Gegenseitigkeitsprinzip - Anreize und Gegenleistung
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Rechtsgrundlagen
§ 3b SHG SKOS-Richtlinien, Kapitel C.2 SKOS-Richtlinien, Kapitel E.1.2 Weisung der Sicherheitsdirektion zur Anwendung der SKOS-Richtlinien vom 19. November 2015 (gültig ab 1. Januar 2016; nachfolgend Weisung Sicherheitsdirektion)
Erläuterungen
1.Grundsätzliches
§ 3b SHG sieht vor, dass
- die Gemeinden von den Hilfebeziehenden Gegenleistungen zur Sozialhilfe verlangen können, die nach Möglichkeit deren Integration in die Gesellschaft dienen (Abs. 1),
- die Gegenleistungen in der Regel in besonderen Vereinbarungen festgesetzt werden (Abs. 2),
- bei der Bemessung und Ausgestaltung der Sozialhilfe die Arbeits- und weiteren Gegen-leistungen angemessen berücksichtigt werden (Abs. 3). In dafür geeigneten Fällen soll sichergestellt werden, dass nicht (voll) erwerbstätige Klientin-nen und Klienten eine sinnvolle Gegenleistung zur Sozialhilfe erbringen. Dabei ist von einem weiten Begriff der Gegenleistung auszugehen. So kann es sich um eine Beschäftigung im öf-fentlichen Interesse (z.B. im Rahmen eines Einsatzprogramms bzw. mittels Freiwilligenar-beit), um berufliche Qualifizierungen oder auch um die aktive Teilnahme an nötigen Thera-pien handeln. Auch eine Kombination von solchen Tätigkeiten ist möglich. Diese sind auf be-reits erfolgte Eingliederungsschritte abzustimmen und zudem auf die Vereinbarkeit von be-ruflichen und familiären Aufgaben auszurichten. Zu beachten ist indes, dass es nicht Aufga-be der öffentlichen Hand ist, unbeschränkt Eingliederungsangebote bereitzustellen. Vielmehr ist es in erster Linie Sache der Hilfesuchenden, sich um die Erbringung von Gegenleistungen zu bemühen und die dazu notwendige Eigeninitiative zu entwickeln.
2.Zielsetzung
In erster Linie soll durch Anreize (seien es positive oder negative) eine Änderung des Verhal-tens einer Person bewirkt werden. Im Sinne der Förderung wird einerseits ein Anreiz dafür geschaffen, dass eine unterstützte Person eine Gegenleistung erbringt. Dabei kann es sich um die Teilnahme an einem Integrations- oder Beschäftigungsprogramm, um Freiwilligenar-beit, das Absolvieren einer Therapie oder die aktive Stellensuche handeln. Die Gegenleis-tung muss für die betroffene Person zumutbar und geeignet sein, ihre Situation zu verbes-sern. Eine Frage in der praktischen Arbeit ist in diesem Zusammenhang sicherlich, wie die
geeignete Massnahme gefunden werden kann. Es gibt viele sehr gute Integrationsprogram-me, Einsatzmöglichkeiten und Kurse. Eine Hilfestellung für das Finden einer geeigneten In-tegrationsmassnahme bietet die so genannte BUSI-Datenbank (Datenbank über die im Kan-ton Zürich bekannten Programme für berufliche und soziale Integration). Selbstverständlich ist, dass die betroffene Person in den Entscheidungsprozess einbezogen werden muss. Ist es gelungen, sie entsprechend zu motivieren, tut sie also das, was von ihr erwartet wird, wird sie belohnt. Sie erhält je nach ihrer individuellen Anstrengung gemessen an ihren persönlichen Ressourcen eine Zulage (vgl. dazu Kapitel 8.2.01) und hat damit mehr Geld zur Verfügung, als wenn sie die Gegenleistung nicht erbringen würde. Es lohnt sich für die unterstützte Person, sich aktiv zu bemühen. Dies wirkt sich langfristig auch positiv auf die Gesellschaft aus, da mit der erfolgreichen Integration Mittel eingespart werden können.
3.Ausgestaltung
Wird eine Gegenleistung erbracht, so ist darüber und über die Ausrichtung der wirtschaftli-chen Hilfe in der Regel ein Vertrag (Eingliederungsvertrag bzw. Leistungsvereinbarung) zu schliessen. Neben der Dauer und dem mit der Eingliederungsmassnahme verfolgten Ziel sind darin auch die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie die Konsequenzen einer Nichteinhaltung festzuhalten. Damit soll der Hilfe beziehenden Person klar werden, was sie vom Sozialdienst erwarten kann, was von ihr erwartet wird und welches die Konsequenzen der Nichterfüllung der Erwartungen sind. Es handelt sich dabei um einen Vertrag, welcher sich von der Verfügung durch seine Zweiseitigkeit und einen übereinstimmenden Willen un-terscheidet (vgl. dazu auch Kapitel 6.3.02 zur planmässigen Hilfe). Auf solche Vereinbarun-gen kann dann verzichtet werden, wenn klare und einfache Verhältnisse vorliegen. Möchte die Sozialbehörde die Eingliederungsmassnahme anordnen und einseitig durchset-zen, muss sie eine entsprechende Auflage erlassen. Da der Erfolg einer Eingliederungs-massnahmen jedoch in hohem Masse von der Motivation, der Lernbereitschaft und dem Veränderungswillen der betroffenen Person abhängt, ist zu empfehlen, zunächst mit den so-zialarbeiterischen Instrumenten wie Zielvereinbarung oder Eingliederungsvertrag zu arbeiten. Verweigert die betroffene Person das Erbringen einer zumutbaren Gegenleistung, welche ih-re Lage bzw. jene ihrer Angehörigen verbessern würde, darf im Zusammenhang mit der wirt-schaftlichen Hilfe mittels rekursfähigen Entscheids auch eine entsprechende Auflage oder Weisung mit gleichzeitiger Kürzungsandrohung erfolgen (Vgl. Kapitel 14.1.01, Auflagen und Weisungen). Bei deren Nichteinhaltung sind die angedrohten Leistungskürzungen zu verfü-gen.
