eZürich ICT-Cluster Dialog – Im Zeichen einer nachhaltigen Innovation

Die Teilnehmenden am ICT-Cluster Dialog im September 2017

Am zweiten ICT-Cluster-Dialog des Jahres wurden neue Wege in den Bereichen Verwaltung, Fintech und Innovationsförderung aufgezeigt und rege diskutiert.

Einst standen hier Militärflugzeuge, bereit für ihren Einsatz. Am 26. September begrüsste Carmen Walker Späh, Regierungsrätin und Vorsteherin der Volkswirtschaftsdirektion, die Teilnehmenden des ICT-Cluster-Dialogs auf dem Gelände des Innovationsparks in Dübendorf. «Ein sehr spezieller Ort», sagte Walker Späh. «Hier kann man den Gründergeist förmlich spüren, denn der Innovationspark ist ja selber auch ein Startup.» Und dieser geniesst breite Unterstützung von Bund, Kanton, den umliegenden Hochschulen und der Wirtschaft.

«Neue Features in alten Hangars», fasste Daniel Leupi, Stadtrat und Vorsteher des Finanzdepartments, seinen Eindruck zusammen und freut sich über die Zukunft des Standorts Zürich: «Jedes neue, innovative Unternehmen bringt Arbeitsplätze und Steuereinkünfte nach Zürich.» 43 der 100 innovativsten Startups der Schweiz kommen aus dem Kanton Zürich. Aktuell legt Zürich ein grosses Wachstum hin: «Rund 1000 Unternehmen werden pro Jahr neu gegründet. Derzeit sind über 31 000 Unternehmen in der Stadt Zürich tätig», erklärt Leupi.

Ein Verbund von Innovationsparks

Einen Einblick in die Pläne des Innovationsparks Zürich gab Geschäftsführer René Kalt. «Der H3, kurz für Hangar 3, in dem wir uns gerade befinden, ist der erste Raum, den wir zeigen können», sagt Kalt. Der Innovationspark ist eingebunden in ein Netzwerk von anderen Parks, die sich in Basel, Aargau, Lausanne und Biel befinden. «Wir hinken 50 Jahre hinterher und müssen aufholen», findet Kalt. «Dabei hilft uns die räumliche Nähe von Wirtschaft und Wissenschaft in Zürich.» Heute sind noch verschiedene Einsprachen betreffend Umnutzung des Geländes hängig. Interessierten Firmen, die sich im Innovationspark Zürich niederlassen wollen, bietet Kalt die Möglichkeit, sich schon jetzt in einem dezentralen Areal einzumieten: «So können sie gleich loslegen.»

Durchstarten ist nicht eine Frage der Lokalität, wenn man die Arbeit von Alenka Bonnard und dem Staatslabor betrachtet. Es wurde zu Beginn des Jahres in Bern lanciert und wird von Engagement Migros gefördert. «Wir haben uns auf Innovation in der öffentlichen Verwaltung spezialisiert», sagt die Strategieberaterin. «Ziel ist es, die Dienstleistungen des Staates für die Bürger zugänglicher zu gestalten. Aber auch für die Staatsangestellten soll die Arbeit attraktiver und weniger komplex werden.» Dafür gilt es als erstes die Bedürfnisse zu identifizieren.

Im Workshop zum Thema staatslabor.ch bestätigte sich die Erkenntnis von Alenka Bonnard, dass viele Ansichten über die Leistungen der öffentlichen Hand nicht rational begründet sind. So herrscht ein negatives Bild des Verwaltungsapparates vor, obschon – insbesondere von ausländischen Teilnehmenden – in erster Linie positive Erfahrungen erwähnt wurden.

