Stadtrundgänge der Denkmalpflege im Sommer 2007
Medienmitteilung 15.05.2007
Die Denkmalpflegen des Kantons und der Stadt Zürich führen auch in diesem Sommer wieder die beliebten Stadtrundgänge durch. Unter dem Motto «Anders als üblich – sozialgeschichtliche Zeugen» werden verschiedene denkmalpflegerisch interessante Bauten gezeigt, in denen Arbeiter, kinderreiche Familien, hilfsbedürftige Menschen, Minderheiten oder Randständige gelebt haben. Die thematischen Spaziergänge sind kostenlos und finden jeweils am frühen Abend an verschiedenen Orten in der Stadt und im Kanton Zürich statt. Für die Teilnahme an den Führungen ist keine Anmeldung erforderlich.
Während den diesjährigen Stadtrundgängen, die von Fachleuten der kantonalen und städtischen Denkmalpflege organisiert werden, stehen für einmal nicht die noblen Prunkbauten der früheren Obrigkeit und deren Baugeschichte im Zentrum. Vielmehr führen die abendlichen Spaziergänge zu ausgewählten Gebäuden und Orten in der Stadt Zürich und im Kanton Zürich, die in den vergangenen Jahrhunderten von Arbeitern, kinderreichen Familien, hilfsbedürftigen Menschen, Minderheiten oder auch Randständigen bewohnt und belebt wurden. Während den Rundgängen erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit, hinter die Mauern von normalerweise nicht frei zugänglichen Gebäuden zu schauen und anhand von Geschichten zu erfahren, was sich früher dort abgespielt hat. So stehen etwa das alkoholfreie Kurhaus am Zürichberg, die Zwinglikirche in Wiedikon, die Kosthäuser in Aathal oder das Flarzhaus «Freddi» in Bauma auf dem Programm. Bei den Führungen steht jeweils die Frage im Mittelpunkt, wie die früheren Bewohnerinnen und Bewohner ihren Alltag gestaltet und ihre meist ungewöhnliche Lebenssituation gemeistert haben. Gleichzeitig erhalten die Teilnehmenden aber auch die Gelegenheit, sich mit sozialgeschichtlichen Themen auseinanderzusetzen wie beispielsweise mit den Folgen der raschen Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit dem urbanen und sozialen Wohnungsbau im letzten Jahrhundert oder mit dem Entstehen des solidarischen Engagements für Randgruppen und Hilfsbedürftige.
Nach einer Pause im vergangenen Jahr werden die Stadtrundgänge der Denkmalpflegen des Kantons und der Stadt Zürich in diesem Jahr bereits zum 10. Mal durchgeführt. In den vorangegangenen Jahren zogen die Führungen jeweils bis zu hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Die Rundgänge finden vom 22. Mai bis 3. Juli jeweils am Dienstagabend, vom 30. August bis 4. Oktober jeweils am Donnerstagabend um 17.30 Uhr statt. Das Programm kann im Internet unter www.denkmalpflege.zh.ch oder www.stadt-zuerich.ch/hochbau heruntergeladen oder unter der Telefonnummer 043 343 45 00 bestellt werden.
22. Mai, 17.30 Uhr
Im ehemaligen Arbeiterquartier, Zürich
Bei einem Spaziergang werden verschiedene restaurierte Objekte besichtigt. Die Entwicklung des urbanen Wohnungsbaus zwischen Historismus und Moderne kann zwischen dem Idaplatz mit der geschlossenen Blockrandbebauung und der differenzierten Bebauung der 1950er-Jahre im Letzigraben gut nachvollzogen werden.
Treffpunkt: Idaplatz, 8003 Zürich
Anfahrt: mit VBZ-Linien 2 | 3 bis Lochergut
Abbildung: Letzigraben um 1950
29. Mai, 17.45 Uhr
Haus Sonnenberg, Wald
Das 1898 erbaute Haus wird 1911 von der Zürcher Heimstätte für Lungenkranke übernommen. Nach der 1962 erfolgten Übernahme durch das Schweizerische Arbeiterhilfswerk Zürich diente es als erstes Flüchtlingsheim in Wald. Menschen aus verschiedenen Oststaaten haben dort Asyl gefunden. Heute ist darin die Telefonzentrale für Hörgeschädigte untergebracht.
