Elternbildungs-Newsletter Juli 2022

Fünf Fragen an Prof. Dr. Moritz Daum, 23. Elternbildungsbörse, Elternbildungsapéro 2022, Elternmitwirkung & Elternbildung, Lerngelegenheiten: Thema Krieg & Flucht, Meldestelle pädokriminelle Inhalte und vieles mehr im Elternbildungs-Newsletter vom Juli 2022.

Inhaltsverzeichnis

Liebe Leserin, lieber Leser

Sommer, Sonne, Sonnenschein: Die Sommerferien stehen vor der Tür. In den Räumlichkeiten der Geschäftsstelle Elternbildung werden zwar keine Koffer, dafür aber Zügelkisten gepackt und die Vorbereitungen für Veranstaltungen und Kurse im Herbst sind in vollem Gange.

Wie gewohnt lesen Sie im Newsletter der Geschäftsstelle Elternbildung Neuigkeiten aus der Elternbildung, finden neue Bücher und Rezensionen sowie spannende Tagungen und Weiterbildungen. Diesen Newsletter eröffnet der Professor für Entwicklungspsychologie Moritz Daum.

Viel Vergnügen beim Lesen!

Ihre Geschäftsstelle Elternbildung

5 Fragen an ...

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Prof. Dr. Moritz Daum ist Professor für Entwicklungspsychologie am Psychologischen Institut und Direktor des Jacobs Center for Productive Youth Development an der Universität Zürich.
Prof. Dr. Moritz Daum ist Professor für Entwicklungspsychologie und Vater von drei Kindern.

Prof. Dr. Moritz Daum ist Professor für Entwicklungspsychologie am Psychologischen Institut und Direktor des Jacobs Center for Productive Youth Development an der Universität Zürich. Wie wird der Mensch zu einem sozialen Akteur? Wie agiert und interagiert er mit und in seiner sozialen Umgebung? Solche Fragen beschäftigen ihn und sein Team. Herr Daum ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

  1. Als Vater gehören Sie zur Zielgruppe der Elternbildung. Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen damit?

    Ich bin in der glücklichen bzw. unglücklichen Lage zu diesem Thema zwei Hüte zu tragen, den des Vaters und den des Experten. Eltern haben viele Fragen und diese Fragen ändern sich mit dem Älterwerden der Kinder. Die Elternbildung holt die Eltern bei ihren Fragen ab. Ein wichtiger Punkt ist dabei aus meiner eigenen Erfahrung sowohl in der Forschung als auch als Vater, dass es nur wenig allgemeingültige Regeln gibt. Eine Familie ist immer ein System bestehend aus unterschiedlichsten Elementen in unterschiedlichsten Variationen.

    Dieses System muss als Ganzes funktionieren und alle müssen ihren Platz und ihre Rolle darin finden. Um das zu erreichen, ist es nicht sinnvoll, ein Teilsystem isoliert zu optimieren. Bei der Entwicklung eines Rennwagens darf auch nicht nur der Motor perfektioniert werden bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Reifen. Das hätte zur Folge, dass der Wagen zwar schnell fährt, aber schon in der ersten Kurve aus der Fahrbahn fliegt.

    Im System Familie besteht die zusätzliche Herausforderung, dass die einzelnen Teile des Systems ständiger Veränderung unterliegen. Kinder wachsen, werden selbstständiger, verändern ihre Interessen, so dass sich das System als Ganzes ständig anpassen muss. Eltern müssen idealerweise mit ihren Kindern mitwachsen, sich mit ihnen verändern, was wohl eine der grössten Herausforderungen des Elternseins ist.

    Als Experte werde ich oft gefragt, ob und wie ich mein Wissen über die Entwicklung von Kindern in meine eigene Erziehung einfliessen lasse. Das ist nicht ganz einfach, denn auch wenn ich weiss, wie sich Gehirn und Körper von Kindern zum Beispiel in der Pubertät entwickeln, heisst das noch lange nicht, dass mir dieses Wissen in einer konkreten Situation auch etwas nützt.

  2. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die sozial-kognitive Entwicklung in der frühen Kindheit. Welche Kernbotschaften sind Ihnen besonders wichtig?

