«Zentral ist es, die Fairness zu wahren»

In der Berufsbildung sei es momentan noch wichtiger als sonst, dass alle Partner am gleichen Strick zögen, sagt Kurt Eisenbart, Rektor der Berufsschule Rüti und Präsident der Rektorenkonferenz. Und im Grossen und Ganzen funktioniere dies auch sehr gut.

Kurt Eisenbart ist täglich in seinem Büro in der Berufsschule Rüti anzutreffen. Trotz heruntergefahrenem Betrieb wird hier auf Hochtouren gearbeitet. «Ich war überrascht, wie gut der Fernunterricht von Anfang an funktionierte», sagt der Rektor. Die Schule profitiert davon, dass man in den vergangenen Jahren das E-Learning stark vorangetrieben hat und bereits 80 Prozent der Lernenden mit einem eigenen Notebook arbeiten. Wie agil die Lernenden damit umgehen, hängt allerdings stark vom Beruf ab. Grosse Unterschiede offenbaren sich in der Krise vor allem bei den Lernenden in der zweijährigen Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA). «Es gibt durchaus EBA-Lernende, die den virtuellen Unterricht sehr gut in den Griff bekommen haben, andere bekunden grosse Mühe.» Einzelne sind in den vergangenen Wochen auch «abgetaucht», konnten weder von der Schule noch vom Lehrbetrieb kontaktiert werden. Nicht ausschliesslich EBA-Lernende, und auch nicht nur solche aus Branchen, in denen alles still stand oder noch immer steht. Die BS Rüti hat nach den Frühlingsferien darauf reagiert und ihr Online-Absenzensystem wieder in Betrieb genommen. Wer sich dort nicht mit gutem Grund vom Unterricht abmeldet und nicht erreichbar ist, wird dem Lehrbetrieb gemeldet.

Kurt Eisenbart, Rektor der Berufsschule Rüti und Präsident der Rektorenkonferenz
Der Schulbetrieb ruht. Trotzdem hat Kurt Eisenbart, Rektor der Berufsschule Rüti, alle Hände voll zu tun. Quelle: Foto von Marion Nitsch

Dispensationen vom Unterricht

Als Präsident der Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der Berufsfachschulen im Kanton Zürich (KRB) steht Kurt Eisenbart im regelmässigen Austausch mit sämtlichen Rektorinnen und Rektoren der 29 Berufsfachschulen im Kanton. Mangelnde Selbstdisziplin gewisser Jugendlicher ist dabei immer mal wieder Thema. Lehrpersonen wirken dem entgegen, indem sie solche Schüler in kleinen Gruppen von maximal fünf Personen zeitweilig ins Schulhaus kommen lassen, um sie hier beim Lernen zu unterstützen. Umgekehrt gebe es Berufsbildner, die schwächere Lernende an den Schultagen im Betrieb den Schulstoff erarbeiten liessen, weiss Kurt Eisenbart. In gewissen Branchen werden die Lernenden dagegen täglich im Betrieb gebraucht – zumindest phasenweise. In den ersten Wochen des Lockdown betraf dies vor allem das Gesundheitswesen, den Lebensmittelhandel oder die Logistik, nach den ersten Lockerungen der Massnahmen des Bundes vom 27. April Coiffeure und Coiffeusen sowie Lernende in Gartenzentren. Teilweise gab und gibt es für diese Branchen gesamtschweizerisch vereinbarte Unterrichtsdispensationen oder die Betriebe suchten gemeinsam mit den Schulen gangbare Wege.

Überhaupt sei eine funktionierende Kooperation zwischen den drei Lernorten – Schule, Betrieb, überbetriebliche Kurse (ÜK) – noch wichtiger als sonst. Und Flexibilität sei von allen gefordert. Zum Beispiel bei den praktischen Abschlussprüfungen. Weil die Branchen von den Massnahmen des Bundesrats und den wirtschaftlichen Folgen unterschiedlich betroffen sind, sind auch unterschiedliche Lösungen gefragt. «Zentral ist es, die Fairness zu wahren. Die Branchen sollten sich auf schweizweit einheitliche Regelungen einigen.» Was die schulischen Prüfungen betrifft, hat der Bund, der die Hoheit über die Berufsbildung hat, bereits entschieden: Es finden keine statt. Die bisherigen Zeugnisnoten werden stattdessen als Erfahrungsnoten Auskunft über das Wissen und Können der jungen Berufsleute geben.

Kurt Eisenbart, Rektor der Berufsschule Rüti und Präsident der Rektorenkonferenz
Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Lernorten sei nun wichtiger als je, sagt Kurt Eisenbart. Quelle: Foto von Marion Nitsch

Verzögerung bei Lehrverträgen

Im Übrigen beschäftigt die KRB momentan vor allem die Frage nach der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts, die voraussichtlich am 8. Juni erfolgen soll. Zurzeit setzt man sich mit verschiedenen Öffnungszenarien und einem bunten Strauss offener Fragen auseinander. «Das Thema Hygienemassnahmen im Schulzimmer sorgt bei den Lehrpersonen teilweise für Unbehagen», sagt Kurt Eisenbart. Auch das Thema Sport gibt zu reden, die erwartbaren Unterschiede betreffend den Lernstand der einzelnen Schülerinnen und Schüler oder die Verabschiedung der Abschlussklassen. Und wie es nach den Sommerferien weitergeht. Denn infolge der Krise ist die Rekrutierung neuer Lernender in einigen Betrieben oder Branchen ins Stocken geraten oder gar ausgesetzt worden. Es sei deshalb damit zu rechnen, dass Lehrverträge noch weit über die Sommerferien hinaus abgeschlossen würden. «Die Aufnahme in bereits gestartete Klassen wird für die Lernenden wie auch für die Lehrpersonen eine Herausforderung sein.»

Text: Jacqueline Olivier Fotos: Marion Nitsch

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