Treffpunkt: Bahnhof Wald oder vor Haus Sonnenberg, 8636 Wald
Anfahrt: Zürich HB ab (S5) 16.55, Rüti an 17.23, Rüti ab (Bus 885) 17.30, Wald an 17.42, Wald ab (Bus) 17.43, Wald Sonnenberg an 17.47
5. Juni, 17.30 Uhr
Sozialer Wohnungsbau, Zürich
Ende des 19. Jahrhunderts explodierte die Bevölkerungszahl der Stadt Zürich. Wäre die Einwohnerzahl bis heute gleich stark gestiegen wie damals, hätte Zürich heute mehr als 6 Millionen Einwohner. Im Kreis 5 sind verschiedene Ansätze sichtbar, wie die Stadt, Genossenschaften und Private damals den Wohnraum und die Infrastruktur für die neuen Einwohner bereitstellten. Ein Spaziergang von den Fierzhäusern zum Röntgenplatz.
Treffpunkt: Tramhaltestelle Museum für Gestaltung, 8005 Zürich
Anfahrt: mit VBZ-Linien 4 | 13
Abbildung: Sozialer Wohnungsbau am Röntgenplatz um 1950
12. Juni, 17.30 Uhr
Kuren am Stadtrand, Zürich
Licht, Luft, Natur und gesunde Ernährung wurden um die Jahrhundertwende von 1900 als heilende Kräfte neu entdeckt. Die sonnigen Hänge des Zürichbergs boten ideale Rahmenbedingungen für reformerische Institutionen wie das alkoholfreie Kurhaus oder die Klinik Bircher-Benner, die sich am Rand der Stadt etablierten. Der Stadt überdrüssige Menschen konnten sich hier temporär einer alternativen Lebensform hingeben, wovon die einzelnen Gebäude noch heute erzählen.
Treffpunkt: Tramendstation Zoo, 8044 Zürich
Anfahrt: mit VBZ-Linien 5 | 6
Abbildung: Kuren an der Zürichbergstrasse 110 um 1966
19. Juni, 17.30 Uhr
Im Zeichen der Solidarität, die Zwinglikirche, Zürich
Der in den 1920er-Jahren entstandene multifunktionale Bau mit monumentaler Ausprägung steht für das gelungene Zusammenwirken von Künstlern, Architekten und Auftraggeber im Zeichen der Solidarität. Programmatisch sind der Verzicht auf die traditionellen Elemente einer Kirche wie Turm und Glocken sowie die Idee des «Hauses» als kirchlicher Versammlungsort.
Treffpunkt: Schmiede Wiedikon, Kreisgebäude, 8003 Zürich
Anfahrt: mit VBZ-Linien 9 | 14 | 33 | 67 | 76
Abbildung: Zwinglikirche an der Aemtlerstrasse in Zürich
26. Juni, 17.30 Uhr
«s chlii Aarau», Kosthäuser im Aathal
Spinnerkönig Heinrich Kunz baute 1851 in Unteraathal seine letzte grosse Fabrik. 1854 entstand ein erstes Arbeiterwohnhaus mit Waschhaus. Es ist heute eines der ältesten noch erhaltenen Arbeiterwohnhäuser der Gegend. Bald folgten weitere sogenannte Kosthäuser, die in der Bevölkerung unter dem Namen «s chlii Aarau» bekannt wurden.
Treffpunkt: Eingang Dinosauriermuseum, 8607 Aathal-Seegräben
Anfahrt: mit SBB (S14) bis Station Aathal oder mit Privatauto bis Parkplatz beim Dinosauriermuseum Aathal
Abbildung: Kosthäuser in Aathal
3. Juli, 17.30 Uhr
Für kinderreiche Familien – am Rande der Stadt, Zürich
Wegen der grossen Wohnungsnot im Zentrum der Stadt Zürich entstanden Anfangs der 1940er-Jahre zwei als Gartenstadt konzipierte Siedlungen auf dem Gebiet Au/Auzelg: Die Siedlung Auzelg, das «Dörfli» am Stadtrand für kinderreiche Familien, und die Siedlung Au, die einzige Selbstversorgersiedlung in der Stadt.
Treffpunkt: Endstation Auzelg, 8050 Zürich
Anfahrt: mit VBZ-Linien 11 | 79
30. August, 17.45 Uhr
Wäckerlingstiftung, Uetikon am See
1870 hiess es: «Hierdurch wird bekundet, dass Jungfrau Regula Wäckerling erklärt hat, eine Stiftung zu gründen zum Zwecke der Versorgung von alten hilfsbedürftigen Personen des Kantons Zürich. Sie, die Geschwister Wäckerling, haben dies getan in Anbetracht, dass sie keine Leibeserben besitzen und in der Absicht, den ihnen gewordenen Glücksgütern eine zur Linderung herber Not möglichst zweckmässige und bleibende Verwendung zu sichern.»