    In meiner Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns mit der Frage, wie Kinder lernen mit anderen Personen zu interagieren und zu kommunizieren. Ein besonderer Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung mehrsprachig aufwachsender Kinder. In verschiedenen Studien konnten wir zeigen, dass mehrsprachige Kinder, durch ihre alltäglichen Erfahrungen, sensibler kommunizieren. Im Vergleich zu einsprachigen Kindern klären mehrsprachige Kinder eher Missverständnisse auf, passen sich den kommunikativen Bedürfnissen Anderer an und nutzen häufiger Gesten. Nicht nur deshalb hat es für Kinder enorm viele Vorteile, mehrsprachig aufzuwachsen.

    Die entwicklungspsychologische Forschung zeigt, dass Kinder im Grunde zwei Dinge benötigen, um sich gut zu entwickeln: In Bezug auf die sozial-emotionale Entwicklung ein vertrauensvolles, wohlwollendes und einfühlsames Umfeld, auf das sie sich absolut verlassen können. In Bezug auf die kognitive Entwicklung ein inspirierendes Umfeld, das ihnen Möglichkeiten bietet, Dinge auszuprobieren, kennenzulernen und ihre Neugier auszuleben. 

  3. Aus einem früheren Interview mit Ihnen stammt das Zitat «Wir müssen aufpassen, dass wir dem Kind nicht mit der Planierraupe den (möglicherweise falschen) Weg ebnen». Können Sie dies etwas erläutern?

    Als Erwachsene glauben wir Eltern oft, den richtigen Weg für unsere Kinder zu kennen, und wir wünschen uns, dass Kinder diesen Weg möglichst ohne Hindernisse gehen können. Dabei geht gerne vergessen, dass unsere Erwachsenensicht auf die Kindheit nicht unbedingt dem entspricht, was für Kinder gut ist, sondern vielleicht stärker von den eigenen Wünschen und Träumen der Eltern geprägt ist.

    Ich möchte an dieser Stelle einen Vergleich zur art- und kulturvergleichenden Forschung ziehen. In der artenvergleichenden Forschung wird oft die Kritik laut, dass wir einen zu anthropozentrischen Blick auf das Denken und Verhalten von Tieren haben. Ähnlich wird in der kulturvergleichenden Forschung oft der WEIRD-zentrierte Blick auf andere Kulturen kritisiert («WEIRD» ist die Abkürzung von «Western, Educated, Industrialised, Rich, Democratic»). Es besteht die Gefahr, das Denken und Verhalten anderer Spezies, anderer Kulturen, und eben auch anderer, jüngerer Altersgruppen aus einer westlich geprägten, erwachsenen Sicht interpretiert wird.

    Die Kindheit ist aber oft nicht das, was wir mit der Erwachsenenwelt verbinden. Zum Beispiel, dass alles was Kinder tun, einem Zweck dient oder dienen sollte, zumindest nicht einem, der für uns Erwachsene offensichtlich und nachvollziehbar ist. Manchmal geht es Kindern einfach nur darum, sich aus Freude zu bewegen oder albern zu sein, aus reinem Selbstzweck. Und auch dabei lernen Kinder enorm viel.

    Das geht für uns Erwachsene oft mit einem gefühlten Kontrollverlust einher, denn scheinbar sinnfreies Spiel kann doch nicht zielführend sein. Aber nur weil man den Sinn und Zweck des kindlichen Tuns nicht sofort erkennt, heisst das noch lange nicht, dass es nicht genau das Richtige für ein Kind ist.

  4. Es gibt unzählige Erziehungsratgeber, der Markt boomt: Sehen Sie dies kritisch aus entwicklungspsychologischer Sicht? Führt die Vielzahl an Ratgebern vielleicht noch zu mehr Unsicherheit bei Eltern?

    In verschiedenen Fachgebieten wird viel und intensiv über die Entwicklung in der Kindheit geforscht. Es ist dabei wichtig, dass das dabei geschaffene Wissen nicht nur in Fachzeitschriften sondern auch in konkreteren und praxisrelevanteren Formaten publiziert wird. Allerdings wird es durch die Fülle an Literatur zunehmend schwierig, zu erkennen, was empirisch gut abgestützt ist und was mir als Elternteil weiterhilft.

    Grundsätzlich gehen Eltern oft davon aus, dass sie (und nur sie?) einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder haben. Dieser Einfluss ist insbesondere in der frühen Kindheit tatsächlich sehr gross; Kinder schauen sich Verhaltensweisen von ihren Eltern ab, lernen von ihnen, wie die Welt funktioniert. Zu Beginn des Lebens ist das, was die Eltern tun und wie sie es tun quasi Gesetz, im Sinne von «so funktioniert die Welt!». Allerdings gibt es auch eine Vielzahl an Faktoren, auf die Eltern nur begrenzten Einfluss haben, die genetischen Anlagen, zu einem gewissen Grad die Umwelt in der ein Kind aufwächst.

    Dazu kommt, dass der Einfluss der Eltern im Laufe der Entwicklung abnimmt. Mit zunehmendem Alter des Kindes wächst seine Autonomie und es gewinnt an Möglichkeiten, sein Leben nach den eigenen Interessen zu gestalten. Ratgeber können hier aufklären und Hilfestellungen leisten, konkrete Situationen im alltäglichen Umgang mit Kindern besser zu verstehen.

    Wissenschaftlich fundierte Ratgeberliteratur widerspiegelt aber auch immer die wissenschaftliche Debatte und den aktuellen Zeitgeist. Dabei kann es vorkommen, dass sich Ratgeber zu verschiedenen Themen widersprechen. Unterschiedliche Standpunkte liegen in der Natur des wissenschaftlichen Fortschritts, können aber andererseits auch verunsichern. Deswegen ist es wichtig, bei sich widersprechenden Meinungen nicht zu vergessen, immer auch auf die eigene Intuition zu hören. Oftmals liegt die Lösung nicht in einem strikten «entweder-oder» sondern in einem wohldosierten «sowohl-als-auch».

  5. Welche neuen Herausforderungen sehen Sie für sich als Vater und für Eltern allgemein in den nächsten Jahren?

    Die Entwicklungswissenschaft beschäftigt sich mit der Veränderung, einerseits des Individuums, und andererseits des Kontexts in den ein Individuum oder eine Gruppe von Individuen eingebunden ist. Beide Aspekte befinden sich in stetem Wandel, und die Gesellschaft stand schon immer und steht auch weiterhin vor grossen Herausforderungen, mit denen sie sich auseinandersetzen muss. Aktuell gehören dazu die Digitalisierung, der Klimawandel, das friedliche Zusammenleben, bzw. dass dieses gerade durch den Krieg in der Ukraine in Frage gestellt wird.

    Wir können und müssen uns immer wieder fragen, wie wir uns selbst und unsere Kinder auf diese Veränderungen vorbereiten können. Dabei muss berücksichtigt werden, dass wir zukünftige Veränderungen heute noch gar nicht kennen und wir uns im Grunde auf etwas vorbereiten müssen, was wir noch nicht oder nur vage kennen. Die Kontinuität unseres Lebens liegt also eigentlich im stetigen Wandel.

    Im Bezug darauf, wie wir uns vorbereiten können, fand ich einen Text von Thomas Wagner von der HS Luzern sehr inspirierend (Wagner, 2020). Er skizziert fünf wichtige Eigenschaften, die helfen, Kinder auf die Zukunft vorzubereiten: Resilienz, also Verhaltens- und Denkprozesse, wie mit Herausforderungen in der Umwelt umgegangen werden kann, um Wohlbefinden zu fördern und sich vor Risikofaktoren zu schützen. Sie hilft, die immer neuen Veränderungen gut zu bewältigen. Kreativität hilft, neue Lösungen für immer wieder neue Herausforderungen zu finden, Verknüpfungen herzustellen, wo solche erst einmal nicht sichtbar sind. Kritisches Denken hilft dabei, die immer schneller verfügbare und immer grösser werdende Menge an Informationen zu bewältigen und kritisch zu hinterfragen, um sich vor Manipulation zu schützen. Emotionale Intelligenz ist die Grundlage für die erfolgreiche Zusammenarbeit und Kommunikation. Am interessantesten finde ich allerdings die fünfte Fähigkeit, die Wagner bewusst offen lässt und damit Raum für die Einzigartigkeit eines jeden Kindes schafft.

In eigener Sache

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Die Geschäftsstelle Elternbildung bezieht ab Ende August neue Räumlichkeiten im Zentrum von Zürich. Ab dem 15. August 2022 sind wir an der Zweierstrasse 25, 8004 Zürich zu finden.
Die Postadresse lautet:

Geschäftsstelle Elternbildung,
Zweierstrasse 25, 8090 Zürich

Telefonnummern und Mailadressen bleiben die gleichen.
Alle Kontaktdaten finden Sie auf der Webseite.

