eZürich ICT-Cluster Dialog – Sind wir bereit für das Internet der Dinge?

Regierungsrätin Carmen Walker Späh am ICT-Cluster Dialog 2016

Industrie 4.0, das Internet der Dinge, Datensicherheit – Schlagworte, die unsere Zeit beherrschen. Am zweiten ICT-Cluster Dialog von eZürich standen diese Themen im Zentrum.

Die Aussicht auf die sanfte, mit Reben gesäumte Anhöhe bei der Halbinsel Au verbreitet fast etwas Ferienstimmung. Bereits beim Stehlunch wird eifrig unter den geladenen Gästen diskutiert, und nur mit etwas Überzeugungskraft verschiebt sich die Schar in den sechsten Stock der Elektron AG. In der obersten Etage befindet sich das Business Development Center, das eingerichtet wurde, um einen eigenständigen Weg zwischen Firmen- und Kundenbedürfnissen zu finden, sagt Elektron-CEO Enrico Baumann.

Der Claim der Elektron AG, die kürzlich ihren 65. Geburtstag feierte, lautet denn auch: Intelligente Lösungen für effiziente Systeme. Die vier Säulen der Firma am linken Zürichseeufer sind Antriebe, Elektronik, Licht und Zahlungssysteme. Mit vernetzten Strassenbeleuchtungen zählt die Elektron AG zu den führenden Anbietern im Bereich Smart Citys. Letzteres freut Regierungsrätin und Vorsteherin der Volkswirtschaftsdirektion Carmen Walker Späh. Sie erinnert in ihrer Begrüssungsansprache daran, dass die schnell fortschreitende Digitalisierung neben riesigen Chancen auch Verunsicherung mit sich bringen kann, und verweist auf den aktuellen Unfall des selbstfahrenden Mini-Postautos in Sitten. «Fehler gehören dazu. Wir würden nicht fliegen, wenn wir nach der ersten Bruchlandung eines Flugzeugs aufgegeben hätten», sagt Walker Späh. Der Standort Zürich verfüge über gute Voraussetzungen, um die kommenden Trends der ICT wie die weiter fortschreitende Digitalisierung, das Internet der Dinge, Industrie 4.0 oder den Einsatz moderner ICT-Technologien im Bereich der Finanzdienstleistungen entscheidend mitprägen zu können. Wenn sich Zürich an der Weltspitze der ICTStandorte etablieren möchte, dann müsse der Zugriff auf Fachkräfte aus der ganzen Welt möglich sein, so Walker Späh. Der Zürcher Regierungsrat setze sich aus diesem Grund nicht nur für den Erhalt der bilateralen Verträge mit der EU ein, sondern dezidiert auch für eine Erhöhung der Kontingente von Arbeitsbewilligungen für Drittstaatenangehörige.

Von der Ausbildung bis zum Matchmaking

Den Begrüssungsworten folgten informative Input-Referate zu Themen wie «Informatik-Ausbildung und -Forschung an der HSR, Hochschule für Technik Rapperswil», «Einblick in die MSM-Research Studie zum Schweizer Internet-of-Things-Markt», «Verwaltung 4.0: Government as a Platform? & Kurzvorstellung der Swiss Data Alliance», «Einzug von virtual & mixed reality in alle Lebensbereiche» und eine Kurzpräsentation der Matching-Plattform Cofoundme. Sämtliche Präsentationen stehen zum Download auf www.awa.zh.ch bereit.

Nicht mehr Produkte, sondern Services

Im Anschluss an die Präsentationen wurden die Themen in Workshops vertieft. Unter der Leitung von Thomas Amberg und Johannes Müller diskutierte eine Gruppe sehr engagiert über das Internet of Things (IoT). Hand in Hand mit dem IoT wird ein Wandel des Geschäftsmodells einhergehen, weg vom Produkt, hin zur Dienstleistung. Firmen wie Hilti verkaufen heute nicht mehr Bohrmaschinen, sondern eine Anzahl Bohrlöcher. Voraussetzung für solche Modelle aber ist, dass die Produkte smart sind und Daten liefern. Mit diesen liessen sich beispielsweise in Zusammenhang mit dem Stromverbrauch auch Modelle entwickeln, die helfen, Verbrauchsspitzen zu brechen. So sieht denn die Mehrheit der Teilnehmenden in erster Linie Vorteile beim Industrial IoT und weniger beim IoT für die Normalbürger.

«Vielleicht denken wir falsch»

Hier stellt sich die Frage, ob wir als Bürger schon genügend aufgeklärt sind, um auch im «digitalen Abbild unserer realen Welt» leben zu können, wie es Tom Kleiber von Microsoft beschreibt. Und Marcel Bernet, IoT-Fachmann und Ausbilder, ergänzt: «Vielleicht denken wir falsch, vielleicht sind wir gar die falsche Generation. Man muss die Sache von Grund auf neu denken.» Forcierte Kombinationen wie Kaffeemaschinen, Kochherde oder andere Haushaltsutensilien, die übers Handy angesteuert werden können, finden die wenigsten attraktiv.

Gewünscht wird vielmehr ein Internet der Dinge, das im Hintergrund läuft. Eines, das eine wirkliche Erleichterung im Alltag mit sich bringt und mühsame Dinge wie Krankenkassenabrechnungen und dergleichen wie von Geisterhand selbst erledigt. Doch um einen solchen Prozess in Gang zu setzen, bedarf es der Transparenz. Es muss klar sein, was mit den Daten geschieht, welche Wege sie nehmen, wer darauf Zugriff hat. In vielen Fällen wird dem Komfort statt dem Datenschutz Vorrang gegeben. Teils weitgreifende Nutzungsbedingungen für mobile Apps werden ungelesen durchgeklickt, weil man von diesem oder jenem Angebot profitieren will. In der Schweiz verfügen wir über ein liberales und politisch stabiles System. Doch was, wenn der Informationsfluss zur Überwachung der Bürger, zur Durchsetzung gewisser Normen missbraucht wird?

Für eine systematische Entwicklung der Datenwirtschaft

Wer soll sich dieser komplexen Thematik annehmen, steht als Frage in der Runde. Führt der Weg über Bildung, die Politik oder den Staat? Die Swiss Data Alliance hat die Politik als Plattform gewählt. Der Verein setzt sich ein für das Recht auf eine digitale Kopie der Daten zur eigenen Person, Transparenz und den Schutz vor übermässigem staatlichem Zugriff auf persönliche Daten. Wie Open- Data-Präsident André Golliez festhält, sind Daten eine Basis für Innovation und wirtschaftliches Wachstum, aber: «Die Datenwirtschaft wird in der Schweiz bisher nicht systematisch entwickelt.» Deshalb brauche es einen überparteilichen Zusammenschluss von Unternehmen, Wirtschaftsverbänden, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen für eine innovative und faire Datenwirtschaft in der Schweiz. Aus Sicht der Workshop- Teilnehmenden liegt der aktuelle Nutzen des Internets der Dinge bei der Industrie. Hier sind die grössten Veränderungen im Gange. Es gilt, nicht länger abzuwarten und zuzuschauen, wie sich die Dinge entwickeln. Die Digitalisierung schreitet schnell voran und mit ihr die Gefahr, den Anschluss zu verlieren.  

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