Nebst der Frage, woher die Vorurteile stammen, ging die Gruppe auch den gemeinsamen Problemstellungen von öffentlichen Verwaltungen und grossen Firmen auf den Grund. Dabei wurde festgestellt, dass traditionelle Betriebe und Verwaltungen Innovation nicht in ihrer «DNA» haben. Querdenker hätten in Unternehmen, die in erster Linie die lineare Bewältigung von Aufgaben belohnen, keinen Platz. Als ein Weg aus der Innovationssackgasse wurde die Einführung von gemischten Arbeitsgruppen vorgeschlagen, die sich aus Experten und Laien sowie Nutzern zusammensetzen, die jedoch über ein Grundverständnis der Materie verfügen. Brainstormings auf einer solchen Basis zeigen oft neue Wege auf.

Ein nachhaltiges Geldsystem

Einen frischen Pfad beschreitet auch die Firma Koina AG: Sie arbeitet an einem Geldsystem, das eine nachhaltige Alternative zum derzeitigen – zentralistisch von einem Wachstumszwang getriebenen Geldsystem – bieten soll. Koina basiert auf Blockchain-Technologie, aber: «Unser System kommt ohne die Blockchain aus», sagt CEO Daniel Neis und fügt der wohl faszinierendsten und zugleich verwirrendsten Technologie der Gegenwart und Zukunft gleich noch eine weitere Facette bei.

«Stellen Sie sich die Blockchain als ein riesiges Hängeregister vor», sagt Daniel Neis. «Bitcoins Public Blockchain ist inzwischen so gross, dass sie immer ineffizienter wird. Für einen Legal Smart Contract (Vertrag, der von Mensch und Maschine gelesen werden kann), wie wir ihn systemisch im Koina-Netzwerk benötigen – wir digitalisieren den Kreditvertrag der Banken –, braucht man keine Blockchain, sondern ein P2P-Protokoll.» Bei Koina befinden sich Server und Client auf dem jeweiligen Gerät des Kunden, wobei jeder Kunde im Koina-System sein eigenes kleines Hängeregister (Ledger / Hauptbuch) hat. Zwischen den Vertragsparteien werden die Transaktionen vom P2P-Protokoll zeitgestempelt und die Veränderungen auf den jeweiligen Ledgern synchronisiert. Am Ende hat jeder nur die Daten auf seinem Ledger, die für ihn relevant sind. Koina bietet dafür den einzelnen Vertragsparteien eine Art Versicherung (digitaler Notarservice) an, sofern der Kunde seine jährliche Nutzungslizenz bezahlt hat. Dieser Service stellt sicher, dass im Netzwerk alles so abläuft, wie von den involvierten Vertragsparteien gewünscht.

Der Hauptfokus von Koina liegt darauf, dass juristische Personen – Firmen und Organisationen – ihr eigenes Geld in Form von digitalem Cash erzeugen können. Dabei wird die Geldschöpfung mit einem Lieferversprechen gedeckt und nicht wie bis anhin mit bereits bestehenden Sicherheiten wie einer Liegenschaft oder Ähnlichem. «Nur das macht eigentlich ökonomisch Sinn, denn schliesslich geht es Käufern stets um das Endprodukt», sagt Daniel Neis. Doch was, wenn die Lieferung ausbleibt? – «Dieser Punkt ist in der Tat eine Herausforderung», gibt der Koina-Geschäftsführer zu. «Versicherungsanbieter sind jedoch bereits daran, Angebote wie eine Lieferausfallversicherung auszuarbeiten, und wir von der Koina AG bieten zusätzlich sogenannte ‹Automation of Arbitration› an, was ein automatisierter Teil unseres Notarservice ist. Ansonsten kommt, wie heute üblich, ein Mahnverfahren zum Zug oder letzten Endes ein Gerichtsverfahren.»