Schnappschuss einer vierköpfigen Familie, die draussen zusammensitzt.
Die Elternbildungsbörse stellt Angebote der Elternbildung vor und bietet die Möglichkeit, sich mit Referentinnen und Referenten auszutauschen. Quelle: iStock

Die Elternbildungsbörse – der Marktplatz, an dem sich Referentinnen und Referenten vorstellen und Sie Themen der Elternbildung kennenlernen. Wir freuen uns, wenn wir Sie am Samstag, 24. September 2022 online begrüssen dürfen.

Veranstalten Sie einen Elternbildungsanlass? Suchen Sie nach spannenden Themen und geeigneten Referierenden? Dann können Sie an der Elternbildungsbörse im September 2022 neue Angebote und Fachstellen kennenlernen sowie Referierende buchen.

Ein Elternpaar steht auf einer Wiese vor einem Wald und hält je ein Kleinkind auf dem Arm.
Sie brauchen Hilfe bei der Planung und Durchführung von Elternbildung? Gerne unterstützen wir Sie!

«Elternbildung im Vorschulbereich» ist ein Angebot für Kindertagesstätten, Familienzentren / Familientreffs und Spielgruppen. Diese können ein Elternbildungsangebot zu günstigen Konditionen buchen. Das bestehende Angebot wurde mit weiteren interessanten Themen ergänzt. Alle Informationen finden Sie in der dazugehörenden Broschüre.

An einem Apéro stehen Männer und Frauen in kleinen Gruppen zusammen und unterhalten sich.
Austausch, Information und Inspiration am Elternbildungsapéro. Quelle: iStock

Der Elternbildungsapéro der Geschäftsstelle Elternbildung findet in diesem Jahr am Donnerstag, 27. Oktober 2022 um 17 Uhr im Restaurant Tant Pis in Zürich statt. Eine Gelegenheit fachlichen Input, orientalisches Ambiente, Apéro und einen Schwatz unter Fachkollegen an einem Abend zu erleben. Mehrnoush Zaeri-Esfahani, Autorin sowie Beraterin und Coach für Diversity, beschreibt in einer DENKwerkstatt und mit Einbezug von Storytelling die Bedeutung des Wortes «Integration».

Ein Mädchen sitzt mit zugekniffenen Augen auf dem Fensterbrett und hält sich die Ohren zu.
Wenn Kinder bei Gewalt in der Paarbeziehung zwischen die Fronten geraten bietet der Kurs Unterstützung. Quelle: iStock

Das Kursangebot «Kinder zwischen den Fronten» unterstützt Eltern dabei verlässliche, vertraute und verfügbare Bezugspersonen zu sein. Emotionale Sicherheit ist für die Entwicklung von Kindern eine grundlegende Voraussetzung und gerade bei miterlebter häuslicher Gewalt existenziell wichtig. Die Kinder erleben Angst, Unsicherheit und Überforderung. Wie Eltern mit diesen Gefühlen und vielem mehr umgehen können, erfahren und erarbeiten Eltern im Kurs.

«Kinder zwischen den Fronten» bietet für beide Elternteile Unterstützung und wird in zwei geschlechtergetrennten, voneinander unabhängigen Gruppen geführt. Der Kurs umfasst 6 Treffen à 2,5 Stunden. Die Kursleitung besteht aus einem professionellen Zweierteam (Mann und Frau).

Das Angebot wird als Pilotprojekt der Geschäftsstelle Elternbildung in Zusammenarbeit mit dem kjz Winterthur, dem Frauen-Nottelefon und dem mannebüro züri durchgeführt. Zielgruppe sind von häuslicher Gewalt in der Paarbeziehung betroffene Mütter und Väter von Kindern im Alter von 0 bis 18 Jahren.

Dieser Kurs wird voraussichtlich ab November 2022 durchgeführt. Eine Übersicht aller geplanten Kurse und weitere Informationen finden Sie auf der Webseite.

Eine Mutter hält die Hand auf die Stirn ihrer schlafenden Tochter.
An den Femmes-Tisch-Gesprächsrunden treffen sich Menschen die in ihrer Sprache wichtige Fragen zu Erziehung, Gesundheit- und Integration diskutieren.

Für Eltern mit Migrationshintergrund ist es schwierig, Informationen zur Gesundheit zu finden und zu verstehen. Sie fühlen sich oft unsicher. Gesundheitskompetenz bei Eltern spielt aber eine wichtige Rolle bei der Behandlung von kranken Kindern. Am 17. September 2022 findet die Schulung zum neuen Kartenset statt. Das Set gibt Informationen zu den häufigsten Kinderkrankheiten und zum Umgang mit kranken Kindern. Das Kartenset ist ebenso geeignet für Fachpersonen, die mit Eltern arbeiten.

Elternbildung aktuell

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Die Kantonale Elternmitwirkungs-Organisation KEO feiert 2022 ihr 10-jähriges Jubiläum. Dazu lesen Sie hier ein Interview mit der Präsidentin der KEO, Gabriela Kohler-Steinhauser, welche diese zehn Jahre entscheidend mitgeprägt hat. Elternbildung kann ein wichtiges Standbein von Elternmitwirkungsgremien sein. Die Geschäftsstelle Elternbildung berät und begleitet Elternmitwirkungsgremien bei der Planung und Durchführung von Elternbildungsveranstaltungen sowie bei der Konzeption, Ausrichtung und Evaluation von Elternbildung an Schulen.

Kantonale Elternmitwirkungs-Organisation – Können Sie in einigen Worten erklären, was sich dahinter verbirgt?

Gabriela Kohler-Steinhauser: Die KEO (Kantonale Elternmitwirkungs-Organisation) ist die Dachorganisation der Elternmitwirkungsgremien in den Volksschulen des Kantons Zürich. Vor über 10 Jahren hat eine Gruppe von Eltern erkannt, dass es wichtig ist, die Kräfte der Eltern zu bündeln und zu koordinieren, genügend Kenntnisse der komplexen Strukturen des Schulsystems zu haben und eine gewisse Professionalität als Ansprechpartnerin auf Seiten der Behörde und Verwaltung sicherzustellen. Unsere Mitglieder sind Schulgemeinden im Kanton Zürich. Wir vernetzen die institutionalisierte Elternmitwirkung in den rund 180 Schulgemeinden und 560 Volksschulen des Kantons Zürich. Im Moment zählt die KEO 104 Mitglieder, das entspricht Eltern von über 113’000 Schülerinnen und Schülern.

Angenommen ich wäre ein frisch gewählter Elternrat und kenne die KEO nicht und meine Schule ist auch kein KEO-Mitglied. Welche Vorteile bieten sich Elternräten durch eine Mitgliedschaft bei der KEO?

Gabriela Kohler-Steinhauser: Die KEO bündelt den Informationsfluss von und zu den Elternmitwirkungsgremien. Sie möchte dazu beitragen, die Elternmitwirkungsgremien zu kompetenten Partnern der Schule zu machen. Als anerkannte Partnerin der Bildungsdirektion vertritt sie die Anspruchsgruppe Eltern in bildungspolitischen Fragen. An KEO-Veranstaltungen haben Elternvertretungen aus den Mitgliederschulgemeinden die Möglichkeit, sich kostenlos weiterzubilden oder sich mit anderen Elternräten zu vernetzen. Nicht jeder Elternrat soll das Rad neu erfinden müssen! Die Mitglieder der KEO können das Handbuch für Elternräte kostenlos beziehen sowie unsere telefonische Helpline für Fragen rund um die Schule nutzen.

Elternmitwirkung ist nun seit einigen Jahren fester Bestandteil aller Schulen im Kanton Zürich. Die KEO feiert dieses Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum. Wie hat sich Elternmitwirkung in diesen Jahren entwickelt?

Gabriela Kohler-Steinhauser: In vielen Zürcher Schulen hat sich die Zusammenarbeit mit den Elternräten etabliert und bewährt. Trotzdem ist die institutionelle Elternmitwirkung immer noch ein junges Kind. Noch nicht alle Schulen haben die ideale Form der Zusammenarbeit mit den Eltern gefunden. Nachhaltigkeit und Kontinuität sicherzustellen ist eine ständige Herausforderung. Ab und an geht in den Schulen vergessen, die Eltern mit ins Boot zu holen. Sie könnten sich dann zum Beispiel besser mit einem Projekt identifizieren und einen wichtigen Beitrag leisten. Nur Kuchen backen und Rüebli schälen für den «Gesunden Znüni» reicht nicht aus, um Eltern zu motivieren im Elternrat mitzuarbeiten.

Spannende Elternratsprojekte werden durch die KEO prämiert: Was waren Ihre Highlights in den letzten Jahren und was steht in diesem Jahr an?

