Muslimische Seelsorge und «Zürich-Kompetenz»

Mit zwei Pionierprojekten füllt der Kanton Zürich in Zusammenarbeit mit der muslimischen Gemeinschaft Lücken. Er deckt damit den Bedarf der muslimischen Gemeinschaft nach Seelsorge und nach einer Weiterbildung für religiöse Betreuungspersonen ab.

«Zürich-Kompetenz»

Mit dem Pionier-Projekt «Zürich-Kompetenz» schliesst der Kanton Zürich eine Lücke bei der Weiterbildung von Imamen und muslimischen Betreuungspersonen – wichtigen Schlüsselpersonen für die rund 100'000 Zürcher Musliminnen und Muslime.

Ausgangslage

Religiöse Betreuungspersonen nehmen eine zentrale Rolle innerhalb der Religionsgemeinschaften ein: Sie sind Vorbilder, Vermittlerinnen, kompetente Auskunftspersonen. Vor allem bei nicht-anerkannten Religionsgemeinschaften bauen sie wichtige Brücken zur Gesamtgesellschaft. Sie vermitteln zwischen Religionsgemeinschaft, Gemeinden und Zivilgesellschaft. Sie leisten Integrationsarbeit, sind Sprachrohr und vermitteln Kompetenzen und Wissen, das es in unserer Gesellschaft braucht. Religiöse Betreuungspersonen erbringen also, oftmals ehrenamtlich, Leistungen für die gesamte Gesellschaft.

Im Kanton Zürich leben rund 100'000 Musliminnen und Muslime. Das Bedürfnis in der muslimischen Gemeinschaft nach einer adäquaten Ausbildung ihrer Imame und Betreuungspersonen ist gross. Dies zeigt eine Studie der Universitäten Luzern und Freiburg.

In der Schweiz gibt es eine solche Ausbildung für muslimische Betreuungspersonen jedoch noch nicht. Für die reformierten und katholischen Pfarrerinnen und Gemeindeleitenden zum Beispiel bestehen solche Angebote hingegen schon. Der Kanton Zürich füllt diese Lücke nun mit seinem Projekt «Zürich-Kompetenz»: Er bietet muslimischen Betreuungspersonen einen massgeschneiderten Weiterbildungslehrgang an.

Ziele und Nachhaltigkeit

Das Projekt «Zürich-Kompetenz» soll einen Beitrag insbesondere in folgenden Bereichen liefern:

  1. Den Personenpool von kompetenten Ansprechpersonen vergrössern
  2. Die Entstehung von Parallelstrukturen verhindern
  3. Ein Konzept zum Dialog mit den Teilnehmenden über die Projektdauer hinaus entwickeln

Zielgruppe

Die Sprache der Weiterbildung ist deutsch und sie soll Frauen und Männern offenstehen. Zielgruppe sind Imame, aber auch muslimische Betreuungspersonen, die im Kanton Zürich wohnhaft und tätig sind. Im Fokus stehen Personen, die in der jeweiligen Gemeinschaft eine zentrale Rolle innehaben wie Imame, aber auch weitere Personen in Bereichen wie Bildung, Beratung und Betreuung (insbesondere Lehrkräfte, Gruppenleitende, Theologinnen, Beraterinnen, etc.).

Die Weiterbildung soll möglichst breiten Kreisen zugänglich sein, weshalb auf einen universitären Abschluss als Voraussetzung verzichtet wird.  

in Kürze

3 Fragen zum Pojekt Zürich-Kompetenz

Muslimische Seelsorge

Seelsorge ist ein gesellschaftliches Bedürfnis. Für die gegen 100'000 Musliminnen und Muslime im Kanton Zürich gab es bis anhin kein geregeltes Angebot an seelsorgerischer Betreuung – weder bei Einsätzen von Blaulichtorganisationen noch in Spitälern, Psychiatrien oder Pflegeheimen.

Darum wurde 2017 der Verein Qualitätssicherung der Muslimischen Seelsorge in öffentlichen Institutionen (QuaMS) gegründet: Zusammen mit der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) und mit Unterstützung der reformierten und katholischen Kirche hat der Kanton eine Trägerschaft gegründet, die die muslimische Seelsorge bereitstellt.

Weiterbildungslehrgang

Neben der Bereitstellung des Seelsorgeangebots hat die Trägerschaft auch einen Weiterbildungsauftrag. Mit einem massgeschneiderten Weiterbildungslehrgang, der neben der Vermittlung der Theorie auch Praxiseinsätze enthält, werden die angehenden muslimischen Seelsorgenden auf ihre Aufgabe vorbereitet. Den Weiterbildungsauftrag hat die Trägerschaft an das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg (SZIG) vergeben. Der erste Weiterbildungslehrgang fand 2018/2019 statt, der zweite 2019/2020.

Zertifikatsverleihungsfeier des Weiterbildungslehrgangs «Muslimische Seelsorge und Beratung im interreligiösen Kontext»

Asylseelsorge

2016 startete das Staatssekretariat für Migration (SEM) im Testbetrieb Zürich ein Pilotprojekt für eine muslimische Seelsorge in den Bundesasylzentren. Im Sommer 2018 wurde das Pilotprojekt eingestellt, obwohl das SEM eine positive Bilanz zog und der Bedarf ausgewiesen war.

Die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich ergriff die Initiative, um das wichtige Angebot einer muslimischen Seelsorge in den Zürcher Bundesasylzentren aufrechterhalten zu können. Ab Sommer 2018 hat der Verein QuaMS deshalb das Angebot der Asylseelsorge in sein Portfolio aufgenommen.  

Finanzierung

Vier Geldgeber finanzieren den Betrieb der muslimischen Seelsorge durch den Verein QuaMS: die Evangelisch-reformierte Landeskirche (jährlich 75'000 Franken), die Römisch-katholische Körperschaft (jährlich 75'000 Franken), die Vereinigung der Islamischen Organisationen Zürich (jährlich 25'000 Franken) und die Direktion der Justiz und des Innern (jährlich 150'000 Franken). Hinzu kommen Beiträge für erbrachte Dienstleistungen: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat QuaMS fürs Jahr 2023 für die Seelsorge in den Bundesasylzentren beauftragt.

Künftig soll die muslimische Gemeinschaft die muslimische Seelsorge selbstständig tragen.

Kontakt

Projektleiterin «Zürich-Kompetenz» und muslimische Seelsorge

Adresse

Neumühlequai 10
8090 Zürich
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Telefon

+41 43 259 46 37

E-Mail

myrta.grubenmann@ji.zh.ch

Für dieses Thema zuständig: