Die Zürcher Lernstandserhebung 2003-2016

Wie entwickeln sich die schulischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Kanton Zürich im Laufe der Jahre? Welche Rolle spielen dabei die soziale Herkunft und überfachliche Kompetenzen wie Motivation und Selbstvertrauen? Die Zürcher Lernstandserhebung liefert wichtige Erkenntnisse zu diesen zentralen Bildungsfragen.

Einleitung

Die Zürcher Lernstandserhebung hat die Bildungswege von rund 2000 Schülerinnen und Schülern von ihrem Schuleintritt im Jahr 2003 bis zum Abschluss ihrer nachobligatorischen Ausbildung im Jahr 2016 begleitet. Alle drei Jahre wurden schulische Leistungen und überfachliche Kompetenzen wie Motivation und Selbstvertrauen systematisch erhoben. Ziel der Studie war es, Kompetenz- und Bildungsverläufe darzustellen und aufzuzeigen, wie diese durch individuelle und familiäre Faktoren geprägt werden.

Leistungsentwicklung in Deutsch und Mathematik

Die Studie zeigt, dass die schulischen Leistungen in Deutsch und Mathematik sich während der gesamten obligatorischen Schulzeit kontinuierlich verbessern. Allerdings verlangsamt sich der Leistungszuwachs in Mathematik im Verlauf der Schuljahre. In Deutsch bleibt der Leistungszuwachs weitgehend konstant.

Mädchen weisen bei Schuleintritt höhere Leistungen in Deutsch auf und bauen diesen Vorsprung bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit weiter aus. In Mathematik starten Jungen mit einem Vorsprung, den Mädchen im Verlauf der Schulzeit jedoch nahezu aufholen. Nach neun Schuljahren sind die Mathematikleistungen beider Geschlechter vergleichbar.

Die Leistungsentwicklung in Deutsch und Mathematik wird auf fachspezifischen Skalen abgebildet. Unterschiede von 80 bis 100 Punkten gelten als bedeutend, kleinere Abweichungen als weniger relevant. Ergebnisse zwischen den Fächern sind nicht direkt vergleichbar. Die schulischen Leistungen bei Schuleintritt können nicht abgebildet werden, da eine direkte Vergleichbarkeit methodisch nicht möglich ist. Zu Schuleintritt wird eine durchschnittliche Leistung von 500 Punkten angenommen.

Die Stichprobe umfasst sowohl Schülerinnen und Schüler mit einem typischen Schulverlauf als auch Lernende, die eine Klasse wiederholt oder übersprungen haben. Entsprechend beziehen sich die Ergebnisse der Studie auf den Lernstand nach drei, sechs und neun absolvierten Schuljahren und nicht zwingend auf das Ende der dritten, sechsten oder neunten Klasse.

Unterschiede in der Leistungsentwicklung nach sozialer Herkunft

Kinder aus sozial benachteiligten Familien bringen zu Schulbeginn geringere fachspezifische Kenntnisse mit als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler aus sozial privilegierteren Familien. Diese Unterschiede vergrössern sich während der Primarschule noch. Nach sechs Jahren liegen Kinder aus sozial benachteiligten Familien im Durchschnitt ein Schuljahr in Mathematik und im Lesen sowie zwei Schuljahre im Wortschatz zurück. Diese Leistungsunterschiede bleiben auch in der Sekundarstufe I bestehen.

Die Relevanz der sozialen Herkunft zeigt sich auch darin, wie sich die Gruppe der leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler nach sozialer Herkunft im Verlaufe der Schulzeit zusammensetzt. Diese Gruppe umfasst die 20 Prozent der Lernenden mit den schlechtesten Leistungen. Beim Schuleintritt gehören über ein Drittel der sozial benachteiligten Kinder zur leistungsschwachen Gruppe. Bis zum Schulabschluss steigt dieser Anteil auf 47 Prozent. Bei den Kindern aus sozial privilegierten Familien zeigt sich das Gegenteil: Ihr Anteil in der leistungsschwachen Gruppe sinkt von 18 auf 9 Prozent.

Die soziale Herkunft hängt eng mit anderen Merkmalen der Kinder zusammen, die auch die schulische Leistung beeinflussen. Ein Beispiel ist die Erstsprache der Kinder. Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben häufiger eine andere Erstsprache als Deutsch als Kinder aus sozial privilegierten Familien. Eine andere Erstsprache als Deutsch geht mit schlechteren Leistungen einher. Dieser Zusammenhang wird jedoch durch die soziale Herkunft moderiert. Damit hat die Erstsprache keinen eigenständigen unabhängigen Effekt auf die Leistungsentwicklung.