Gabriela Kohler-Steinhauser: Ich möchte noch den Hintergrund des VEZ-Preises erklären: Die VEZ (Vereinigte Elternorganisationen Kanton Zürich) ist eine der Gründungsorganisationen der KEO. Als sie aufgelöst wurde, erhielt die KEO einen Teil des Vereinsguthabens. Dieses Geld wollte der KEO-Vorstand sinnvoll einsetzen und gute Elternratsarbeit prämieren. Die Siegerprojekte werden jeweils an unserer Mitgliederversammlung vorgestellt. Als Beispiele möchte ich die Organisation der Morgenbetreuung, die KinderUni-Vorlesung, Deutschkurse oder Projekte zur Schulwegsicherheit nennen. In diesem Jahr hat die Jury das Projekt eines Elternrates prämiert, welcher einen Film erstellt hat, um den Elternrat vorzustellen.

Elternbildung und Elternmitwirkung: Sollte Elternbildung im Jahresprogramm einer Elternmitwirkung ein fester Bestandteil sein und warum?

Gabriela Kohler-Steinhauser: Aus meiner Sicht ist die Schule eine Bildungslandschaft. In einer Bildungslandschaft vernetzen sich Menschen vor Ort, um sich gemeinsam für eine umfassende und chancengerechtere Bildung für alle Kinder und Jugendlichen einzusetzen. Dazu gehört auch die Elternbildung. Elternmitwirkungsgremien haben hier eine wichtige, wertvolle und sinnvolle Aufgabe. Sie können mit der Organisation von Elternbildungsanlässen Themen aufgreifen, die in den Schulen ihrer Kinder gerade aktuell sind und so die Schule unterstützen. Die Schule und die Eltern sind dann auf dem gleichen Wissenstand und können an einem Strick ziehen.

Vor welchen Herausforderungen steht die Elternmitwirkung an Schulen für die kommenden Jahre?

Gabriela Kohler-Steinhauser: Die institutionalisierte Freiwilligenarbeit in Vereinen und Organisationen war in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund der Covid-19-bedingten Schutzmassnahmen für die Bevölkerung relativ stark eingeschränkt. Sie ist ein bisschen eingeschlafen und muss wieder aus dem Dornröschenschlaf geholt werden. Ausserdem sind es immer noch vorwiegend Mütter, die Freiwilligenarbeit leisten. Es wäre schön, wenn sich etwa gleich viele Mütter wie Väter im Elternrat engagieren könnten. Die Formelle, institutionalisierte Freiwilligenarbeit verzeichnete in den letzten Jahren einen Rückgang. Viele Eltern sind mit der Familie und dem Beruf bereits genug ausgelastet. Dies macht die Organisation eines Elternrates nicht einfach und stellt die Elternmitwirkungsgremien vor die grosse Herausforderung, Nachhaltigkeit und Kontinuität aufrechtzuerhalten.

Die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat vielfältige Materialien zur Kindergesundheit auch in ukrainischer Sprache zusammengestellt und bietet diese zum Download an.

Titelbild des Filmes «Wie mit Kindern über Krieg und Flucht sprechen?».
Lerngelegenheiten für Kinder bis 4 – 65 Kurzfilme über frühkindliches Lernen im Alltag

Die Filme «Lerngelegenheiten für Kinder bis 4» wurden um einen Film zum Thema Krieg und Flucht ergänzt. Dabei geht es darum, auf Äusserungen und Gefühle von Kindern behutsam und altersgerecht einzugehen sowie Kindern die Möglichkeit zu geben, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen oder sich davon abzugrenzen.

Logo Clickandstop der Meldestelle gegen Pädokriminalität im Netz
Die Meldestelle bietet Auskunft und Beratung, vermittelt Präventionsangebote und schafft eine bessere Vernetzung der Fachwelt.

Über die Meldestelle clickandstop.ch können Betroffene, Kinder, Jugendliche, Eltern sowie Fach- und Lehrpersonen Webseiten mit pädokriminellen Inhalten rasch, einfach und anonym melden. Diese werden an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet und bearbeitet. Zudem wird anonyme und professionelle Auskunft und Beratung angeboten.

Bücher, Publikationen, Links

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Buchcover «Der Weg zur eigenen Persönlichkeit»
Wie wir werden, wer wir sind.

Der Weg zur eigenen Persönlichkeit; Wie Bindungserfahrungen uns lebenslang prägen, Alan Sroufe, 2022, Klett-Cotta, ISBN 978-3-608-98082-0


Alan Sroufe, emeritierter Professor und Entwicklungsforscher am Institute of Child Development der University of Minnesota beschreibt in seinem Buch, «Der Weg zur eigenen Persönlichkeit», wie bereits sehr frühe Bindungserfahrungen als Säugling ein Leben lang nachwirken können.

