Gesamtarbeitsvertrag für Assistenzärztinnen und -ärzte
Inhaltsverzeichnis
Gesamtarbeitsvertrag für Assistenzärztinnen und -ärzte
vom 10. Dezember 2004 / 19. Januar 2005 zwischen dem Kanton Zürich, vertreten durch den Regierungsrat, und dem Verband Zürcher SpitalärztInnen VSAO (VSAO)
Der Text ist in der amtlichen Gesetzessammlung unter der Ordnungsnummer 811.12 Gesamtarbeitsvertrag für Assistenzärztinnen und -ärzte publiziert.
Hinweis des Personalamtes
Die Bestimmungen dieses Gesamtarbeitsvertrages gehen denjenigen in Regierungsratsbeschlüssen und Weisungen der Direktionen des Regierungsrates vor.
Assistenzärztinnen und -ärzte (Gesamtarbeitsvertrag; Totalrevision)
RRB Nr. 98 vom 19. Januar 2005
Allgemeines
Die Arbeits- und Ruhezeiten für alle Assistenzärztinnen und -ärzte im Kanton Zürich sind seit dem 1. Januar 2000 einheitlich in einem Gesamtarbeitsvertrag geregelt, der für alle kantonalen und subventionierten Spitäler und Kliniken im Kanton Zürich gilt. Im Rahmen der Umsetzung der parlamentarischen Initiative Suter «Menschliche Arbeitsbedingungen für Assistenzärzte» sind am 22. März 2002 von der Bundesversammlung die Assistenzärztinnen und -ärzte an den Spitälern mit privatrechtlicher Trägerschaft und an selbstständigen öffentlichrechtlichen Anstalten (vgl. rev.Art. 3 Einleitungssatz und lit. e, 3a lit. c und 71 lit. b Arbeitsgesetz) und am 7. April 2004 (Revision der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz) schliesslich auch diejenigen an den unselbstständigen öffentlichrechtlichen Anstalten den Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen des eidgenössischen Arbeitsgesetzes auf den 1. Januar 2005 unterstellt worden. Nachdem damit die strengen Arbeitnehmerschutzbestimmungen des Arbeitsgesetzes vollumfänglich für alle Assistenzärztinnen und -ärzte Geltung erlangen, stellte sich die Frage, ob der Zürcher Gesamtarbeitsvertrag von den Arbeitgebern gekündigt oder in Verhandlung mit den Assistenzärztinnen und -ärzten angepasst werden soll. Der Verband Zürcher Krankenhäuser beschloss in der Folge im Frühjahr 2004, den Vertrag zu kündigen in der Absicht, in den Spitälern zu eigenen Lösungen bei der Umsetzung zu gelangen. Die Gesundheitsdirektion wiederum hatte indessen anfangs 2004 den Grundsatzentscheid getroffen, für die kantonalen Spitäler die Vorschriften des Arbeitsgesetzes wenn möglich zusammen mit dem Verband Zürcher SpitalärztInnen VSAO im Gesamtarbeitsvertrag umzusetzen und die Umstellung mittels Vereinbarungen zu erleichtern. Die bisherige Fassung des Gesamtarbeitsvertrages beruhte auf einem anderen System der Arbeitszeitbegrenzung, als es das Arbeitsgesetz auf 1. Januar 2005 neu vorschreibt. Würde der Gesamtarbeitsvertrag nach dem 1. Januar 2005 unverändert neben den Vorschriften des Arbeitsgesetzes weitergelten, könnten sich verschiedene Einschränkungen zu Lasten der Arbeitgeber kumulieren. Es galt somit, die Vorschriften des Arbeitsgesetzes so zu übernehmen, dass einerseits eine Kumulationwirkung verhindert wird und anderseits der Gesamtarbeitsvertrag auch weiterhin umfassend Auskunft über die wichtigsten Vorschriften für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber gibt.
Revidierter Gesamtarbeitsvertrag
Der formelle Teil des noch geltenden Gesamtarbeitsvertrages und die allgemeinen Bedingungen des Anstellungsverhältnisses konnten weitgehend unverändert übernommen werden. Der persönliche Geltungsbereich wurde der Begriffsbestimmung des Arbeitsgesetzes so angepasst, dass als Assistenzärztin bzw. Assistenzarzt lediglich gilt, wer eine Weiterbildung zur Erlangung des ersten Facharzttitels oder für die Zulassung zur Eröffnung einer eigenen Praxis durchläuft (Ziffer 3.1). Auch bezüglich des umstrittensten Punkts der Revision, der Kettenarbeitsverträge, konnte schliesslich eine Einigung erzielt werden. Kettenarbeitsverträge sind nach OR unzulässig, wenn sie sachlich nicht begründet sind und damit Arbeitnehmerrechte wie Kündigungsfristen oder Lohnfortzahlungsrechte umgangen werden können. In der Vergangenheit wurde verschiedentlich mit Klagen auf Lohnfortzahlung gedroht, wenn wiederholt befristet angestellte Ärztinnen und Ärzte krank aus dem Dienst ausgeschieden waren. An den Spitälern sind befristete Anstellungen jedoch notwendig, um die Rotation auf den Weiterbildungsstellen zu gewährleisten. Gemäss kantonalem Personalgesetz ist eine befristete Anstellung nur ausnahmsweise zulässig, nämlich wenn es sich um Ausbildungsverhältnisse handelt und dafür besondere kantonale Bestimmungen erlassen werden, wie beispielsweise eben in einem Gesamtarbeitsvertrag. Die Spitäler sind nun neu gemäss Ziffer 8.2.1 der revidierten Vereinbarung ausdrücklich ermächtigt, Kettenarbeitsverträge abzuschliessen. Im Gegenzug konnte dafür die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gemäss einem Vorschlag des Personalamtes aufgenommen werden, der sich an der personalgesetzlichen Vorschrift für Lohnfortzahlung bei Mutterschaft orientiert: Bei befristeten Anstellungsverhältnissen wird neu die Lohnfortzahlung über den Beendigungszeitpunkt hinaus ausgerichtet, sofern der Arbeitgeber nicht nachweist, dass kein neues Arbeitsverhältnis vorgesehen war (Ziffer 9.3). Es findet somit eine Beweislastumkehr statt; nicht mehr der Arbeitnehmer muss beweisen, dass eine weitere Beschäftigung beim Kanton vorgesehen war, sondern der Kanton als Arbeitgeber muss entsprechend dem Mutterschaftsurlaub gemäss § 97 Abs. 2 VVO PG nachweisen, dass keine weitere Beschäftigung beim Staat geplant war.
Anpassungsbedarf wiesen sodann vor allem die materiellen Bestimmungen über die Arbeits- und Ruhezeiten auf. Ziel war es, im Gesamtarbeitsvertrag Auskunft über die wichtigsten Rechte und Pflichten der Assistenzärztinnen und -ärzte zu geben. Dabei konnten die neuen Bedingungen weitgehend zu Gunsten der Arbeitgeber ausgestaltet und der noch verbliebene Spielraum des Arbeitsgesetzes zu Gunsten der Spitäler ausgeschöpft werden. Von Bedeutung ist, dass die Sollarbeitszeit weiterhin 50 Wochenstunden (d. h. auf dem höchstmöglichen Niveau) für alle Assistenzärztinnen und -ärzte beträgt (Ziffer 11.2.1). Weiter wurden die bisher vier freien Wochenenden pro Quartal im Grundsatz auf drei reduziert (Ziffer 11.3.3), wobei gemäss Übergangsbestimmung lediglich im Fall von 7-Tage-Schichten noch vier freie Wochenenden zu gewähren sind (Genaueres zur Übergangsbestimmung nachstehend). Auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre ist der Arbeitszeitplanung und -kontrolle besondere Beachtung geschenkt worden. Die Bestimmung von Ziffer 11.4 über die Arbeitszeitkontrolle konnte in zwei Richtungen verschärft werden: Einmal soll verhindert werden, dass nicht mehr wie bisher Lohnnachzahlungen bis auf fünf Jahre zurück ausbezahlt werden müssen; Überzeitforderungen verwirken neu nach einem Monat (statt wie bisher gemäss OR nach fünf Jahren). Ziel dieser Vorschrift ist es nicht, Assistenzärztinnen und -ärzte um ihre Ansprüche zu bringen, sondern die Disziplin zum sofortigen Erfassen und Kontrollieren der Arbeitszeiten zu fördern. Nur wenn eine sofortige Meldung erfolgt, kann der Arbeitgeber Missstände beheben. Weiter müssen die Vorgesetzten Verlängerungen der Arbeitseinsätze ausdrücklich im Vornherein mit ihrem Visum zustimmen.