Im anschliessenden Workshop fokussierten Daniel Neis und die Mitarbeiter von Koina vor allem darauf, die noch offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Geldschöpfungssystem zu klären. Die Teilnehmer wollten genau verstehen, wie Koina und die dazu verwendete Technologie funktioniert. Denn es ist zugegebenermassen nicht einfach, die gewohnten Vorstellungen von Geld mit einem neuen System, wie Koina es bietet, im Kopf zusammenzubringen. Das ist allerdings nicht wirklich problematisch und dürfte der Verbreitung neuer Technologien oder neuer Geldsysteme kaum im Weg stehen, wie die Kryptowährungen bereits bewiesen haben. Schliesslich verstehen auch die wenigsten, wie das heutige Geldsystem oder das Internetprotokoll funktionieren. Was jedoch niemanden daran hindert, es täglich zu nutzen.

Wo Skepsis vorherrscht, ist die Furcht vor Nachteilen oder kriminellen Machenschaften nicht weit. Auch in diesem Zusammenhang führt Daniel Neis einen Vorteil des Koina-Geldsystems an: «Dadurch, dass wir keine Blockchain verwenden, sondern jeder seinen eigenen Ledger hat, verringert sich das Hackingrisiko. Denn es könnten maximal einzelne Ledger gehackt werden, nicht aber das ganze System, so wie es heute noch bei den Banken möglich ist. Denn Banken haben alle Konten auf einem Server.» Ferner kommt bei Koina noch ein öffentliches Bewertungsinstrument pro Ledger hinzu. Wenn jemand Geld geschöpft hat, jedoch die versprochenen Leistungen nicht erbringt, fällt sein Ranking entsprechend schlechter aus und ebenso werden seine Geldschöpfungs-Konditionen schlechter. Künftige Kunden sind somit gewarnt.

Für ein Schweizer Innovationslabel

Nicht nur Koina geht nachhaltigen Lösungen nach. Tina Haisch, Head of Centre of Excellence for Innovation, Development of Regions and Competitiveness an der Fachhochschule Nordwestschweiz, präsentierte die mehrjährige, vom Nationalfonds finanzierte Forschungsarbeit «Innovative Allmende».

Diese kommt zum Schluss, dass es in der Schweiz keine konsolidierte Innovationspolitik gibt, sondern dass vielmehr die folgenden drei Schlüsselkonzepte die Basis bilden:

  • Triple Helix: Das Zusammenspiel von Wissenschaft, Industrie und öffentlicher Verwaltung. Das Konzept wird zum Beispiel in Form von Technologie- oder Innovationsparks umgesetzt, in denen Forschung und Unternehmen zusammengebracht werden.
  • Cluster: Inspiriert durch das Silicon Valley entstand in den 90er-Jahren der Begriff «Cluster». Dieser beschreibt die eng vernetzten innovativen Tätigkeiten in einer bestimmten Region und entlang von Wertschöpfungsketten.
  • Exportbasismodell: Der Wohlstand einer Region oder eines Landes beruht vor allem auf dem Export, den sogenannten Basisaktivitäten.

Ein wesentlicher Schwachpunkt ist jedoch, dass sich keines der Konzepte der gegenwärtigen Herausforderungen wie des Klimawandels annimmt oder die sozialwissenschaftliche Komponente berücksichtigt. So erfolgt beispielsweise nicht selten die Forschung in Zürich oder der Schweiz, die Wertabschöpfung hingegen im Silicon Valley.

Für Tina Haisch sollte Innovation Allgemeingut sein: «Innovation wird als ein technischer Prozess zwischen Firmen, Forschungsgruppen, Universitäten usw. verstanden. Wir müssen die Gesellschaft und ihre lokalen Bezüge einbinden, weil eine Lösung nicht überall passt.» So möchte sie ein Swiss-Innovated-Label einführen, das die Reputation der Schweiz im Ausland hervorzuheben vermag und auch nachhaltigen Grundsätzen gerecht wird. Der ICT-Cluster-Dialog vom 26. September im Eventspace des künftigen Innovationsparks Zürich war geprägt von neuen Konzepten und Innovationen, die nicht zuletzt darauf abzielen, sozialverträglichere Produkte zu finden und auch die gesellschaftliche Verantwortung verstärkt miteinzubeziehen.  

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