4.Anreizsystem
§ 3b Abs. 3 SHG sieht vor, dass bei der Bemessung und Ausgestaltung der Sozialhilfe Ar-beits- und andere Gegenleistungen angemessen zu berücksichtigen sind. Die SKOS-Richtlinien sehen verschiedene Massnahmen zur Förderung von Gegenleistungen vor, ins-besondere die materiellen Anreize in Form eines Einkommensfreibetrags oder einer Integra-tionszulage.
4.1 Integrationszulage Die Integrationszulage (IZU) soll der individuellen Anstrengung, die die betroffene Person gemessen an ihren persönlichen Ressourcen unternimmt, um ihre Chancen auf eine erfolg-reiche berufliche und/oder soziale Integration zu erhalten oder zu erhöhen, Rechnung tra-gen. Sie ist damit ein bedeutendes Instrument der Sozialen Arbeit, das eine sorgfältige Ab-klärung der individuellen Möglichkeiten der betroffenen Person erfordert. Auch zugunsten ei-ner Person mit sehr wenigen individuellen Ressourcen kann eine Integrationszulage gespro-chen werden, wenn sie eine persönliche Anstrengung unternimmt, welche der beruflichen und/oder sozialen Integration dient. Die IZU beträgt in der Regel Fr. 100 bis Fr. 300. Minder-jährige und junge Erwachsene (18- bis 25-Jährige) wird die Hälfte der so errechneten IZU ausgerichtet (vgl. Weisung Sicherheitsdirektion, Ziffer II 2. Vgl. dazu Kapitel 8.2.01 4.2 Einkommensfreibetrag Unterstützten Personen ab 16 Jahren, welche im ersten Arbeitsmarkt ein Einkommen erwirt-schaften, wird ein so genannter Einkommensfreibetrag (EFB) gewährt. Der EFB wird in Ab-hängigkeit des Beschäftigungsumfangs festgelegt und beträgt seit dem 1. Januar 2015 im Kanton Zürich Fr. 400 bei einer 100%-Anstellung und wird bei Teilzeitarbeit entsprechend dem Beschäftigungsumfang reduziert. Er beträgt mindestens Fr. 100. Selbständig Erwer-benden kann der EFB ausgerichtet werden, soweit die Einkommens- und Vermögensver-hältnisse klar sind und sich ihre Situation mit jener von unselbständig Erwerbstätigen verglei-chen lässt. 16- bis 25-Jährige haben Anspruch auf die Hälfte des so errechneten EFB (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel E.1.2 sowie Weisung Sicherheitsdirektion, Ziffer II 3). Beim EFB handelt es sich um Einnahmen, die im Unterstützungsbudget nicht berücksichtigt werden. Die betroffenen Personen haben damit ein Einkommen, das über ihrem sozialhilfe-rechtlichen Existenzminimum liegt. Sollte eine Betreibung vorliegen, ist der über dem betrei-bungsrechtlichen Existenzminimum liegende Betrag pfändbar. Es ist darauf hinzuweisen, dass auf jedes Erwerbseinkommen Steuern zu entrichten sind. Durch die Gewährung des EFB ist die unterstützte Person in der Lage, ihrer Steuerverpflichtung nachzukommen. Vgl. dazu Kapitel 9.1.02.
5.Verzicht auf Rückerstattung von rechtmässig bezogenen Leistungen
Schliesslich darf unter Umständen bei Personen, die eine Gegenleistung erbracht haben o-der noch erbringen, auch auf die Rückerstattung von rechtmässig bezogener wirtschaftlicher Hilfe und das Geltendmachen von Verwandtenunterstützung verzichtet werden. Es wird empfohlen, von der Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen, die direkt mit dem Erbringen der Gegenleistung zusammenhängen (z. B. Programmkosten, EFB, IZU, situationsbedingte Leistungen im Zusammenhang mit Integrationsmassnahmen), abzusehen (vgl. § 27 SHG und SKOS-Richtlinien, Kapitel E.3.1).
Vgl. Kapitel 15.2.01.
Rechtsprechung
Praxishilfen
Modell Leistungsvereinbarung bzw. Integrationsvertrag siehe Kapitel 6.3.02 BUSI-Datenbank (Datenbank über die im Kanton Zürich bekannten Programme für berufliche und soziale Integration)
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe