«Die Vertiefungswoche war wichtig und richtig»
Schulblatt 14.01.2021
Die erste Woche nach den Weihnachtsferien blieben die Schulhäuser auf Sekundarstufe II weitgehend verwaist. Christian Wölfle, Rektor der Wirtschaftsschule KV Zürich, hofft, dass nun nach dieser sogenannten Vertiefungswoche möglichst mit dem Präsenzunterricht fortgefahren werden kann.
Interview: Jacqueline Olivier, Fotos: Dieter Seeger
Sie haben gerade die sogenannte Vertiefungswoche hinter sich. Wie sah es in Ihrem Schulhaus aus?
Leer. Keine Schülerinnen und Schüler, fast keine Lehrpersonen. Mitarbeitende der Verwaltung und die Schulleitung waren anwesend, einzelne Lehrpersonen erteilten Unterricht vom Schulzimmer aus.
Seit dem 11. Januar ist wieder Präsenzunterricht, es wird aber schon wieder heftig über Schulschliessungen diskutiert. Macht Ihnen das zu schaffen?
Wir sind froh, dass wir am Montag die Schülerinnen und Schüler wieder bei uns begrüssen durften. Für uns ist Präsenzunterricht gerade in dieser Woche sehr wichtig, weil Lernende noch Prüfungen schreiben müssen, denn am 15. Januar ist an unserer Schule Notenabgabe. Natürlich hoffen wir, dass wir auch darüber hinaus am Präsenzunterricht festhalten können, möglichst bis zu den Sportferien. Aber wenn wir wieder zum Fernunterricht zurückkehren müssten, würden wir auch das schaffen.
Die Vertiefungswoche haben Sie selbst angeregt. Warum diese eine Woche?
Nach den Herbstferien verzeichneten wir einen massiven Anstieg der Fallzahlen, der unseren Corona-Stab an seine Grenzen brachte. In den ersten beiden Wochen nach den Ferien hatten wir insgesamt 60 Covid- und 188 Quarantäne-Fälle, die wir alle einzeln abarbeiten mussten, was die Informationen an die Lehrpersonen, die Klassen und die Eltern betraf. Danach hat sich die Situation wieder entspannt. Darum haben wir uns schon früh ans Mittelschul- und Berufsbildungsamt gewandt mit der Bitte, in der ersten Woche nach den Weihnachtsferien Distanzunterricht machen zu können, damit sich ein solches Szenario nicht wiederholen würde.
Und ist diese Rechnung aufgegangen?
Wenn wir die Anzahl Meldungen auf unserer Corona-Inbox als Indikator betrachten, war dieser Entscheid wichtig und richtig: Wir hatten nur sehr wenige Meldungen. Diesbezüglich verlief der Einstieg in den Präsenzunterricht nach dem Jahreswechsel am Montag also ruhig. Dass die Sache damit keineswegs ausgestanden ist, versteht sich von selbst. Ängste wegen der neuen, ansteckenderen Virusvariante sowie die Organisation besserer Platzverhältnisse für die Mittagsverpflegung haben die Schulleitung bereits am ersten Schultag beschäftigt.
Wie geht es denn den Jugendlichen in dieser Krise?
Eine pauschale Einschätzung ist da schwierig. Etliche Lernende arbeiten wie schon in der ersten Welle im Homeoffice. Gerade grosse Banken und Versicherungen sind sehr vorsichtig und setzen strikt auf Homeoffice. Und es gibt sicher Lernende, für die das sehr schwierig ist, etwa wenn die Platzverhältnisse zu Hause eng sind. Wir haben ein internes Beratungsangebot, bei dem sich Schülerinnen und Schüler bei Problemen online oder persönlich melden können. Da hat die Nachfrage in letzter Zeit schon zugenommen – weil den Jugendlichen die Decke auf den Kopf fällt und sie die sozialen Kontakte vermissen.
Wirkt sich die Coronamüdigkeit negativ auf die Leistungen der Lernenden aus?
Laut meinen Lehrerkolleginnen und -kollegen hat sich an der Aufmerksamkeit und der Bereitschaft zu lernen nichts geändert. Die Jugendlichen wissen, dass für sie viel auf dem Spiel steht.
Wie gut gelingt es Ihnen, angesichts von rund 4200 Lernenden die Schutzmassnahmen im Schulhaus durchzusetzen?
Wenn ich durch den Lichthof laufe, stelle ich fest: Fast alle Jugendlichen halten sich an die Regeln, insbesondere ans Tragen der Masken. Wir markieren aber auch abwechselnd Präsenz im Schulhaus, erwähnen es den Lernenden gegenüber lobend, wenn sie die Masken korrekt tragen, und weisen sie andernfalls darauf hin, sie doch bitte richtig aufzusetzen. Im letzten Semester haben wir ausserdem einen «Masken-Rap» eines Schülers aufgenommen, der die Jugendlichen via Lautsprecheranlage dafür sensibilisieren soll, sich auch ausserhalb der Schule an die Hygieneregeln – Masken, Abstandhalten, Händewaschen – zu halten.
Wo sehen Sie für die kommenden Wochen die grösste Herausforderung?
Falls die Impfungen nicht bald zur erhofften Entspannung führen und die Fallzahlen noch bis in den Frühling hinein hoch bleiben, wird man irgendwann entscheiden müssen, wie man mit den Abschlussprüfungen verfährt. Letztes Jahr mussten wir Lernende und Lehrpersonen sehr lange im Ungewissen lassen, bis hierzu von Bund und Verbundpartnern eine Lösung beschlossen wurde. Das war enorm belastend. Sollte sich dieses Jahr erneut abzeichnen, dass es mit den Abschlussprüfungen schwierig werden könnte, wäre es ganz wichtig, früher Klarheit zu schaffen. Aber natürlich hoffe ich, dass wir einen zweiten Corona-Abschlussjahrgang verhindern können.
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