eZürich ICT-Cluster Dialog – Fintech, Bitcoin und Lehrplan 21

Diskussion am ICT-Cluster Dialog

Fintech, Bitcoin und ICT im Lehrplan 21 wurden am 3. eZürich ICT-Cluster Dialog intensiv diskutiert.

«Bitcoin ist digitales Bargeld. Wenn Sie diese Erkenntnis heute mitnehmen, bin ich bereits zufrieden», bringt es Luzius Meisser, Präsident der Bitcoin Association Switzerland auf den Punkt. Kein anderes Thema warf am 3. eZürich ICTCluster Dialog, der bei Ergon Informatik zu Gast war, mehr Fragen auf als die crypto-currency, die den Mittelsmann umschifft und direkte Zahlungen zwischen Einzelpersonen rund um den Globus in Echtzeit ermöglicht.

Wie bei einer neuen Innovation üblich, hat man in erster Linie die negativen Schlagzeilen im Kopf. Von Betrug und Geldwäscherei war in den Medien in Zusammenhang mit Bitcoin zu lesen. Der Erfinder von Bitcoin versteckt sich hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto, dem japanischen Äquivalent von «Hans Muster». «Ich nehme an, dass Satoshi zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bei einer grossen Firma tätig war. Da er nicht wollte, dass diese die Rechte seiner Erfindung für sich beansprucht, sondern diese der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollen, wählte er den Weg der Anonymität », interpretiert Luzius Meisser die aussergewöhnliche Situation. Nebst diesen Aspekten kommt hinzu, dass Bitcoin als dezentralisiertes System ähnlich dem Internet nicht kontrollierbar ist, und das macht vielen Leuten – insbesondere im Finanzgeschäft – Angst.

Das führt zum Beispiel dazu, dass Bitcoin Startups regelmässig Schwierigkeiten haben, ein Bankkonto zu eröffnen. Meisser: «Ich kenne ein korrekt Finmareguliertes Schweizer Startup, das bei 50 Banken ein Konto beantragt hat, aber stets abgelehnt wurde. Nun sind sie bei einer Bank in Liechtenstein. Da läuft etwas falsch. Wir können nicht zum einen den Fintech-Bereich fördern wollen und gleichzeitig regulatorische Steine in den Weg legen». Er weist darauf hin, dass das Bitcoin-Business in London sowie natürlich im Silicon Valley schon weit fortgeschritten ist und politisch aktiv unterstützt wird. Doch selbst der Präsident der Bitcoin Association gesteht ein: «Es herrscht Wilder Westen im Web. Bevor ich meiner Mutter Bitcoin als Zahlungsmittel empfehlen kann, muss noch viel Arbeit geleistet werden. Doch ohne Risiko gibt es keine Innovation».

Ein öffentliches Transaktionsbuch

Das eigentlich Interessante an Bitcoin ist die Technologie dahinter, die so genannte Blockchain und deren dezentraler Ansatz. «Es ist ein öffentliches Transaktionsbuch », sagt Thomas Puschmann vom Competence Center Sourcing des Business Engineering Institute St. Gallen. «Banken und Versicherungen und andere Finanzakteure wie etwa die New Yorker Börse Nasdaq experimentieren mit der Blockchain-Technologie». In der Blockchain werden sämtliche Transaktionen öffentlich festgehalten und sind damit für alle am Bitcoin-Handel Beteiligten überprüfbar und nachvollziehbar. «Während mein Handy nur eine Verbindung zu vertrauenswürdigen Computern herstellt, wenn ich unterwegs mit Bitcoin bezahlen möchte, rechnet mein PC zu Hause alles mit», sagt Luzius Meisser. Das komplette Archiv aller je getätigten Transaktionen nehme nur wenige Gigabyte Speicherplatz in Anspruch, so der Fachmann.

Auch wenn die Chancen offensichtlich sind, welche die Bitcoin-Technologie mitbringt, herrscht in der Finanz-Branche Skepsis vor: «Die Banken befürchten, dass die neuen Finanzdienstleister bis zu einem Drittel ihrer Erträge wegschnappen können». Amaras Gesetz folgend – «Wir haben die Tendenz, die Auswirkungen von Technologie kurzfristig zu überschätzen, sie aber langfristig zu unterschätzen.» – begegnen diverse Grossbanken der aktuellen Entwicklung mit Innovationsabteilungen. Diese sollen betriebsinterne Modelle finden, um der Fintech-Herausforderung zu begegnen. Im Fazit des Fintech-Workshops wurden denn auch die positiven Aspekte und verschiedene Initiativen wie Swiss Talent Start Up oder Swiss Fintech, die überdies Brücken in die Romandie schlägt, hervorgehoben.

Als Herausforderung erweist sich die Integration von ICT in den Lehrplan 21 im Kanton Zürich. Dieser wird laut Brigitte Mühlemann, der stellvertretenden Leiterin des Volksschulamts Kanton Zürich 2017/18 eingeführt. Im Rahmen des Workshops wurde klar, dass es in der Schweiz kein Lehrmittel gibt, das sich der Informatik in der Volksschule annimmt, und dass die Ausbildung von Lehrpersonen nicht mit vier Nachmittagen getan ist. Pädagogische Hochschulen sind gehalten, der ICT den ihr gebührenden Platz einzuräumen, was in Anbetracht der bevorstehenden Sparmassnahmen von 49 Millionen mehr als schwierig sei, wurde in der Diskussion thematisiert. Von Seiten der Wirtschaftsvertreter wurde Offenheit signalisiert, eine konstruktive Lösung zu unterstützen, die ICT auch auf praktische Weise in die Schulen bringt.

Zusammenfassend hielt Daniel Leupi, Stadtrat und Vorsteher des Finanzdepartements, fest, dass Zürich sich auf dem richtigen Weg befindet, um die Rolle als führender ICT-Standort Europas zu übernehmen. «Es geht etwas», sagt Leupi und weist auf Events hin wie die Leistungsschau ICTskills, die im September 2015 im HB Zürich stattfand, die Initiative Digital Zurich 2025, die am ICTCluster Dialog von Projektleiterin Sunnie Groeneveld präsentiert wurde, und das Game-Festival Ludicious, das im kommenden Januar zum zweiten Mal über die Bühne gehen wird. Besonders die aufstrebende Computerspielbranche erachtet Leupi als unterstützenswert und zeigte sich auch erfreut darüber, dass das Museum of Digital Art nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne 2016 realisiert werden kann. Den roten Teppich für Unternehmen, die Innovationen bringen, will Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh ausrollen und wies in ihrem Schlusswort auf die Signalwirkung des Innovationsparks in Dübendorf hin, der den ICT-Hotspot Zürich auf kommende Generationen hinaus stärken wird.