Zufriedenheit mit der nachobligatorischen Ausbildung

Befragt man die jungen Erwachsenen vier Jahre nach Abschluss der obligatorischen Schule zu ihrer Ausbildungssituation, so bewerten sie diese überwiegend positiv. Unabhängig davon, ob sie einen geradlinigen Bildungsweg oder einen Umweg eingeschlagen haben, empfinden sie ihren Weg rückblickend als passend zu ihren Interessen, Fähigkeiten und Zielen.

Die Auswertungen gliedern die Bildungswege der Teilnehmenden in fünf verschiedene Laufbahnmuster. Laufbahnmuster I bis III beziehen sich auf anspruchsvollere Bildungswege wie den Übergang von der Abteilung A der Sekundarschule in eine drei- oder vierjährige berufliche Ausbildung oder eine gymnasiale Maturitätsschule. In Laufbahnmuster IV und V treten Schülerinnen und Schüler aus den Abteilungen B und C der Sekundarschule in eine dreijährige berufliche Grundbildung oder ein Brückenangebot über. Schülerinnen und Schüler, die einen anspruchsvolleren Bildungsweg einschlagen, sind am Ende der obligatorischen Schulzeit zufriedener mit ihren Ausbildungsplänen als ihre Kolleginnen und Kollegen mit weniger anspruchsvollen Bildungswegen. Vier Jahre später zeigen sich die Unterschiede zwischen den Laufbahnmustern nicht mehr: Die jungen Erwachsenen sind in allen Bildungswegen ähnlich zufrieden mit ihrer Ausbildungssituation.

Broschüren und Berichte

Von der Schule in den Beruf

Von der Schule in den Beruf
Von der Schule in den Beruf
Herausgeber/in
Bildungsdirektion Kanton Zürich, Bildungsplanung
Autor/in
Bildungsplanung

Methodische Details

Datengrundlage

Die Zürcher Lernstandserhebung begleitete die Lernentwicklung von rund 2'000 Schülerinnen und Schülern über einen Zeitraum von neun Jahren. Diese Schülerinnen und Schüler sind repräsentativ für die Lernenden des Kantons Zürich, sodass die Ergebnisse mit geringen Abweichungen auf die gesamte Schülerschaft des Kantons übertragbar sind. Obwohl die Teilnehmendenzahl im Laufe der Zeit zurückging, blieb die Repräsentativität der Stichprobe erhalten.

An der fünften und damit letzten Befragung nahmen noch 1'032 junge Erwachsene teil. Der Rückgang der Teilnahme ist auf den Wechsel von Befragungen im Klassenverbund zu einer Online-Befragung zurückzuführen. Besonders leistungsstarke und weibliche junge Erwachsene nahmen überdurchschnittlich häufig teil. Um Verzerrungen zu vermeiden, wurden fehlende Werte geschätzt. Ergänzend wurden die Bildungslaufbahnen mithilfe der Daten der Bildungsstatistik des Kantons Zürich und des Bundesamts für Statistik rekonstruiert.

Methodik

Das Institut für Bildungsevaluation (IfE) der Universität Zürich und die Pädagogischen Hochschule Zürich (PH Zürich) führten die Studie im Auftrag der Bildungsdirektion durch. Die Studie begann 2003 mit dem Schuleintritt der Kinder und setzte sich mit Erhebungen nach drei, sechs und neun Schuljahren (2006, 2009 und 2012) fort. Die Studie erfasste die Kompetenzen der Lernenden anhand objektiver Leistungstests, die in Zusammenarbeit von Lehrpersonen und Forschenden auf Basis des Zürcher Lehrplans entwickelt wurden. Ergänzend dazu wurden Fragebögen eingesetzt, um Informationen zu individuellen Merkmalen wie Lernfreude und Selbstbewusstsein zu sammeln. In bestimmten Jahren wurden zudem Eltern und Lehrpersonen befragt, um den Einfluss des Familien- und Schulkontexts zu beleuchten. Im Jahr 2016 fand eine fünfte und letzte Erhebung statt, die den Übergang in die nachobligatorische Ausbildung dokumentierte.

Kontakt

Bildungsplanung

Adresse

Walcheplatz 2
8090 Zürich
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