Treffpunkt: vor dem Haupteingang Wäckerlingstiftung, 8707 Uetikon am See
Anfahrt: Zürich HB ab (S7) 17.12, Uetikon am See an 17.32, Uetikon am See ab (Bus 931) 17.35, Uetikon am See Kleindorf Wäckerlingstiftung an 17.37
Abbildung: Wäckerlingstiftung im Jahr 1972,
Abbildung: Wäckerlingstiftung, Waschraum
6. September, 17.30 Uhr
Bettelorden und Beginen, Zürich
Barfüsser und Dominikaner liessen sich im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts am Rand der damaligen Stadt nieder. Im neu zwischen den beiden Klöstern entstehenden Stadtquartier wohnten die Beginen, allein stehende, fromme Frauen, die Arme betreuten und sich um Kranke und Sterbende kümmerten. Bettelorden und Beginen unterstützten sich gegenseitig. Spuren dieser Vergangenheit wie auch die Entwicklung in nachreformatorischer Zeit sind an verschiedenen Orten erkennbar.
Treffpunkt: Tramhaltestelle Neumarkt, 8001 Zürich
Anfahrt: mit VBZ-Linien 3 | 31
13. September, 17.30 Uhr
Kostgänger und Saisonarbeiter, Zürich
Zur raschen baulichen Entwicklung und zur Industrialisierung Zürichs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trugen die temporär zuwandernden Arbeitskräfte wesentlich bei. Besucht wird ein Kostgängerhaus an der Culmannstrasse 27/29.
Treffpunkt: Eingang Haus zum Rech, Neumarkt 4, 8001 Zürich
Anfahrt: mit VBZ-Linien 3 | 31 bis Neumarkt
20. September, 17.30 Uhr
Zentrum für Gehör und Sprache Entlisberg, Zürich
Das heutige Zentrum für Gehör und Sprache Zürich ZGSZ ist die zürcherische Sonderschule für hörbeeinträchtigte und schwer spracherwerbsbeeinträchtigte Kinder. Nachdem die Blinden- und Taubstummenanstalt an der Künstlergasse nach 1911 dem Neubau der Universität hatte weichen müssen, errichtete Kantonsbaumeister Hermann Fietz um 1914 auf dem Entlisberg in Wollishofen einen Neubau.
Treffpunkt: Zentrum für Gehör und Sprache Zürich ZGSZ, Frohalp-Strasse 78, 8038 Zürich
Anfahrt: VBZ-Linien 7 | 70 bis Butzenstrasse
Abbildung: Gehörlosenschule, kurz nach der Fertigstellung
27. September, 17.30 Uhr
«Gelebte Utopie – das Dreieck», Zürich
Einst im Bauboom der Gründerzeit als Renditeobjekte erstellt, schien die Zürcher Autobahnplanung der 1960er-Jahre das Aus für das heterogen zusammengesetzte ›Dreieck’ an der Ankerstrasse zu bedeuten. Nach zwanzig Jahren fiel das Planungsprojekt. Die heterogene Bewohnerschaft – finanzschwach, zumeist den so genannten klassischen drei A, den Alten, Ausländern oder Armen, zugeordnet – kämpfte erfolgreich um den Erhalt der kaum unterhaltenen Bauten.
Treffpunkt: Ankerstrasse 20, 8004 Zürich
Anfahrt: VBZ-Linien 2 | 3 bis Haltestelle Bezirksgebäude
Abbildung: Wohnhaus Ankerstrasse 20,
4. Oktober, 17.30 Uhr
Flarzhaus «Freddi», Bauma Undalen
Als 1978 die Fabrikarbeiterin Rosa Freddi 93-jährig starb, hatte ihr Hausteil keinen Wasseranschluss, und der Abtritt befand sich über der Grube im Gang, direkt neben dem Ziegenstall. Strom für die Beleuchtung (jedoch nicht zum Kochen) wurde erst 1970 eingezogen. Die Wohnung samt allen Einrichtungen konnte vom Kanton als volkskundliches Unikat übernommen werden.
Treffpunkt: Dillhus, 8493 Saland
Anfahrt: Zürich HB ab (S3) 16.33, Pfäffikon ZH an 17.03, Pfäffikon ZH ab (Bus 835) 17.05, Saland Dillhus an 17.22
Abbildung: Flarzhaus «Freddi», die gefangene Küche mit dem Holzherd
Abbildung: Flarzhaus «Freddi», Stube mit Lehmofen
Abbildung: Flarzhaus «Freddi», «Zahltagssäcklein» von Rosa Freddi aus dem Jahr 1940
(Gemeinsame Medienmitteilung der Baudirektion Kanton Zürich und des Hochbaudepartementes der Stadt Zürich)
Hinweis
Diese Meldung ist vor 2018 erschienen. Gegenüber der ursprünglichen Fassung sind alle Bilder, Links und Downloads entfernt worden. Dies beim Wechsel zum neuen kantonalen Webauftritt 2020.
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