Die auf dem Personalgesetz beruhende Entschädigung für Nacht-, Sonntags-, Schicht- und Pikettarbeit bzw. Inkonvenienzentschädigung gemäss RRB Nr. 988/2000 «Inkonvenienzentschädigung für Pikett-, Präsenz-, Nacht- und Wochenenddienste der Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte» wurde beibehalten: Sie ersetzt die gemäss Arbeitsgesetz zwingend vorgeschriebenen Entschädigungen vollständig, ausser in einem einzigen (seltenen) Fall, bei dem eine tatsächliche Zeitgutschrift zwingend vorgeschrieben ist (Ziffer 13.5). Schliesslich konnte zu Gunsten der Spitäler eine wichtige Übergangsbestimmung aufgenommen werden, wonach 2005 noch 7-Tage-Schichten möglich sein sollen (statt der Begrenzung auf 6-Tage-Schichten gemäss Arbeitsgesetz). Dies erleichtert die Dienstplanung wesentlich und ermöglicht ein kontinuierlicheres Arbeiten im Spital. Im Gegenzug sind vier freie Wochenenden pro Quartal zu gewähren. Diese Bestimmung wird im Anschluss an die Verabschiedung des Gesamtarbeitsvertrages dem Staatssekretariat für Wirtschaft und Arbeit (seco) noch zur formalen Genehmigung gemäss Art. 28 Arbeitsgesetz einzureichen sein. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Assistenzärztinnen und -ärzte dem Staat in vielen Punkten entgegengekommen sind. Sie haben zu Gunsten einer Integration der arbeitsgesetzlichen Neuerungen in den Gesamtarbeitsvertrag auf bisherige Sonderrechte verzichtet. Aus dieser Sicht rechtfertigt es sich, ihnen die erwähnte Verbesserung im Krankheitsfall bei befristeten Anstellungsverhältnissen einzuräumen.
Zu den Kostenfolgen ist festzuhalten, dass die Unterstellung aller Assistenzärztinnen und -ärzte unter die Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes je nach bisheriger Spitalordnung und Klinikgrösse unterschiedliche Mehrkosten verursachen wird. Die übrigen Änderungen im Gesamtarbeitsvertrag werden demgegenüber eher kostendämpfend wirken. Die Gesundheitsdirektion hat allen Spitälern und Kliniken aufgetragen, ihre Strukturen und Abläufe auf das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen des Arbeitsgesetzes hin erneut zu analysieren. Sie hat im Laufe des Jahres 2004 mehrere Seminare zur Dienstplanung durchgeführt und dabei verlangt, die klinischen Prozesse und die Arbeitsorganisation zu verbessern, bevor die Arbeitszeiten bzw. Dienstpläne angepasst werden. Die Kliniken und Institute müssen vermehrt zusammenarbeiten und übergreifende Dienste einrichten. Bevor über Mehrkosten entschieden werden kann, wird die Gesundheitsdirektion den Nachweis verlangen, dass die Arbeitsabläufe und die Klinikprozesse verbessert und an die neuen Gegebenheiten angepasst wurden. Diese Abklärungen laufen derzeit. Wesentlich ist sodann, dass nicht nur die Dienstplanung verbessert wird, sondern – wie vorstehend beschrieben – auch die Arbeitszeiterfassung und -kontrolle lückenlos durchgesetzt wird. Es ist Aufgabe der Vorgesetzten, die Einhaltung der Dienstpläne laufend zu kontrollieren und ihre Mitarbeiter vermehrt in die Pflicht nehmen; Überschreitungen der geplanten Einsatzzeiten sind im Voraus zu begründen bzw. zu bewilligen. Dabei ist aber auch positiv zu vermerken, dass die Assistenzärztinnen und -ärzte mit ihrer Zustimmung zum Gesamtarbeitsvertrag selbst ein wichtiges Signal zur Lösung der gemeinsamen Problemstellungen gesetzt haben; sie haben auf für sie günstigere Positionen des alten Gesamtarbeitsvertrags verzichtet und Hand zu einer pragmatischen Übergangslösung geboten. Damit und mit dem erwähnten Verzicht der Assistenzärztinnen und -ärzte auf Sonderrechte lassen sich allfällige Mehrkosten für das Zugeständnis von Lohnfortzahlungen im Kettenarbeitsverhältnis mehr als kompensieren.
Auf Antrag der Gesundheits- und Finanzdirektion
beschliesst der Regierungsrat:
I. Der revidierte Gesamtarbeitsvertrag für Assistenzärztinnen und-ärzte zwischen dem Kanton Zürich und dem Verband Zürcher Spitalärztinnen und -ärzte VSAO vom 10. Dezember 2004 wird genehmigt und rückwirkend auf den 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt (siehe in der Gesetzessammlung).
II. Mitteilung an die Gesundheitsdirektion und die Finanzdirektion.
Vor dem Regierungsrat
Der Staatsschreiber:
Husi
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