Frage standen, ob sie ihr Haus weiterhin offen halten sollten. In etwa der Hälfte jener Zürcher Gemeinden mit Hotelbetrieben, die im April geöffnet waren und in der Beherbergungsstatistik erfasst sind, verzeichneten die Hotels gleich viele Öffnungstage wie im April 2019. In etwa einem Drittel der Gemeinden hatten die Hotelbetriebe im Vergleich zum Vorjahresmonat hingegen an bis zu 20 Tagen geschlossen. Während die Betriebe in ländlichen Gebieten bereits im März begannen zu schliessen, traf es im April vermehrt auch Hotels in den touristischen Kernregionen wie der Stadt Zürich und der Flughafenregion.

Kaum noch ausländische Gäste im April

Auffälliger noch ist der Effekt der Grenzschliessungen auf die Zahl der Hotelübernachtungen. Vor dem Hintergrund, dass der Kanton Zürich 2019 mit rund 6 Mio. Logiernächten die Spitzenposition in der Schweiz eingenommen hat – gefolgt von Bern und Graubünden mit jeweils rund 5.5 Mio. Logiernächten – wird das Ausmass der Krise noch deutlicher.

Waren die Übernachtungen im März im Vergleich zum Vorjahresmonat bereits um 65 Prozent rückläufig, ging die Zahl der registrierten Logiernächte im April nochmals drastisch zurück auf 30'300. Dies entspricht einem Rückgang um rund 90 Prozent im Vergleich zum April 2019. Auf Schweizer Gäste entfielen im April 20'600 Logiernächte (-86 Prozent gegenüber April 2019). Lediglich 9'700 Übernachtungen wurden von Gästen aus dem Ausland registriert (-97 % im Vergleich zum April 2019).

Logiernächte aus- und inländischer Gäste

Kanton Zürich, Anzahl Hotel- & Kurbetriebe

Von Kurzaufenthalten geprägt

Zwei Merkmale des Zürcher Tourismus helfen, diesen Einbruch besser einzuordnen. Zum einen konzentriert sich der Tourismus klar auf zwei Regionen, und zum anderen wird er hauptsächlich durch Kurzaufenthalte bestimmt.

Rund 60 Prozent der Übernachtungen entfallen auf Hotels in der Stadt Zürich, weitere 23 Prozent auf die Flughafenregion und der Rest verteilt sich auf die Stadt Winterthur sowie den übrigen Kanton. Auch die Abhängigkeit von ausländischen Touristen ist in der Stadt Zürich am grössten: 46 Prozent der ausländischen Gäste übernachten hier. Aber auch Gemeinden wie Opfikon, Kloten und Rümlang sind stark vom ausländischen Tourismus abhängig. Für Betriebe in diesen Gemeinden ist es die Nähe zum Flughafen, die Gäste zum Übernachten lockt.

Das zweite Merkmal des Zürcher Tourismus ist die Tatsache, dass die meisten Gäste nur Kurzaufenthalte buchen. Im Durchschnitt bleibt ein Gast 1.7 Tage im Kanton Zürich. Ausländische Gäste bleiben nur geringfügig länger (1.8 Tage) als Einheimische (1.6 Tage). Die kurze Aufenthaltsdauer und die Konzentration auf die Stadt Zürich und die Flughafenregion lassen den Schluss zu, dass der Zürcher Tourismus auf Geschäfts- und kurze Städtereisen, Messe- und Event-Tourismus sowie Flughafentransitverkehr ausgerichtet ist.  

Logiernächte nach Region

Kanton Zürich, Anzahl Hotel- & Kurbetriebe, 2019

Schweizer Gäste am wichtigsten

Ab dem 15. Juni werden Grenzübertritte von und nach Deutschland, Frankreich und Österreich wieder möglich sein; die derzeitigen Einreisebeschränkungen an der Grenze zu Italien werden bis auf weiteres beibehalten. Zudem wollen fast alle Länder der EU und des Schengen-Raums zum gleichen Zeitpunkt die volle Personenfreizügigkeit wieder herstellen. Die Öffnung der Schengen-Aussengrenzen ist ab dem 1. Juli geplant.

Geht man davon aus, dass die Zahl der Gäste mit der Öffnung der Grenzen wieder ein ähnliches Niveau wie vor dem Lockdown erreichen wird, werden Gäste aus den unmittelbaren Nachbarländern und der übrigen EU nur etwa ein Drittel aller Übernachtungen ausmachen. Deutschland, die Vereinigten Staaten und Grossbritannien sind die wichtigsten ausländischen Märkte. Zusammen machen sie im Schnitt ein Viertel aller Übernachtungen im Kanton aus. Doch Schweizer Gäste, auf die ein Drittel aller Übernachtungen entfällt, sind für den Zürcher Tourismus – und das nicht erst seit der Krise – ebenfalls sehr wichtig.

Logiernächte nach Herkunftsland

Kanton Zürich, Prozent, Hotel- & Kurbetriebe

Führen die Grenzöffnungen zur Wiederbelebung des Tourismus?

Auch wenn sich mit der Öffnung der Grenzen fast alles wieder normalisieren wird, ist schwer abzuschätzen, ob und wann die Zahl der Gäste wieder auf das Niveau vor der Coronakrise klettern wird.

Die bisher erfolgreiche Fokussierung der Zürcher Tourismusbranche auf Geschäfts- und Städtereisen, Messe- und Event-Tourismus sowie den Flughafentransitverkehr wird nun zur Herausforderung. Typische Ferienregionen wie Bern, Graubünden oder das Tessin sind strukturell besser positioniert, um nach dieser Krise schnell wieder Fahrt aufzunehmen – für sie wird es leichter sein, auf den Inlandtourismus umzusteigen.

Nebst den wieder offenen Grenzen gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, welche die Entwicklung in den kommenden Monaten prägen werden, etwa die Intensität der allgemeinen Reiselust, das Ausmass der Nutzung alternativer Möglichkeiten für Geschäftstreffen oder die Antwort auf die Frage, ob Campingferien in den heimischen Bergen den Vorzug vor Fernreisen erhalten werden. Verschärft wird die Situation zusätzlich durch die anhaltenden Beschränkungen des Flugverkehrs, besonders zu aussereuropäischen Destinationen, und jene für Veranstaltungen, die bis zum Spätsommer in Kraft bleiben sollen. Letztere führen nicht nur dazu, dass eine Reihe von Veranstaltungen abgesagt wird, sondern sorgen auch dafür, dass sie teils in anderen, nicht-physischen Formaten abgehalten werden. Für die Zürcher Hotellerie wird es daher wohl eher schwierig werden, den Mangel an ausländischen Gästen mit Einheimischen auszugleichen.

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