Gegliedert ist das Buch entlang der wichtigsten Lebensstationen eines jeden Menschen von der Geburt bis zum Erwachsenenalter. Anhand dieser Lebensphasen beschreibt er die zentralen Ergebnisse seiner eigenen Forschung. Er hat Menschen über Jahrzehnte untersucht, begleitet und dies dokumentiert. Diese Ergebnisse ergänzt er mit sehr persönlichen Erfahrungen seiner anfangs schwierigen, persönlichen Entwicklung, seiner problematischen Familiengeschichte und seinem akademischen Werdegang. So geht er der Frage nach, wie prägend schlechte Bindungserfahrungen sein können, aber auch, wie man sie durch zugeneigte Unterstützung der Betroffenen verarbeiten und überwinden kann.

Entstanden ist eine spannende Mischung aus wissenschaftlicher Fachliteratur (auf leicht zugänglicher Flughöhe) und unterhaltsamer, berührender und eindrücklicher Memoiren.

Der Autor kommt zum Schluss, dass die Persönlichkeit in engen Beziehungen wächst. Hoffnungsvoll stimmt ihn die Erkenntnis, dass frühe traumatische Bindungserfahrungen neben Hinderlichem auch Gutes in sich tragen können.

Buchcover «Warum ich Rosen krieg»
In einfachen Worten und Bildern beschreibt Frieda ihr eigenes Gefühlschaos und ihre Wünsche für eine harmonische Zukunft.

Warum ich Rosen krieg, Anke Noppenberg, 2022, Ernst Reinhardt, ISBN 978-3-497-03106-1


«Hallo, ich bin Frida. Ich bin ein Scheidungskind.», sagt die Hauptfigur des Buches und schildert dabei ihre Erlebnisse und Gefühlslage als solches. Das Kinderbuch richtet sich an Kinder ab drei Jahren und lädt Eltern ein, sich zusammen mit dem Kind mit den Erlebnissen von Frida auseinanderzusetzen. Es ist mit farbigen und einfach gestalteten Kinderzeichnungen illustriert und wird durch Aussagen von Frida ergänzt. Frida benennt dabei Themen wie Gefühlschaos, Loyalitätskonflikt, Übergaben, Manipulation und fachliche Unterstützung. Die Eltern werden mit den Inhalten nicht alleine gelassen. Sie können sich im Schlussteil zu allen Themen vertiefte Informationen beschaffen und erhalten Lösungsvorschläge.

Der Autorin gelingt es mit ausdrucksstarken Kinderzeichnungen, die Perspektive der Kinder ins Zentrum zu stellen. Dies ermöglicht den lesenden Kindern schnell einen Bezug herzustellen und gibt ihnen Sicherheit und Klarheit. Die persönlichen Erläuterungen von Frida sind kurz gehalten und lassen wertvollen Spielraum für eigene Ergänzungen, denn alle Kinder gehen mit der Trennung ihrer Eltern verschieden um. Genau hier liegt die Stärke des Buches, denn im Austausch wird die Beziehung mit dem Kind gestärkt und dadurch tritt das Befinden des Kindes in den Vordergrund. Dem Schlussteil fehlen jedoch konkrete Hilfestellungen, wie auf Fragen oder Unsicherheiten der Kinder reagiert werden kann und wie sich Eltern für das Anpacken des Themas wappnen können. Er bietet aber viele wichtige Fachinformationen zur Lebenswelt des Kindes.

Das Buch «Warum ich Rosen krieg» richtet sich an Eltern, welche mit ihrem Kind ab drei Jahren das Thema Scheidung ansprechen möchten. Fachpersonen können das Buch nutzen, um Eltern die Lebenswelt der Kinder näher zu bringen.

  • Visuelle Wahrnehmung, Rebekka Ludwig und Eberhard Schuy, 2022, BELTZ, ISBN 978-3-407-36810-2
  • Sinne erleben in der Krippe, Ingrid Biermann, 2022, Verlag Herder, ISBN 978-3-451-39349-5
  • Jedes Verhalten hat seinen Sinn, Dorothee Gutknecht, Holger Jessel, Bettina Lamm und Jörg Maywald, nifbe (Hrsg.), 2022, Herder, ISBN 978-3-451-39205-4
  • Wörterzauber statt Sprachgewalt, Lea Wedewardt, 2022, Herder, ISBN 978-3-451-39111-8
  • Praxisbuch hybride Teams, Holger Nauheimer, 2022, BELTZ, ISBN 978-3-407-36814-0
  • Soziale Kompetenz – 75 Therapiekarten, Simone Wittmann und Cathrin Chevalier, 2022, BELTZ
  • Was wird es denn? Ein Kind!, Ravna Marin Siever, 2022, BELTZ, ISBN 978-3-407-86652-3
  • Ernstnehmen – Zuhören – Erfahrungen ermöglichen, Marlies Pörtner, Martina Portmann und Peter Indergand, ISBN 978-3-608-98402-6
  • Väter können das auch!, Fabian Soethof, 2022, Kösel-Verlag, ISBN 978-3-466-31172-9
  • Geborgen und stark; Wie Eltern in Trennung Orientierung und Halt geben, Jesper Juul, Mathias Voelchert (Hrsg.), 2022, Kösel, ISBN 978-3-466-31175-0
  • Mini-Handbuch Didaktische Reduktion, Ivo Wüest, 2022, BELTZ, ISBN 978-3-407-36794-5
  • Entwicklungsorientierte Bildung, Walter Burk, 2022, BELTZ, ISBN 978-3-7799-6888-7
  • Therapie-Tools Mobbing im Kindes- und Jugendalter, Nina Spröber und Eva Dresbach, 2022, BELTZ, 978-3-621-28773-9
  • Aussergewöhnlich, Direkt, Hilfsbereit, Stark; Das AD(H)S-Mutmachbuch für Eltern, Katharina Lüring, 2022, BELTZ, ISBN 978-3-407-86683-7

Fachvorträge, Weiterbildungen, Tagungen

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Chancen und Herausforderungen der Digitalität für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz und in Liechtenstein.

3. September 2022, 9.00–16.00 Uhr, Bern

Beim Workshop geht es um die Frage, was Kinder aufblühen lässt. Dabei wird das Thema aus den beiden Perspektiven der Schema-Therapie und der Positiven Psychologie beleuchtet.

16. September 2022, 9.15–17.00 Uhr, Bern

Im Seminar werden individuelle und innerfamiliär ablaufende Mechanismen während eines Migrationsprozesses vorgestellt. Zudem werden gemeinsam migrationsphasenspezifische Interventionsansätze für Berater und Beraterinnen erarbeitet.

13. und 14. Oktober 2022, 9.15–16.45 Uhr, Olten

In der Traumapädagogik werden Übertragungsphänomene und hirnorganische Vorgänge beachtet, sowie Ressourcen ins Zentrum gestellt. Mit diesem theoretischen Wissen gewinnen Fachleute an Sicherheit.

21. Oktober 2022, 9.15–17.00 Uhr, Zürich

Konflikten von Eltern sind Kinder vielfach wehrlos ausgesetzt und nicht selten werden sie von einem oder beiden Elternteilen in diese Auseinandersetzung hineingezogen. Im Seminar stehen dem Kindswohl verpflichtende, lösungs- und kompetenzorientierte Beratungsansätze und Tools im Zentrum.

9. und 10. November 2022, 9.00–16.45 Uhr, Lenzburg

Eine für die Zielgruppe leicht verständliche Sprache erleichtert das Verstehen von Texten für Menschen mit geringer Sprachkompetenz. Mit Leichter Sprache können Sie Ihre Botschaft vermitteln und die Adressierten erreichen, denn die Texte sind einfach, klar und verständlich.

9. März bis 16. Juni 2023, 8.45–16.15 Uhr, Olten

Für einen früheren Kurstermin vom 1. September 2022 bis 24. November 2022 besteht bereits eine Warteliste.

Ein guter Kontakt zu Eltern ist für erfolgreiche Elterngespräche zentral. Aber was tun, wenn man den Eindruck hat, etwas läuft nicht so gut? Die Weiterbildung bietet einen professionellen Ansatz, um mit Eltern einen vertrauensvollen Dialog zu führen. Für Fachpersonen im Vorschulbereich.

31. Oktober bis 2. November 2022,
9.00–17.00 Uhr, Zürich

Kontakt

Amt für Jugend und Berufsberatung - Geschäftsstelle Elternbildung

Adresse

Zweierstrasse 25
8090 Zürich
Route (Google)

Telefon

+41 43 259 79 30

E-Mail

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